Protokoll der Sitzung vom 26.05.2016

Herr Buchholz, Kollege Buchholz! Ich frage mich, ob Sie mir nicht zugehört haben.

Ich habe mich in meiner Rede für die Arbeit der Naturschutzverbände und der Verwaltung für dieses Landschaftsprogramm bedankt. Und ich habe gesagt, dass dieses Programm kein Papiertiger bleiben soll, mehr nicht.

Na ja, Ihre letzten Sätze – die können wir ja im Protokoll nachlesen – waren etwas anders. Wir würden uns hier selbst den Ast absägen, auf dem wir gerade sitzen. Das passt jetzt nicht ganz zu dem, was Sie gerade gesagt haben.

[Zurufe von Dr. Turgut Altug (GRÜNE) und Stefan Gelbhaar (GRÜNE)]

Ja, wir können es gemeinsam im Protokoll nachlesen, oder wer nicht nachlesen möchte, kann sich das Video ansehen und anhören. Das wird machbar sein. Ich finde, wir können die Diskussion verkürzen. Wir haben hier ein wirklich vorbildliches Programm. Ich danke Ihnen ausdrücklich dafür, dass Sie es noch einmal festgestellt haben. Die Berliner Naturschutzverbände sagen, das habt ihr richtig gut hinbekommen.

[Zuruf von Thomas Birk (GRÜNE)]

Das ist keine Selbstverständlichkeit für Dinge, die intensiv über Jahre mit der Stadtgesellschaft diskutiert werden. Ich freue mich, dass wir für die Verwaltung in der Stadt eine verbindliche Latte haben, die für die Verwaltung den gleichen Maßstab bildet wie der Flächennutzungsplan. Genau das ist das Entscheidende: Es ist eine verbindliche Vorlage für die Verwaltung auf allen Ebene. Das sollten wir uns nicht gegenseitig schlechtreden, vielmehr sollten wir uns daran erfreuen, dass wir das hinbekommen haben. Wir werden dann als Parlament in der restlichen

Legislaturperiode, vor allem aber natürlich in der nächsten und hoffentlich in den weiteren, gemeinsam darüber wachen können, ob das alles eins zu eins von den Verwaltungen umgesetzt wird. Wir setzen uns sehr dafür ein und freuen uns, dass es gelingen wird, mit den Stimmen aller Fraktionen das Berliner Landschafts- und Artenschutzprogramm zu beschließen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der SPD]

Danke schön! – Das Wort zu einer Zwischenbemerkung hat Kollege Dr. Altug. – Auch für Sie: Immer auf den Vorredner beziehen und nicht länger als drei Minuten! – Bitte schön!

Ich werde keine drei Minuten benötigen, Herr Präsident! – Herr Buchholz! Ich weiß nicht, ob Sie anwesend waren,

[Daniel Buchholz (SPD): Doch!]

und so lese ich die Sätze, die Sie eventuell nicht gehört haben, noch einmal vor:

Dass meine Fraktion dem neuen Landschaftsprogramm heute zustimmen kann, verdanken wir nicht zuletzt der unermüdlichen Arbeit der Naturschutzverbände,

[Beifall bei den GRÜNEN – Daniel Buchholz (SPD): Genau!]

für Sie exklusiv, Herr Kollege –

die in zahlreichen Stellungnahmen noch für die kleinste Unterschutzstellung gekämpft haben. Der Verwaltung möchte ich an der Stelle dafür danken, dass sie offen für diese fachliche Kritik war und sie an vielen Stellen berücksichtigt hat.

Das heißt aber nicht, Herr Buchholz, dass dieses Programm auch umgesetzt wird,

[Staatssekretär Christian Gaebler: Warum denn nicht?]

und deshalb habe ich Herrn Senator Geisel direkt angesprochen. Wir wollen, dass dieses Programm nicht auf dem Papier bleibt, sondern umgesetzt wird. Darum geht es uns.

[Beifall bei den GRÜNEN – Zuruf von den GRÜNEN: Bravo!]

Danke schön! – Ich sehe, dass Sie nicht erwidern wollen. So erteile ich jetzt Frau Kollegin Platta für die Fraktion Die Linke das Wort. – Bitte schön!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine Damen und Herren! Man kann es ja noch einmal ein bisschen deutlicher sagen, was Herr Dr. Altug gemeint hat: Es ging auch um Oeynhausen, was als Grünfläche in beiden Plänen enthalten war.

[Beifall bei den GRÜNEN – Beifall von Philipp Magalski (PIRATEN)]

Wir haben es aber nicht umsetzen können.

Die Linksfraktion wird heute den vom Senat beschlossenen Änderungen des Landschafts- und Artenschutzprogramms auch zustimmen.

