Protokoll der Sitzung vom 12.05.2016

Das ist Augenwischerei, verehrter Kollege Baum! Den Bürgern was zu versprechen, was nirgends funktioniert und nicht seriös durchgerechnet ist, ist Augenwischerei. Das muss man einfach mal so benennen.

Dass Sie mit dem Antrag den Senat beauftragen zu prüfen, was Ihre Studie nicht geleistet hat, und als Nächstes noch sagen, er soll im Haushalt Vorsorge treffen, wundert

(Andreas Baum)

mich schon ein bisschen mehr. Wir hatten im Dezember Haushaltsberatungen. Ich kann mich nicht entsinnen, vielleicht mögen Sie mich ja korrigieren, dass Sie für den fahrscheinlosen ÖPNV dort Geld einstellen wollten.

[Andreas Baum (PIRATEN): Haben wir!]

Ich glaube, Sie waren so sehr mit Ihrem Wunschtraum beschäftigt, dass Sie es einfach verpennt haben.

[Zuruf von den PIRATEN: Was?]

Und der fünfte Punkt ist der entscheidende: das Thema Zwangsmobilität. Die Partei der Freiheit des Netzes und der Bürgerrechte macht sich gerade zur Partei des Zwangs. Ihr freiwilliges Solidarticketmodell ist und bleibt eine Zwangsveranstaltung für Schülerinnen und Schüler, Auszubildende, Arbeitslose, Rentnerinnen und Rentner.

[Zurufe von den PIRATEN]

Ihre Nahverkehrsabgabe bleibt Zwang für Radfahrerinnen und Radfahrer, Autofahrer und Fußgänger, die den ÖPNV nicht nutzen müssen oder wollen.

[Zurufe von den PIRATEN]

Ohne Zwang werden Sie Ihr Ziel nicht erreichen. Das sollten Sie öffentlich sagen, dass Sie dazu Zwang brauchen, denn sonst zerplatzen Ihre Träume wie Seifenblasen.

[Zurufe von den GRÜNEN und der LINKEN]

Wir können das gerne mal machen, Herr Baum, wir testen das mal, ich kassiere gleich nach der Plenarsitzung 35 Euro Nahverkehrsabgabe von Ihnen, und Sie dürfen mit dem Fahrrad nach Hause fahren. – Schönen Abend noch!

[Vereinzelter Beifall bei der SPD und der CDU – Zurufe von den GRÜNEN, der LINKEN und den PIRATEN]

Vielen Dank, Herr Kreins! – Das Wort zu einer Zwischenbemerkung hat Herr Abgeordneter Baum.

Da kann ich ja nur anschließen: Gute Nacht, Herr Kreins! Denn einige Sachen, die Sie angeführt haben, stimmen so einfach nicht, z. B. dass wir die entsprechenden Mittel für diese Umsetzungsstudie nicht im Haushalt eingestellt haben, was Sie eben kritisiert hatten. Da müssen Sie Ihre Unterlagen in den Haushaltsverhandlungen besser lesen.

[Beifall bei den PIRATEN]

Und wenn Sie unsere Anträge gelesen und mir zugehört hätten, dann wüssten Sie auch, dass wir uns gerade um die Radfahrenden und die Fußgänger kümmern möchten.

[Ole Kreins (SPD): Fahren die Rad oder U-Bahn?]

Sie sorgen im Moment mit Ihrer Politik dafür, dass Radfahrer in Berlin sterben und umkommen und gleichzeitig immer jeden Tag in gefährliche Situationen kommen,

[Ole Kreins (SPD): Nicht persönlich!]

die dazu führen, dass es erhebliche Konflikte auf den Berliner Straßen gibt. Wir machen einen Vorschlag, wie diese Situation aufgelöst werden kann.

[Ole Kreins (SPD): Mit der Keule!]

Sie sagen, Parkgebühren und eine Maut sollen allein die Kosten finanzieren. Das stimmt nicht. Wir haben verschiedene Säulen von Beiträgen vorgestellt, wie dies insgesamt finanziert werden soll. Ich kenne keinen Autofahrer, der morgens mit dem Auto in Berlin zur Arbeit fährt, der nicht bereit wäre, für eine tägliche Zeitersparnis von 10 oder 15 Minuten 35 Euro im Monat zusätzlich zu bezahlen.

[Staatssekretär Christian Gaebler: Da kenne ich eine Menge!]

