Protokoll der Sitzung vom 29.01.2015

[Vereinzelter Beifall bei der CDU – Martin Delius (PIRATEN): Außer, dass es verfassungsgemäß war!]

Schon in der gemeinsamen Resolution, die CDU, SPD, Grüne und Piraten erarbeitet haben, waren sich die Sportpolitiker einig: Am Ende befragen wir in Berlin das Volk, auch wenn es über eine Verfassungsänderung keine Einigkeit gibt. Olympische und Paralympische Spiele wird es nicht gegen den Willen der Menschen unserer Stadt geben.

[Steffen Zillich (LINKE): Genau! Verfassung hin, Verfassung her!]

Daran halten sich CDU und SPD.

[Vereinzelter Beifall bei der CDU – [Heiko Herberg (PIRATEN): Aber Sie nicht!]

Den heute von der Opposition kurzfristig eingebrachten verfassungsändernden Anträgen sichern wir selbstverständlich die parlamentarische Beratung in den Ausschüssen zu,

[Zurufe von der LINKEN und den PIRATEN: Oh!]

Aber wir akzeptieren nicht, dass Sie dieses Verfahren auf dem Rücken der Olympischen und Paralympischen Spiele austragen.

In einer Stadt mit unserer Geschichte gibt es natürlich noch viel zu tun – auch das ist bemüht worden: Straßen müssen repariert, Schultoiletten saniert werden, aber nicht alles hängt immer miteinander zusammen, nur weil es populistisch gut klingt. Wie nachhaltig Spiele sein können, hat doch die Reise des Sportausschusses nach München gezeigt. Die Stadt profitiert noch 40 Jahre später von der Infrastruktur, den Wohnungen, den Sportstätten und der weltweiten Aufmerksamkeit.

[Steffen Zillich (LINKE): Genau! Deshalb haben die Münchener auch abgelehnt!]

In Berlin ist der Aufbruch greifbar. Die Stadt genießt eine große internationale Aufmerksamkeit. In Europa liegt sie hinter London auf Platz zwei bei der Gründung von Startups. Berlin wächst bei Kultur und Medien, Firmen siedeln sich an, Arbeitsplätze werden geschaffen, Schulden werden zurückgezahlt. Wir haben einen Haushaltsüberschuss von 826 Millionen Euro erzielt. 413 Millionen Euro fließen in Investitionen.

[Udo Wolf (LINKE): Das alles wollen Sie durch Olympia gefährden?]

Diese Erfolgsgeschichte wollen wir fortführen.

[Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Berlin ist die Stadt, die niemals ist und immer wird. Berlin muss sich immer wieder neu erfinden. Das ist uns, aber vor allem den Menschen, die hier leben, immer wieder hervorragend gelungen. Machen wir uns nicht kleiner, als wir sind! Berlin füllt seine Rolle als Hauptstadt dieses Landes hervorragend aus. Dafür sprechen auch die ständig steigenden Tourismuszahlen. Olympia in Berlin, das ist ein verbindendes Ziel für Wirtschaft, Kultur, Infrastruktur, Stadtentwicklung, Gesundheit und Sport. Diese Chance gilt es gemeinsam zu packen.

Wo bleibt die Beteiligung? – wird immer wieder gefragt, auch heute. Selbstverständlich gibt es schon zahlreiche Angebote der Beteiligung. Aber auch Beteiligung ist offensichtlich kein Allheilmittel. Der Senat hat vor Monaten online eine Dialogplattform gestartet, wo Fragen, Kritik und Anregungen zur Interessensbekundung aufgenommen werden können.

[Martin Delius (PIRATEN): Die ist super!]

Gucken wir uns die Initiative des Landessportbunds und des BUND an, vollkommen losgelöst von jedem politischen Einfluss: bis gestern Abend 480 Debatteneinträge.