[Beifall und Bravo! von Daniel Buchholz (SPD)]

Uns ist bewusst: Dieses strategische Planungsinstrument soll unsere natürlichen Lebensgrundlagen und die der wild lebenden Pflanzen und Tiere berücksichtigen sowie Erholungsflächen für die Stadtbewohner, Lufthygiene und Klimaschutz sichern helfen. Wir wissen, Grund und Boden ist auch für Grün- und Freiflächen begrenzt. Das erfahren wir ständig beim Wohnungsbau, das Gleiche gilt aber auch für Grün- und Freiflächen. Wer aber genau hinsieht, erkennt schnell, dass im Naturraum gar keine ungenutzten Flächen existieren. Überall kreucht und fleucht es, also – hinschauen lohnt!

Die Qualität der natürlichen Flächen wird durch Umnutzung und Eingriffe von Menschen bei oft unzureichender Folgenabschätzung verändert. Der Wert der Flächen wird immer noch viel zu oft durch Verwertungskriterien der Immobilienwirtschaft bestimmt. Es ist der Kampf um Grund und Boden, ein Kampf der Interessen: Betongold gegen grüne Infrastruktur der Daseinsvorsorge. Darüber kann der Versuch, über symbolhafte Grünverbindungen von Erholungsflächen und Biotopen sowie Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen gegenzusteuern, nicht hinwegtäuschen.

Wir brauchen die Neuauflage des Landschafts- und Artenschutzprogramms als parlamentarische Selbstverpflichtung, aber auch als Korrektiv und Arbeitsauftrag an die Menschen in den Verwaltungen und für die Planungsbüros für ein verantwortungsvolles enkeltaugliches Handeln. Wenn ich „handeln“ sage, dann bedeutet das auch, nicht nur Strategien und Programme aufzustellen – davon haben wir schon einige –, sondern endlich auch fachgerecht Finanzen einzuplanen und Maßnahmen fest- und umzusetzen.

[Beifall bei der LINKEN – Beifall von Dr. Turgut Altug (GRÜNE)]

Die vor Kurzem gestartete Kampagne „Berlin – immer.grün“ der Umweltverbände einschließlich des Landesverbandes der Berliner Gartenfreunde kann neuen Schwung in die notwendige Stadtdebatte über die Nut

zung, Pflege und Sicherung von Flächen der grünen Infrastruktur sowie über die Wirkung von Ökosystemen bringen. Die Linke wird diese Kampagne unterstützen. Zu Schwerpunkten dazu haben wir auch hier schon Anträge gestellt – ich erinnere gerne an unseren Antrag zum Kleingartenentwicklungskonzept, an den BahnflächenAntrag sowie an die Anträge in den Haushaltsberatungen zur Verbesserung der Wasserbewirtschaftung und der Verfahren zur Festsetzung von Natur- und Landschaftsschutzgebieten.

Der dringliche Entschließungsantrag „Leitlinien für ein grünes und partizipatives Wachstum der Stadt“ geht mit den Forderungen für eine verbindliche und partizipative Stadtentwicklung in eine ähnliche Richtung. Grundlagen gibt es mit den Planungshinweisen in der Karte Klima von 2015, den integrierten Umweltgerechtigkeitskarten und nun auch mit dem Landschafts- und Artenschutzprogramm. In voller Verantwortung gegenüber Natur und Umwelt sehen wir diese Aufgabe als eine gesamtstädtische und gesamtgesellschaftliche. Deshalb erwarten wir auch den aktiven Einsatz des ganzen Senats für das Landschafts- und Artenschutzprogramm. – Herr Geisel! Sie müssen sich gegenüber all den anderen Ressorts durchsetzen! Vielleicht gelingt es dann, beispielsweise die Grünflächenversorgung der Berliner von heute gerade einmal 72 Prozent nachhaltig zu verbessern. Daran sollten wir gemeinsam arbeiten. – Vielen Dank!

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN – Beifall von Philipp Magalski (PIRATEN)]

Ich danke auch! – Der nächste Wortbeitrag geht an den Kollegen Freymark für die CDU-Fraktion. – Bitte schön!

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! – Vielen Dank, Kollege Buchholz, für die klare Ausdrucksweise! Ich denke: Ein einstimmiger Beschluss im Ausschuss

[Zuruf von Michael Schäfer (GRÜNE)]

ist ein klares Zeugnis dafür, dass hier etwas Gutes auf den Weg gebracht wurde. Auch wenn es acht Jahre gedauert hat, ist es trotzdem so, dass die Verwaltung in Kombination mit den Naturschutzverbänden etwas Tolles zustande gebracht hat. Das ist eine gute Basis für die weitere ökologische Entwicklung in unserer Stadt, insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Lebensqualität auch dadurch weiterhin steigt, trotz des Wachstums und der Weiterentwicklungen. Ich erinnere gerne daran, dass wir in Berlin über 40 Prozent Freiflächen haben, dass über 20 Prozent bewaldet und ca. 2 Prozent Naturschutzgebiete sind. Berlin ist wirklich eine grüne Stadt, auf die man gerne blickt.

