Juhnke, seines Zeichens innenpolitischer Sprecher der CDU, schreibt einen Brief an Frau Merkel. Darin fleht er darum, dass doch bitte mehr abgeschoben werden solle. Da frage ich, auch als Mitglied des Innenausschusses: Herr Kollege Juhnke, warum haben Sie nicht gleich den dafür zuständigen Innensenator, Frank Henkel, angesprochen?
Das Porto hätten Sie sich sparen können. Kanzlerin Merkel hat darauf gestern so unaufgeregt reagiert wie auf manches andere.
Alle Bundesländer haben den Beschluss der Bundesregierung mit den Ministerpräsidenten akzeptiert. Viele hatten dabei eine Faust in der Tasche. Das vergiftete Angebot der Bundesregierung an die Bundesländer war nicht fair, sondern ein Friss-oder-stirb. Am Runden Tisch für Flüchtlinge kurz vor dem Gipfel im Kanzleramt hat Michael Müller klar gemacht, dass er für Berlin in der Runde im Kanzleramt kämpfen wird, um für Berlin mehr rauszuholen. Alle haben ihm dabei den Rücken gestärkt und viel Glück gewünscht. Wer von Ihnen würde denn sagen, dass es falsch ist, dass es eine bessere finanzielle Unterstützung für das Land Berlin geben soll? Derjenige möge sich jetzt melden. Es ist doch keine Frage, dass wir bei dem Thema alle gefragt sind und gemeinsame Verantwortung für die Berlinerinnen und Berliner sowie die geflüchteten Menschen tragen. Dass Michael Müller im Bundesrat den Gesetzen zustimmen wird, steht für mich fest. Vielleicht wird es ihm weniger leicht fallen als Frank Henkel, weil das Angebot vergiftet ist, vergiftet, weil es eine bessere Ausstattung für einen Teil von Geflüchteten an die Einschränkung von Chancen für andere Geflüchtete koppelt. Damit eines klar ist: Es ist die Bundesregierung, die dieses Angebot gemacht hat, aber es sind auch die Bundesländer, die es angenommen haben.
Ich finde es falsch, sichere Herkunftsstaaten zu deklarieren. Aber das ist das, was als Nächstes kommen wird. Deshalb werden wir vor der Frage stehen, wie wir in Berlin damit umgehen wollen. Für mich steht fest: Wir wollen keine sechsmonatige Lagerpflicht, wir wollen keine Sachleistungen und wir werden das Reststück Asylrecht, das die Menschen, insbesondere die Roma aus dem Balkan, haben, so weit stärken, dass sie hier die Konsequenzen weniger zu spüren bekommen.
Aber ich will auch die Frage stellen: Wir sieht denn die Willkommenskultur in Berlin aus? Flüchtlinge in Zeltstädten oder unter offenem Himmel, nicht in Syrien oder dem Libanon, sondern in Berlin. Kein Schlafplatz, kein Krankenschein, –
Im Moment nicht, danke schön! – kein Taschengeld für die Geflüchteten und das über Wochen. Der Senat ist ganz offenbar nicht in der Lage, die Versorgung der fliehenden Menschen zu organisieren. Aber es ist auch klar: Es handelt sich hier um einen inszenierten Notstand, das heißt, ich bin überzeugt: Wir können das besser. Wir sollten das auch besser machen.
Schon Ende 2012 haben wir den Senat aufgefordert, sich für Verbesserungen der Situation von Geflüchteten einzusetzen. Wir haben eine Aufhebung des Arbeitsverbots gefordert, die Flüchtlinge vom Oranienplatz haben selbst für ihre Rechte gekämpft,
und was ist seitdem passiert? – Es ist doch nicht überraschend, dass jetzt die Flüchtlinge da sind und sich etwas verändern muss.
Integration ist in den letzten 50 Jahren in Deutschland millionenfach gelungen. Es gibt gute Beispiele, an denen wir anknüpfen können. Und es waren doch nicht die Politiker der Siebziger- oder Achtzigerjahre, die zu gelingender Integration beigetragen haben. Es waren die vielen Menschen, die Brücken gebaut haben zu den Gastarbeitern seinerzeit oder den Vertriebenen noch davor, und es waren Menschen, die Brücken gebaut haben. Diese Brücken sahen so aus, dass es Nachhilfe war, dass es Begleitung zu den Ämtern gab, dass es Menschlichkeit war, die gelebt wurde. Genau diese Brücken brauchen wir jetzt wieder. Genau das leisten Initiativen wie unter anderem „Moabit hilft“. Die reden nicht, die handeln. Die unterstützen die Menschen und leben das, was für uns nicht nur in Berlin und Deutschland, sondern auch in Europa ein Grundwert sein sollte: Es kommen Menschen, und wenn sie unsere Hilfe brauchen, dann bekommen sie die auch.
Herr Präsident! Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen! Wir arbeiten dafür, dass Schutzbedürftige geschützt und dass Nicht-Schutzbedürftige zurückgeführt werden. Wenn Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, das als Abschottung und Ausgrenzung bezeichnen, dann ist das ein Beweis für Ihren Realitätsverlust.
Deutschland leistet wie kein anderes Land Vorbildliches zum Schutz von Flüchtlingen. Seit Jahren nimmt Deutschland weit mehr Asylbewerber auf als jedes andere Land der Welt, das nicht unmittelbar an ein Bürgerkriegsgebiet grenzt – mehr als alle Mittelmeeranrainerstaaten zusammen, mehr als die USA und Kanada zusammen, in der ersten Hälfte dieses Jahres über die Hälfte aller Asylbewerber, die nach Europa gekommen sind. Es sollen über 800 000 in diesem Jahr werden. Dies stellt Europa, Deutschland und Berlin vor große Herausforderungen: für die Registrierung der Asylantragsteller, ihre Unterbringung und Versorgung, die Durchführung der Asylverfahren, die Rückführung der abgelehnten Asylbewerber, die Integration der Schutzbedürftigen, die innere Sicherheit und den inneren Zusammenhalt unseres Landes. Wir sind stolz auf das überwältigende, ehrenamtliche Engagement der Deutschen, der Kirchen und zivilgesellschaftlichen Organisationen. Sie geben unserem Land ein besonderes, menschliches Antlitz, und es ist wahr, ohne sie unterbliebe in der jetzigen Notsituation auch einiges Notwendige.
Wir sind ebenso stolz auf die großen Anstrengungen des Bundes, des Landes Berlin und der Bezirke. In deren Mittelpunkt stehen die CDU-geführten Senatsverwaltungen, ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und ihre Senatoren Frank Henkel und Mario Czaja. Ihnen verdanken wir, dass alles Menschenmögliche unternommen wird, um die Herausforderungen des Flüchtlingszustroms zu bewältigen.
[Beifall bei der CDU – Elke Breitenbach (LINKE): Wer hat denn hier die Realität verloren? – Oliver Höfinghoff (PIRATEN): Hat er nicht! Hat nie eine gehabt!]
Berlin hat allein im September etwa 12 000 Asylantragsteller aufgenommen. Das sind so viele wie in den Jahren 2011, 2012 und 2013 zusammengerechnet in einem einzigen Monat. Täglich erreichen durchschnittlich 500 bis 1 000 neue Asylantragsteller unsere Stadt. Die erforderlichen Entscheidungen zur Erweiterung der Kapazitäten bei Registrierung und Unterbringung sind getroffen, die Umsetzung läuft. Dadurch werden Mario Czaja und seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dieser Flut von Asylantragstellern Herr werden. Lieber Mario Czaja, dafür haben Sie unsere volle Unterstützung!
Nein, danke! – Und unser CDU-Innensenator, Frank Henkel, sorgt mit den Berliner Sicherheitsbehörden für die Bewahrung der Sicherheit in unserer Stadt – im Interesse aller Berlinerinnen und Berliner und im Interesse der Asylantragsteller. Er sorgt – gegen Ihren Widerstand, meine Damen und Herren von der Opposition – konsequent für die menschenwürdige Rückführung der ausreisepflichtigen, abgelehnten Asylantragsteller. – Lieber Frank Henkel, auch hierfür haben Sie unsere uneingeschränkte Unterstützung.
Meine Damen und Herren von der Opposition! Was wollen Sie eigentlich? Sie lassen nichts unversucht, um die Flüchtlingspolitik unseres Landes als menschenunwürdig zu verunglimpfen. Und Sie reden dabei völlig an der Realität vorbei.
Fragen Sie doch mal die Asylantragsteller, die in diesem Jahr nach Deutschland kommen, warum sie den Weg ausgerechnet in ein kleines Land in der Mitte Europas wählen!
Warum nehmen sie diese Strapazen auf sich, um unser Land zu erreichen? Deren Abstimmung mit den Füßen widerlegt Sie. Die kommen nach Deutschland, weil Deutschland frei, gerecht, stabil und erfolgreich ist. Kurzum: Es ist einzigartig.
Tatsache ist, dass die Grenzen Europas im Wesentlichen offen sind, dass die Menschen in Scharen und ungehindert in die Europäische Union, den Schengen-Raum und unser Land kommen. Niemand, der Asyl beantragt, wird abgewiesen. Ich fordere Sie auf: Nehmen Sie die Fakten zur Kenntnis, und führen Sie die Menschen nicht in die Irre!
Meine Damen und Herren von der Opposition! Sie erwecken den Eindruck, als wollten Sie unser Land chaotisieren. Sie unternehmen nichts, um den übergroßen Zustrom von Zuwanderern zu begrenzen, und Sie unternehmen alles, um die Abschiebung von Nicht-Schutzbedürftigen zu behindern. Sie wollen das Chaos erzeugen, um wieder in Ihre absurden Wehklagen über die unmenschlichen Bedingungen in unserem Land einstimmen zu können.
Wohin das führt, ist am Beispiel der Gerhart-HauptmannSchule in dem von Ihnen regierten Bezirk FriedrichshainKreuzberg zu betrauern.
Sie haben es in Ihrer nicht zu übertreffenden Inkompetenz fertiggebracht, durch ein einzigartiges Herumgeeiere, den 18 Besetzern ungewollt ein Nutzungsrecht zu geben. Und nun scheitern Sie dabei, Ihr selbsterzeugtes Chaos zu beseitigen und die Schule zu räumen. Man stelle sich vor, Sie wären nicht nur für die Bewältigung einer 18-köpfigen Schulbesetzung verantwortlich, sondern für die Bewältigung eines noch nie dagewesenen Zustroms von 800 000 Flüchtlingen. Gott möge unser Land davor beschützen!
Meine Damen und Herren von der Opposition! Werden Sie Ihrer Verantwortung als Opposition endlich gerecht! Entfalten Sie politische Initiativen,
Unser CDU-Justizsenator, Thomas Heilmann, hat das mit seinen Vorschlägen für ein Asylbewältigungsgesetz getan.
Darin unterbreitet er umfassende Vorschläge zur Vereinfachung, Straffung und Beschleunigung der Asylverfahren.
Das ist absolut zu begrüßen. – Auch Sie, lieber Thomas Heilmann, haben unsere vollständige Unterstützung.