Protokoll der Sitzung vom 19.02.2015

Der Tagesordnungspunkt 20 war bereits Priorität der Piratenfraktion unter Nr. 4.2.

Ich komme nun zu

lfd. Nr. 21:

Finanzierung von Schallschutzmaßnahmen am Flughafen Tegel frühzeitig planen – Vorbereitung für deren Umsetzung beginnen

Antrag der Piratenfraktion Drucksache 17/2092

In der Beratung beginnt die Piratenfraktion. – Herr Kollege Baum, Sie haben das Wort!

Vielen Dank! – Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Gäste! Das Elend um den Flughafen BER wird auch in absehbarer Zeit kein Ende nehmen. Ob das von Herrn Mehdorn entwickelte Terminband für die Inbetriebnahme tatsächlich etwas taugt, bleibt abzuwarten. Misstrauen ist in jedem Fall angebracht, wenn diese Flughafengesellschaft, die bislang nicht in der Lage war, nachvollziehbare Termine oder Kostenaufstellungen zu liefern, irgendetwas verspricht.

Der Flughafen Tegel ist vom Dilettantismus der Flughafengesellschaft dergestalt betroffen, dass er kurz nach der Inbetriebnahme des BER zu schließen wäre, aber keiner weiß, wann genau das sein soll. Ursprünglich sollte der Flugbetrieb in Tegel ja schon im Jahr 2011 enden, und damit sollten seine Anwohner vom Fluglärm entlastet werden. Dass die Anwohner von Tegel mit der Eröffnung des BER entlastet werden, war auch immer eines der großen Argumente unseres ehemaligen Regierenden

(Philipp Magalski)

Bürgermeisters Wowereit, um für den neuen Flughafen zu werben.

[Martin Delius (PIRATEN): Wann denn?]

Das weiß eben keiner! – Zum einen gibt es also noch immer keinen Eröffnungstermin des BER und somit auch keinen Schließungstermin für Tegel. Zum anderen stehen den Anwohnern aber – und das ist rechtlich geregelt – zehn Jahre nach dem Inkrafttreten des Fluglärmschutzgesetzes im Jahr 2007 entsprechende Schallschutzmaßnahmen zu. Man kann sich nun juristisch darüber streiten, ab wann diese Verpflichtung, die Gebäude der Anwohner mit Schallschutz auszustatten, tatsächlich gilt, ab 2017 oder ab 2019. Mit den Vorbereitungen dieser Maßnahmen muss dennoch zeitnah begonnen werden. Mit unserem Antrag wollen wir den Senat auffordern, zusammen mit den anderen Anteilseignern der Flughafengesellschaft, dem Land Brandenburg und dem Bund eben jenes zu tun. Es braucht aus unserer Sicht eine vernünftige Planung eventuell notwendig werdender Maßnahmen und auch einen Kosten- und Finanzplan. Man könnte einwenden, dass die tatsächliche Umsetzung der Maßnahmen nicht erfolgen muss, wenn der BER auch wirklich 2070 –, ah, 2017 in Betrieb geht – oder 2070, wer weiß das schon so genau!

[Heiterkeit bei den PIRATEN]

Aber erstens sollte man sich nicht auf die Versprechungen dieser Flughafengesellschaft verlassen. Und zweitens spricht so ein Einwand nicht gegen die von uns vorgeschlagene Vorbereitung der Maßnahmen. Wir wollen mit diesem Antrag dazu beitragen, dass es im Falle des Falles eben nicht wieder zu Verzögerungen, Schlampereien und rechtlichen Auseinandersetzungen kommt, wie wir dies zurzeit bei den Schallschutzmaßnahmen am BER erleben. Eine im Fall einer Nichteröffnung des BER bereits vorliegende Planung von Schallschutzmaßnahmen in Tegel wäre auch im Sinne des Berliner Landeshaushalts, damit irgendwelche Ad-hoc-Lösungen vermieden werden könnten. Anstatt also die Anwohnerinnen und Anwohner der Berliner Flughäfen permanent nur als potenzielle Gegner zu begreifen, sollten Flughafengesellschaft und Senat bemüht sein, hier eine gewisse Planungssicherheit für die Anwohner des Flughafens Tegel zu schaffen. – Vielen Dank!

[Beifall bei den PIRATEN]

Danke schön! – Für die SPD-Fraktion hat jetzt Kollege Stroedter das Wort. – Bitte schön, Herr Kollege!

[Uwe Doering (LINKE): Jetzt geht es los! Jetzt kommt Reinickendorf!]

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Werter Kollege Baum! Der Inhalt Ihres Antrags war auch vor Kurzem Thema eines Artikels in der „Berliner Morgenpost“. Ich habe selber dort darauf hingewiesen, dass wir, wenn der Flughafen Tegel nicht rechtzeitig geschlossen werden kann, wegen fehlender Schallschutzmaßnahmen ein massives Problem bekommen werden. Und wir reden dann nicht über Millionen wie am BER, sondern

[Martin Delius (PIRATEN): Über Milliarden!]

bei 300 000 betroffenen Anwohnern in Pankow, Reinickendorf und Spandau würden dann mehrere Milliarden an Kosten für Schallschutzmaßnahmen zusammenkommen. Die gerichtlichen Entscheidungen am BER machen auch deutlich, dass bei der innerstädtischen Lage von Tegel die Anforderungen in Schallschutz ganz andere sein würden als dort unten. Da muss man manchmal lachen, welche Debatten geführt werden. Die Anwohner in Tegel haben lange genug unter Fluglärm gelitten und hätten in jeder Beziehung – auch aus unserer Sicht – Anspruch auf ausreichende Schallschutzmaßnahmen.