Drei Themen sind mir beim Landschaftsprogramm besonders in Erinnerung geblieben: saubere Flüsse – ein Thema, das uns schon längere Zeit beschäftigt und bei dem wir als Koalition vieles auf den Weg gebracht haben.

[Zuruf von Dr. Turgut Altug (GRÜNE)]

Sodann die Stadtbaumkampagne, bei der andere Bundesländer gerne auf Berlin schauen. Hier sind über eine halbe Million Euro aus privaten Mitteln zusammengekommen. Einige Abgeordnete aus allen Fraktionen haben sich daran beteiligt. Des Weiteren die Kampagne Berlins grüne Orte – dezentrale IGA 2017, ein tolles Projekt, das in vielen Bezirken Niederschlag finden wird.

Das Fazit: Berlin bietet eine sehr gute Lebensqualität, macht eine tolle Entwicklung, und das Landschafts- und Artenschutzprogramm trägt dazu bei.

Zu dem Entschließungsantrag der Grünen will ich sagen: Wir haben im Ausschuss gut zusammengearbeitet und vieles diskutiert. Ich glaube, das Programm lebt schon. Ihr Antrag ist nicht die Grundlage dafür, das noch mehr zum Leben zu bringen. Hier lebt und atmet etwas, was auch von der Verwaltung wie von der Politik und den Verbänden gelebt wird. Es ist für alle eine Selbstverständlichkeit, dass wir die verschiedenen Beteiligten bei einem Bauvorhaben oder Ähnlichem einbeziehen; die grünen Themen und der Naturschutz- und Umweltschutz finden also statt. Vielen Dank an alle, die daran mitgewirkt haben. Vielen Dank an die Verwaltung – das ist bereits im Ausschuss zum Ausdruck gekommen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Danke auch, Kollege Freymark! – Kollege Magalski spricht jetzt für die Piratenfraktion. – Bitte schön!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Liebe Kolleginnen und Kollegen! 22 Jahre ist es nun her, seit im Jahr 1994 in diesem Haus das Landschaftsprogramm zuletzt geändert wurde. Es hat sich seitdem viel in unserer Stadt getan. Die Lebensbedingungen haben sich verändert. Die Bevölkerungsprognosen gingen mal rauf, mal runter, mal wieder rauf. Wir leben jetzt in einem Berlin, das noch nie so bevölkerungsreich war wie heute. Das heißt aber, dass nicht nur der Bedarf an bezahlbarem Wohnraum steigt, sondern auch der an Erholungs- und Grünflächen. Deshalb sind wir froh, dass der vorliegende Entwurf zur Änderung des Landschaftsprogramms unter Mitwirkung der Berliner Landesarbeitsgemeinschaft Naturschutz und der Verwaltung, die dem Programm ihren Pfiff und ihm auch gemeinsam ihre Zustimmung geben, entwickelt wurde.

Wir freuen uns darüber, und dennoch gibt es auch Kritik. Die kann und sollte man auch äußern, trotz aller Gemeinsamkeiten, die dazu führen, dass wir uns zusammen dazu entschließen werden, dem Landschaftsprogramm in der vorliegenden Form zuzustimmen. Das sollte man auch tun, denn innerhalb der Naturschutzverbände gibt es z. B. auch ein Berliner Netzwerk für Grünzüge, das uns in der Vergangenheit kritisch begleitet und darauf hingewiesen hat, dass die Entwicklung der Grünzüge und ihre Vernetzung als zentraler Punkt des Landschaftsprogramms ebenso wichtig ist wie die Gesamtstrategie. Ich möchte hier im Plenum noch einmal bekräftigen, dass es Kritikpunkte gibt – z. B. auf S. 102 des Entwurfs unter „Sonstige Freiflächen“: Als sonstige Freiflächen stellt der Plan unbebaute Flächen dar, für die in der Regel im Rahmen der Stadtentwicklung eine Nutzungsänderung geplant ist. Zumeist handelt es sich um Freiflächen oder brachgefallene Areale, die bebaut werden sollen. – Warum wird eine solche Vorgabe gemacht, Brachen vorrangig als potenzielle Bauflächen, nicht als potenzielle Grünflächen zu benennen?

Zudem gibt es immer wieder Einzelentscheidungen, die unseren beschlossenen Instrumenten, z. B. der Strategie der biologischen Vielfalt, widersprechen – ich sage nur: Baumfällung im kleinen Tiergarten

[Martin Delius (PIRATEN): Was?]