Protokoll der Sitzung vom 14.01.2016

Über die langfristige Finanzierung – und da gibt es durchaus verschiedene Konzepte, gerade eben auch, was die Möglichkeiten der Bezuschussung durch Sponsoren angeht – kann man durchaus diskutieren, aber es ist trotzdem eben sehr problematisch, dass wir hier die Finanzierung gerade im letzten Jahr 2015 noch einmal so intensiv diskutieren mussten. Ich denke, dass es an der Stelle klar ist, dass wir hier langfristig sicherlich stärker in Richtung neuer Sponsoren gehen können, kurzfristig allerdings auch weiterhin auf eine nachhaltige und intensive landesseitige Finanzierung angewiesen sind.

Diese Neuaufstellung wurde 2015 intensiv vorangetrieben. Es gab dazu viele Veranstaltungen und Treffen der beteiligten Karnevalsgruppen, die letztendlich die eigentlichen Träger und den Kern des Karnevals ausmachen. Das sind die Freiwilligen, die sich Jahr für Jahr, ohne großartig viel für sich selbst zu erwarten, hinstellen und tage-, wochen- und monatelang die Arbeit leisten, damit der Karneval stattfinden kann. Das sind diejenigen, von denen viele diese unbezahlte Arbeit erledigen, damit der Karneval auch stattfindet. Insofern möchte ich diesen Gruppen noch einmal ganz ausdrücklich meine Dankbarkeit aussprechen.

[Beifall von Hakan Taş (LINKE) und Carsten Schatz (LINKE)]

Dann gibt es natürlich die Frage nach dem Träger. Der Träger des Karnevals hat sich in den letzten Jahren mehr

fach geändert. Im letzten Jahr hat nach einigem Hin und Her Kulturprojekte das übernommen, jetzt soll es im kommenden Jahr der Träger Piranha machen. Das ist durchaus etwas, was eine Diskussion verdient. Aber es ist schon schade, dass genau diese Debatte um den neuen Träger, wo sich die Gruppen im Kern wieder einig waren, so sehr zu einem Zankapfel der beteiligten Senatsverwaltungen, die dort Einfluss nehmen wollten, wurde und es eben dadurch gekennzeichnet war, dass die Finanzierung des Karnevals vor allem für das Jahr 2017 dann infrage stand. Das ist eines Karnevals unwürdig.

So sehr ich ausnahmsweise geneigt bin, Herrn Wansner im Kern zuzustimmen, am 5. November ist, was von Ihnen angesprochen wurde, im Integrationsausschuss viel versprochen, aber lange nicht gehalten worden. Da hat der Kollege Freiberg zwar viele Aussagen gemacht, dass man sich kümmert und so, trotzdem wurden wir hingehalten. Wir haben insgesamt die zwei Haushaltssitzungen im Integrationsausschuss gebraucht, dann noch eine Anhörung, eine Auswertung der Anhörung, dann eine erste und zweite Lesung im Hauptausschuss, eine dritte Lesung und dann noch eine vierte Lesung, wo wir dann endlich zumindest einige der versprochenen Gelder noch bekommen haben, die dann dem Karneval für 2017 zur Verfügung gestellt wurden. Da haben Sie dann zumindest in Stücken eingehalten, was sie am 5. November zugesagt hatten. Das ist löblich, aber trotzdem war das eine ziemliche Hängepartie, wo wir lange nicht wussten, woran wir sind. Das hätte man auch ein bisschen weniger „hängerich“ und ein bisschen auskömmlicher hinkriegen können.

Die Anträge, die hier vorliegen, beschäftigen sich im Kern mit der Finanzierung des Karnevals, aber auch mit der Nachhaltigkeit und dem Konzept. Sie sind unter anderen Voraussetzungen erarbeitet worden, sind aber aus meiner Sicht im Grunde immer noch gültig, da die nachhaltige finanzielle Ausgestaltung und auch die konzeptionelle Sicherung des Karnevals immer noch von hoher Relevanz ist. Insofern kann man den Anträgen und ihrem Geist immer noch zustimmen. Deswegen würde ich die Zustimmung empfehlen, auch wenn es sich tatsächlich als etwas weniger schlimm herausgestellt hat, was die Zukunft des Karnevals angeht, als lange Zeit befürchtet wurde, was nicht unbedingt ein Lob ist, aber was Sie meinetwegen auch als Lob verstehen können. – Vielen Dank!

