Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich muss gestehen, in dieser Legislaturperiode zieht es sich wie ein roter Faden durch meine Politik, irgendwie stehe ich scheinbar auf Flughäfen. Nach der Nachnutzungsdebatte um das Flugfeld Tempelhof reden wir jetzt über die Nachnutzung des Flughafens Tegel. – Das lohnt sich, denn die Nachnutzung des Flughafens Tegel ist für uns alle in ganz Berlin die Gelegenheit, unsere Stadt auf eine außergewöhnliche Art und Weise weiterzuentwickeln.
Nachdem Tempelhof ein einzigartiger Erholungsort geworden ist, sollte nun Tegel zum Aushängeschild für Berlin werden – ein Aushängeschild für den neusten Stand von technischem Können und wissenschaftlichen Erkenntnissen. Wenn wir Tegel weiterentwickeln, sollte hier alles, was entsteht, die Visitenkarte „Zukunft“ tragen.
Ich glaube, dass es uns gelingt, mit dieser Haltung einen außergewöhnlichen Wissenschaftsstandort zu erwecken, der von der direkten Verzahnung mit der industriellen Produktion vor Ort lebt. Es sollte ein Ort entstehen, an dem grüne Technologien produziert werden und das Neuste vom Neusten angewendet wird. Das Ganze wird dann abgerundet durch ein neues, lebendiges und vor allem vielfältiges Stadtquartier, das Raum für die Zukunft
und zukunftsfähige Stadtentwicklung gepaart mit den neusten Innovationen, am besten gleich nebenan auf dem Flugfeld entwickelt.
Mich würden zwei Dinge daran interessieren, erstens die Frage: Warum sind Sie der Meinung, dass all diese Sachen nur in Tegel möglich sind und all diese Punkte, die sie gerade dargestellt haben, nicht in Teilen zumindest, einer Teilbebauung, auch in Tempelhof möglich gewesen wären?
[Anja Kofbinger (GRÜNE): Weil wir hier den Tagesordnungspunkt „Internationale Strahlkraft für Tegel“ haben!]
Ich frage ganz konkret: Warum gönnen Sie den Anwohnerinnen und Anwohnern, die rund um den Flughafen Tegel wohnen, nicht auch die Möglichkeit, eine so einzigartige Grünfläche zu haben, wie wir sie in Tempelhof haben? Denn von da aus braucht man, wenn man z. B. mit der U-Bahn unterwegs ist – mit dem Auto will ich es gar nicht erst sagen –, eine ganz schön lange Zeit quer durch die Stadt.
Kollege Eggert! Es war nur eine Zwischenfrage gestattet. Ich würde es jetzt in das Ermessen der Kollegin Kapek stellen, ob sie gleich beide beantwortet –
Das mache ich sehr gerne, und ich freue mich, dass wir offensichtlich für Tegel in eine ähnliche Richtung marschieren. Ich will Ihnen das sehr gerne erläutern. Herr Eggert! Wenn Sie sich richtig an die Diskussion erinnern, werden Sie noch wissen, dass ich für Tempelhof immer gesagt habe: Dieser olle Masterplan, wie er hier vorgestellt wurde, passt mir nicht. Lasst ihn uns noch einmal aufmachen und über zukunftsfähige, nachhaltige Stadtentwicklung debattieren!
Sprich: Unser Vorschlag für Tegel soll Modellcharakter dafür haben, wie ein Stadtquartier der Zukunft entstehen soll, und zwar in ganz Berlin. Da hier ein Raum entsteht, der quasi noch nicht beplant ist, hat man die Möglichkeit, es einmal von der Pike auf richtig zu machen. Das gleiche wäre in Tempelhof möglich gewesen. Warum das nicht passiert ist? – Fragen Sie das die zuständigen Senatoren Ihrer Partei!
Entscheidend ist: Modellcharakter! Modellcharakter und nicht Achtzigerjahrekonzepte aus der Schublade, denn wir wollen die Berliner Mischung, wir lieben die Berliner Mischung,
gerade in Tegel. Wenn man sich das vor Ort genau anschaut, ist das auch für das angrenzende KurtSchumacher-Quartier durchaus von Bedeutung. Dieses kann nämlich sehr wohl davon profitieren, wenn ein neues Quartier auf dem Flugfeld mit dem alten verzahnt wird. Das Beste daran ist: Hier können dann Alt und Jung, Alteingesessen und Zugezogen, und vor allem auch Menschen mit kleinem Portemonnaie gemeinsam in einem Wohnquartier wohnen.
Herr Eggert! Jetzt kommen wir zu einem spannenden Punkt. Diese Vision könnte schon längst beschlossene Sache sein, wenn dieser Antrag nicht bereits seit drei Jahren im Vorgang auf den Verfahrenslisten dümpeln würde und Sie sich nicht der Diskussion verweigert hätten.
Eigentlich sind wir sogar so weit, dass wir schon längst Baukräne auf Tegel sehen müssten. Die einzige Antwort, warum das nicht geschehen ist, ist ganz klar:
Sie können bei den Tegelplanungen quasi nur deshalb eine ruhige Kugel schieben, weil der BER seit Jahren nicht eröffnet wird. Das wird sich ändern, da werden Sie mir recht geben, wenn feststeht – da sind wir uns wohl alle einig –, dass 2017 der BER öffnet – oder?
Wir wollen nicht nur, dass endlich Schluss ist mit der monatlichen Verschwendung von Millionen am BER, sondern wir wollen vor allem, dass die Zukunftsentwicklung in Tegel vorangeht. Das heißt zum einen, dass der Schlingerkurs des Regierenden Bürgermeisters um die Frage des Eröffnungstermins ein Ende haben muss, und zum anderen, dass wir uns gemeinsam dem jetzt genutzten – wie will man es nennen? – Zwergenaufstand einer nicht signifikanten Kleinstpartei in unserer Stadt zur vermeintlichen Offenhaltung Tegels entgegenstellen müssen.
Allein die Tatsache, dass es möglich ist, dass diese hier nicht anwesende Kleinstpartei diese Diskussion aufmacht, zeigt doch, wie notwendig und wie groß der Handlungsdruck nicht nur am BER, sondern auch in Tegel ist.
Keine Frage: Tegel ist ein bewährter Flughafen, an dem viele aus unterschiedlichen Gründen hängen. Vor allem ist er für viele Menschen in Berlin bequem zu erreichen. Deshalb habe ich sogar Verständnis für all diejenigen, die an Tegel festhalten wollen. Allerdings – ich hoffe, darin sind wir uns einig –: Tegel hat seine Zeit gehabt!
Deshalb sollten wir uns alle darin einig sein, der Flughafen Tegel muss geschlossen werden. Ich bitte Sie, dass wir dafür gemeinsam werben!
Das sind wir auch den 300 000 Menschen in Pankow, Wedding, Reinickendorf und Spandau schuldig, die seit Jahrzehnten unter dem Fluglärm leiden.
Aber noch viel wichtiger als die offenkundige Belastung durch den Flugbetrieb ist die Tatsache, dass man in Tegel tatsächlich einen der spannendsten Orte in Berlin entwickeln kann. Tegel ist damit im wahrsten Sinne des Wortes ein Raum voller Möglichkeiten. Deshalb freue ich mich auch, dass der Senat in seiner jüngst vorgestellten Überarbeitung des Masterplans die eine oder andere unserer Forderungen bereits aufgenommen hat. Das lange Warten auf die Debatte hat, so gesehen, zumindest für etwas seinen Zweck gehabt.