Protokoll der Sitzung vom 24.09.2015

Dem kann ich nur zustimmen – verbunden auch mit einem Dank an Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

[Beifall bei der LINKEN und den PIRATEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

Zurück zum Innensenator und der Koalition, die der Auffassung sind, dass in der Berliner Verwaltung der Datenschutz großgeschrieben wird. Verdrängt wird dabei, dass es noch nicht einmal in allen Verwaltungen einen Datenschutzbeauftragten gibt, und dort, wo es Datenschutzbeauftragte gibt, werden diese mit zusätzlichen, zeitraubenden Aufgaben betraut. So können diese Datenschutzbeauftragten ihre Aufgabe, die das Datenschutzgesetz vorsieht, nicht nur oder nur zum Teil wahrnehmen.

Ähnlich sieht es bei den IT-Sicherheitsbeauftragten aus, die zum Teil sogar externe Mitarbeiter sind und den jeweiligen Behörden nur zeitweise und zeitlich begrenzt zur Verfügung stehen. Das ist die Realität in den Berliner Behörden. Ich meine, das ist angesichts der wachsenden Bedeutung von Datensicherheit und Datenschutz ein unhaltbarer Zustand.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und den PIRATEN]

Und dabei habe ich noch nicht einmal das Thema technische Ausstattung und Fortbildungsangebote für Datenschutzbeauftragte angesprochen.

Auch gibt es immer wieder Beschwerden darüber, dass der Berliner Datenschutzbeauftragte und die Datenschutzbeauftragten in den Behörden oft genug zu spät oder gar nicht in Planungen, Vorhaben und Gesetzesinitiativen einbezogen werden.

Selbst der Rat der Bürgermeister weist in seiner Stellungnahme zum E-Government-Gesetzesentwurf darauf hin, dass in der derzeitigen Fassung die behördlichen Datenschutzbeauftragten von ihrem Recht auf angemessene Information zu den angewandten IT-Verfahren abge

schnitten werden können, wenn sich bei den behördenübergreifenden Verfahren die beteiligten Stellen einen Datenschutzbeauftragten aussuchen können. Die behördlichen Datenschutzbeauftragten werden von ihrem Recht auf angemessene Information abgeschnitten. Ich meine, das Ganze hat einen bitteren Beigeschmack. Datenschutz großgeschrieben sieht anders aus.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

Erwähnen möchte ich an der Stelle: Auch die Mitbestimmungsrechte und Mitwirkungsrechte des Hauptpersonalrats und der Schwerbehindertenvertretungen werden bei diesem Gesetz eingeschränkt. Von der SPD hätte ich da eigentlich etwas anderes erwartet.

In diesem Zusammenhang möchte ich vom Berliner Datenschutzbeauftragten aufgerufene Punkte erwähnen, die wir im Ausschuss aufrufen werden. Dies betrifft den Schutz von Mandatsgeheimnissen in Ermittlungsverfahren gegen Mitglieder des Abgeordnetenhauses, die weitreichende Befugnis der Polizei, Daten an Nachrichtendienste zu übermitteln, die Überwachung durch Videokameras und die Erfassung von Bewegungsdaten in Wohnheimen für Asylsuchende sowie die Aufnahmen in Kitas, die gemeinsamen Terrorabwehrzentren, in denen Berliner Behörden Informationen mit anderen polizeilichen und nachrichtendienstlichen Behörden des Bundes und der Länder austauschen.

Bereits im Jahresbericht 2013 hat der Berliner Datenschutzbeauftragte die Frage gestellt, ob es Konsequenzen aus dem anhaltenden NSA-Skandal gibt. Auch im Jahresbericht 2014 stellt er diese Frage. Ist uns allen bewusst, dass durch die Aktivitäten der NSA und anderer Geheimdienste der Schutz der Privatsphäre und insbesondere unser Recht auf freie, unbeobachtete Kommunikation gefährdet sind? Was bedeutet dies für unsere elektronische Kommunikation, wenn wir Internetseiten aufrufen oder Informationen über E-Mails austauschen? Hierzu die Stichworte Vorratsdatenspeicherung und das Recht auf Vergessen.

Bereits in meiner Rede zum Jahresbericht 2012 habe ich gesagt, dass der Datenschutz in vergangenen Wahlperioden einen anderen Stellenwert hatte. Angesichts der Feststellung des Innensenators, der Datenschutz würde in den Berliner Behörden großgeschrieben, und angesichts der Realität im Umgang mit Persönlichkeitsrechten muss der Datenschutz wieder einen anderen Stellenwert erhalten. – Ich danke Ihnen!

[Beifall bei der LINKEN und den PIRATEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

Vielen Dank, Herr Doering! – Für di Piratenfraktion hat jetzt das Wort der Abgeordnete Herr Dr. Weiß. – Bitte!

