Wir brauchen in Berlin eine neue Beteiligungskultur. – Das bedeutet aber nicht, Herr Schneider, dass sich der durchsetzt, der am lautesten schreit!
Im Gegenteil: Politik muss immer einen Abwägungsprozess der unterschiedlichen Interessen gewährleisten. Nur
durch das Austarieren dieser unterschiedlichen Interessen kommt man zu Entscheidungen für das Allgemeinwohl. Im Sinne des Allgemeinwohls ist es aber auch, Konflikte zuzulassen, zu moderieren, Alternativen abzuwägen und Unkonventionelles auszuprobieren. Deshalb brauchen wir, meine ich, ein Berliner Beteiligungsgesetz.
Jetzt werden Sie fragen: Was soll denn das heißen, was meinen Sie denn damit, Frau Kapek? – Ich verrate es Ihnen gerne: Beteiligung fängt bereits bei einem Wahlrecht für alle Berliner ab 16 an, egal, welcher Herkunft.
Nein! – Und das gilt nicht nur für Wahlen, sondern auch für Referenden. Beteiligung heißt auch: keine Termintricksereien mehr bei Volksentscheiden und das Recht auf Anhörung und Nachbesserung im Verlauf von Volksbegehren. Es heißt noch vieles mehr, zum Beispiel die Einführung eines Transparenzinformationsfreiheitsgesetzes.
Das hätte nämlich den Charme, dass die Leute vorab informiert werden und nicht erst dann, wenn Sie Ihre Entscheidung im stillen Senatsstübchen gefällt haben.
In Baden-Württemberg gibt es in der grün-roten Landesregierung sogar eine Staatsrätin für Beteiligung. So einen Staatssekretär braucht Berlin auch!
Danke! – In Baden-Württemberg werden Amtsleiter in der Verwaltung gezielt fortgebildet. In Berlin steht ja nicht einmal genug Personal zur Verfügung, geschweige denn, dass es motiviert oder gezielt weitergebildet würde. Deshalb bin ich der Meinung: Der Berliner Senat braucht in seiner Verwaltung eine Koordinationsstelle für Beteiligung und muss endlich auch Fortbildungen anbieten.
Unter dem Strich hinkt Berlin wieder einmal hinterher. In Städten wie Heidelberg, Bonn oder Wolfsburg gibt es
bereits ein Leitbild „Beteiligung“ mit klaren Strukturen und Verfahren. Ich glaube, die Zeit ist reif für einen Stadtvertrag Beteiligung auch in Berlin.
Denn ein solcher Stadtvertrag heißt, dass auch wir als Parlament endlich unserer Verpflichtung gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern nachkommen. Wie Sie sehen: Die Grünen legen vor, Sie haben bisher nur gepennt!
Für Tempelhof haben sich die Berliner ein neues, offenes und vom Senat unabhängiges Verfahren erkämpft – und das ist auch gut so. Jetzt gilt es aber, genau dieses Verfahren zum Standard für alle künftigen Stadtentwicklungsprojekte in Berlin zu machen, und dahinter können auch Sie nicht mehr zurück.
Lieber Herr Buchner! Sie werden ja gleich nach mir reden, und ich möchte es zum Schluss noch einmal ganz deutlich sagen: Ein Großprojekt wie Olympia und eine Olympiabewerbung funktioniert nur, wenn man eine breite Unterstützung der Berlinerinnen und Berliner gewährleisten kann. Sie haben aber bis heute leider nicht einmal den Hauch einer Idee, wie Sie genau das gewährleisten wollen.
Und so bezaubernd Sie auch gleich versuchen werden, uns zu becircen – es bleibt dabei: Einen Blankoscheck werden wir Ihnen hier und heute nicht ausstellen. Wenn Sie mit uns reden wollen, dann legen Sie erst einmal ein Beteiligungskonzept vor.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich werde mich ein bisschen stärker auf das Thema Olympia fokussieren.
Aber das Thema Beteiligung wird dabei nicht zu kurz kommen. – Es ist inzwischen fast 80 Jahre her, dass die Nazis die Olympischen Spiele in Berlin für ihre widerwärtige Propaganda genutzt haben. Es folgten die dunkelsten Jahre unserer Geschichte mit schlimmen Folgen für die Menschen, auch mit schlimmen Folgen für die Stadt Berlin: eine Stadt in Trümmern, danach 40 Jahre lang eine geteilte Stadt.
