Wir alle wissen seit Jahren, dass wir die Hauptstadt der Armut sind. Der von Senator Czaja in dieser Woche vorgestellte Sozialstrukturatlas belegt dies deutlich. Aber was für Konsequenzen hat er daraus gezogen? Welche Maßnahmen leitet er daraus ab, um Armut endlich abzubauen? – Keine. Ihr fehlendes politisches Handeln ist der eigentliche Skandal. Wenn man Armut wirklich bekämpfen will, dann quatscht man nicht nur unentwegt, sondern man handelt.
Selbst bei den grundsätzlichen Dingen in der Versorgung der Allerärmsten versagen Sie. Wir haben gefordert, dass 1 Million Euro mehr in den Bereich der Wohnungslosenhilfe gehen. Zugegeben, auch 1 Million Euro mehr wird nicht ausreichen. Aber sie wäre zumindest einmal ein Anfang. Der ist längst überfällig. So wäre eine bedarfsgerechte Aufstockung der Kältehilfe möglich. Sie haben zwar 700 Plätze versprochen, die Träger sagen jedoch, dass sie trotz des Winters noch nicht da sind. Andere Städte machen es uns doch vor. Da muss man noch nicht einmal zaubern können. München hat 1 000 Plätze, und selbst Hamburg hat 850. Die haben aber wesentlich weniger Einwohner.
Absolut düster sieht es bei den wohnungslosen Kindern aus. Nach Berechnung der Verbände gibt es in Berlin bis zu 2 500 wohnungslose Kinder. 2 500 wohnungslose Kinder haben kein Zuhause in Berlin. Der Sozialsenator will davon wieder einmal nichts wissen und schiebt die Verantwortung von sich weg, obwohl die Verbände und wir Oppositionsfraktionen seit Jahren mahnen, endlich eine entsprechende Wohnungslosenstatistik einzuführen. Das wird vom Senat nur blockiert. Solange ein Problem kaum dokumentiert wird, ist es für den Senat nicht vorhanden. Man müsste sonst ja tätig werden. Ihre Arbeitsverweigerung in allen möglichen Feldern, wie auch hier,
Wenn wir es also nicht schaffen, den zunehmenden Wohnraumverlust der Berlinerinnen und Berliner aufzuhalten, wenn wir es nicht schaffen, die Betroffenen menschenwürdig unterzubringen, und wenn wir es nicht schaffen, die soziale Spaltung der Stadt aufzuhalten, dann wird uns das noch teuer zu stehen kommen. Wir wollen uns damit nicht abfinden, dass arme Kinder hungrig zur Schule gehen. Wir wollen uns nicht damit abfinden, dass Flüchtlinge und Wohnungslose kein Dach über dem Kopf haben.
Die Rahmenvereinbarung der Liga muss auch neu verhandelt werden. Die soziale Infrastruktur der Stadt ist jahrelang auf Verschleiß gefahren worden. Das muss wieder rückgängig gemacht werden. Die Sozialverwaltung ist in einem katastrophalen Zustand. Dies wird nur durch die Geflüchteten so deutlich und ist in ihrem Ausmaß so furchtbar. Herr Czaja! Senatoren sollten Probleme lösen, statt selbst zum Problem zu werden. Sie sind das Problem und sollten deshalb besser gehen!
[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN – Senator Mario Czaja: Ganz starke Rede!]
Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! Ich hätte gern gesagt: Liebe Gäste! Aber ich sehe nur noch einen Gast dort oben sitzen.
Die deutlich erhöhten Ausgabesätze des Einzelplans 11 für den Bereich Soziales sind sowohl der Bewältigung der Asylbewerber- und Flüchtlingssituation geschuldet, das haben wir jetzt schon mehrfach hier festgestellt, als auch – und darauf lege ich großen Wert – der Verbesserung der sozialen Situation der eingesessenen Bevölkerung in dieser Stadt. Personell und bei den Sachausgaben, bei beidem, ist dem großen Ansturm von Menschen, die in unserer Stadt um Asyl bitten und dabei Ruhe und Frieden und damit Schutz vor Bürgerkrieg und radikal islamistischer Lebensbedrohung suchen, Rechnung getragen, soweit es heute möglich ist, dies für die Haushalte 2016 und 2017 verantwortungsvoll vorauszuplanen.
