[Canan Bayram (GRÜNE): Glauben Sie Henkel, was er im Innenausschuss gesagt hat? – Beifall bei den PIRATEN und der LINKEN]
Ich finde es auch ein bisschen befremdlich, muss ich ganz ehrlich sagen, dass Sie hier, obwohl in der Sache doch eigentlich Einigkeit herrscht, das jetzt plötzlich so darstellen, als wenn man im Land Berlin bei allen Themen, wenn die einem wichtig sind, nur vorankommt, wenn man einen Untersuchungsausschuss einrichtet.
Es ist jetzt auch nicht gerade so, dass die Piratenfraktion mit Untersuchungsausschüssen geizen würde. Wenn ich mich da richtig entsinne, haben wir den Untersuchungsausschuss zum BER maßgeblich mit vorangetrieben, und beim Staatsopernuntersuchungsausschuss saßen wir auch
Also, das ist jetzt auch nicht so, als wenn wir da irgendwie ständig kneifen würden. Wenn das so wäre, liebe Grüne-Fraktion, dann muss ich mich tatsächlich noch mal fragen, warum Sie denn unterm Untersuchungsausschuss im Bereich LAGeSo und im Bereich – –
Ja, das ist schön, dass Sie das jetzt hier abstreiten! Die Piratenfraktion hat mehrfach den Vorschlag gemacht, dazu einen Untersuchungsausschuss einzurichten, und ihr habt dazu nicht zugestimmt. Das ist sehr schade, und genau deswegen gibt es keinen Untersuchungsausschuss in diesem Bereich.
Und genau deswegen können wir jetzt nicht in diesem Untersuchungsausschuss in dem Bereich forschen und schon erste Erkenntnisse haben, und genau deswegen müssen wir uns jetzt auf diesen Wirtschaftsprüfungsbericht zurückziehen und dort nachlesen, was wir schon längst selbst hätten eigentlich erkunden können.
Also, es ist schade, dass Sie jetzt genau in dem Bereich plötzlich sagen, da muss es unbedingt sein, während in allen anderen Bereichen das nicht notwendig ist. Diese Doppelmoral finde ich an der Stelle etwas fragwürdig.
Die Piratenfraktion hat sich an der Stelle klar positioniert. Wir wissen, was schiefläuft. Wir wissen, wie wir das ändern wollen und haben dazu Anträge eingebracht. Und wir hoffen natürlich auf die Unterstützung der Grünen-Fraktion in dem Bereich. – Danke schön!
Der Vorabüberweisung haben Sie eingangs zugestimmt. Zu dem Antrag auf Drucksache 17/2336 wird zudem die Überweisung an den Hauptausschuss empfohlen. Gibt es hierzu Widerspruch? – Gibt es nicht. Dann verfahren wir so.
Zum dem Antrag auf Drucksache 17/2350 wird die Überweisung an den Ausschuss für Inneres, Sicherheit und Ordnung empfohlen. Gibt es hierzu Widerspruch? – Auch das gibt es nicht. Dann verfahren wir so.
Der Tagesordnungspunkt 32 war Priorität der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen unter Nr. 3.3. der Tagesordnung. Die Tagesordnungspunkte 33 und 34 a bis c stehen auf der Konsensliste. Der Tagesordnungspunkt 35 war Priorität der Piratenfraktion unter Nr. 3.5. Der Tagesordnungspunkt 36 wurde in Verbindung mit dem Tagesordnungspunkt 31 beraten.
Ganz ruhig, Kollege Schneider! – Jetzt können wir uns wieder entspannen. Jetzt kommen wir zu kulturellen Angelegenheiten. – Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Gäste! Graffiti sind in Deutschland nicht erst seit den Siebzigerjahren Ausdruck künstlerischer und gesellschaftspolitischer Kreativität. Besonders in der Zeit der nationalsozialistischen Schreckensherrschaft waren sie die Möglichkeit des passiven Widerstands und eine frühe Form der Kommunikationsguerilla.
Darf ich Sie kurz unterbrechen, Herr Abgeordneter? – Meine Damen und Herren! Das Wort hat der Abgeordnete Magalski und sonst niemand. – Fahren Sie bitte fort!
Beispiele dafür können wir in der 2014 neu eröffneten Dauerausstellung der Gedenkstätte Deutscher Widerstand in der Stauffenbergstraße besichtigen. Aber bereits um 2700 v. Chr. fanden sich die ersten Graffiti bei den Ägyptern, die Göttern oder Provinzherrschern gewidmet waren. Es geht dann weiter bei den Römern und den Griechen, deren Wandschriften – oftmals mit Bildern und Karikaturen begleitet – Aufschlüsse über die Lebenssituation der Menschen von damals geben. Über Wikinger, die Karzer zu Bismarcks Zeiten und die Studentenbewegung der Sechzigerjahre tauchen Graffiti immer wieder auf, bis sie endlich mit der aufkommenden Hiphopkultur ab den Siebzigerjahren zur bis dato größten Popularität gelangten.