[Beifall bei den PIRATEN]

Vielen Dank, Herr Reinhardt! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Zu dem Antrag der Fraktion Die Linke Drucksache 17/2062 empfehlen die Ausschüsse mehrheitlich gegen Linke und Piraten die Ablehnung. Wer dem Antrag

(Kurt Wansner)

dennoch zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Das sind die Linksfraktion, die Piratenfraktion und ein Mitglied der Grünenfraktion. Gegenstimmen? – Das sind die Fraktionen der SPD und der CDU und die übrigen Mitglieder der Grünenfraktion. Enthaltungen? – Ich sehe keine Enthaltungen. Dann ist der Antrag abgelehnt.

Zu dem Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 17/2079 empfehlen die Ausschüsse mehrheitlich gegen die Oppositionsfraktionen die Ablehnung. Wer dem Antrag dennoch zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen, die Linksfraktion, die Piratenfraktion. Gegenstimmen? – Das sind die Fraktionen der SPD und der CDU. Enthaltungen? – Ich sehe keine Enthaltungen. Dann ist auch dieser Antrag abgelehnt.

Ich komme zu

lfd. Nr. 8:

Kitabedarfsplanung qualifizieren und politisch steuern

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Bildung, Jugend und Familie vom 3. Dezember 2015 Drucksache 17/2622

zum Antrag der Fraktion Die Linke Drucksache 17/2329

In der Beratung beginnt die Fraktion Die Linke. Das Wort hat Frau Abgeordnete Möller. – Bitte!

Vielen Dank! – Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Gründungsaufruf des Berliner Kitabündnisses aus dem Jahr 2008 heißt es:

Als kleine Kinder machen Menschen die größten Schritte in ihrer Entwicklung. Ihre Lernfähigkeit, ihr Erkundungsdrang und ihr Wille, sich die Welt zu erschließen, werden im Laufe des Lebens nie wieder so ausgeprägt sein, wie sie es in dieser Lebensphase sind. … Deshalb haben alle Kinder das Recht auf eine gute und anregungsreiche Kita.

Dieses Recht ist möglichst früh, schon im Krippenalter, zu gewährleisten. Das ist Konsens im Land Berlin. Das bedeutet aber, dass eine Kitabedarfsplanung auch flächendeckend und gemessen an der Zahl der melderechtlich registrierten Kinder und unter Berücksichtigung der sozialräumlichen Belastung von Stadträumen entwickelt werden muss. Es geht darum, die Inanspruchnahme der Kindertagesbetreuung gerade für jene Kinder auszuweiten, die bisher aufgrund des geringen Interesses oder der Unkenntnis oder der Vorbehalte ihrer Eltern nicht in den Genuss der frühen Förderung kommen. Genau hier gibt es Defizite.

Der Zusammenhang zwischen sozialer Belastung und ethisch-kultureller Herkunft einerseits und der Inanspruchnahme von Angeboten der Kitabetreuung ist empirisch nachgewiesen. Das zeigen z. B. immer wieder die Auswertungen der Schuleingangsuntersuchungen, wie z. B. bei der Feststellung zu den Determinanten zur Dauer eines Kitabesuches aus dem Bezirk Mitte in 2012. Dort waren über 92 Prozent der Kinder aus Familien der sogenannten oberen sozialen Schicht bis zur Einschulungsuntersuchung länger als zwei Jahre in der Kita. Der Anteil der Kinder aus den sogenannten unteren sozialen Schichten lag lediglich bei 72,3 Prozent, bei Kindern arabischer Herkunft nur bei 25,3 Prozent und aus westlichen Industrieländern gesamt nur bei 43,5 Prozent.

Das Problem ist also bekannt und beschäftigt nicht wenige Fachverbände. So hat das deutsche Jugendinstitut in seiner Studie „Aufwachsen in Deutschland“ konstatiert, dass vor allem qualitative und interkulturelle Hürden zugewanderte Eltern davon abhalten, ihre Kinder in eine Krippe zu schicken, und dass es insgesamt Eltern mit geringer Schulbildung schwerer haben, überhaupt einen Kitaplatz zu ergattern. Weite Wege zur Einrichtung sind ebenso ein Hindernis. Grundsätzlich wird bestätigt, dass für viele der Zugangshürden nicht der Migrationshintergrund, sondern die geringe Schulbildung der Eltern und ihre soziale Situation ausschlaggebend für die Nichtinanspruchnahme einer Kindertagesbetreuung sind. Das heißt, hier muss Aufklärungsarbeit geleistet werden, um eben diese Familien zu erreichen. Und das heißt natürlich auch, dass wir ausreichend Platzangebote brauchen, und zwar genau dort, wo zwar Kinder sind, aber bisher noch keine oder eine geringe Nachfrage besteht.

