Protokoll der Sitzung vom 23.04.2015

Vorlage – zur Beschlussfassung – Drucksache 17/2202

Erste Lesung

Ich eröffne die erste Lesung. Eine Beratung ist nicht vorgesehen. Es wird die Überweisung der Gesetzesvorlage an den Ausschuss für Bauen, Wohnen und Verkehr empfohlen. Widerspruch höre ich nicht. Dann verfahren wir so.

Ich komme zu

lfd. Nr. 7:

Nachwahl von Mitgliedern des Richterwahlausschusses sowie deren Stellvertretungen

Nachwahl Drucksache 17/0100

Zunächst kommen wir zur Nachwahl eines oder einer Abgeordneten oder sonstigen Person, die nicht Berufsrichterin oder -richter oder Staatsanwältin oder Staatsanwalt im Dienst des Landes Berlin oder des Landes Brandenburg sein darf, und ihrer Stellvertretung aufgrund von Vorschlägen aus der Mitte des Parlaments, nachdem die Piratenfraktion auf ihr Vorschlagsrecht verzichtet hat. Das Vorschlagsrecht steht nunmehr der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zu, die als Mitglied für den Richterwahlausschuss Frau Abgeordnete Canan Bayram vorschlägt. Wer Frau Abgeordnete Bayram wählen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Danke schön! Gibt es Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Bei einer Enthaltung einstimmig gewählt.

Als Stellvertretung wird von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Frau Yosma Karagöz vorgeschlagen. Wer Frau Karagöz als stellvertretendes Mitglied des Richterwahlausschusses wählen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Das sind alle Fraktionen und der fraktionslose Kollege. Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Damit auch einstimmig gewählt.

Als ständiges Mitglied aus der Vorschlagsliste der Richterschaft wird von den Fraktionen Frau Richterin am Amtsgericht Marianne Krause vorgeschlagen. Wer Frau Krause als ständiges Mitglied im Richterwahlausschuss wählen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Das sind wieder alle Fraktionen und der fraktionslose Kollege. Gibt es Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Keine. Somit einstimmig gewählt.

Als Stellvertretung eines nichtständigen Mitglieds des Richterwahlausschusses wird von den Fraktionen gemäß der Vorschlagsliste der Staatsanwaltschaft Herr Oberstaatsanwalt Gerhard Eisenbach vorgeschlagen. Wer

(Wolfram Prieß)

Herrn Eisenbach wählen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Das sind ebenfalls alle Fraktionen und der fraktionslose Kollege. Gegenstimmen? – Keine. Enthaltungen – auch keine. Somit einstimmig gewählt.

Damit sind die vorgeschlagenen Personen gewählt. Herzlichen Glückwunsch!

Der Tagesordnungspunkt 8 steht auf der Konsensliste.

Ich komme zu

lfd. Nr. 9:

Berlin braucht mehr „soziale Erhaltungsgebiete“ – Mieterschutz stärken und Spekulation eindämmen

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Bauen, Wohnen und Verkehr vom 4. März 2015 Drucksache 17/2170

zum Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 17/2087

In der Beratung beginnt die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. – Bitte schön, Frau Kollegin Schmidberger, Sie haben das Wort!

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Warum brauchen wir Milieuschutz? – Damit die Umwandlungsverordnung in der Stadt überhaupt wirken kann. Denn diese beiden Instrumente sind aneinander gebunden. Nur in Milieuschutzgebieten wird die Umwandlungsverordnung gelten. Nur dort können die Berlinerinnen und Berliner vor Immobilienspekulation geschützt werden. Deshalb brauchen wir eine großflächige Ausweitung von Milieuschutzgebieten in der Stadt.

