In den vergangenen Jahren ist eine vielfältige, aktive Stadtgesellschaft entstanden, die nicht mehr darauf wartet, dass Regierung und Verwaltung aus der Hüfte kommen. Mit Volksbegehren erzwingen die Berlinerinnen und Berliner Zugeständnisse in der Mietpolitik und setzen die Rekommunalisierung der Energiewirtschaft auf die politische Agenda.
Herr Saleh! Schmücken Sie sich nicht mit fremden Federn! Es ist nämlich unanständig. Es waren die Berlinerinnen und Berliner, die Sie dazu gezwungen haben, sich in Sachen Stadtwerk und Rekommunalisierung der Netze zu bewegen.
Die Bürgerinnen und Bürger sorgten dafür, dass das Tempelhofer Feld nicht an Immobilienhaie verhökert, sondern als einzigartige Freifläche geschützt wurde. Sie packen auch an
getroffene Hunde bellen – bei der Integration der geflüchteten Menschen, beim Renovieren der Klassenzimmer und Kitas, in Sportvereinen, der Nachbarschaftshilfe und auch in der Wohnungs- und Obdachlosenhilfe, wo nichts laufen würden, gäbe es nicht die vielen Ehrenamtlichen, die sich dort jeden Tag aufopferungsvoll um die Menschen kümmern.
Im Gegenzug erwarten genau diese Bürgerinnen und Bürger mit Recht, dass sie in Entscheidungen einbezogen werden, dass nicht über ihre Köpfe hinweg entschieden wird und dass sie von der Stadtpolitik das Mindestmaß an Unterstützung bekommen, das sie hierfür brauchen. Weil es so ist – da bin ich mir sicher und gemeinsam mit Udo Wolf und vielen Linken einig –, dass eine andere Mehrheit besser zu Berlin passen würde als diese nicht mehr ganz so große Koalition, nicht, weil Die Linke unbedingt regieren muss, sondern weil es in der Stadt die Hoffnung gibt, dass eine andere Konstellation unsere in weiten Teilen progressive Stadtgesellschaft besser repräsentieren würde. Dabei ist jetzt schon absehbar, dass jeder Senat, der dem amtierenden folgt, in weiteren Teilen seiner Arbeit als Reparaturbrigade unterwegs sein wird. Wenn es aber ein Senat ist, an dem wir beteiligt sind, muss es
Wer hat hier eigentlich den Schuldenberg hinterlassen? Ich höre hier ein Klingeln in den Ohren. Die MilliardenSchuldenberge haben Sie hinterlassen.
Als Rot-Rot Ihren Schuldenberg übernommen hat, gab es im jährlichen Haushalt ein Fünf-Milliarden-Defizit. Jetzt schreiben wir Überschüsse. Jetzt tun Sie nicht so, als ob Sie die Haushaltskonsolidierer seien.
Wir brauchen progressive Politik in dieser Stadt. Die Voraussetzung dafür ist, sich zu einer anderen Art der politischen Zusammenarbeit zu verabreden, einer Art, in der zum einen die Probleme wirklich angepackt werden und in der die Beteiligten das auch als gemeinsame politische Herausforderung begreifen, statt – wie wir das heute hier wieder erlebt haben – sich hämisch und schadenfroh beim Scheitern zuzuschauen, und die Hinweise auf Defizite und Leerstellen nicht als Nörgelei an den Majestäten zu verstehen und Kritik deshalb mehr zu bekämpfen, als sie ernst zu nehmen. Es geht nicht um uns oder darum, ob wir die Grünen für Besserwisser oder sie uns für Oberlehrer halten. Die geht um die Oma Annis in dieser Stadt. Es ist mir völlig egal, wen sie wählen, Hauptsache, wir machen eine Politik, die ihnen dient.
Wir wollen, dass die Stadt wieder funktioniert und besser darauf vorbereitet ist weiterzuwachsen. Dafür muss investiert werden, in großem Stil und mit einem Plan. Dazu wird ein Personalentwicklungskonzept benötigt. Für den Nahverkehr wird ein Beschleunigungspakt benötigt. Bis auf Weiteres darf keiner Preiserhöhung im Berliner Nahverkehr zugestimmt werden. Als Beitrag zur Armutsbekämpfung schlagen wir unter anderem für Menschen, die auf Transferleistungen angewiesen sind, ermäßigte Einzelfahrscheine vor.
