Vielen Dank, sehr geehrte Präsidentin! – Sehr geehrte Damen und Herren! Vorweg: Ich finde es, mit Verlaub, sehr schade, dass wir jetzt diverse Rederunden entfallen lassen werden, denn ich glaube, die Anträge, die wir jetzt wegen der Uhrzeit nicht aufrufen werden, hätten es verdient, die Aufmerksamkeit dieses Hauses zu erlangen.
Jetzt aber zu dem Thema, weshalb ich hier vorne stehe: Es geht um Ökostrom, es geht um die S-Bahn. Berlin könnte die S-Bahn auf die grüne Schiene setzen, und zwar mit 100 Prozent Ökostrom. Das genau fordert unser Antrag, und, mit Verlaub, die Bahn hat es bei der Bahncard vorgemacht. Das geht also, und das ginge auch in Berlin. SPD und CDU müssen zeigen, dass sie es ernst meinen mit dem Klimaschutz. Aktuell scheint diese Koalition bei diesem Thema aber eher zu träumen. Wachen Sie auf, sehr geehrte Damen und Herren! Hören Sie zu, denn Berlin hat hier ein ehrgeiziges Ziel definiert!
Bis 2020 wollen wir zusammen die Emissionen um 40 Prozent senken. Wenn wir das erreichen wollen, dann müssen wir hier einige Anstrengungen anstellen, und das umfasst auch den öffentlichen Personennahverkehr.
Es ist so viel Unruhe im Haus. Das ist sehr verwunderlich. Da wir nur noch eine Rederunde haben, sollten wir die doch jetzt genießen können. Ich tue es zumindest!
Genau! – Herr Kohlmeier! Sie können gerne mit genießen. Sie können natürlich auch rausgehen. Ob dies der Sache dienlich ist, kann ich nicht einschätzen.
Jedenfalls müsste der Senat bei den Verhandlungen zum neuen S-Bahn-Vertrag deutlich mehr Einsatz zeigen. In den Ausschreibungsbedingungen war kein Wort zum Thema Ökostrom zu finden, Herr Müller, und deswegen war und ist dieser Antrag so enorm wichtig. Denn eines hat der Antrag schon bewirkt: In den Ausschreibungsberatungen hat der Senat jetzt erklärt, dass im neuen Vertrag überwiegend Ökostrom festgeschrieben sein wird – d. h. mindestens 51 Prozent. Das ist ein erster Schritt und, ich sage mal, ein kleiner Erfolg. Das ist aber bei weitem nicht ausreichend. Der Senat braucht also weiterhin die Opposition als Motor – ganz offensichtlich!
Zur Erinnerung: Aktuell – und vielleicht sind diese Zahlen nicht jedem bekannt – fährt die S-Bahn nur mit 26 Prozent Ökostrom und mit 74 Prozent Strom aus Atom und Kohle. Deswegen sagen wir ganz klar: Wir wollen 100 Prozent Ökostrom mit einer Quote für Ökostrom aus neu errichteten Anlagen. – Über dieses wichtige Ziel muss man jetzt in der laufenden Ausschreibung verhandeln und schauen, was sich erreichen lässt, denn 100 Prozent Ökostrom kommen eben nicht von selbst.
Die Koalition will diesen Antrag ablehnen. Das hat sie zumindest in den Ausschussberatungen sehr klar signali
siert. Da ist die Frage, was die Koalition an Argumenten vorträgt. Sie sagen erstens, es sei zu spät.
Mit Verlaub, das ist falsch. Wann ist denn Ihrer Meinung nach der richtige Zeitpunkt? Doch wohl während der Verhandlungen sollte man über solche Punkte verhandeln. Ganz konkret hat uns Hamburg gezeigt, dass es möglich ist, eine S-Bahn auf 100 Prozent Ökostrom umzustellen. Das ging in Hamburg sogar während des laufenden Vertrages. Sehr geehrter Herr Senator Müller! Sie wollen doch hier nicht erklären, dass das, was Hamburg schafft, in Berlin nicht möglich ist. Ich sage: Berlin kann das auch. Vielleicht der Senat nicht, aber Berlin könnte das schon.