In diesen Tagen ist die friedliche Revolution in der DDR ein Vierteljahrhundert her. Die Entwicklung, die Berlin seitdem genommen hat, ist phänomenal: Heute ist unsere Stadt Anziehungspunkt für Menschen aus aller Welt, die sie besuchen, und Anziehungspunkt für Menschen aus aller Welt, die bei uns und mit uns leben wollen.
Berlin ist eine Stadt der Brüche und Umbrüche. Hier sind Ost und West wieder zusammengewachsen; hier leben heute Menschen aus fast 200 Nationen friedlich zusammen. Zehntausende junge Menschen kommen jedes Jahr, um hier zu studieren. Und es ist eine der ganz wenigen Metropolen dieser Welt, die nicht unbezahlbar für Menschen geworden sind, die nur wenig Einkommen haben. Berlin hat Geschichte; Berlin hat Flair; Berlin hat viel zu bieten. Und es gilt in diesen Tagen und Wochen in diesem Parlament deutlich zu machen: Berlin hätte auch für Olympische und Paralympische Spiele viel zu bieten.
Ich will auch daran erinnern, dass es in Deutschland klare Mehrheiten für Olympische Spiele in unserem Land gibt. Aber Berlin hat eben die besten Chancen, sich auch international durchzusetzen.
Das ist nicht die erste Rederunde zu diesem Thema, und es wird nicht die letzte sein. Aber ich will in aller Kürze noch einmal sagen: Ob bei der Fußball-WM 2006, der Leichtathletik-WM 2009, der Schwimm-EM 2014, beim jährlichen Berlinmarathon, beim DFB-Pokalfinale, bei den jährlichen deutschen Meisterschaften der behinderten Athleten im Schwimmen oder der Leichtathletik oder bei den Heimspielen von mehr als 140 Bundesligisten quer durch alle Sportarten – Berlin ist eine der großen Sportmetropolen dieser Welt.
Wir treffen am Ende nicht hier die Entscheidung, ob und für welches Jahr sich der deutsche Sport für die Olympischen Spiele bewerben wird. Aber wir sollten deutlich machen, dass wir uns Olympische und Paralympische Spiele in Berlin vorstellen können und wir dem internationalen Sport ein Angebot machen wollen – nicht mehr und nicht weniger.
Wir erleben auch, dass große Projekte umstritten sind – ganz egal übrigens, wo man sie durchführen will. Wir erleben, dass man für seine Ideen und Überzeugungen werben muss. Aber genau das ist unsere Aufgabe. Wir erleben übrigens auch, dass die Vergabe großer Sportereignisse immer wieder in Länder erfolgt, die nicht unseren Vorstellungen von demokratischen Standards und Beteiligung entsprechen. Das kann man mit Recht kritisieren. Diese Kritik funktioniert allerdings nur, wenn man selbst Angebote entwickelt.
Ein solches erstes Angebot hat der Senat formuliert. Er hat viele Anregungen aufgenommen, die auch aus dem Kreis der Parlamentarier aller Fraktionen gekommen sind. Er hat deutlich gemacht, welche Erfahrungen unsere Stadt mit großen Sportveranstaltungen hat, wie begeistert sie aufgenommen wurden, welches breitensportliche Potenzial wir haben, wie viele große Sportanlagen zur Verfügung stehen und wie gut unser Angebot im Bereich öffentlicher Nahverkehr und Hotelkapazitäten ist. Berlin kann Olympische Spiele und Paralympische Spiele, das ist deutlich geworden, und ich glaube, da besteht hier sogar Einigkeit.
Es ist also eine andere Frage zu klären, die Frage, ob Berlin Olympische und Paralympische Spiele auch ausrichten will. Und da sagen sowohl der Senat als auch unsere Resolution, die wir heute vorlegen, dass wir über diese Frage die Berlinerinnen und Berliner abstimmen lassen wollen, und zwar, nachdem wir ein stimmiges Konzept für eine Olympiabewerbung vorgelegt haben, an dem wir ebenfalls eine breite Mitwirkung organisieren wollen. Mehr Beteiligung geht nicht!
Die Linksfraktion hat sich schon entschieden, das hört man an dem Geblöke. Sie will unter keinen Umständen Olympia in Berlin. Darüber kann die Lyrik in Ihrer Entschließung auch nicht hinwegtäuschen. Die Linke ist in der Opposition angekommen. Das hat sich beim Tempelhofer Feld gezeigt, das zeigt sich auch jetzt wieder.