[Lachen bei der LINKEN und den PIRATEN]

Diese gute Aktion läuft seit vielen Monaten, und trotzdem nur die geringe Beteiligung. Die Senatsverwaltung für Sport bietet zahlreiche Werkstattgespräche an. Viele Vertreter von Vereinen kamen und informierten sich, äußerten Bedenken und Wünsche. Der LSB und die Sportjugend Berlin haben zahlreiche eigene Veranstaltungen angeboten. Der Sportsenator, sein Staatssekretär und der LSB-Präsident touren seit Monaten durch die Stadt, um Rede und Antwort zu stehen. Liebe Opposition! Wo ist denn Ihr konstruktiver Beitrag für die Olympiabewerbung Berlins?

[Zuruf von den PIRATEN: Der liegt hier vor! – Udo Wolf (LINKE): Verfassungsgemäß abstimmen lassen! – Beifall bei der CDU und der SPD]

Es äußern sich Verbände wie die IHK, DEHOGA und der VBKI positiv zu Olympia. Die Sportmetropole mit den großen Bundesligavereinen wie Hertha, Union, Eisbären, Volleys, ALBA und die Füchse spricht sich für die Bewerbung aus. Unternehmen sind mit von der Partie. Es gibt die Berliner, die beteiligt werden wollen, für die braucht es die richtigen Formate. Es gibt aber auch viele Menschen, die haben eine klare Erwartung an ihre Abgeordneten. Sie sind gewählt, also entscheiden Sie auch. Haben Sie den Mut zu einer eigenen Haltung! Der Wähler wird das bei Wahlen schon entsprechend würdigen.

Berlin war mutig genug, schon bei der Interessensbekundung lange vor der Reform des IOC auf ein dezentrales und nachhaltiges Konzept zu setzen. Olympische Spiele nicht um jeden Preis, das haben wir immer wieder betont. Und die Menschen haben natürlich berechtigte Fragen und Sorgen, wenn es um die Finanzierung von Groß

projekten geht, das ist keine Frage. Die Spiele sollen der ganzen Stadt positive Effekte bringen, Investitionen in die bestehenden Hallen und Stadien, temporäre Anlagen, wo es keine Nachnutzung gibt. Und hier ist Berlin schon heute richtig stark: Olympia-Stadion, Jahn-Sportpark, Hohenschönhausen und viele mehr. Wir haben Erfahrung mit sportlichen Megaevents wie dem Marathon, ISTAF, Pokalfinales und dem Velothon. Berlin ist schon heute Weltsporthauptstadt bei der Austragung von internationalen Veranstaltungen. Fußball- und Leichtathletik-WM, Schwimm- und Basketball-EM, die europäischen Spiele jüdischer Sportler und vieles mehr. Und: Wir haben die Berliner, die bei Wind und Wetter zu Hertha pilgern, Union auf Reisen begleiten oder beim Marathon selbst den letzten Läufer noch frenetisch anfeuern.

Wir können uns jetzt über einzelne Aktionen der Olympischen und Paralympischen Wochen ergötzen, oder wir helfen alle mit, gemeinsam Hamburg im internationalen und nationalen Rennen zu schlagen. Das aktuell erleuchtete Brandenburger Tor mit der Werbung für die Spiele hat international den gleichen Wert wie die Christusstatue von Rio in Schwarz-Rot-Gold zur Fußball-WM. Berlin kann mit seinem international bekannten Wahrzeichen punkten. Deshalb ist es auch gut, dass mit den Olympischen und Paralympischen Wochen nun neben Konzepten, Beteiligungen und Abstimmungsverfahren auch die Werbung für dieses Großereignis beginnt – übrigens, anders als in Hamburg, ohne teure Agenturen in einer ganz großen Eigenleistung.

Ein paar Sätze zur IOC-Agenda, die eine wichtige Forderung unserer gemeinsamen Parlamentsresolution war. Es ist mehr als überraschend, dass es dem deutschen IOCPräsidenten Thomas Bach nach nicht einmal einem Jahr Amtszeit gelungen ist, über 40 relevante Veränderungen der eigenen Charta einstimmig zu verabschieden. Nennen Sie mir einen internationalen Verband, der diese Kraft in den letzten Jahren hatte! Fragen Sie doch mal, wie man in Russland zum klaren Bekenntnis des IOC zu allen schwulen und lesbischen Athleten steht, oder was man in Katar von der Offenhaltung von Verträgen hält! Oder China, wenn es um die Frage von dezentralen Spielen geht, wo nicht Hunderttausende Menschen für vier Wochen Sport umgesiedelt werden müssen. Die Spiele werden insgesamt transparenter, sie werden günstiger, nachhaltiger und flexibler. Natürlich müssen wir genau schauen, was von den Reformen in der Realität auch ankommt. Hier kann Berlin der richtige Partner, der Beweis sein, dass das IOC diesen Schritt ernst meint.