Denn der zusätzliche Verkehr, der dann mit dem fahrscheinlosen ÖPNV abgewickelt werden kann, ist insgesamt wesentlich leistungsfähiger als das, was wir jetzt schon haben. Ich sage nicht, dass wir einen schlechten ÖPNV in Berlin haben, aber er kann noch weit besser werden. Letztendlich führt das zu einer Politik der Plattformneutralität, was Sie genannt haben. Gemeinsame Infrastruktur wird gemeinsam finanziert.

Fragen Sie nur mal bei den Studenten nach! Die wollen jedes Jahr erneut und immer wieder ihren solidarisch finanzierten Verkehr haben. Sie hätten dort nämlich auch die Möglichkeit, das über den AStA zu beenden, der die Verträge nicht verlängert, aber sie entscheiden sich freiwillig jedes Mal erneut dafür, dass sie ihr ÖPNV-Ticket solidarisch finanzieren wollen. Genau das schlagen wir für die Berliner insgesamt vor und denken, dass es zumindest ein diskussionswürdiger Vorschlag ist, den man sich mal genauer durchlesen sollte, als Sie das hier getan haben.

[Beifall bei den PIRATEN]

Vielen Dank, Herr Baum! – Herr Kreins! Sie möchten antworten. – Bitte!

Herr Kollege Baum! Ich bin persönlich auch ein Stück weit enttäuscht.

[Oh! von der LINKEN]

Sie haben gerade gesagt, dass die Berliner Politik Radfahrerinnen und Radfahrer tötet. Also ich bitte Sie, das explizit hier noch mal klarzustellen.

[Oh! von den PIRATEN]

Das ist nicht die Art und Weise des Diskurses, den man hier machen sollte. Das ist das Erste.

Das Zweite ist: Sie haben es gerade schon gesagt, Ihre Kalkulation sind 35 Euro. Ich komme nicht auf 35 Euro, selbst wenn ich es nachrechne, und auch in Ihren schönen Studien kommt man nicht darauf.

[Zurufe von den PIRATEN und den GRÜNEN]

Drittens: Was machen Sie mit denjenigen, die das Angebot des ÖPNV nicht annehmen wollen oder müssen? Was machen Sie mit denjenigen, die z. B. über Arbeitslosengeld-II-Bezug im Berlin-Ticket S sind?

[Andreas Baum (PIRATEN): Dann lesen Sie mal nach!]

Das sind Fragen, die Sie nicht beantwortet haben.

[Andreas Baum (PIRATEN): Doch!]

Solange Sie die nicht beantworten, bleibt das ein Wunschtraum, eine Illusion, der Sie sich hingeben, denn Solidarität hat natürlich was damit zu tun, dass die einen was geben, die ein breiteres Kreuz haben, und diejenigen, die ein schmales Kreuz haben, was nehmen. Das ist richtig. Aber Solidarität organisiert man, indem man Verständnis dafür erwirbt, und nicht, indem man alle in eine Zwangsjacke steckt, schon gar nicht diejenigen Rentnerinnen und Rentner, die eben nicht mehr auf den ÖPNV angewiesen sind und andere Mobilitätsarten haben.

[Beifall bei der SPD – Zurufe von den PIRATEN]

Vielen Dank, Herr Kreins! – Liebe Kollegen, ein bisschen mehr Ruhe bitte!

[Anhaltende Zurufe von den PIRATEN]

Für die Fraktion Bündnis 90 hat jetzt das Wort der Herr Abgeordnete Gelbhaar – und auch nur der!

[Beifall bei den GRÜNEN – Zurufe von den GRÜNEN]

Ist doch schön, dass das Thema die Emotionen berührt! – Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Erst mal müssen wir konstatieren, die Anträge der Piratenfraktion weisen auf eine wichtige Zukunftsfrage hin: Wie schaffen wir es, das Angebot von Bus und Bahn zu verbessern und bezahlbarer zu machen? Herr Kreins! Sie haben das auch angedeutet, aber Ihre

Antwort habe ich nicht gehört. Was sagen Sie denn? – Sie haben gesagt, es gibt Mehrkosten. Aber wie wollen Sie die denn als SPD auffangen? – Dazu habe ich nichts gehört. Die Koalition hat sich hier in den letzten Jahren um eine Antwort gedrückt.

Herr Senator! Ist Ihnen eine Initiative des Senats in Sachen Bundesgelder für den Verkehr bekannt? – Mir nicht! Das ist sträflich, da wir als Berlin nichts zu verschenken haben.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN]