Ich versuche einmal, eine sachliche Antwort herauszukitzeln. Vielleicht gelingt es heute das erste Mal. Zur Frage: Wie erklären Sie denn folgenden Umstand – das hat Herr Kollege Freiberg gerade angeschnitten –: Es gibt Diskussionen, hunderttausend und so weiter, das ist die Generallinie. Die Einsparvorgabe für die Bezirke betrug 1,2 Prozent.
Genau! – Wie erklären Sie den Umstand, dass trotz dieser Vorgabe im Vergleichszeitraum in einzelnen Bezirken – ich nenne jetzt keine Namen – 28,7, 27,6 und 25,5 Prozent statt 1,2 Prozent ausgerechnet in diesen publikumswirksamen Bürgerämtern Personal abgebaut wurde, obwohl das niemand verlangt hat?
Herr Schneider! Es ist interessant, dass Sie heute auf dieses Thema gestoßen sind. Wir haben dieses Thema schon 2012 und 2013 angeschnitten,
Ich bin gerade dabei, Kollege –, als in den Sommermonaten 2012, 2013 – wir erinnern uns alle – der Andrang bei den Bürgerämtern riesengroß war und sie teilweise geschlossen werden mussten. Wir haben das unter anderem im Ausschuss angesprochen. Die Reaktion der Innenverwaltung, der SPD und der CDU war die, die wir immer hatten: dezentrale Fach- und Ressourcenverantwortung; wir sind nicht zuständig. – Das war Ihre ständige Aussage.
Auf einen Punkt möchte ich auch hinweisen, weil gerade auch von Organisationsstrukturuntersuchung gesprochen wurde: Herr Henkel! Herr Schneider! Liebe SPD! Liebe CDU! Man braucht diese Untersuchung nicht, denn die Rechnung ist ganz einfach: Mehr Kunden mit weniger Personal bei Aufgabenzuwachs ergibt Terminstau bei den Bürgerämtern. So einfach ist das.
Die Frage ist doch, wer den Bürgerämtern neue Aufgaben zuweist. Wer gibt Personaleinsparvorgaben vor? Wer gibt denn Finanzzuweisungen für die Bezirke vor? Hier liegt die Verantwortung der Koalition, aber auch die des Innensenators Henkel. Sie haben die Bezirke mit Ihren Problemen bis heute allein gelassen. Die Bürger erleben seit Jahren in den Bürgerämtern, was sogenannte bürgernahe Dienstleistung der öffentlichen Verwaltung be
Der „Tagesspiegel“ beschreibt am Wochenende die Situation wie folgt: Hauptstadt des Versagens. Überforderte Verwaltung. Überlastete Bürgerämter. Antragsstau in den Jugendverwaltungen. Die Probleme in den Bürgerämtern waren bekannt. – Ich zitiere ich hier nur einige Überschriften der letzten zwölf Monate aus Tageszeitungen. – Warten auf die Wartemarke. Berlins Bürgerämter sind überlastet. Berliner Bürgerämter haben keine Zeit mehr für den Bürger. Bürgeramtschaos geht weiter. Ganz Berlin spielt Berlin-Lotto. Der geplante Kollaps. In all der Zeit hat man von Ihnen oder Ihrer Fraktion nichts zu diesen Problemen gehört, zumindest nicht im Fachausschuss.
Uns liegt jetzt ein Antrag der Koalitionsfraktionen vor, der von Herrn Kohlmeier am Montag im Fachausschuss als Notwehrmaßnahme verkündet wurde. Wem gegenüber?, fragt man sich natürlich.
[Beifall bei der LINKEN – Torsten Schneider (SPD): Warum stimmen Sie heute mit Nein? – Martin Delius (PIRATEN): Weil der Antrag Scheiße ist!]
Der Koalitionsantrag ist offensichtlich nicht mit den betroffenen Stadträten abgesprochen und wird deshalb auch zu Recht von diesen als realitätsfern charakterisiert.
Auch Ihre SPD-Stadträte haben sich sehr stark über Ihren Antrag mokiert und ihn als nicht-realitätstauglich bezeichnet.
Von den Stadträten – wenn Sie mit denen mal gesprochen hätten – ist zu erfahren, wo die gravierenden Probleme in den Bürgerämtern liegen: Personalabbau, kaum qualifiziertes Personal, kaum Ausbildung und Übernahme von jungen Nachwuchskräften, Aufgabenzuweisung ohne finanzielle und personelle Aufwandsübertragung durch den Senat an die Bezirke, hier nur Stichwort: E-Personalausweis, sowie fehlende verlässliche Technik.
