Protokoll der Sitzung vom 07.05.2015

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

Ich sehe auch Applaus bei den Grünen. Das freut mich. Es sind aber nur einige, die klatschen. Kollegin Kosche, Kollege Olalowo und Frau Kapek habe ich gesehen.

[Heidi Kosche (GRÜNE): Bei Ihnen sind es auch nur einige!]

Schauen wir doch mal weiter! Wir haben eine klare Haltung als SPD-Fraktion.

[Zuruf von Antje Kapek (GRÜNE)]

Jetzt haben wir die erste Frage an den Kollegen Schäfer, die er mal beantworten müsste. Wir hatten hier ein energierechtliches Verfahren, das Strom- und das Gasnetz waren auszuschreiben, und da könnten Sie zumindest zur Kenntnis nehmen, dass alle Kommunen, alle Städte in der Bundesrepublik Deutschland gezwungen sind, das nach § 46 auszuschreiben, und zwar rechtssicher und diskriminierungsfrei. Sie haben hier aber keine Antworten gegeben, was das für Sie heißt. Sie wollen die Verfahren nicht, Sie wissen immer schon die Lösung, wie alles dann in die öffentliche Hand geht, aber das ist nicht so einfach.

[Heidi Kosche (GRÜNE): Sie haben das Personal nicht dafür!]

Kollege Schäfer! Haben Sie überhaupt zur Kenntnis genommen, dass sich das Unternehmen Berlin-Energie seit 2012 um Strom- und Gasnetz bewirbt? Sie waren ja mal für und mal gegen das Gasnetz. Da kann man unterschiedliche Positionen bei der Grünen-Fraktion nachlesen. Herr Schäfer! Haben Sie eigentlich mitbekommen, dass Berlin-Energie den Zuschlag bekommen hat? Da hätte ich mir auch mal einen kleinen Applaus von der Grünen-Fraktion gewünscht. Das städtische Unternehmen Berlin-Energie hat sich beworben und ist als Bestbieter mit der höchsten Punktzahl aus dem Verfahren herausgekommen. Das kann man auch als Grünen-Fraktion mal positiv zur Kenntnis nehmen.

[Beifall bei der SPD – Antje Kapek (GRÜNE): Das ist aber auch das Einzige!]

Dazu haben Sie weder die Kraft noch die Traute, muss man erstens feststellen.

Dann muss ich auch sehen, dass das Gericht natürlich dem Einspruch der GASAG zunächst mal zumindest in Teilen gefolgt ist, aber in einem entscheidenden Punkt nicht: Die GASAG hat nicht den Zuschlag bekommen. – Auch das hat die erste Instanz festgestellt. Bei allen anderen Punkten, die die erste Instanz festgestellt hat, müssen wir auch mal die Frage in den Raum stellen, ob das wirklich mehr als eine Instanz tragen kann, denn wenn das überall so gelten würde, gäbe es demnächst nirgendwo mehr eine rechtssichere und diskriminierungsfreie Vergabe an die eigene Stadt, an die eigene Kommune. Das hat dieses Gericht nämlich praktisch unmöglich gemacht, und deswegen sollte dieses Urteil auch im Interesse anderer Städte und Kommunen keinen Bestand haben.

Ich habe das Thema Halbwertzeit angesprochen. Herr Schäfer! Ich könnte Ihnen lange vorlesen, was Sie vor zwei Wochen zum Gas- und zum Stromnetz gesagt haben.

[Michael Schäfer (GRÜNE): Machen Sie es, dann nutzen Sie wenigstens Ihre Redezeit mal vernünftig!]

Ich nutze die Redezeit mal vernünftig, Herr Schäfer! Sie werden sich aber noch wünschen, ich hätte Sie nicht zitiert.

[Oh! von den GRÜNEN]

Stichwort „politische Halbwertzeit“: Nehmen wir mal ein Zitat von Herrn Schäfer, das noch nicht mal ein Jahr alt ist. Vielleicht können Sie ja heute noch mal klar sagen, was Sie mit dem Gasnetz wirklich wollen. Wir warten auf diese Klarheit bei Ihnen.

[Stefanie Remlinger (GRÜNE): Haben Sie noch etwas anderes zu tun, als sich an den Grünen abzuarbeiten?]