Leider gibt es immer noch zu viele Bezirke, die keinen Milieuschutz haben, auch wenn die Gründe dafür vielfältig sind. In Neukölln und Charlottenburg-Wilmersdorf zum Beispiel blockiert die SPD dieses Instrument, in Reinickendorf wiederum die CDU. Aber es gibt eben auch einige Bezirke, die dieses Instrument einführen wollen – wie z. B. Steglitz-Zehlendorf, TreptowKöpenick oder auch Lichtenberg. Zwar spät, aber immerhin! Vorhanden ist Milieuschutz nur in den Bezirken, in denen sich grüne Baustadträte dafür eingesetzt haben. Ich finde, das muss sich dringend ändern.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN]

Dazu brauchen die Bezirke aber auch Geld und Personal, also die Unterstützung des Senats. Deshalb haben wir diesen Antrag eingebracht. Ich kann nur immer wieder appellieren. Unterstützen Sie ihn, dann bleibt die Haltung des Senats auch keine hohle Phrase, wie es bisher der Fall war!

[Beifall bei den GRÜNEN]

In Milieuschutzgebieten können Bezirke auch ein Vorkaufsrecht wahrnehmen, sofern der Senat sie dazu endlich in die Lage versetzt. Das Beispiel TempelhofSchöneberg hat doch gerade gezeigt, wie erfolgreich Bezirke ihr Vorkaufsrecht in Milieuschutzgebieten einsetzen können. Dem Bezirk ist nämlich gelungen, was der Senat nicht geschafft hat: die Rettung von preiswerten Wohnungen, der Schutz von Mietern und Mieterinnen und vor allem der Schutz vor der BImA und vor den Spekulanten!

Nur durch das Instrument des Milieuschutzes konnte das bisher erreicht werden. Doch leider verweigert der Senat hierbei seine dauerhafte Unterstützung. Im Ausschuss haben Sie, Herr Senator Geisel, ausgeführt, dass es keine pauschale Regelung zum Vorkaufsrecht in Berlin geben wird. Herr Geisel! Das brauchen wir auch nicht. Aber wir brauchen ein umsetzbares Verfahren für die Stadt, mit dem die Bezirke und die zuständigen Baustadträte arbeiten können. Die Bezirke brauchen vor allem Geld, damit sie in Kooperation mit Genossenschaften oder städtischen Wohnungsbaugesellschaften auf die Mieterinnen und Mieter eingehen können. Das würde auch dazu beitragen, dass wir eine bessere Verteilung der landeseigenen Wohnungen über die ganze Stadt erreichen. Da haben wir nämlich ein ganz großes Problem.

Insgesamt muss ich auch noch mal feststellen, dass der Senat immer noch nur auf verwässerte Kompromisse statt auf eine nachhaltige Mietenpolitik setzt. Das haben wir beim Zweckentfremdungsverbot und auch bei der Umwandlungsverordnung erlebt. Die wurde drei Jahre lang angekündigt – eine, wie ich finde, unendliche Zeitspanne, in der noch mal 25 000 Mietwohnungen in Eigentum umgewandelt wurden, damit auch noch der letzte Spekulant zum Zuge kommt.

Was geht in der Folge in Berlin so ab? Schauen wir uns in der Stadt um. Wir haben die heftigsten Mietsteigerungen seit 20 Jahren, flächendeckend in ganz Berlin, und das, obwohl die Einkommen kaum gestiegen sind. Immer noch wird tagtäglich preiswerter Wohnraum durch Abriss, teure Modernisierungen, Umwandlungen und Zweckentfremdung zerstört. Neu gebaut werden immer noch mehrheitlich Eigentumswohnungen und viel zu wenige preiswerte Sozialwohnungen. Verdrängung aus der Nachbarschaft und Zwangsräumung sind heute für viele Menschen leider bittere Realität.

Das beweist: Die rot-schwarze Wohnungspolitik ist geprägt von Blockade, bewusster Verschleppung und Schlampigkeit. Deshalb wundere ich mich übrigens auch nicht, dass es jetzt ein Mietenvolksbegehren in Berlin gibt. Dieses Volksbegehren ist die rote Karte für Ihre verfehlte Wohnungspolitik, und ich finde, dass Sie die auch verdient haben.

[Beifall bei den GRÜNEN – Beifall von Martin Delius (PIRATEN)]

(Präsident Ralf Wieland)

Ich kann uns und vor allem Ihnen nur wünschen, dass dieses Volksbegehren uns dazu bringen wird, dass wir endlich eine intensive Debatte über eine nachhaltige und soziale Wohnungspolitik hier im Haus haben – eine Wohnungspolitik, die nicht weiterhin Wohnungsnot produziert, sondern vor Verdrängung schützt. Die Berlinerinnen und Berliner wollen sich einfach nur ihre Miete leisten können und in ihrer Wohnung bleiben, und ich finde, dass sie dazu auch ein Recht haben.

