Zum Antrag Drucksache 17/1826 wird die Überweisung an den Ausschuss für Verfassungs- und Rechtsangelegenheit, Verbraucherschutz, Geschäftsordnung empfohlen. – Widerspruch höre ich nicht. Dann verfahren wir so.
Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Durchführung des Erneuerbare-EnergienWärmegesetzes im Land Berlin und zur Änderung des Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetzes
Beschlussempfehlung des Ausschusses für Stadtentwicklung und Umwelt vom 9. April 2014 und dringliche Beschlussempfehlung des Hauptausschusses vom 1. Oktober 2014 Drucksache 17/1853
Wird der Dringlichkeit widersprochen? – Das ist nicht der Fall. – Ich eröffne hinsichtlich des Gesetzes die zweite Lesung und schlage vor, die Einzelberatungen der drei Artikel miteinander zu verbinden. – Hierzu höre ich keinen Widerspruch.
Ich rufe also auf die Überschrift und die Einleitung sowie die Artikel I bis III, Drucksache 17/1092. Eine Beratung ist nicht vorgesehen.
Zu der Gesetzesvorlage Drucksache 17/1092 empfehlen der Ausschuss für Stadtentwicklung und Umwelt und der Hauptausschuss einstimmig bei Enthaltung der Fraktionen Die Linke und der Piraten die Annahme mit Änderungen. Wer der Gesetzesvorlage mit den Änderungen der Beschlussempfehlung des Stadtentwicklungsausschusses zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die SPD-Fraktion, die CDU-Fraktion und der fraktionslose Kollege. Gegenstimmen? – Keine! Enthaltungen? – Bei Der Linken, den Grünen und den Piraten in Gänze. Dann ist dieses Gesetz so beschlossen.
Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Behandlung von Petitionen an das Abgeordnetenhaus von Berlin (Petitionsgesetz)
Ich eröffne die erste Lesung. In der Beratung beginnt die Fraktion Die Linke. – Frau Kittler, bitte schön, Sie haben das Wort!
Vielen Dank! – Verehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Berlinerinnen und Berliner sind in Deutschland die Spitzenreiter im Einreichen von Petitionen. Mit 459 Petitionen auf 1 Million Einwohnerinnen und Einwohner reichten sie im vorigen Jahr doppelt so viele beim Deutschen Bundestag ein wie das nächstplatzierte Bundesland Mecklenburg-Vorpommern. 975 Petitionen und Zuschriften auf 1 Million Einwohnerinnen und Einwohner erreichten 2013 den Petitionsausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses, davon 34 Prozent online. Auch das ist mit großem Abstand Spitze in Deutschland.
Dabei ist zu beobachten, dass viele Petentinnen und Petenten nicht nur für sich persönlich etwas ändern, sondern eine grundlegende Änderung von Zuständen oder gesetzlichen Regelungen erreichen wollen. Wir hören so viel von Politikverdrossenheit und erleben erschreckend niedrige Wahlbeteiligungen, aber hier deutet sich etwas ganz anderes an. Die Bürgerinnen und Bürger wollen mehr mitbestimmen, wir haben das heute schon mehrfach diskutiert. Sie wollen gehört werden, sie wollen den direkten Dialog mit uns. Ich schlage vor: Geben wir ihnen eine Chance dazu!
Alle, die im Netz unterwegs sind, werden an manchen Tagen mehrfach aufgefordert, doch bei Change.org oder anderswo eine Petition zu unterschreiben. Diese Unterschriftensammlungen enden in der Regel in Appellen und sind für Legislative und Exekutive nicht bindend. Unser jetzt gültiges Petitionsgesetz stammt aus dem Jahr 1969. Es wurde zwar mehrfach, letztmalig 2006, geändert, aber seitdem verstärkte sich, wie alle verfolgen konnten, die es wollten, der Wunsch der Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt nach Teilhabe an politischen Entscheidungsfindungen. Die technischen Möglichkeiten dafür sind geradezu explodiert.
Deshalb schlägt Die Linke vor, Möglichkeiten für Petitionen übersichtlich und genau zu definieren und im Zuge des Gesetzes zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen die Möglichkeiten für die Form des Einreichens von Petitionen auf Audiodateien, Gebärdensprache – einschließlich lautsprachbegleitender Gebärden – zu erweitern.