Einige haben ja auch geklatscht. Alle Energienetze in die öffentliche Hand! Warum haben Sie eigentlich nicht geklatscht, Herr Schäfer? – Ich zitiere aus dem Plenarprotokoll des Berliner Abgeordnetenhauses, also nicht aus der Kantine der Grünen-Fraktion, sondern aus dem Plenarprotokoll vom 5. Juni 2014. Kollege Schäfer sagte, gerichtet an Michael Müller – damals noch Senator –:

Herr Senator Müller! Erst einmal muss ich zurückweisen, dass wir unsere Position in der Frage des Gasnetzes geändert haben. Wir waren immer dagegen, das zu rekommunalisieren.

Herr Schäfer! Dieser Satz ist nicht mal ein Jahr alt.

[Oh! von den GRÜNEN – Lachen bei den GRÜNEN]

Aber Sie trauen sich mit Ihrer Grünen-Fraktion, hier zu behaupten, Sie hätten eine konsequente Energie- und Klimapolitik. Sie sollten sich etwas schämen, weil konsequente Energiepolitik anders funktioniert.

[Beifall bei der SPD – Zurufe von den GRÜNEN]

Es tut mir leid, dass man Ihnen das mal vorhalten muss, was Sie vor nicht mal einem Jahr im Plenum gesagt haben. Das müssen Sie sich mal zurechnen lassen, Herr Schäfer.

Ich kann Ihnen sagen, was wir als SPD-Fraktion konkret tun. Bei uns läuft jetzt die Liste herum – Kollege Karsten hat sie angefertigt –: Wer möchte beim Stadtwerk Kunde werden, um dort reinen Ökostrom zu beziehen? – Die Liste wächst, und Sie können sich anschließen. Wir stehen mit unseren Namen schon drauf. Kollege Karsten führt diese Liste. Kommen Sie dazu, damit wir den Druck aufbauen, das große Energie-Stadtwerk des Landes Berlin auch wirklich zum Erfolg zu führen – mit echten Kunden!

Wo steht das Stadtwerk wirklich? – Diese Minute sei mir noch erlaubt. – Herr Schäfer! Das könnten Sie auch erfahren, wenn Sie nachfragen. Die Windräder, die Sie immer nur nennen, das sind die vier bis fünf am Standort Teltow-Stahnsdorf – völlig richtig. Die werden kommen. Die sind auf einem sehr guten Weg. Genauso gibt es sehr konkrete Verhandlungen für weitere Projekte im Umland

von Berlin. Die sind noch nicht alle unterschriftsreif, weil auch andere sich darum bewerben, aber wir sind sehr hart dran, dass wir das für das Stadtwerk bekommen.

Was die Grünen-Fraktion niemandem erzählt und einfach für sich behält: Das Stadtwerk ist gegründet. Der Beirat tagt in anderthalb Wochen, am 18. Mai. – Sie werden, glaube ich, nicht dabei sein, weil Sie andere Damen und Herren hingeschickt haben. Wir schicken auch Abgeordnete dorthin. Die Grünen-Fraktion hat sich anders entschieden.

[Antje Kapek (GRÜNE): Wir schicken Experten!]

Weiß der Geier, warum! Vielleicht wollen Sie beim Stadtwerk nicht so mitwirken. Jedenfalls gibt es bereits konkrete Vertragsverhandlungen mit großen städtischen Wohnungsgesellschaften, dass Solarstromanlagen auf Dächern errichtet werden und dieser Solarstrom den Mieterinnen und Mietern konkret angeboten wird. Das ist konkretes Handeln für Mieter in der Stadt, wie wir es vom Stadtwerk verlangen und wie es auch vorangebracht wird.

[Beifall bei der SPD – Zuruf von Gerwald Claus-Brunner (PIRATEN)]

Es gibt große dezentrale Projekte beispielsweise für den Zoo, den Tierpark, wo man eine Menge Energie sparen und viel erreichen kann – für die Interessen des Umwelt- und Klimaschutzes, für eine moderne Energiepolitik genauso wie für das Zukunftsfeld TXL.

