nachvollziehbare Gründe. Tatsache ist, in unserer Gesellschaft ist Rassismus ein tief verwurzeltes Problem,
und auch der Umgang mit Rassismus und auch der Umgang mit der Tatsache, dass dieses Problem tief verwurzelt ist, ist problematisch in unserer Gesellschaft.
Dazu gehört auch die Diskussion darüber, was eigentlich Rassismus oder rassistisch ist und was nicht. Rassismus so zu sehen, wie es unsere Landesverfassung in der Formulierung tut und wie es z. B. auch in einem meiner Meinung nach sehr unglücklichen Begriff wie Fremdenfeindlichkeit auftaucht, ist halt der Fehler, so zu tun, als wäre Rassismus einfach die Ungleichbehandlung von Menschen, die in irgendeinem Sinne fremd oder anders sind. Das ist es aber nicht nur. Bereits die Konstruktion von Fremdheit, bereits die Tatsache, dass Menschen als fremd oder anders konstruiert werden, weil sie eine andere Herkunft, eine andere Sprache oder einfach nur ein anderes Aussehen oder einen anderen Namen haben – das kann man nicht auf ein einzelnes objektives Merkmal reduzieren –, ist Rassismus.
Das ist das Problem. Ich hätte mir gewünscht, dass wir dieses Problem in unserer Landesverfassung auch korrekt benennen. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Kollege Dr. Weiß! – Ich lasse jetzt zunächst, nachdem keine weiteren Wortmeldungen vorliegen, über den Änderungsantrag der Oppositionsfraktionen abstimmen. Noch mal zur Erinnerung: Das ist die Drucksache 17/1481-1. Wer diesem Änderungsantrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind Linke, Grüne und alle Piraten. Wer ist dagegen? – Das sind die Koalitionsfraktionen. Letzteres war die Mehrheit. Damit ist der Änderungsantrag abgelehnt.
Jetzt kommen wir zurück zum ursprünglichen Antrag, Drucksache 17/1481. Da empfiehlt der – kurz gesagt – Rechtsausschuss mehrheitlich gegen Grüne, Linke und Piraten die Ablehnung auch mit Änderungen. Noch kurz der Hinweis: Nach Artikel 100 der Verfassung von Berlin ist für die Verfassungsänderung eine Mehrheit von zwei Dritteln der gewählten Mitglieder des Abgeordnetenhauses erforderlich. Wer der Gesetzesvorlage zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind Grüne, Linke und auch hier wieder die Piratenfraktion vollständig. Wer ist dagegen? – Das sind die Koalitionsfraktionen. Damit ist diese Gesetzesvorlage abgelehnt.
Beschlussempfehlung des Ausschusses für Arbeit, Integration, Berufliche Bildung und Frauen vom 19. März 2015 und Beschlussempfehlung des Hauptausschusses vom 6. Mai 2015 Drucksache 17/2260
Ich eröffne die zweite Lesung zur Gesetzesvorlage und schlage vor, die Einzelberatung der zwei Artikel miteinander zu verbinden, und höre hierzu keinen Widerspruch. Ich rufe also demnach die Überschrift und die Einleitung sowie die Artikel I und II der Drucksache 17/0840 auf. Auch hier hat jede Fraktion eine Redezeit von bis zu fünf Minuten. Es beginnt die antragstellende Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, und zwar in Gestalt der Kollegin Kofbinger. – Sie haben das Wort, bitte schön!
Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine Damen und Herren! Ich bin auch gleich in meiner eigenen Gestalt erschienen.
Ich bin sehr froh, dass wir heute zu unserem Vorschlag des Änderungsgesetzes zum Landesgleichstellungsgesetz abschließend beraten, schließlich wurde es vor mehr als zwei Jahren eingebracht. Ich werde übrigens nicht die gleiche Rede wie vor zwei Jahren halten, erstens weil es Desinteresse ausdrückt, und zweitens würde es der Sache auch nicht gerecht werden, denn im Gegensatz zur sich ständig in Lobhudeleien ihrer selbst ergehenden Koalition nehmen wir als Opposition Veränderungen zum Besseren oder Schlechteren durchaus wahr. Und darum wird es heute auch gehen.