In den Ausschussberatungen – das ist das zweite Argument – hat dann der Kollege Buchholz mit der Mutmaßung geglänzt, so viel Ökostrom gebe es unter Umständen gar nicht. So waren ungefähr Ihre Worte. Mit Verlaub, das ist auch falsch. Wie kommen Sie überhaupt auf diese These? Bei der jetzigen Ausschreibung der Berliner S-Bahn geht es um ca. ein Drittel des gesamten Berliner Netzes. Das ist in etwa so groß wie das in Hamburg. Darüber sind wir uns, glaube ich, einig. Die Umstellung mit jeder Ausschreibung wäre damit in Berlin trotz des insgesamt größeren Netzes im Vergleich zu Hamburg natürlich sehr gut machbar. Und überhaupt: Machen Sie unser Stadtwerk einfach größer, wie das die Opposition und an die 600 000 Berliner gefordert haben, dann kriegen wir auch mehr Ökostrom! – Dieses Argument der Koalition ist also vorgeschoben.
Dann wurde – drittens – die Bezahlbarkeit des Tickets thematisiert. Das ist in der Tat ein sehr wichtiger Punkt. Aber wer ist denn der Preistreiber bei den Ticketpreisen? – Der Senat erhöht hier fast im Halbjahrestakt die Preise. Der Senat ist also der Preistreiber. In Hamburg, aber auch in vielen anderen öffentlichen Einrichtungen hat die Umstellung auf Ökostrom geklappt – auch ohne maßgebliche Preiserhöhungen.
Viertens: Im Übrigen wissen wir, dass die S-Bahn von der EEG-Umlage auch weiterhin befreit ist. Das ist in den letzten Tagen noch einmal bestätigt worden. Das bringt einen massiven finanziellen Vorteil für die S-Bahn. Deshalb ist doch ganz klar: Damit die Umweltkarte auch in Zukunft ihren Namen wirklich verdient, ist die Ökostrom-S-Bahn jetzt erst recht geboten.
[Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN – Beifall von Marion Platta (LINKE) – Sven Kohlmeier (SPD): Sie genießen noch und können deshalb nicht klatschen! Klatscht doch!]
Ich will den verantwortlichen Senator Müller hier nicht irgendwie abstempeln, aber ich würde schon gern hören, was Sie zu all diesen Widersprüchen sagen. Im Moment verschwenden Sie Energie, und zwar auf Argumente, warum das alles nicht geht. Die Umsetzung Ihrer wie unserer Ziele verpassen Sie dabei. Es bleibt dann bei Worten. Ich fordere Sie jedoch auf: Lassen Sie endlich Taten sprechen! – Vielen Dank!
Vielen Dank, Herr Gelbhaar! – Für die SPD-Fraktion hat nun das Wort der Herr Abgeordnete Buchholz. – Bitte sehr!
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Meine Damen, meine Herren! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Zu vorgerückter Stunde ein wichtiges Thema!
[Oh! von den GRÜNEN und der LINKEN – Udo Wolf (LINKE): Sozis müssen früh ins Bett! – Weitere Zurufe]
Ich höre gern erst mal zu, wenn Sie etwas sagen wollen. Aber man kann auch mal zur Kenntnis nehmen, dass andere Landtage es schaffen, das, was wir hier an einem Tag verhandeln, in vier bis fünf Stunden zu erledigen. Wir sind mit acht Stunden nicht der Landtag, der sagen muss, er habe die kürzeste Sitzungsdauer. Man kann es aber effizienter machen und Prioritäten benennen. Diese Verantwortung sollten Sie auch übernehmen, meine Damen, meine Herrn von der Opposition!
[Beifall bei der SPD und der CDU – Zurufe von den GRÜNEN und der LINKEN – Ajibola Olalowo (GRÜNE) meldet sich zu einer Zwischenfrage.]
Meine Damen, meine Herren! Es geht darum, dass der Grünen-Antrag fordert: S-Bahn auf die grüne Schiene setzen! 100 Prozent Ökostrom bei der S-Bahn
Ausschreibung! – Herr Gelbhaar! Sie mussten eben leider selbst zugeben, dass Ihr Antrag inhaltlich überholt ist.
