Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kollegen! Wir hatten heute einige schöne Zitate im Haus. Ich zitiere jetzt den Kollegen Kohlmeier:
Ich möchte nicht, dass jemand mein Auto abfackelt. Ich möchte auch nicht, dass jemand mich überfällt, mein Eigentum oder gar mein Leib und Leben gefährdet.
Hier in Berlin ist dieser Wunsch vergleichsweise einfach. Die Wahrscheinlichkeit, dass dieser Wunsch des Kollegen Kohlmeier in Erfüllung geht, ist sehr hoch.
Herr Kohlmeier! Sie müssen auch nicht. – Aber in vielen anderen Ländern ist es weniger wahrscheinlich. In vielen anderen Ländern ist es wahrscheinlich, dass dieser Wunsch nicht in Erfüllung geht. Letzte Nacht wurden in Homs 30 Menschen getötet, in den letzten Tagen über 500. Sie hinterlassen Väter, Mütter, Söhne, Töchter. Einige von ihnen hinterlassen Familien in Deutschland, Familien, die gerade mit ansehen, wie Assad und sein Regime ihre Freunde, Verwandte und Bekannte abschlachtet. Was wir sehen, sind die letzten Zuckungen eines Regimes. Was vorher im Verborgenen geschah, findet nun vor den Augen der Weltöffentlichkeit statt. Menschen sind vor den Folterkellern und Zellen des Regimes geflohen. Einige von ihnen sind hier in Berlin. Wir können in Syrien nicht viel tun, außer, das Handeln von Assad zu verurteilen und den Menschen unsere Solidarität zu versichern. Aber diesen Worten müssen Taten folgen. Was wir tun können, ist, diesen Menschen unseren Schutz angedeihen zu lassen. Zeigen wir den syrischen Flüchtlingen, dass sie keine Sorge haben müssen, dass sie Berlin verlassen müssen, bis nicht das AssadRegime gestürzt ist, dass sie nicht gehen müssen, bis in Syrien wieder Frieden herrscht!
Lassen Sie uns diesen Menschen die Gewissheit geben, dass sie hier in Berlin nicht um Leib und Leben fürchten müssen, dass sie sich in unserer Stadt frei von Repressionen bewegen können, dass sie nicht ständig unter Druck stehen, sich bei ihrer eigenen Abschiebung kooperativ zeigen zu müssen! Zeigen wir ihnen, dass wir es ernst meinen und die Menschenrechte nicht nur eine leere Hülle darstellen, sondern hier in Berlin auch gelebt werden!
Die Gewährung von Aufenthaltstiteln für syrische Flüchtlinge, wie im Antrag auch genannt, und auch die Aufkündigung des deutsch-syrischen Abschiebeabkommens sind wichtig und wünschenswert. Aber der Erlass eines Abschiebestopps für Berlin ist nicht nur wünschenswert, der Abschiebestopp ist notwendig und sofort möglich. Herr Henkel! Sie können ohne Rücksprache mit Ihren Länderkollegen auf horizontaler Ebene und ohne auf vertikaler Ebene nachzufragen einfach den Knopf für den § 60a Aufenthaltsgesetz drücken, und schon geht es los. Das erspart Ihnen und der Härtefallkommission die Arbeit. Ich weiß, Sie machen sich die Mühe, die Anträge über den Tisch laufen zu lassen, aber wenn Sie den Knopf für § 60a drücken, haben Sie diese Arbeit nicht mehr. Wir könnten sicher sein, dass die Flüchtlinge nicht nach Syrien abgeschoben werden.
Ja, es gibt momentan keine Flüchtlinge, die von akuter Abschiebung bedroht sind. Trotzdem kann man diesen Weg gehen. Das Land Brandenburg macht es vor. Dort werden syrische Flüchtlinge in den nächsten sechs Monaten nicht abgeschoben. Keiner von ihnen muss sich auch nur im Entferntesten Gedanken über eine eventuelle Abschiebung machen. Die gleiche Situation könnten wir jetzt auch haben. Es geht. Es sollte auch nicht der Einwand geltend gemacht werden, das sei gar nicht notwendig, das sei Panikmache. Ich weiß, dass man über die Dringlichkeit des Antrags diskutieren kann, aber trotzdem ist ein formaler Abschiebestopp notwendig. Dann können wir auch sicher sein, dass die Wünsche der Berlinerinnen und Berliner aus Syrien ohne Aufenthaltstitel nach Sicherheit für ihr Leib und Leben mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit in Erfüllung gehen. – Danke schön!
Vielen Dank! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die antragstellende Fraktion hat die sofortige Abstimmung beantragt. Die Koalitionsfraktionen beantragen allerdings die Überweisung des Antrags sowie des Änderungsantrags an den Ausschuss für Inneres, Sicherheit und Ordnung. Wer der Überweisung zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen von SPD und CDU. Gegenstimmen? – Das sind die drei anderen Fraktionen. Enthaltungen? – Keine Enthaltungen. Dann wird der Antrag überwiesen.
Meine Damen und Herren! Dies war unsere heutige Tagesordnung. Die nächste – das ist dann die zehnte – Sitzung findet am Donnerstag, dem 8. März 2012 um 13.00 Uhr statt.
Vorbehaltlich von sich im Laufe der Plenarsitzung ergebenden Änderungen haben Ältestenrat und Geschäftsführer der Fraktionen vor der Sitzung empfohlen, nachstehende Tagesordnungspunkte ohne Aussprache wie folgt zu behandeln:
Beschlussempfehlung des Ausschusses für Digitale Verwaltung, Datenschutz und Informationsfreiheit vom 6. Februar 2012 Drucksache 17/0157
zum Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, der Fraktion Die Linke und der Piratenfraktion Drucksache17/0040
Wahl von zwölf Personen zu Mitgliedern sowie Wahl von zwölf weiteren Personen zu Ersatzmitgliedern des Kuratoriums des Lette-Vereins – Stiftung des öffentlichen Rechts
Frau Abgeordnete Franziska Becker Frau Abgeordnete Ellen Haußdörfer Herr Abgeordneter Andreas Kugler Herr Abgeordneter Karlheinz Nolte
Herr Abgeordneter Frank Jahnke Frau Burgunde Grosse Herr Abgeordneter Thorsten Karge Frau Christa Müller
Frau Abgeordnete Hildegard Bentele Herr Abgeordneter Joachim Luchterhand Herr Abgeordneter Stefan Schlede
Herr Abgeordneter Dirk Behrendt Herr Abgeordneter Martin Beck Frau Abgeordnete Marianne Burkert-Eulitz