Vor gut zwei Jahren legten wir Ihnen einen Änderungsantrag zum LGG vor. Diese Änderung war im Wesentlichen eine Neuerung, nämlich die Einführung eines Verbandsklagerechts als neuer § 19 LGG. Der Grund war klar. Sowohl bei der Messe Berlin als auch im Polizeipräsidium sind Besetzungen am LGG vorbeigelaufen. Im ersten Fall wurde die zuständige Senatorin von der CDU gefeuert. Sie hatte sich ohne Rücksprache mit dem Landesvorsitzenden, der dort vorne sitzt – er stellt einen Innensenator dar –, einfach nicht an das Gesetz gehalten – Entschuldigung: einfach an das Gesetz gehalten. Das war jetzt ein interessanter Versprecher! – Damals sagten die Vertreterinnen von SPD und CDU, die auch heute wieder zu diesem Thema sprechen werden, aus voller Überzeugung: Das Berliner LGG ist nicht nur bundesweit das beste, sondern auch dafür da, wirklich für Gerechtigkeit
zu sorgen. Der Garant für diese Gerechtigkeit ist die mit angeblich sehr weitreichenden Befugnissen ausgestattete Frauenvertreterin der landeseigenen Betriebe, also der größeren Betriebe über 500 Beschäftigte.
Wohin das führt, haben wir alle Ende März in der Presse lesen können. Da wurde der Bericht der Frauenvertreterin der BSR der Presse zugespielt, wohlgemerkt nicht von ihr. Der legte offen, dass bei der Besetzung des Finanzvorstands der BSR eine Person ausgewählt wurde, die vorher den Sprung von der sogenannten Longlist auf die Shortlist nicht geschafft hatte. Deshalb musste er, wohl nach allerlei Interventionen guter Freunde, noch einmal eingeladen werden. Schon dies ist ein Verstoß gegen das LGG. Es hätte nämlich auch eine Frau, und zwar die, die eigentlich schon für diesen Job ausgewählt wurde, wegen der Vergleichbarkeit dazugeladen werden müssen. Nun passierte das, was auch laut LGG zwingend ist: Die zuständige Frauenvertreterin prüfte, kam zu dem Schluss, das geht nicht und holte sich Rat bei der zuständigen Verwaltung.
Dieser leere Stuhl stellt jetzt Frau Kolat dar. Die Beraterin gab ihr inhaltlich recht, und die Frauenvertreterin legte ihren Einspruch gegen die Besetzung ein – ganz normal. Was dann geschah, ist allerdings ziemlich unglaublich: Jemand ging damit an die Presse. Die Frauenvertreterin wurde übelst beschimpft und unter Druck gesetzt, den Mund zu halten, was sie übrigens nicht tat, aber so schnell steht man mit dem Rücken an der Wand, wenn man Frauenvertreterin in einem großen landeseigenen Betrieb ist.
Was setzt die Koalition dagegen? Steht sie hinter der Frauenvertreterin? Steht sie ihr gar bei? – Nein, unterstützen tut sie sie auch nicht, Fehlanzeige. Herr Kehren – nomen est omen könnte man hier sagen – wird ab 2016 Finanzvorstand, und alle sind zufrieden. Das LGG wurde außer Kraft gesetzt, die Frauenvertreterin desavouiert, und ein guter Freund eines Parteigranden wurde mit einem extrem lukrativen Job bedacht.
[Christopher Lauer (PIRATEN): Aus der Sicht der Politik! Aus der Sicht eines Mitgliedes des Abgeordnetenhauses!]
Was ist das eigentlich für ein Mensch, den wir hier bald in Berlin begrüßen? – Dazu schreibt die Presse – Herr Präsident, mit Ihrer Zustimmung zitiere ich hier – aus einem launigen Artikel des „Tagesspiegel-Checkpoints“:
Vor drei Jahren wollte Kehren schon einmal zur BSR, verpasste aber die Frist. Vielleicht nimmt er es mit den Zahlen ja genauer als mit den Daten.
Ha, ha! Wollen wir einen solchen Menschen wirklich hier als Finanzvorstand eines der größten landeseigenen Betriebe haben?
Das ist nicht die Schuld von Herrn Lauer, wenn die Uhr nicht richtig läuft. Das kann man ihm jetzt wirklich nicht anheften hier.
Die Fragen, die sich aus dem Verfahren ergeben, sind doch folgende: Wer prüft im Senat eigentlich die Umsetzung des LGG bei Einstellungen? Wer schützt eigentlich die Frauenvertreterin – oder die Frauenvertreterinnen, es sind ja mehrere in mehreren Betrieben – vor Verleumdungen? Entspricht es der Tatsache, dass das zukünftige Vorstandsmitglied den Sprung von der sogenannten Longlist auf die Shortlist nicht geschafft hat? Und wie viel verdient eigentlich so ein Finanzvorstand? – Wenn mir all diese Fragen beantwortet wären, wäre ich schon ein Stück weiter.