(Uwe Doering)

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Meine Damen und Herren! Herr Dr. Dix! Es ist an dieser Stelle üblich und auch angemessen, Ihnen und Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu danken für die Arbeit des letzten Jahres. An der Stelle muss ich hinzufügen: Danke für die Arbeit der letzten zehn Jahre, die Sie hier als Beauftragter für Datenschutz und Informationsfreiheit gewirkt haben! Nicht zu vergessen die Jahre davor in Brandenburg!

[Beifall bei den PIRATEN und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

Leider muss ich Ihnen auch für Ihre Bereitschaft danken, diese Tätigkeit immer noch auszuführen, obwohl Ihre Amtszeit eigentlich schon seit einigen Monaten beendet ist. In der Tat wäre es an der Zeit, dass die Mehrheit des Hauses hier einmal zu einer Entscheidung kommt, denn langsam habe ich doch die Befürchtung, dass dies zu den Themen gehört, bei denen in dieser Legislatur nicht mehr viel passiert. Das wäre sehr bedauerlich.

[Beifall bei den PIRATEN und der LINKEN]

Das Gleiche gilt im Übrigen auch – weil es mehrfach angesprochen wurde – für das Thema E-Governmentgesetz. Das wäre ebenfalls bedauerlich, denn es ist längst überfällig. Ich würde mir auch eine umfassende Beratung des Gesetzes unter den Aspekten des Datenschutzes und der Informationsfreiheit noch in dieser Legislaturperiode wünschen – am besten noch in diesem Jahr.

Kommen wir aber zum Bericht selbst. Der umfasst wie jedes Jahr ein ganzes Spektrum – von den großen Themen und Debatten, den Geheimdienstskandalen, der europäischen Datenschutzgrundverordnung, die uns auch schon seit einer Weile als Thema begleitet, bis hin zu dem ganz detaillierten Klein-Klein der Praxis des Berliner Datenschutzes und der Informationsfreiheit in den einzelnen Verwaltungen oder – in einzelnen Fällen – in der Wirtschaft.

Ich möchte zwei Themen an der Stelle herausgreifen. Das eine ist in der Tat das Thema Informationsfreiheit. Das ist in diesem Jahresbericht zum ersten Mal als Schwerpunkt verzeichnet mit einer Prüfung von Amts wegen wegen der Umsetzung des Berliner Informationsfreiheitsgesetzes, das es auch schon seit einer Weile gibt. Das freut mich besonders – nicht nur, weil es anscheinend meine Kleinen und Schriftlichen Anfragen waren, die dafür den Anlass gegeben haben, sondern auch, weil das Thema Informationsfreiheit von nicht zu überschätzender Bedeutung für eine zukunftsfähige Verwaltung ist.

[Beifall bei den PIRATEN]

Ich bin der Meinung, dass Berlin hier noch einiges tun kann – allein was die Umsetzung bestehenden Rechts angeht, aber auch, was die Rechtsweiterentwicklung

angeht. Da ist zum Beispiel auch das Thema Open Data zu erwähnen, wo ebenfalls seit einigen Jahren nicht mehr sonderlich viel passiert. Auch das wird im Bericht verzeichnet. Da würde man sich doch eine Weiterentwicklung wünschen.

Der zweite Punkt betrifft einen Trend, der sich ebenfalls von Bericht zu Bericht fortsetzt. Trotz aller schon angesprochenen Geheimdienstskandale gibt es hierzulande immer noch die Tendenz, Sicherheitsbehörden immer neue Befugnisse, insbesondere zur Datenerhebung und -verarbeitung, zu geben. In der Berliner Landespolitik haben wir es dabei zum Beispiel mit der letzten Novellierung des ASOG – des Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetzes – zu tun, das hier auch schon Thema war und auch im vorliegenden Bericht Thema ist, mit der schon erwähnten geplanten Aufrüstung im Bereich der Telekommunikationsüberwachung und mit dem leidigen Dauerthema Funkzellenabfrage, das auch schon angesprochen wurde.

Auf der Bundesebene haben wir es auch mit Dingen zu tun. Als ich in der Vorbereitung noch mal den Bericht durchgegangen bin, bin ich ein bisschen über die Überschrift gestolpert, die ein Kapitel dieses Berichts hat: Ende der Vorratsdatenspeicherung. – Schön wär’s! Aber leider scheinen wir in einer Zeitschleife gefangen zu sein, und obwohl es eigentlich eine sehr deutliche Absage des Europäischen Gerichtshofs gibt, hat die Bundesregierung erneut Pläne zur anlasslosen Totalüberwachung unser aller Telekommunikationsdaten vorgelegt. Ja, das kann uns an der Stelle nicht freuen, und es zeigt wie so vieles, dass diejenigen von uns, denen das Thema Datenschutz wichtig ist und die sich politisch dafür engagieren, einen langen Atem brauchen. Herr Dr. Dix! Ich denke, Sie haben diesen langen Atem unter Beweis gestellt. Ich wünsche ihn auch Ihrem Nachfolger oder Ihrer Nachfolgerin. Ich wünsche ihn uns allen auch in der Beratung des vorliegenden Berichtes und in der weiteren Auseinandersetzung mit diesem Thema. – Vielen Dank!

