Protokoll der Sitzung vom 25.06.2015

[Beifall bei der CDU und der SPD – Zuruf von Katrin Schmidberger (GRÜNE) – Zuruf von Christopher Lauer (PIRATEN)]

Sie sehen: Wir haben eine sehr kritische Haltung in dieser Angelegenheit. Wir haben das Ganze sehr genau ausgewertet.

[Zuruf von Christopher Lauer (PIRATEN)]

An dem Ziel, kostengünstige Mieten in Berlin für breite Teile der Bevölkerung zu ermöglichen, sind wir aber sehr interessiert und haben dies gemeinsam mit unserem Koalitionspartner tatkräftig umgesetzt. Wir werden im kommenden Haushalt ein weiteres Zeichen setzen, indem der Wohnungsbaufonds deutlich erhöht wird.

[Zuruf von Christopher Lauer (PIRATEN)]

In diesem Sinne werden wir auch weiterhin verlässliche, berechenbare Politik für die Mieterinnen und Mieter machen. Wir werden die städtischen Gesellschaften stärker, damit sie ihre mietpreisdämpfende Funktion auch ausüben können. Wir werden uns nicht davon ablenken lassen, dass hier jemand 3,3 Milliarden Euro verschenken will, wovon nur ganz wenige Menschen etwas haben. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der CDU und der SPD]

Vielen Dank, Herr Kollege! – Für eine Kurzintervention hat zunächst Frau Kollegin Lompscher das Wort.

Herr Präsident! – Lieber Kollege Brauner! Jetzt haben Sie exakt das gemacht, wovon ich vorhin in meiner Rede gesprochen habe: das Volksbegehren abwehren, kleinreden, schlechtreden, mit horrenden Kosten drohen, Ängste schüren usw. Genau das haben Sie getan, und zwar weitgehend frei von seriösen Begründungen.

[Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und den PIRATEN]

Ich habe mich aber wegen etwas anderem gemeldet. Um Ihre historischen Kenntnisse aufzufrischen, wollte ich Ihnen mitteilen, dass die Neubauförderung im Jahr 1998 eingestellt wurde. Sie wissen möglicherweise, dass da eine große Koalition unter Führung der CDU regiert hat. Dann wollte ich Ihnen noch mitteilen, dass es seinerzeit zum GSW-Verkauf,

[Heiko Melzer (CDU): Sie haben doch zugestimmt!]

der in meiner Fraktion sozusagen mit großen Schmerzen und heute auch großer Kritik diskutiert worden ist, eine große Zustimmung seitens der CDU und der damals noch vorhandenen FDP gab. Das war 2004, vielleicht wollen Sie das mal googeln.

Das Letzte, was ich noch feststellen will und was mich überrascht, das ist die historische Kontinuität, dass bei allem, was gut läuft und auch bei allem, was schiefläuft, die SPD offensichtlich nie dabei gewesen ist. – Vielen Dank!

[Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und den PIRATEN]

Herr Kollege Brauner – bitte schön!

[Christopher Lauer (PIRATEN): Jetzt kommt er bestimmt mit dem Ergebnis der Mitgliederbefragung!]

Werte Frau Lompscher! Ich glaube, ich habe eine ganze Reihe an Fakten beigetragen. Leider reichen manchmal zehn Minuten nicht. Wir können das aber gerne noch mal gesondert vertiefen.

In der Tat, 1998 wurde die Neubauförderung eingestellt. Da hatten wir in Berlin aber auch Wohnungsleerstand. An der Kündigung der Anschlussförderung und damit am Schicksal des Fanny-Hensel-Kiezes und ähnlicher Bereiche haben Sie aktiv mitgewirkt. Heute weinen Sie die Krokodilstränen nach.

[Zuruf von Ramona Pop (GRÜNE)]

Sie können sich da nicht herausreden. Unser Koalitionspartner hat zumindest eins getan: Er hat gemeinsam mit uns 2011 die Ärmel hochgekrempelt und gesagt: Wir reparieren! Wir kümmern uns um Wohnungsneubau! Wir machen gemeinsam eine Politik für die Mieterinnen und Mieter dieser Stadt! – Das ist das Ergebnis, und das ist der Unterschied zu Ihnen!

[Beifall bei der CDU und der SPD – Lachen bei den GRÜNEN und der LINKEN – (Matthias Brauner) Martin Delius (PIRATEN): Das wird nicht wahrer, wenn Sie so schreien!]

Sie haben dem GSW-Verkauf zugestimmt. Klar hat das unser Koalitionspartner – – Aber wir haben gemeinsam mit unserem Koalitionspartner auch verabredet, dass Wohnungen wieder dazugekauft werden. Und das passiert! Da haben Sie nicht getan, stattdessen schimpfen Sie rum!

[Oliver Höfinghoff (PIRATEN): Da schimpfen die einfach rum!]

Sie könnten ja auch mal im Haushaltsausschuss sagen: Wunderbar, der Wohnungsbauförderfonds ist da und wird umgesetzt! – Stattdessen diskutieren Sie. Ich kann nicht erkennen, dass Sie einen Lernprozess durchlaufen haben – unser Koalitionspartner schon.

[Zurufe von der LINKEN, den GRÜNEN und den PIRATEN)]

Wir haben berechenbare Politik für die Mieterinnen und Mieter gemacht. Das sollten Sie erkennen, statt hier Geschichtsklitterung zu betreiben.

[Beifall bei der CDU und der SPD – Zuruf von der CDU: Bravo! – Wolfgang Brauer (LINKE): Wir können gemeinsam die Internationale singen!]

Jetzt hat Kollege Höfinghoff das Wort!

[Zurufe von der LINKEN]

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Höfinghoff hat jetzt das Wort. – Bitte schön!

Herrn Brauners Redebeiträge sind ein deutliches Zeichen dafür, wie schnell es einem um die Ohren fliegen kann, wenn man auf der einen Seite seine Landesschulden permanent in die landeseigenen Unternehmen ausgliedert und es da dann irgendwann einmal mit der Schuldenbremse Konflikte geben könnte. Das ist natürlich ein Problem.

[Torsten Schneider (SPD): Guter Einstieg!]

Der Dauerbrenner in dieser Stadt soll wieder einmal in einer Aktuellen Stunde diskutiert werden. Mietenpolitik ist in Berlin so wichtig wie eh und je. Und das nicht ohne Grund: Mit 86 Prozent Mieterquote liegt Berlin auf Platz 2 im Deutschlandvergleich, und zwar direkt hinter Leipzig, das nur minimal höher liegt. 86 Prozent der 3,375 Millionen, etwa 2,9 Millionen Berlinerinnen und Berliner, leben zur Miete. Dass denen die Entwicklung von Mieten und Einkommen nicht egal ist, kann eigentlich nur verständlich sein – zumindest bei gründlichem Nachdenken. Aber ich weiß ja, mit wem ich hier rede.

Die Mieten in Berlin steigen. Vermeintlich unaufhaltsam geht es immer weiter rauf mit der Miete, und was nicht mithalten kann, sind die Einkommen. Das oft zitierte: Wir sind noch weit entfernt von Münchner Verhältnissen. – hat sich selbst überlebt, meine sozialdemokratischen Damen und Herren. Denn auch, wenn das Mietniveau in München noch höher ist als bei uns, so ist es das Durchschnittseinkommen leider auch. So kommt es, dass der Anteil, den Berlinerinnen und Berliner für ihre Miete berappen müssen, fast so hoch ist wie in München, nämlich im Schnitt 23 Prozent. Und die Spitzenwerte liegen bei 60 – mit steigender Tendenz. Dieser Entwicklung können wir nicht tatenlos zuschauen. Das ist es, worauf es hier ankommt. Ziel der Mietenpolitik dieses so engagierten Senats muss es doch sein, eine Arbeitsmarkt-, Sozial- und Mietenpolitik zu betreiben, die diesen Anteil minimiert. Ich gebe zu: Der Senat hat seit 2011 zumindest die Bereitschaft gezeigt, das Problem anzuerkennen. Das ist ja schon mal was.

Leider ist es dabei geblieben. Mietenbündnis, Umsetzung der Mietpreisbremse des Bundes, Zweckentfremdungsverbot – alles großspurige Projekte, die leider nur ziemlich toll klingen. Nichts davon bewirkt, was es verspricht. Das sogenannte Mietenbündnis schafft es nicht, den Mietenmarkt zu beeinflussen. Die Mietpreisbremse gilt mit so vielen Ausnahmen, dass die kritischen Objekte alle nicht betroffen sind. Und das Zweckentfremdungsverbot wurde mit einer so langen Übergangsfrist ausgestattet, dass gerade umgewandelt wird, was das Zeug hält. In manchen Kiezen in Neukölln und Kreuzberg findet sich keine einzige Mietwohnung mehr im Angebot, aber dafür können Kundinnen und Kunden von Airbnb unter zig Angeboten wählen.