All das ist auf dem Weg, und man muss schon sagen, Herr Schäfer: Sie haben wahrscheinlich Ihren eigenen Antrag, der jetzt gerade zur Debatte steht und aus dem Jahr 2013 stammt, auch gar nicht richtig gelesen. Da lag Ihr Fokus noch darauf – Sie erinnern sich noch? –, das Stadtwerk aus der Berliner Energieagentur völlig neu zu gründen. Da wollten Sie – ein bisschen naiv war es schon – der Firma Vattenfall und der Firma GASAG mal schnell ihre Anteile abkaufen. Oh, die wollten aber gar nicht. Haben Sie gar nicht mit gerechnet, nicht? Aber der Antrag war trotzdem gut, Herr Schäfer. Sie haben es wie immer gut gemeint, aber schlecht gemacht.

[Zuruf von Ramona Pop (GRÜNE)]

Ich sage Ihnen auch eins ganz klar: Wenn es nach der SPD-Fraktion geht, dann kann die Stadt Berlin das allein stemmen, weil wir die Energiewende konkret gestalten müssen, und das heißt, die Energienetze fit für diese Energiezukunft zu machen – hin zu dezentralen, hin zu erneuerbaren Energien. Dazu brauchen wir keinen großen Partner. Da wäre es auch schön, einen echten weißen Ritter zu haben. Und ich sage Ihnen eines mal klar für die SPD-Fraktion: Nehmen wir mal die Firmen Vattenfall und E.ON. Beide klagen gegen die Bundesrepublik Deutschland wegen der Energiewende und dem Atomausstieg. Die wollen nämlich für den Atomausstieg noch Milliarden haben. Aber das ist eigentlich kein schöner

weißer Ritter. Wir stellen uns dort, wenn überhaupt, andere vor.

Aber man muss eins zur Kenntnis nehmen – und eine Antwort darauf konnten Sie noch niemandem geben, Kollege Schäfer –: Die Firmen GASAG und Vattenfall gehören nun mal anderen. Entweder sagen Sie, dass Sie die grüne Enteignungskeule nehmen, oder Sie haben wie immer kein Konzept bzw. eine Meinung, die sich wie jetzt in Halbjahres- oder Jahresschritten so schnell wandelt, dass ein moderner Energiepolitiker diesem schnellen Wandel der Grünen-Fraktion leider nicht immer folgen kann. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit, meine Damen, meine Herren!

[Beifall bei der SPD – Zurufe von den GRÜNEN]

Für eine Kurzintervention hat Herr Kollege Schäfer das Wort.

Herr Kollege Buchholz! Nur weil Christopher Lauer heute nicht da ist, müssen Sie doch nicht seine Rolle zu übernehmen versuchen. Sie kommen so nicht zu Springer, sage ich Ihnen schon mal.

[Beifall bei den GRÜNEN und den PIRATEN]

Ich kann Ihren Ärger ja verstehen, und kann auch verstehen, dass Sie jetzt uns Grüne beschuldigen wollen. Sie haben einfach am Dienstag im Senat eine krachende Niederlage erlitten – eine krachende, bittere Niederlage.

[Beifall bei den GRÜNEN – Beifall von Dr. Gabriele Hiller (LINKE)]

Sie haben versprochen: 100 Prozent am Stromnetz! – Sie haben ein starkes Stadtwerk versprochen. Sie wollten sogar die GASAG rekommunalisieren, was ich nicht für sinnvoll halte. Aber Sie haben in diesen Beschluss nicht mal hineinbekommen, dass Sie eine Mehrheit an diesen Unternehmen übernehmen wollen. Noch nicht mal das steht da drin.

[Daniel Buchholz (SPD): Können Sie nicht lesen?]

Die Rekommunalisierungsstrategie der SPD ist am Dienstag gescheitert.

[Beifall bei den GRÜNEN]

Sie ist gescheitert. Da ist nichts mehr von 100 Prozent. Darum durften Sie auch heute reden, sonst hätte das Herr Stroedter lieber selbst gemacht.

[Heiterkeit bei den GRÜNEN]

Dass Sie dann immer auf das Gasnetz zurückkommen! Ja, wir hatten Konflikte in Bezug auf das Gasnetz in meiner Partei.

[Daniel Buchholz (SPD): Ja, da sehen Sie es!]