Kommen wir aber zurück in die Gegenwart, denn dieser kleine Abriss sollte nur dazu dienen, die kulturhistorische
Bedeutung von Graffiti – vermutlich zum ersten Mal in diesem Hause – zu verdeutlichen. Denn es ist sehr schade, um nicht zu sagen rückständig, dass die Politik in Berlin bis heute nur über Graffiti spricht, wenn es um Sachbeschädigung an Hausfassaden geht,
aber die künstlerische Bedeutung und den dadurch entstehenden Mehrwert für Berlin als Kunst- und Kulturmetropole nicht begreift. Das muss sich nach unserer Meinung dringend ändern,
wenn wir nicht weiter hinter andere Weltstädte zurückfallen wollen oder gar hinter die bayerische Landeshauptstadt München, die bereits den Vorteil eines Beauftragten für Graffiti erkannt hat.
Denn die Vorteile liegen doch klar auf der Hand, meine Damen und Herren. Die Zentralisierung der Kompetenz an einer Stelle kann in Zusammenarbeit mit der Graffiti- und Street-Art-Szene für die Koordination zur Gestaltung und damit zur Aufwertung ganzer Stadtteile und Kieze in Berlin führen, ohne Gentrifizierung und ohne Erhöhung der Mieten, versteht sich.
[Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN – Zuruf von Martin Delius (PIRATEN) – Beifall von Michael Dietmann (CDU)]
Die Schaffung von legalen Wänden in Zusammenarbeit mit Hauseigentümern und Wohnungsunternehmen wird tendenziell zu einem Rückgang von illegalen Graffiti führen.
Im Jahr 2014 wurden im Landeskriminalamt insgesamt 1 593 Strafanzeigen wegen des Verdachts der Sachbeschädigung durch Graffiti bearbeitet. Das geht aus einer Anfrage vom April des Jahres des Kollegen Trapp hervor. Unser Ziel muss es sein, diese Zahl weiter nach unten zu schrauben, aber das schaffen wir nicht mit noch mehr repressiven Mitteln oder mehr überlasteten Ordnungshütern, die Wichtigeres zu tun haben, sondern durch Angebote über die kulturelle Bildung schaffen wir das.
Diese wird diesbezüglich noch sehr kleinteilig, an wenigen Schulen und Jugendzentren, aber dankenswerterweise von freien Künstlerinnen, Kunstlehrerinnen, Sozialarbeiterinnen und Streetworkerinnen geleistet und muss gefördert und gestärkt werden.
Des Weiteren ist die Wirkung der gestalterischen Möglichkeiten von Graffiti und Street-Art als Kunst am Bau in allen Bezirken in unterschiedlicher Ausprägung zu beobachten. Und das nicht erst seit den Auseinandersetzungen um die Bilder und Stencils jetzt von Banksy wie in Kreuzberg. Der Gewinn dieser Kunstform für unsere
Stadt lässt sich monetär gar nicht begreifen. Sie sind Touristenmagneten, sie prägen diese Stadt. Sie gehören zu dieser Stadt.
Der Google-Street-Art-Launch mit unserem Kulturstaatssekretär Renner als Redner deutet darauf hin, dass der Senat gewillt ist, diese Kunstformen besser zu begleiten und zu fördern. Auf den Seiten von berlin.de und visitberlin.de finden Urban Art, Street-Art und Graffiti schon seit Längerem Erwähnung und werden beworben. Diese Bekenntnisse muss Berlin in ein Konzept gießen. Dazu braucht es einen kompetenten Graffitibeauftragten, eine kompetente Graffitibeauftragte, der oder die sich denen annimmt.
[Beifall bei den PIRATEN – Beifall von Michael Dietmann (CDU) – Martin Delius (PIRATEN): Jawohl! – Pavel Mayer (PIRATEN): Bravo!]
Es gibt doch genug freie Flächen, vom Trafokasten bis zur Brandmauer, die anstatt mausgrau auch künstlerisch wertvoll gestaltet daherkommen könnten, um eine Aufwertung zu erfahren. Diese und viele andere Ideen können nur von künstlerisch kompetenter und erfahrener Seite betrachtet werden und dürfen nicht einer rein ordnungspolitischen Sichtweise unterworfen werden.
Darüber und wie wir zu einem gemeinsamen, umsetzbaren Antrag hierzu kommen, wollen wir gerne mit Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen aus der SPD und der CDU, im Ausschuss beraten und werden das auch gerne mit Akteurinnen und Akteuren im Rahmen einer Anhörung im Ausschuss tun.