Ja, die Anzahl der städtischen Wohnungen muss steigen mit einem garantierten und wachsenden Anteil an Wohnraum, der zu garantierten Höchstmieten an Menschen mit niedrigen und mittleren Einkommen vermietet wird. Wir wollen, dass Kita- und Hortplätze nicht nur gebührenfrei werden, sondern wollen auch die Bedarfsprüfung abschaffen, Herr Saleh!
Für einen höheren Mindestlohn wollen wir auch Druck auf den Bund machen. 8,50 Euro waren schon bei der Einführung zu niedrig. Sie sind es jetzt erst recht. Wir wollen ein Investitionsprogramm. In dessen Rahmen soll auch Langzeiterwerbslosen die Chance gegeben werden, wieder einen Job zu Tarifbedingungen zu erhalten.
Als Linke wollen wir nicht nur dafür sorgen, dass sich in unserer Stadt etwas ändert, sondern wollen auch, dass Berlin nicht nur im eigenen Saft schmort, sondern sich auch politisch endlich als Weltstadt und Hauptstadt begreift, dass wir Verantwortung übernehmen, dass endlich wieder über menschliche Alternativen zum Diktat der Ökonomie und der schwarzen Null, des Sozialabbaus und der Waffenexporte, zu TTIP und CETA, der Technokratie und des Lobbyismus sowie des Wegverwaltens von Menschen und ihren Wünschen diskutiert und dafür gehandelt wird.
Es gibt politische Forderungen, die Richtung Bund und Europa gerichtet werden müssten. Das betrifft Mietenpolitik, Mindestlöhne, gerechtere Steuerpolitik oder die Angleichung der Ostrenten.
Bevor die Konservativen hier wieder einen Herzkasper bekommen, möchte ich mich nicht in Revolutionsrhetorik versteigen. Berlin war immer anders, etwas rebellischer. Wäre nicht Berlin der beste Ort für eine Landesregierung, die Themen, die die Landespolitik nicht ändern kann, mit Unterstützung der rebellischen Bevölkerung aufgreift und befördert? Ich fände es für unsere Stadt angemessen, gemeinsam mit den Berlinerinnen und Berlinern dafür zu sorgen, dass von hier aus solchen Forderungen mehr Nachdruck verliehen wird. Wir haben in den letzten Wochen etwas gezeigt, das ist vor allem eines, dass das Programm: „Es gibt keine Alternative“ gescheitert ist und dass es die Leute nicht mehr hören können. Schaffen wir ihnen eine progressive, eine menschliche, soziale, weltoffene und demokratische Alternative! Darauf kommt es jetzt doch an.
Ich bin ziemlich überzeugt davon, dass wir als Linke bis zum 18. September engagiert und fair für unsere Ziele eintreten werden. Wir werden ein gutes Ergebnis einfahren. Über alles, was nach dem 18. September kommt, reden wir gern miteinander, aber vor allem mit den Berlinerinnen und Berlinern. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Herr Präsident! – Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Eine ereignisreiche Legislaturperiode neigt sich dem Ende entgegen. Mensch, wie die Zeit vergeht! Es kommt mir so vor, als wäre es erst gestern gewesen, als wir begonnen haben, in dieses Parlament einzuziehen, hier einen offenen Ort etablieren zu wollen und das politische Treiben in diesem Haus offener zu gestalten. Und ich glaube, dass es uns in Teilen doch sehr gut gelungen ist, denn die fraktionsübergreifende Arbeit, die wir in den vergangenen Monaten und Jahren geleistet haben, ist nicht von der Hand zu weisen.
Doch was ist das jetzt für ein Wahlkampf? – Wir müssen da draußen auf der Straße erklären, woran es denn liegt, warum Berlin so viel Geld in Großprojekten versenkt, anstatt es in sinnvolle soziale Projekte zu stecken. Diese Umstände sind widrig, auch für uns dort auf der Straße, denn es ist nicht mehr so, dass der RBB wie 2011 noch alle im Abgeordnetenhaus vertretenen Parteien eingeladen hat, ausführlich zu berichten, was sie für Berlin tun wollen, sondern er hat jetzt 2016 seine Agenda mal eben geändert, und das soll nicht mehr für uns Piraten gelten, die da leider weitgehend ausgeladen sind.