Rechnet man die dafür in den Jahren 2016 und 2017 angesetzten Kosten aus den Gesamtsummen des Einzelplans 11 heraus, so verbleibt eine jährliche Steigerung
Zu einigen Inhalten: Für die angestammte Berliner Bevölkerung ist die Ausgestaltung und Finanzierung des Versorgungskonzept 80plus – Herr Kollege Dr. Ludewig hat bereits darauf hingewiesen – von besonderer Bedeutung, ein Anliegen der CDU und zugleich der gesamten Koalition. Die entsprechende Rahmenstrategie wird derzeit erarbeitet. Viele sind daran beteiligt. Das halte ich für gut. Ziel ist die verbesserte gesundheitliche und pflegerische Versorgung hochaltriger Menschen, deren Zahl in den nächsten Jahren deutlich zunehmen wird. Damit wächst natürlich der Umfang der ambulanten und stationären Pflege, auf die diese Menschen zumindest zum Teil angewiesen sind. Aber das ist nicht der einzige Aspekt. Der andere Aspekt, dem eine große Bedeutung beizumessen ist, ist die Chance, dass sie weiterhin gesellschaftlich eingebunden bleiben und nicht isoliert werden. Auch die weitere Entwicklung der Demenzfreundlichkeit in unserer Stadt steht hier im Vordergrund. Für diesen gesamten Bereich sind im Haushalt knappe 300 000 Euro vorgesehen. Das halten wir für richtig.
Vorausplanende Beratung zum Abbau von Barrieren im Wohnbereich, individuelle Unterstützung bereits vor Eintritt von Pflegebedürftigkeit für die Betroffenen und deren Angehörige sind zum Beispiel Kernaufgaben der mittlerweile über 30 Pflegestützpunkte, verteilt über alle Bezirke in unserer Stadt. Die deutliche Verbesserung der personellen Ausstattung der zwölf Pflegestützpunkte in städtischer Regie ist ein wichtiger Bestandteil dieses Doppelhaushalts.
Auch der finanzielle Aufwuchs bei der Wohnungslosenhilfe – es ist hier schon angesprochen worden – und die Finanzierung der vor wenigen Tagen eingeweihten Sanitärräume am Bahnhof Zoo in Regie der Bahnhofsmission und mit anerkennenswerter Unterstützung der Bahn AG – und das nach langem Ringen mit vielen Rückschlägen –, sind seitens der Koalition positiv herauszuheben. Hierzu hat Frau Radziwill schon einige Ausführungen gemacht.
Ein besonderes Augenmerk gilt auch den Sonderfahrdiensten, deren Teilansatz für Regie- und Beförderungsleistungen um 400 000 auf 6,7 Millionen Euro erhöht wurde, was dazu beitragen wird, dass Leistungserweiterungen im Bereich von Treppenhilfe und Notdiensten möglich werden und den erhöhten Taxigebühren mit der Erhöhung der Erstattung Rechnung getragen werden kann. Auch die bereits erwähnte Aufstockung von 2 Millionen im Bereich der Mobilitätshilfe ist hier an dieser Stelle sehr richtig und für die Menschen, die betroffen sind, von außerordentlicher Notwendigkeit.
Auch möchte ich an dieser Stelle noch einmal darauf aufmerksam machen, dass der CDU und der ganzen Koalition die weitere, den Kostensteigerungen angepasste
Finanzierung der Seniorenvertretungen und des Landesseniorenbeirats und seiner Geschäftsstelle mit einer Personalausstattung von 1,5 Stellen im Doppelhaus außerordentlich wichtig ist. Für die geleistete Arbeit dort zollen wir ausdrücklich Anerkennung.
Bezüglich der Mittel für soziale Einrichtungen möchte ich hier auch die deutliche Erhöhung der Mittel für das DZI, das Deutsche Zentralinstitut für soziale Fragen, um 100 000 Euro erwähnen – eine Institution, die mit ihrer Alltagsarbeit wertvolle Beiträge zur sozialen Entwicklung in unserer Stadt und in unserem Land leistet.