Es sind eben Fragen, die heute hier nicht beantwortet werden können, aber Sie haben heute eine Chance, Ihre ehrliche Absicht zur Gleichstellung zu zeigen, denn wir reden heute über dieses unappetitliche Kapitel der Postenschacherei. Deshalb appelliere ich heute an Sie auch im Namen meiner Fraktion: Geben Sie Ihren sinnlosen Widerstand gegen die Novellierung und damit auch gegen die Modernisierung des LGG auf! So, wie Sie sich das hier vorgestellt haben, wird es nicht klappen. Das LGG hat offensichtlich keinerlei Wirkung bei der Vergabe hochkarätiger, sehr gut dotierter Posten. Die Frauenvertreterin wird massiv unter Druck gesetzt, wenn sie nicht spurt, und die Berichte werden an die Presse weiter durchgestochen. Damit können Sie doch nicht zufrieden sein. Machen Sie sich endlich ehrlich! Stimmen Sie der Einrichtung eines Verbandsklagerechts im LGG zu, und heilen Sie diesen Zustand!
Letztens und abschließend möchte ich sagen: Herr Kohlmeier hat völlig recht. Wir reden hier nicht über Gefühle, das will ich auch gar nicht, auch wenn ich ein bisschen ärgerlich bin, ich gebe es zu. Wir haben hier wirklich eine neue Qualität erreicht. Es geht nicht nur darum, dass dieses Landesgleichstellungsgesetz, das jetzt ungefähr seit 25 Jahren Gültigkeit hat, ununterbrochen umgangen wird und es natürlich keine Sanktionsmöglichkeiten gibt, es geht dieses Mal das erste Mal wirklich um eine konkrete Person, die beschädigt wurde. Ob diese Person in ihrem Betrieb noch einmal glücklich wird mit ihrer Arbeit, das ist zu bezweifeln. Ich hoffe, sie wird es. Aber dafür braucht sie auch unsere Unterstützung. Und unsere Unterstützung kann nicht sein, dass wir einfach immer für oder gegen ein LGG stimmen. Es geht hier um konkrete Personen. Ich bitte Sie wirklich darum: Rufen Sie diese Frau an, gerade die Personen, die nach mir reden werden, und sichern Sie ihr Ihre Unterstützung zu! Sie hat es verdient. Sie hat sich hier wirklich reingehängt. Und nach Auskunft der zuständigen Senatsverwaltung hatte sie übrigens auch recht. Und so können wir nicht miteinander umgehen. Darum möchte ich Sie abschließend bitten. – Vielen Dank!
Danke schön, Frau Kollegin Kofbinger! – Für die SPDFraktion erteile ich jetzt das Wort der Kollegin Dr. Czyborra. – Bitte sehr!
Danke sehr! – Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Das Wichtigste will ich gleich am Anfang sagen: Frauenförderung ist nicht etwa nice to have, sie zielt auf nichts anderes als auf die Durchsetzung eines verfassungsgemäßen Zustands. Sie zielt auf die Durchsetzung des Rechts auf Gleichbehandlung, auf gleiche Chancen, gleiche Teilhabe für Frauen im Allgemeinen und für jede einzelne. Das steht in einem Rechtsstaat nicht zur Disposition, auch wenn es manchmal anstrengend ist.
Dazu haben wir in Berlin ein sehr gutes Gesetz: unser LGG. Ich wiederhole, auch wenn ich es schon gesagt habe, wie die Kollegin Kofbinger eben anmerkte, es ist das beste, das es gibt. Wir haben es auch in den 25 Jahren das eine oder andere Mal novelliert und weiterentwickelt. Jetzt haben wir auch die Ausführungsvorschriften, die bei der Umsetzung helfen werden. Wir haben starke Frauenvertreterinnen, die genießen meine Hochachtung, meine Solidarität in ihrem täglichen Ringen um die Durchset
zung des LGG. Wir haben auch starke Frauen in dieser Stadt. Ich finde, wir sollten uns mal zu unserem Landesgleichstellungsgesetz durch einen entsprechenden Applaus bekennen. – Hallo, Fraktionen!