Das hat einen sehr seltsamen Beigeschmack. Es ist ja so, dass wir ohnehin schon die mit dem geringsten Wahlkampfbudget sind und alles selbst machen ohne Agenturen und gekaufte Dienste – aber geschenkt! Das macht mich als Demokrat auf der Straße aber eigentlich nur noch viel stärker und viel stolzer, dass wir eben trotz dieser widrigen Umstände einen – energetischen, hätte ich beinahe gesagt –, einen energischen Wahlkampf
bei den Menschen dort draußen auf der Straße machen und die politische Willensbildung fördern und fordern, herausfordern, wählen zu gehen zu den Wahlen zum Abgeordnetenhaus in zehn Tagen. Denn es ist dieses Mal vermutlich wichtiger als jemals zuvor: für diese Stadt und um die Vielfalt, die Offenheit und Toleranz in dieser Stadt aufrechtzuerhalten.
Man kann dann auch stolz darauf sein, wenn man ein gewisses Feedback aus den Reihen der Bürgerinnen und Bürger bekommt und der Zuspruch eigentlich noch da ist, den man braucht, um es jetzt wieder anzugehen, um in den letzten zehn Tagen, wo wir möglicherweise gerade wieder bei 4 Prozent stehen, damit wir das eben doch noch in den letzten Wochen reißen und diesem Parlament eine konstruktive Opposition wiedergeben.
Allerdings ist es ein Alarmzeichen, dass in diesem Wahlkampf weit mehr Wahlplakate beschädigt und zerstört werden, als es in den Wahlen davor der Fall war. Und es
sind nicht nur Wahlplakate, sondern auch Fahrzeuge und Fensterscheiben. Das ist aufs Schärfste zu verurteilen!
Und das muss dann ernst genommen werden. Auch hier hilft eben mehr Transparenz und Partizipation, denn Teilen heißt, dass wir bereit sein müssen, die Veränderungen, die sich durch den demografischen Wandel in Berlin ergeben, gemeinsam zu meistern: mehr alte Menschen, mehr Altersarmut, mehr Menschen in Not, die versorgt und gepflegt werden müssen. Auch diejenigen, die sich um diese kümmern, Pflegekräfte, Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter, Polizistinnen und Polizisten, sie hoffen auf eine Politik, die sie nicht vergisst. Und das muss deutlich gemacht werden, dass wir das wollen und hier auch zeigen.
Dieser Senat hat ja nicht alles falsch gemacht. Wir Piraten sind auch nicht angetreten, um Frontalopposition um jeden Preis zu machen. Wir haben von Anbeginn gesagt, dass wir uns in Sachfragen, denen wir zustimmen können, nicht sperren werden, wenn es der positiven Entwicklung Berlins dient. Das haben wir in vielen Punkten getan und konnten unsererseits auch dazu beitragen, gemeinsame Erfolge zu ermöglichen. Aber eins kann man aus der Opposition heraus eben nicht tun: sein Wahlprogramm umsetzen. Deshalb ist es wichtig, dass auch unser Wählerauftrag erneuert wird, denn dafür möchte ich werben. Und wir tun das die ganze Zeit jetzt in diesem Wahlkampf. Denn Opposition muss konstruktiv sein und darf parlamentarische Gräben nicht noch tiefer machen und in diese Gesellschaft hinaustragen, wie es in einigen Bundesländern derzeit leider geschieht.
Innovative soziale und ökologische Ideen wie der fahrscheinlose ÖPNV, mehrstufige Partizipationsverfahren oder das Recht auf sichere Existenz und gesellschaftliche Teilhabe, das als Grundeinkommen erprobt werden muss, das sind Themen, die wir in diese Gesellschaft und auch in dieses Parlament tragen. Aber dazu braucht es Mut, und man muss diese Themen auch ernsthaft diskutieren wollen. Das passiert eben nicht, wenn es nicht einen gibt, der das anstößt, auch hier im Parlament. Das wollen wir