Weiterhin möchte ich an dieser Stelle das Infrastrukturprogramm Stadtteilzentren in seiner Haushaltsverankerung hervorheben. 800 000 im Jahr 2016, fast 1 Million Steigerung 2017 erlauben den weiteren Ausbau, der in den Kiezen allen Menschen zugutekommt und für selbstbestimmte Aktivitäten engagierter Bürgerinnen und Bürger den passenden Rahmen bildet und zugleich aber auch eine Brücke zwischen den Generationen ist. Die zusätzlich im Haushalt jährlich eingestellten 600 000 für die Stadtteilzentren sollen der vielfältigen, die Asylbewerber und Flüchtlinge eingliedernden Aktivitäten dienen.
Nein! – Wir haben den Einzelplan 11 hier im Bereich Soziales umfassend im fachlichen Teil und den finanziellen Aspekten in den letzten Monaten beraten. Als Sprecher der CDU-Fraktion bin ich mir sicher, dass wir Ihnen, uns Abgeordneten und der Öffentlichkeit einen solide finanzierten und dem sozialen Frieden unserer Stadt dienenden Doppelhaushalt vorlegen können. Deshalb bitte ich um Ihre Zustimmung! – Vielen Dank!
Vielen Dank, Kollege Krüger! – Das Wort für eine Kurzintervention erhält jetzt die Kollegin Bayram von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.
Vielen Dank, Herr Präsident, dass Sie mir die Frage abgenommen haben! – Ich wollte eigentlich nicht groß zu dem Thema reden, aber Sie, Herr Krüger, und auch das Verhalten des Senators, aber auch insbesondere Ihr Verhalten dazu haben mich wirklich noch mal gezwungen, hier zu reden. Ich meine, der Senator hat gerade 102 000 Unterschriften angenommen wegen der Situation vor dem LAGeSo. Wir haben dazu heute auch einen Antrag gebracht. Dann bedankt er sich beim Finanzsenator für die Unterstützung. Und Sie haben sich aber nicht zu der Si
tuation der geflüchteten Menschen geäußert: Wie geht das weiter? Der Senator hat zwei Minuten geredet; bei Ihnen waren es, glaube ich, zwei Sätze. Das haben die Geflüchteten nicht verdient! Sie haben eine bessere Ausstattung und eine bessere Unterstützung im Land Berlin verdient.
Und ich will in diesem Zusammenhang auch noch mal daran erinnern, dass die Senatoren hier einen Eid auf die Verfassung geschworen haben, und zu diesem Eid gehört halt auch, dass man mit Steuergeldern vernünftig umgehen muss.
Ja, doch! Ich rede im Bezug auf den Vorredner, der sich nämlich gar nicht zu dem Thema geäußert hat – –
Natürlich! Wir reden und wir regeln auch gerne! – Jetzt geht es darum, dass Sie nicht darüber geredet haben, dass Mittel, die der Haushaltsgesetzgeber zur Verfügung stellt, auch bei den ganzen Trägern und bei den Geflüchteten ankommen. Darüber hätten wir mehr reden müssen, und die drängendsten Fragen und die Verantwortung für die drängendsten Fragen sind weder bei Ihnen, Herr Krüger, noch beim Senator vorgekommen. Da stellt sich natürlich schon die Frage: Wofür verhandeln wir über Haushalt, wofür verhandeln wir über die Bedarfe der Geflüchteten, wenn selbst, nachdem ihm über 100 000 Unterschriften
von Menschen in dieser Stadt übergeben wurden, die sagen, es muss was passieren; es muss sich was ändern, das in diesen Reden hier im Parlament keine Berücksichtigung findet – weder bei Ihnen, Herr Kollege Krüger, noch beim dem Senator, den Ihre Fraktion stellt, aber von denen keiner geklatscht hat, als der Senator geredet hat?
Kollege Krüger! Sie haben jetzt die Gelegenheit zu antworten. Auch für Sie gilt natürlich: Erwiderung auf die Kurzintervention.
Nur einen Satz als Antwort auf Ihre Fragestellung: Ich habe – und das dürfte Ihnen doch nicht entgangen sein – zu dieser Thematik das zweite Mal gesprochen. Ich hatte eben nicht die Absicht, alles das, was ich heute Morgen zu dieser Fragestellung gesagt habe, hier noch einmal auszuführen. Vielleicht lesen Sie es im Protokoll nach!