Als weitestgehende Änderung sollen öffentliche Petitionen ermöglicht werden. Alle, die künftig eine Sammel-
oder Massenpetition einreichen, sollen eine Veröffentlichung beantragen können. Wird der Veröffentlichung durch den Petitionsausschuss zugestimmt, wird die Petition auf dem Internetportal des Ausschusses bzw. des Abgeordnetenhauses eingestellt und für sechs Wochen zur Mitzeichnung freigegeben.
Dann schlagen wir eine Möglichkeit vor, die hier alle Mitglieder des Abgeordnetenhauses hoffentlich großartig finden, nämlich dass es zu einer öffentlichen Petition ein Forum im Netz geben soll, in dem die Diskussion zu ihr möglich ist. Hier könnten wir Abgeordnete mit den Berlinerinnen und Berlinern in den direkten Dialog treten, einfach, schnell und unkompliziert und dabei viele erreichen.
Hier könnten wir früh über gesellschaftspolitisch bedeutsame Inhalte diskutieren, der Stadtgesellschaft zuhören und auch die Meinungen unserer Fraktionen einbringen. Ergreifen wir diese Möglichkeit!
Die öffentliche Behandlung einer Petition, ihre Zulassung und die Debatte im Forum sind dabei natürlich an Bedingungen geknüpft, die das Gesetz eindeutig regelt – datenrechtliche, verfassungsrechtliche und auch problemorientierte. Der Petitionsausschuss kann im Rahmen seiner Zuständigkeit die Beteiligten sowie Zeugen und Sachverständige anhören. Hat eine öffentliche Petition das Quorum von mindestens 2 000 Mitzeichnenden erreicht, so soll die Vertrauensperson der Petentinnen und Petenten öffentlich angehört und zuständige Fachausschüsse sollen hinzugezogen werden.
Ein öffentliches Petitionswesen ist eine Investition in die Zukunft, denn hier sind nicht nur viele jüngere Menschen unterwegs, es ist auch die direkte Möglichkeit, dass das Berliner Abgeordnetenhaus und damit auch die einzelnen Abgeordneten in der Wahrnehmung durch die Berlinerinnen und Berliner gestärkt werden. Das gilt umgekehrt auch für die Wahrnehmung dessen, was die Menschen unserer Stadt bewegt und was sie durch uns verändert haben wollen. Wenn wir einen solchen Austausch auf Augenhöhe ermöglichen, hören wir künftig hoffentlich nicht mehr so oft die Worte: Die da oben machen ja sowieso, was sie wollen. – Es wäre ein Beitrag zur partizipativen Entscheidungsfindung seitens der Berlinerinnen und Berliner. Es lenkt unsere Aufmerksamkeit weiter auf die Zusammenarbeit mit Akteuren aus der Gesellschaft. Es ist ein Beitrag für mehr Transparenz unserer Arbeit.
Der vorliegende Gesetzesänderungsantrag orientiert sich an bereits bestehenden Möglichkeiten auf Bundesebene. Der Spitzenreiter ist hier der Deutsche Bundestag, der in ähnlicher Hinsicht wie von uns vorgeschlagen das Petitionsrecht revolutioniert hat. Aber auch Bremen, Rheinland-Pfalz und Thüringen haben in den letzten Jahren ihr Petitionsrecht der Entwicklung angepasst. Um diese
Entwicklung nicht zu verpassen, sollten auch wir hier in Berlin handeln. Dazu freue ich mich auf eine hoffentlich baldige gemeinsame Debatte im Rechtsausschuss, nach Möglichkeit unter Hinzuladung der Mitglieder des Petitionsausschusses, denn diese sind dann direkt an der Verwirklichung der Gesetzesänderung beteiligt. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Frau Kollegin! – Für die SPD-Fraktion hat jetzt der Kollege Kugler das Wort. – Bitte schön!
Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Es ist immer gut, über die Sorgen und Nöte der Menschen in dieser Stadt zu sprechen. Dazu gehört natürlich auch, über die Arbeit des Petitionsausschusses zu sprechen, auch über seine Arbeitsweise. Das ist schon einmal alles sehr gut.