Die im Koalitionsantrag genannten Maßnahmen sind wenig praktikabel. Termine über sechs Monate freizuschalten, erhöht die Quote der nicht wahrgenommenen Termine. Ein kurzfristig zu erhöhendes Terminkontingent ist nur mit kurzfristig mehr qualifiziertem Personal möglich. Die beabsichtigte Senkung der Wartezeiten bei der
Behördenhotline 115 setzt ebenfalls mehr qualifiziertes Personal voraus, das so schnell nicht zu bekommen ist.
Die vorübergehende telefonische Vergabe von Terminen über die Behördenplattform 115 ist eine Verschlechterung des Services. Das sind alles Punkte, die Ihre eigenen Stadträte benennen. Mehr Samstagsprechstunden, was wir fordern und die es übrigens nur einmal gab, bedeutet, dass Beschäftigte, die am Samstag fünf Stunden arbeiten, am Montag acht Stunden Freizeitausgleich haben. Wo ist dafür das Personal? Entweder gibt es mehr Personal, oder das Angebot wird in der Woche weiter eingeschränkt. Das ist Ihr Antrag. Den werden wir selbstverständlich ablehnen.
Danke schön, Kollege Doering! – Für die Piratenfraktion erteile ich jetzt das Wort dem Kollegen Dr. Weiß. – Bitte sehr!
Es ist schön, das inzwischen auch von der Koalition so deutlich zu hören. Die Ursache ist die, dass nicht genug Termine vorhanden sind. Die Ursache dafür, dass nicht genug Termine da sind, ist, dass nicht genug Personal da ist. Warum ist nicht genug Personal da? Es ist nicht da, weil es eingespart wurde. Wer hat die Einsparvorgaben gemacht?
Genau! Es nicht nur bei diesem Thema, sondern bei jedem einzelnen die Bezirke betreffenden Thema so, dass es eine Unverschämtheit ist, wie Sie die Bezirke gegeneinander ausspielen, was die Sparvorgaben angeht, indem Sie bei jedem Thema sagen: Ja, die Bezirke hätten nicht bei dem Thema, sondern auch woanders sparen können. Es gibt auch Bezirke, die anderswo gespart haben. Das können Sie aber nicht immer sagen.
Um auf den Antrag einzugehen, weil Herr Schneider gefragt hat, warum wir dem Antrag nicht zustimmen: Ich kann Ihnen gern zu jedem einzelnen der zwölf Punkte sagen, warum dieser Antrag reines Schaulaufen ist, der
Erste Maßnahme: Termine sollen sechs Monate im Voraus buchbar sein. – Ja, wunderbar! Dadurch entstehen aber nicht mehr Termine. Und es bringt andererseits den Nachteil mit sich, dass dann wahrscheinlich mehr Termine, die gebucht werden, nicht wahrgenommen werden,
Zweitens: Die Kontingente der verfügbaren Termine sollen erhöht werden. – Das ist keine Maßnahme, das ist eine Problembeschreibung.
Drittens: Man soll bei einem Termin mehrere Sachen abwickeln können. – Ja, das ist richtig, hat der Senat gesagt, wird jetzt schon gemacht. Na gut, okay.
Viertens: Die Wartezeiten bei der 115 sollen reduziert werden. – Erstens weiß ich nicht, was das Problem mit den Bürgerämtern zu tun haben soll. Zweitens sind die Wartezeiten bei 115 sind jetzt schon in dem Bereich, der da steht; das wurde uns diese Woche im Ausschuss bestätigt. Keine Ahnung, was dieser Punkt überhaupt soll.
Fünftens: Die Öffnungszeiten sollen abends und am Wochenende verlängert werden. – Ja, und wer soll es dann machen, wenn das Personal fehlt? Herr Doering hat es eben schon gesagt, das führt am Ende nur dazu, dass noch weniger Personal pro Termin da ist, weil es ja ausglichen werden muss. Das ist auch keine sinnvolle Maßnahme.
[Sven Kohlmeier (SPD): Es gibt doch mehr Personal! – Andreas Baum (PIRATEN): Herr Schneider macht’s!]