[Beifall bei der LINKEN]

Die Frage ist doch: Wie kann der Bedarf gerade bei jenen geweckt werden, die eine Kitaförderung ihrer Kinder am dringendsten brauchen? Es ist notwendig, dies in einer Kitaentwicklungsplanung politisch mitzudenken und zu steuern.

Der Senat plant aber ausschließlich nachfrageorientiert. Wir brauchen jedoch eine Planung, die nicht der Nachfrage hinterherrennt, sondern sich an der Bevölkerungsstruktur, an der Kinderzahl orientiert und nicht nur an der Zahl der Bewerbungen für einen Kitaplatz.

[Beifall bei der LINKEN]

Dies ist auch deshalb nötig, weil in den entsprechenden Kiezen flankierende Maßnahmen ausgebaut werden müssen: die Stadtteilmütter, die jenseits von Amtsstuben mit den Familien reden, aber auch zeitliche und nervliche Kapazitäten von Kitaleitungen oder Jugendamtskolleginnen, die bei den Familien für möglichst frühe Kitaförderung werben müssen. Das muss politisch mitgedacht werden, auch bei der Personalplanung für die Jugendämter. Es ist lächerlich, wie der Senat hier Personalmehrbedarfe abspeist.

(Vizepräsidentin Anja Schillhaneck)

[Beifall bei der LINKEN]

Wir haben diesbezüglich schon diverse Vorschläge gemacht, wie die Abschaffung der Bedarfsprüfung, die übrigens auch im Koalitionsvertrag steht, als eine relevante bürokratische Hürde für die Eltern und als Ressourcenverschleiß im Jugendamt und vieles mehr.

Zuallererst aber braucht es mehr als eine Kenntnisnahme des Problems hier im Land Berlin. Der Senat hat in seinem Bericht zur Bedarfsentwicklung und Schaffung neuer Plätze zwar angekündigt, stärker in den Sozialräumen mit geringem Versorgungsgrad investieren zu wollen, will aber das bestehende Versorgungsniveau nur halten und bleibt damit in seiner Logik der Nachfrageorientierung. Das bleibt auch nach der veröffentlichten Bedarfsplanung 2016 nicht ausreichend definiert. Das reicht bei Weitem nicht aus und wird an der schlechten Inanspruchnahme nichts ändern. Auch die unter dieser Regierungskoalition so angesagten restriktiven Methoden wie Bußgelder und Verpflichtungsansinnen werden hier nichts bewirken. Wir müssen die Familien da abholen, wo sie sind. In der Praxis passiert das längst. Nicht Restriktion, sondern das Angebot führt zum Ziel.

Das will dieser Antrag wie auch der Beschluss des Landesjugendhilfeausschusses zur Erneuerung der berlinweiten Kitaplatzplanung, nämlich die sozialräumliche Berücksichtigung und Anpassung der derzeit unterschiedlichen Versorgungsquoten aus soziostrukturellen Gründen, und zwar offensiv und nicht reaktiv. – Danke schön!

[Beifall bei der LINKEN – Beifall von Susanne Graf (PIRATEN)]

Vielen Dank, Frau Möller! – Für die SPD-Fraktion hat jetzt das Wort der Herr Abgeordnete Eggert! – Herr Eggert! Einen Moment bitte! – Es gibt den Wunsch einer Fraktion, die zuständige Senatorin möge bitte der Debatte beiwohnen. Ich würde Sie bitten, so lange zu warten, wenn es dazu keinen Widerspruch gibt.

Ich kann ihr eine Kopie meiner Rede schicken. Das ist kein Problem. Für mich wäre das okay.

Es gibt den klaren Antrag einer Fraktion, die Senatorin zu zitieren. Aber das dürfte sicher keine große Schwierigkeit sein; sie ist ja im Haus. Wir warten so lange.

Die Frau Senatorin ist da. – Bitte, Herr Eggert!