Allerdings muss ich sagen: Liebe Linksfraktion! Ich hätte es doch bevorzugt, wenn wir das beibehalten hätten, was in den letzten 20 Jahren hier im Haus üblich war,
kein Parteiengezänk daraus zu machen, sondern Allparteienanträge. Sie hätten die Möglichkeit gehabt, dieses Thema auch einmal im Petitionsausschuss aufzugreifen. Dann hätten wir darüber diskutieren können, denn der Petitionsausschuss – Frau Kofbinger, Herr Lehmann, Herr Jauch, Herr Schaddach und meiner einer – waren in der letzten Legislaturperiode auch dabei, haben ebenfalls beschlossen, eine veröffentlichte Petition mit der Möglichkeit zur Mitzeichnung einzureichen. Damals gab es keine Mehrheit im Haus dafür. Vielleicht gibt es sie ja jetzt.
Denn der Anlass, die Diskussion, das ist durchaus richtig – ich verfolge das seit vielen Jahren, ich bin damit beschäftigt, andere Bundesländer zu bereisen, an Sitzungen teilzunehmen, mich auszutauschen, zu gucken: Was sind die Vorteile, was sind die Nachteile dessen? Da das Gesetzesvorhaben auch finanzwirksam wäre, ist es ein Zeitpunkt, der ganz gut ist, denn im nächsten Jahr wird voraussichtlich ein Doppelhaushalt beschlossen. Da muss man das auf dem Bildschirm haben. Aber ich glaube, man darf nicht einfach nur in einem anderen Bundesland abschreiben, weil die Gegebenheiten hier wie dort etwas andere sind. Dann fängt man sich vielleicht auch Dinge ein, die man gar nicht haben wollte.
Ich komme noch dazu. – Ich glaube, es ist klug, darüber zu reden, aber wir sollten es etwas, sage ich einmal, sach
licher machen – sicherlich auch im Petitionsausschuss, weil wir vielleicht das eine oder andere in die Diskussion im Rechtsausschuss mit einbringen können.
Ein wichtiger Punkt ist zum Beispiel, dass wir vor dem Hintergrund der aktuellen anhängigen Rechtsverfahren uns darauf einigen, von einer veröffentlichten Petition zu sprechen, damit eindeutig klar ist: Wir reden über die Petition. Es gibt keinen Unterschied zwischen den Petitionen, nicht eine öffentliche und eine nichtöffentliche, es gibt nur die Petition. Sie wird nur unterschiedlich behandelt, nach unterschiedlichen Kriterien.
Nein, im Moment nicht! – Ich sage einmal: Es gibt ein paar Dinge, die man berücksichtigen muss. Ich will auf zwei konkrete Punkte eingehen. Die haben Sie erstaunlicherweise gerade eben nicht angesprochen. Sie möchten die Abschaffung der Schriftform, das haben Sie auch in der Begründung geschrieben. Es gibt wenige Dinge, die in der Begründung stehen, aber das steht dort zum Beispiel, dass das ausdrücklich herausfallen soll. Man muss darüber reden, ob man das will. Eigentlich – ich greife das deshalb auf – ist die Schriftform die des Petitionsausschusses, während die mündliche Form die der Bürgerbeauftragten ist, die wir aber in Berlin leider noch nicht haben. Da gibt es einen Unterschied in der Verfahrensweise. Man muss überlegen, ob man das kann oder will.
Ein zweiter Punkt ist das von Ihnen schon angesprochene Quorum. Da steht in Thüringen 1 500, im Bundestag sind es 50 000 Mitzeichnungen. Was ist die richtige Hürde? Darüber muss man reden. Brauchen wir überhaupt eine Hürde? Wie machen wir das? Es ist auch so, dass in den meisten Ländern klargezogen ist, dass es keinen Rechtsanspruch auf eine Veröffentlichung gibt. Auch das muss man diskutieren.
Aber natürlich! Ich habe sogar eine Synopse dazu erstellt. – Also, es gibt eine ganze Reihe von Fragen, die sich daraus ergeben. Ich glaube, man muss das einmal in Ruhe miteinander diskutieren.