Gerade in Neukölln, das bekanntlich auch von Christsozialdemokraten verwaltet wird – ähnlich wie Gesamtberlin –, müssen wir feststellen, dass es keinerlei Bedürfnis gibt, etwas für die vorhandene Berliner Mischung – wie Herr Müller immer gerne sagt – zu unternehmen. Im Gegenteil: Neukölln fällt durch den völlig Unwillen auf, Milieuschutzgebiete einzurichten, die für das Zweckentfremdungsverbot aber eine Grundvoraussetzung sind. Ich habe öfter den Eindruck, im Neuköllner Bezirksamt herrscht die Meinung vor, Neukölln sei schön, aber noch schöner wäre es ohne die ganzen Neuköllnerinnen und Neuköllner.

[Beifall bei den PIRATEN, den GRÜNEN und der LINKEN]

Das ist nur ein Beispiel, aber sicher kein Einzelfall in dieser Stadt.

Wer möchte es den Berlinerinnen und Berlinern verübeln, wenn das Vertrauen in diesen Senat nicht allzu stark ausgeprägt ist, absehbar für eine sozialverträgliche Mietenentwicklung zu sorgen. Und wie das in Berlin so ist: Wenn die Verantwortlichen pennen, machen die Berlinerinnen und Berliner es eben selbst.

(Matthias Brauner)

[Beifall bei den PIRATEN]

Wenn im Abgeordnetenhaus keine Gesetze verabschiedet werden, die vernünftige Mieten garantieren, dann wird eben ein Volksentscheid bewirkt. Da kriegen es der Regierende Müllermeister und sein Betonsenator dann mit den Maximalforderungen der Mieteninitiativen zu tun, und die haben es in sich. Langfristig wird eine Bestandserhöhung der landeseigenen sechs Wohnungsbaugesellschaften auf 500 000 Wohnungen gefordert. Das wären etwa doppelt so viele wie heute. Ein Wohnraumförderfonds soll eingerichtet werden. Es soll einkommensgestaffelte Miethöhen geben sowie Gesamtmieterräte. Ein Vertreter der deutschen Grundeigentümer bezeichnete diese Forderungen verächtlich als – ich zitiere – Sozialismus – als ob das etwas Schlechtes wäre. Genau das brauchen wir aber eigentlich.

Da freue ich mich, dass Mietensenator Geisel nicht auf das Panzerballett seines Kollegen im Innenressort aufspringt. Herr Brauner hat dieses Gebaren in etwa reproduziert. Während Henkel nämlich mal wieder alles versuchte, um im direkten Vergleich mit allen anderen dumm auszusehen, signalisiert Andreas Geisel Verhandlungsbereitschaft – dafür schon mal Respekt von mir. Klar ist allerdings: Was hinten raus kommt, wenn man einen Sozialdemokraten verhandeln lässt, wird sicher kein Sozialismus mehr sein. Die Kollegen zu meiner Linken können davon sicher auch ein Lied singen.

[Zuruf von der LINKEN: Aber hallo!]

Aber wenn es den Status quo verbessert, bin ich auf jeden Fall gespannt.

Dennoch bleibe ich skeptisch, was daraus werden soll, wenn Wohnungsbaugesellschaften in öffentlich-rechtliche Anstalten umgewandelt werden sollen. Ich bin aber auch sehr neugierig darauf, wie sich eine einkommensgestaffelte Miete auf den Gesamtmarkt auswirken könnte. Das sind durchaus spannende Ansätze, und ich bin bereit, diese auszuprobieren.

Trotz allem guten Willen traue ich es weder Andreas Geisel noch Michael Müller zu, die wirklich notwendigen Schritte zu gehen, die für ausreichend soziales Wohnen in Berlin notwendig sind, und die werden Geld kosten. Wir wissen noch nicht genau, wann und wieviel, aber es wird Geld kosten. Eine Politik, die es als Auftrag versteht, allen Menschen vernünftige Lebensbedingungen zu gewährleisten, gibt es nicht haushaltsneutral. Diese Erkenntnis muss auch endlich in Berlin ankommen.

[Beifall bei den PIRATEN]

Jedenfalls geht es mir wie vielen Berlinerinnen und Berlinern: Bevor ich darauf vertraue, dass dieselben Akteure den Wohnungsmarkt gestalten, die seit Jahrzehnten dem Berliner Bausumpf Millionen zuschanzen und jetzt mit dessen Austrocknung beauftragt werden, mache ich es

lieber selbst – auf die eine oder andere Art. – Vielen Dank!