[Christopher Lauer (PIRATEN): Ja!]

In dem Zusammenhang will ich auch an dieser Stelle sagen, die Versuche der alten Geschäftsführung der Flughafengesellschaft am BER, die Kosten für die Schallschutzmaßnahmen zu reduzieren, sind und bleiben für die SPD-Fraktion in negativer Erinnerung. Es war eine Frechheit, was sich die alte Geschäftsführung dort erlaubt hat.

[Martin Delius (PIRATEN): Ach! Auf einmal?]

Die jetzige Planung von Flughafengesellschaft und Aufsichtsrat sieht vor, dass der Flughafen BER im zweiten Halbjahr 2017 eröffnet wird. Deshalb sehen wir, Herr Kollege Baum, aus heutiger Sicht keine Veranlassung, jetzt mit der Vorbereitung für Schallschutzmaßnahmen zu beginnen. Ich bin auch gegen Hysterie.

In dem Zusammenhang sage ich an der Stelle: Es ist absurd, wenn der Reinickendorfer CDU-Bundestagsabgeordnete sofortigen Schallschutz für Tegel einfordert, gehe aber davon aus, dass der Kollege Friederici anschließend die Position der CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus klarmachen wird, die vermutlich nicht auf dieser Linie liegt.

[Oliver Friederici (CDU): Glasklar! – Zuruf von Uwe Doering (LINKE)]

Die Frage, ab wann Schallschutzmaßnahmen für die Anwohnerinnen und Anwohner in Tegel benötigt werden, ist rechtlich umstritten. Hier geht es um einen Zeitraum von Ende 2017 bis Ende 2019. Das haben Sie zu Recht gesagt. Niemand kann heute beurteilen, wie die Gerichte abschließend entscheiden würden. Ich bin fest davon überzeugt, dass ab 2017 mit neuen Klagen zu rechnen ist. Und die bisher abgewiesenen Klagen machen deutlich,

(Andreas Baum)

dass hier ein massives Problem entstehen könnte. Das kann auch keiner einschätzen, ab wann das gilt.

Gleichwohl ist Ihr Antrag aus meiner Sicht heute ein reiner Schaufensterantrag, da zurzeit kein Entscheidungsbedarf besteht. Es macht keinen Sinn, neue Kosten für Vorbereitungen von Schallschutzmaßnahmen zu produzieren, denn unser Ziel ist nach wie vor, den Flughafen Tegel – und das ist wichtig – nach Eröffnung des BER zu schließen.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Baum?

Ja, sehr gerne.

Bitte schön, Herr Kollege Baum!

Ab wann wäre es denn Ihrer Meinung nach an der Zeit, sich mit diesem Thema zu beschäftigen?

[Martin Delius (PIRATEN): Gute Frage! Hätte ich auch gestellt!]

Die Frage ist gut, und ich kann sie Ihnen relativ einfach beantworten: Wenn der BER-Zeitplan so eingehalten wird, wie er jetzt ist, wovon ich ausgehe, haben wir keinen Grund, uns damit zu beschäftigen.

[Lachen von Christopher Lauer (PIRATEN) und Andreas Baum (PIRATEN)]

Wenn ich erkennen kann, dass der Zeitplan nicht zu halten ist, wenn z. B. diese tolle Entrauchungsanlage nicht funktioniert, dann werden wir uns darüber unterhalten müssen. Aber der Zeitpunkt ist jetzt nicht gekommen. Es bringt auch gar nichts, Hysterie zu verbreiten.

[Martin Delius (PIRATEN): Nein, das ist Weitsicht!]

Herr Delius! Was die Leute jetzt wirklich brauchen, ist,

[Christopher Lauer (PIRATEN): Cash!]

da bitte ich um Ihre Unterstützung, dass diese verdammten Postflüge jetzt endlich verschwinden. Da ist nämlich noch nichts passiert. Da ist doch die Frage, was macht die Deutsche Post,

[Zuruf von Harald Moritz (GRÜNE)]

Herr Moritz! – was macht die Betreibergesellschaft, das kann doch der Senat gar nicht allein machen.

[Andreas Baum (PIRATEN): Nehmen Sie sich ein Beispiel an Frau Spranger!]

Sie kennen doch die Bestimmungen. Die Verhandlungen haben doch stattgefunden. Wir wollen, dass sich das ändert, wir wollen, dass die Deutsche Post als Auftraggeber ihrer Verpflichtung nachkommt.

Und von einem können Sie ausgehen: Die SPD-Fraktion war in der Frage immer ganz klar. Wir setzen uns dafür ein, dass mit Schließung des Flughafens Tegel und einem guten Nachnutzungskonzept für Tegel der Bevölkerung endlich die massiven Belästigungen durch Fluglärm erspart bleiben und wirtschaftlich neue Chancen entstehen.

[Lachen bei den PIRATEN]

Es bringt aber nichts, jetzt an der Stelle das Dilemma noch dadurch zu vergrößern, indem man Dinge fordert, die nicht aktuell sind.

Herr Kollege! Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Olalowo?

Ich war eigentlich fertig, aber für den netten Kollegen Olalowo mache ich eine Ausnahme.