Ich stelle mir die wahlmüden jungen Erwachsenen einige Jahre früher vor, als neugierige Kinder mit Antennen überall hin, mit verblüffender Logik ganze Welten erklärend, die angeregt streiten konnten, wer der Bestimmer und wer nicht sein soll und welche Spielregeln gelten. Wann kam ihnen die Lust am Einmischen abhanden? Darum nehmen wir bitte unsere eigene Landesverfassung ernst! Nehmen wir unsere jungen Mitmenschen früher ernst! Fragen wir sie nach ihrer Meinung und geben wir ihr auch tatsächlich Gewicht!
Das Mindestwahlalter auf 16 abzusenken ist ein weiterer Baustein, um junge Menschen früher ins Boot zu bekommen. Wählen gehen sollte zukünftig so spannend und faszinierend sein, dass man auf jeden Fall hingeht.
Vielen Dank, Frau Kollegin Möller! – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Es wird die Überweisung aller vier Anträge federführend an den Ausschuss für Inneres, Sicherheit und Ordnung und mitberatend an den Ausschuss für Verfassung und Rechtsangelegenheiten, Verbraucherschutz, Geschäftsordnung empfohlen. – Ich höre keinen Widerspruch. Dann verfahren wir so.
S-Bahn – Zeit zum Handeln. Gutachten veröffentlichen, Teilausschreibung vorbereiten, landeseigenen Fuhrpark aufbauen
Für die Beratung steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Es beginnt die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. – Herr Kollege Gelbhaar! Sie haben das Wort! Bitte schön!
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Heute gab es mal wieder Meldungen zum Thema S-Bahnausfall. Die S-Bahn – das wissen wir alle – ist kontinuierlich beim Personal und bei der Technik kaputtgespart worden. Ich glaube, da haben wir hier im Hause Einigkeit. Nach Jahren der S-Bahnkrise ist jetzt endlich Zeit zum Handeln.
Klar ist, dass die Entscheidung über die Zukunft der SBahn nicht über das Knie gebrochen werden darf. Aber da die gesamte Opposition, auch die Piraten, ihre Position zur S-Bahn parlamentarisch eingebracht hat, stelle ich mir die Frage, worauf die Landesregierung eigentlich noch wartet. Auch ich möchte Herrn Senator Müller bitten: Kommen Sie ans Pult, und tragen Sie endlich vor!
[Beifall bei den GRÜNEN – Beifall von Uwe Doering (LINKE) und Andreas Baum (PIRATEN) Uwe Doering (LINKE): Jawohl!]
Im Koalitionsvertrag hat die Koalition so cirka jede mögliche Option dargestellt, aber eine Positionierung fehlt. Sie wollen doch noch regieren, oder? Was soll denn dieses Warten? Soll das Warten etwa die Entscheidung ersetzen?
Soll der Bahn AG unter Hinweis auf die Zeit, auf fehlende Alternativen am Ende alles wieder zugeschustert werden? Also wieder ein grottiger Vertrag wie der von 2004, zulasten Berlins? Ist das der Plan? Die Sache zugunsten der Bahn aussitzen, wollen Sie das, Herr Müller?
Meine Damen und Herren! Das ist jetzt nicht die Fragestunde, sondern die Stunde der Prioritäten. – Bitte sehr, Herr Kollege! Sie haben das Wort!
Ja, Herr Senator Müller, Sie müssen an sich schon, weil Sie das in Ihrem Geschäftsbereich erledigen wollen! Dann müssten Sie das auch dem Parlament vortragen.
Seit einem Jahr hält sich der Senat mit der Prüfung von angeblichem Kauf und rechtswidriger Direktvergabe auf. Das war ein Jahr Täuschungsmanöver, ein Jahr verlorene Zeit. Beides geht nicht, das wissen Sie, das wissen wir auch. Zeit in der Frage der Berliner S-Bahn, die haben wir nicht. Es hätte alles schon auf den richtigen Weg gebracht werden können.
Wir wissen alle, dass diese Lösung nicht in zwei Tagen zu generieren ist. Aber wenn der Betrieb 2017, beispielsweise wegen fehlender Züge, immer noch ruckelt, dann tragen Sie, Herr Senator Müller, und zwar nur Sie, die Verantwortung, das sollte Ihnen klar sein!
Es stellt sich die Frage: Wie weiter? – Noch im letzten Jahr hat der Senat die Ausschreibung für den 1. Februar 2012 vorgesehen und das auch so publiziert. Das wäre in fünf Tagen.
Man sollte meinen, dieser Zug ist abgefahren. Aber in dem für Verkehr zuständigen Ausschuss ist eine Ausschreibung für Anfang Februar 2012 angekündigt worden. Das hat mich überrascht. Damit tut sich eine völlig andere Fragestellung auf: Will die Landesregierung diese Zukunftsentscheidung ernsthaft ohne Beteiligung des Parlaments treffen, eine Entscheidung, die über zig Jahre Auswirklungen auf Berlin hat? Soll über die Anschaffung der Fahrzeuge, die mehrere hundert Millionen Euro schwer ist, in diesem Hause nicht debattiert werden? – Das greift in das vornehmste Recht des Parlaments ein, nämlich in das Haushaltsrecht, und das ist so nicht hinnehmbar.
Wir Bündnisgrüne haben mit diesem Antrag unsere Vorstellungen vorgelegt und wollen dazu eine Entscheidung des Parlaments. Unser Antrag sieht erstens die Ausschreibungen der ersten Teilstrecke vor. Heute – der Parlamentspräsident hat Sie vor dieser Frage in Schutz genommen – ist ein Gutachten der Kanzlei Müller-Wrede in der „Berliner Zeitung“ genannt worden. Dieses Gutachten besagt, Teilausschreibungen seien möglich, sollten jedoch zeitgleich erfolgen. Da würde mich die Position des Senats sehr interessieren. Welches sind die Grundlagen des Senats, zu einer Entscheidung zu kommen? Sie sind immer noch nicht öffentlich. Die Gutachten werden zurückgehalten und die Stellungnahmen der Verwaltung, die garantiert vorliegen, werden uns nicht zugänglich gemacht. Das macht uns die Arbeit im Parlament schwer. Die Fragen nach dem Stand der Prüfungen, der Unterlagen – alles bleibt unter Verschluss. Das ist intransparent. Das ist auch eine klare Missachtung des Parlaments.
Zweitens – auch das muss gesagt werden: Der Senat muss ein Konzept vorlegen, wie ein landeseigener Fuhrpark aufzubauen ist.
Ich komme zum Ende. – Die nötigen Schritte müssen in die Wege geleitet werden. Wir müssen den Fuhrpark in die öffentliche Hand zurückbekommen. Auch die Frage der Netze gilt es zu debattieren. Ich glaube, die Landesregierung nähert sich zentimeterweise an die bündnisgrüne Position an. Aber die Verantwortung muss klar erkannt werden, und die Debatte muss hier im Parlament geführt werden. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Herr Kollege Gelbhaar! – Für die Fraktion der SPD hat jetzt der Kollege Kreins das Wort. – Bitte schön, Herr Kollege!
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Vielen Dank, Herr Kollege Gelbhaar, für Ihre einleitenden Worte zu diesem Antrag. Ich muss zugeben, ich habe es fast geahnt. Ich
habe Ihnen intensiv gelauscht, mit der Hoffnung, die Grünen würden in ihrem Antrag mal einen passablen Vorschlag machen. Ich bin enttäuscht, denn Neuigkeitswert hatte Ihre Argumentation nun wirklich nicht. Neuigkeitswert hatte auch Ihr Antrag nicht.