[Beifall bei den PIRATEN, den GRÜNEN und der LINKEN]

Vielen Dank, Herr Dr. Weiß! – Es wird die Überweisung der Vorlage an den Ausschuss für Digitale Verwaltung, Datenschutz und Informationsfreiheit empfohlen. Gibt es hierzu Widerspruch? – Das höre ich nicht. Dann verfahren wir so.

Wir kommen nun zu

lfd. Nr. 4:

Prioritäten

gemäß § 59 Abs. 2 der Geschäftsordnung des Abgeordnetenhauses von Berlin

lfd. Nr. 4.1:

Priorität der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen

Tagesordnungspunkt 8

Finanzierung für bedarfsgerechten Kitaausbau

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Bildung, Jugend und Familie vom 18. Juni 2015 und Beschlussempfehlung des Hauptausschusses vom 24. Juni 2015 Drucksache 17/2369

zum Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 17/1908

In der Beratung beginnt die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Das Wort hat Frau Abgeordnete Burkert-Eulitz. – Bitte!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Fast alle Berliner Kinder unter sechs Jahren besuchen eine Kita. Immer kleinere Kinder besuchen die Kita. Der Besuch ab dem ersten Lebensjahr wird zum Normalfall. Wir haben hohe qualitative Anforderungen an die Bildungsinstanz Kita. Aber was erleben Eltern, wenn sie ihre Kleinen im Alter von einem Jahr oder jünger in die Kita bringen? – Erzieherinnen und Erzieher, die hochmotiviert, aber im Stress sind und mit einem schlechten Gewissen belastet sind, sich nicht genügend um die Kleinsten kümmern zu können. Die Wissenschaft sagt: Gut wäre ein Schlüssel von eins zu drei. – Seit Anfang des Jahres wissen wir endlich, woher dieses schlechte Gewissen kommt. Es liegt nicht am mangelnden Einsatz der Fachkräfte, sondern an dem so schlechten FachkraftKind-Schlüssel, wofür das Land Berlin verantwortlich ist.

In der Berliner Realität sind Erzieherinnen und Erzieher oft mit mehr als acht Kleinkindern allein. Es braucht nicht viel Phantasie, sich diese Realität einmal vorzustellen. Fakt ist: Wir haben einen richtig miesen Betreuungsschlüssel für die Kleinsten, und Sie, Frau Scheeres, tun zu wenig. Endlich können Sie sich auch nicht mehr verstecken, indem Sie sich nicht an der gemeinsamen Bundesstatistik beteiligen – nach dem Motto: Dann merkt das keiner. – Das ist endlich vorbei.

[Beifall bei den GRÜNEN – Beifall von Simon Kowalewski (PIRATEN)]

Die Berliner Familien und die Fachkräfte in den Kitas merken es eben doch, wenn auf ihre Kosten und an den Zukunftschancen der Kinder gespart wird. Das Berliner Kitabündnis fordert an erster Stelle die Verbesserung des Erzieherinnen-Kind-Schlüssels in einem ersten Schritt. Wir als Grüne stehen da ganz an der Seite des Kitabündnisses. Wir sehen im derzeit verhandelten Haushalt die Möglichkeit, bis zu 70 Millionen Euro in die Hand zu nehmen, um diesen so wichtigen Schritt zu gehen. Sehr

geehrte Koalition! Haben Sie den Mut, sich dem anzuschließen!

[Beifall bei den GRÜNEN]

Sie nehmen lediglich 9 Millionen Euro in die Hand und verbessern in einem Tippelschritt den Betreuungsschlüssel in den sogenannten Brennpunkt-Kitas um 0,5 Kinder. Die Berliner Kinder brauchen mehr. Alle Ein- und Zweijährigen brauchen Zuwendung. Diesen kleinen Kindern kann man nicht vermitteln, dass man in einer halben Stunde für sie da sein wird, weil gerade drei andere Kinder vordringlichere Bedürfnisse haben. Gerade bei den Kleinsten ist die größte Aufmerksamkeit der Fachkräfte nötig, aber dafür brauchen die auch die Möglichkeit. Lassen Sie die Erzieherinnen und die Erzieher, Kinder und Eltern nicht weiter allein!

[Beifall bei den GRÜNEN und den PIRATEN – Beifall von Carsten Schatz (LINKE)]