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Was waren wir Berliner im Sommer stolz, als unsere Weltmeister über dem Brandenburger Tor einschwebten. Natürlich wählte der DFB die Hauptstadt für dieses unvergessliche Erlebnis. Hier schlägt das Sportherz unseres Landes am schnellsten. 650 000 Menschen in über 2 700 Vereinen, Zehntausende im Ehrenamt, die das erst mög

lich machen. Wir sind die Welthauptstadt beim Breitensport. Nirgends treiben schon heute so viele Menschen organisiert Sport wie in unserer Stadt. Und es gilt: Ohne Breitensport kein Leistungssport, aber ohne sportliche Vorbilder auch weniger Kinder in den Vereinen.

Die Olympischen Spiele sind bis heute die größte Friedensbewegung unserer Erde. Völker aus aller Welt treiben friedlich miteinander Sport und ermitteln in fairen und nachvollziehbaren Wettbewerben die Besten unter sich. Diesen Grundgedanken der Völkerverständigung gilt es zu erhalten.

Schließen möchte ich mit einem Zitat aus dem Koalitionsvertrag:

Wir werden weiterhin die Attraktivität der Sportstadt Berlin fördern und um die Austragung nationaler und internationaler Sportereignisse werben.

Jetzt kommt der zentrale Satz:

Wenn sich der DOSB für eine deutsche Olympiabewerbung entscheidet, steht Berlin für eine Kandidatur beim IOC bereit.

Nachzulesen im Koalitionsvertrag von – 2006, geschlossen zwischen SPD und Linken.

[Beifall bei der CDU und der SPD]

In der Regierung arbeiten Sie für die Zukunft dieser Stadt, und in der Opposition verkaufen Sie all das für einen vermeintlich schnellen populistischen Erfolg. Das müssen Sie sich nachsagen lassen!

[Beifall bei der CDU und der SPD]

Die absolute Mehrheit der Deutschen wünscht sich Berlin, ihre Hauptstadt, als Austragungsort für Olympische und Paralympische Spiele 2024 oder 2028. Das sollte uns doch Mut geben. Deutschland traut uns die Spiele zu. Jetzt liegt es an uns, sie auch zu wollen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der CDU und der SPD]

Vielen Dank! – Für die Piratenfraktion hat Dr. Weiß das Wort.

[Martin Delius (PIRATEN): Zurück zur Verantwortung und Sachlichkeit!]

Zurück zur Sache!

[Beifall bei den PIRATEN]

Meine Damen und Herren! Sie haben es vorhin in der Rede des Kollegen Lederer schon gehört: In der Plenarsitzung am 2. Oktober ist hier an diesem Pult etwas Bemerkenswertes passiert. Der Innensenator Henkel hat

(Tim-Christopher Zeelen)

etwas gesagt, das man nur zustimmend zitieren kann, nämlich: Als Verfassungssenator könne er nur empfehlen, keine Lex Olympia zu schaffen.

[Beifall bei den PIRATEN und der LINKEN]

Da der Verfassungssenator, wenn ich das richtig verstanden habe, gerade einen wichtigen Außentermin hat, wird wohl gleich der Sportsenator Henkel erzählen, warum es sehr wohl eine gute Idee ist, eine Lex Olympia zu schaffen. Und wir können gespannt sein, wie er das begründen möchte. Die echte Begründung kennen wir, der Grund ist ganz einfach: Die Koalition hat kalte Füße bekommen, weil sie mit der Opposition nicht über echte Beteiligung an einer Bewerbung zu den Olympischen Spielen reden wollte.

[Beifall bei den PIRATEN und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]