Vielen Dank! – Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kollegin Frau Möller! Sehr geehrte Frau Senatorin! Sie fordern in Ihrem Antrag den Senat auf, eine möglichst flächendeckende Versorgung mit Kitaplätzen zur Grundlage seiner Planung zu machen. Das haben wir bereits gemacht, und wir wollen natürlich insgesamt alle auch den Ausbau stärken.

Damit liegen wir inhaltlich auf einer Linie, Frau Möller. Da gibt es wenig Differenzen. Ich schätze Ihren Antrag deshalb im Grunde sehr, da sich die Differenzen zwischen der Koalitionsfraktion und dem, was Sie dort fordern, eigentlich nicht groß darstellen. Im Landesjugendhilfeausschuss – Sie haben es richtig dargestellt – und auch im Ausschuss haben wir Ähnliches gemacht. Nun ist es oftmals so, dass, wenn man sich einig ist und gerade auch wenn man die Zielsetzung betrachtet, der Senat oftmals auch auf Hinweise der Koalition schon in diese Richtung arbeitet. Das hat der Senat in diesem Fall auch schon gemacht.

Die Basis der Planung des Senats ist der Kindertagesstättenentwicklungsplan, kurz KEP. Der KEP bildet die wesentliche Planungsgrundlage für eine bedarfsgerechte, flächendeckende Versorgung mit Kitaplätzen in ganz Berlin. Die Planung sieht flächendeckend in Berlin eine weitere steigende Betreuungsquote für nahezu alle Jahrgänge vor. Zugleich berücksichtigt der KEP jedoch auch die Entwicklung der bisherigen Nachfrage sowie der Aspekte der Umsetzbarkeit.

Neben der gesamtstädtischen Zielsetzung zum bedarfsgerechten Ausbau der Betreuungsplätze zur Gewährleistung des Rechtsanspruchs sollen – und ich zitiere mit Erlaubnis der Präsidentin –

Gebiete mit besonderem Aufmerksamkeitsbedarf beim Kitaausbau künftig noch stärker Berücksichtigung finden.

Zu diesem Zweck werden im Bedarfsatlas 2016 – und ich zitiere wieder – „Regionen mit besonderem Aufmerksamkeitsbedarf“ ausgewiesen. Diese sollen eine verstärkte Förderung von Ausbaumaßnahmen erhalten. Diese liegen meistens in sozialen Brennpunkten. Wir unterstützen diesen Ansatz und finden es richtig, dass die Senatorin hierauf einen Schwerpunkt gelegt hat. Wir gehen davon aus, dass der Rechtsanspruch, die Umsetzung des Rechtsanspruchs und auch das Bekanntwerden, dass das jetzt auch für unter Dreijährige gilt, durchaus zu mehr Nachfrage in diesen Gebieten führt und dementsprechend auch ein Ausbau erfolgt.

Frau Möller! Vieles von dem, was Sie in Ihrer Rede gesagt haben, finde ich sehr richtig. Ich glaube, dass es auch diese Maßnahmen sind, die dazu führen, dass wir eine höhere Inanspruchnahme der Kitas insgesamt auch in diesen Gebieten haben. Ich möchte aber auch darauf

(Katrin Möller)

verweisen – und das ist mir besonders wichtig: Ein reines Vorhalten von Plätzen wird nicht dazu führen, dass diejenigen, die z. B. – Sie haben es ja mit angesprochen – eine gewisse kulturelle Distanz zu Einrichtungen wie der Kita haben, diese annehmen werden, nur weil der Platz da ist. Da werden andere Maßnahmen greifen müssen, und das wird nicht nur über die Kitaplanung geschehen, die ja vor allem Auskunft darüber gibt, wo wie viel Geld investiert wird, um das zu stützen.

Gemeinsam werden wir in diesem Bereich einiges schaffen, und ich glaube, dass wir auf einem sehr richtigen Weg sind. Wenn wir uns angucken, in welchen Teilen der Kitabedarfsatlas jetzt Bedarfe ausweist, so sind es genau diese. Die haben unsere besondere Aufmerksamkeit. – Die Koalition wird wie im Ausschuss diesen Antrag ablehnen. – Ich danke Ihnen!

[Beifall bei der SPD und der CDU]

Vielen Dank, Herr Eggert! – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt das Wort Frau Abgeordnete Burkert-Eulitz. – Bitte!