[Beifall von Anja Kofbinger (GRÜNE)]

Wenn dieser Senat nicht einen echten Paradigmenwechsel einleitet und das möglichst schnell, muss diesem Senat auch die fristlose Kündigung ausgesprochen werden.

[Beifall bei den GRÜNEN – Beifall von Katrin Lompscher (LINKE)]

Vielen Dank! – Für die SPD-Fraktion Frau Kollegin Spranger – bitte schön!

Verehrter Herr Präsident! Meine Damen, meine Herren! „Berlin braucht mehr ‚soziale Erhaltungsgebiete‘ – Mieterschutz stärken und Spekulation eindämmen“ – das ist eine völlig richtige Überschrift. Das sind wichtige Themen, richtige Themen, und das hätten wir auch sofort unterschrieben. Aber Sie haben gerade wieder bewiesen, was Sie damit wirklich meinen. Frau Schmidberger! Wir haben nicht nur hier im Plenum, sondern auch im Bauausschuss sehr ausführlich über Milieuschutzgebiete gesprochen. Es ist ja nicht das erste Mal. Und wir haben natürlich im Ausschuss auch die Themenkomplexe angesprochen, auf die ich noch mal eingehen will, also Umwandlungsverbotsverordnung, Zweckentfremdungsgesetz, Vorkaufsrecht, Wohnungsneubau, Kappungsgrenze etc. Klare Regelungen! Klare Gesetze! Frau Schmidberger! Das sind keine Kompromisse, das ist nicht schlampig, das ist nicht Verschleppung, sondern das sind klare Regelungen und klare Gesetze, und damit können das Parlament und der Senat selbstverständlich auch umgehen.

[Martin Delius (PIRATEN): Mieterpartei!]

Ja, natürlich! Mieterpartei! SPD ist Mieterpartei! Völlig korrekt! –

[Vereinzelter Beifall von der SPD – Torsten Schneider (SPD): Bravo!]

Als Instrumente der Mietpreisdämpfung und zum Schutz der Mieterinnen und Mieter sind natürlich die Sachen, die ich gerade genannt habe, auch verbunden mit dem Milieuschutz. Völlig richtig!

Ich gehe noch mal kurz auf die Diskussion im Bauausschuss ein. Wir wissen, dass zusätzlich zu den 21 Gebie

ten mit Erhaltungsverordnung noch 11 weitere Gebiete im Moment in Planung sind und dass es also weitere Untersuchungen auch in den Bezirken gibt. Es mag sein, dass einzelne Bezirke bisher aus Kostengründen Untersuchungen gescheut haben.

[Andreas Otto (GRÜNE): Ach, was?]

Dem haben wir entgegengewirkt, indem wir für solche Einzelfälle selbstverständlich finanzielle Vorsorge getroffen haben, und das hat der Senator Ihnen bereits im Bauausschuss – und nicht nur Ihnen, sondern auch den Baustadträten – zugesagt. Er hat also mit den Baustadträten gesprochen und zugesagt, dass es dort, wo es Gebiete gibt, in denen tatsächlich Verdrängung droht, Hilfestellungen geben wird. Das soll als Steuerungsinstrument genutzt werden, weil die Voraussetzungen für das Erlassen einer solchen Erhaltungsverordnung rechtssicher sein müssen. „Rechtssicher“ heißt: Es muss alles klagefest sein, denn das Land würde in dem Fall, dass der jeweilige Bezirk vor Gericht unterliegt, schadenersatzpflichtig werden. Das sagen Sie natürlich hier nicht.

[Katrin Schmidberger (GRÜNE): Der Bezirk!]

Ja, der Bezirk! Ja, schadenersatzpflichtig!

[Torsten Schneider (SPD): Was ist mit Oeynhausen?]

Genau! – Deshalb kann es nicht auf die ganze Stadt ausgeweitet werden. Die ganze Stadt kann nicht zum Milieuschutzgebiet erklärt werden.