Doch, das haben Sie eben selbst gesagt. Sie haben behauptet, wir hätten erst mit der Ausschussberatung Sachen vorangebracht. – Staatssekretär Gaebler hat im Verkehrsausschuss dargelegt, dass der Vertragsentwurf für den Betrieb des zukünftigen Betreibers S-Bahnring plus Zulauf schon genau solche Ökostrom-Vorgaben vorsieht. Das muss man zur Kenntnis nehmen.
Was viele in Berlin nicht wissen: Dieses Bundesland ist heute vorbildlich – auch wirklich vorbildlich für andere Bundesländer –, was ökologische Beschaffung angeht. Das hat übrigens damals noch eine rot-rote Koalition beschlossen. – Kollege Albers nickt. – Wir haben das damals nämlich gemacht – z. B. mit der Vorgabe für die Liegenschaften, dass kein Atomstrom und ein zunehmender Anteil von Ökostrom beschafft werden. Diese Vorgaben gelten weiterhin. Wir haben sie inzwischen im Ausschreibungs- und Vergabegesetz und in der daraus abgeleiteten umweltfreundlichen Beschaffungsrichtlinie.
Sämtliche öffentlichen Berliner Gebäude – Rathäuser, Schulen und alles, was der öffentlichen Hand gehört, auch dieses Parlament – werden mit 100 Prozent Ökostrom versorgt. Das sollen uns erst mal andere nachmachen.
Genauso verfahren wir auch mit den Ausschreibungen, die das Land Berlin vornimmt. Das heißt natürlich auch, dass wir bei allen landeseigenen Gesellschaften so schnell wie möglich zu einem ökologischen Bezug von Strom kommen wollen und werden. Kollege Gelbhaar! Ich habe darüber nicht hier im Plenum schwadroniert, sondern ich habe dazu intensive Gespräche geführt – z. B. mit der BVG-Leitung und mit den Verantwortlichen, die für den Einkauf bei der BVG zuständig sind. Man kann dort eine Menge lernen, wie schnell und wie vernünftig ein solcher Umstieg regelbar ist.
Herr Kollege Gelbhaar! Sie behaupten ja, es sei gleich morgen möglich, das komplett umzustellen. Kollege Gelbhaar! – Jetzt spricht er gerade mit Herrn Wolf. Ich kann auch warten.
Kollege Gelbhaar! Sie müssen dann mal etwas klarstellen. Sie verlangen mit Ihrem Antrag, dass wir sofort für
die S-Bahn sagen sollen: Nicht nur Ökostrom, sondern Ökostrom aus Neuanlagen! – Wunderbar! Das ist der Goldstandard. Das finde ich sehr vorbildlich. Man muss aber zugeben, dass das, was die Strommenge angeht, nicht unmittelbar am Markt verfügbar ist. Diese Menge können Sie so schnell nicht einkaufen. Sie können sagen, wie Sie dorthin migrieren wollen, aber Sie können nicht festlegen, dass Sie das gleich morgen haben wollen.
Wir setzen das bei den landeseigenen Liegenschaften und bei vielem anderen um, was auch die ökologische Beschaffung insgesamt angeht. Da sollten Sie sich auch mal diese Verwaltungsvorschrift vom 1. Januar 2013 zur Brust nehmen. Da steht genau das drin, dass wir nämlich, auch wenn wir Ausschreibungen für Verkehrsmittel machen, ökologische Vorgaben bei der Strombeschaffung vorsehen. Es ist von der Senatsverwaltung im Fachausschuss ausgeführt worden – das kann man natürlich zur Kenntnis nehmen oder ignorieren –, dass dort vorgesehen ist, dass das Verkehrsunternehmen verpflichtet wird, den Großteil der eingesetzten Energie aus ökologischer Erzeugung zu verwenden. Der Großteil, d. h. de facto nachher mehr als 50 Prozent, wie es von Staatssekretär Gaebler auch ausgeführt wurde! Herr Gelbhaar! Haben Sie damit ein Problem? Andere Bundesländer und andere Verkehrsunternehmen würden davon träumen, wenn sie das in einer Ausschreibung überhaupt verankern könnten. Das muss man doch auch mal aussprechen.