Die Berlinerinnen und Berliner sollen am Ende die Risiken tragen, während die Privaten die Gewinne machen. Nicht mit uns, Herr Evers!
Immerhin haben CDU und FPD damals bei der Debatte zu Tempelhof noch zugegeben, dass ein Flugbetrieb in Tempelhof defizitär wäre. Heute dagegen nehmen die Wirtschaftsexperten, also diese Helden der Zukunft von FDP und AfD, einfach mal das aktuelle Betriebsergebnis und sagen: Oh, TXL macht ja Gewinn! – Dass TXL aber nur deshalb Gewinn macht, weil hier nicht mehr richtig investiert wird, weil es keine Ausgaben für Lärmschutz gibt
und weil auf der anderen Seite hier noch der Flugverkehr ist, der dann zum BER geht, das wird einfach ignoriert.
Dass darüber hinaus ein Doppelbetrieb von Tegel und BER für die Flughafengesellschaft dauerhaft unwirtschaftlich sein muss, interessiert AfD und FDP nicht.
Was FDP und der Rest der Opposition hier abziehen, ist so bodenlos unseriös, dass es schon gefährlich ist.
Wenn Politik nur noch nach kurzfristigem Effekt, nach Umfragezahlen, Emotionen und parteipolitischer Profilierung schielt,
[Frank-Christian Hansel (AfD): Uns geht es um Nachhaltigkeit, um Zukunft! – Lachen von Torsten Schneider (SPD) – Zuruf von Henner Schmidt (FDP)]
aber nicht mehr die Sache selbst in den Mittelpunkt stellt und prüft, wird absehbar die Politikverdrossenheit nur noch größer.
tragen Sie doch die Verantwortung für ein politisches Klima, in dem gefühltes Wissen gegen Fakten steht.
Herr Pazderski! Wenn Sie das nicht verstehen, was ich sage, kann ich Ihnen leider nicht helfen. Das liegt an Ihrem intellektuellen Niveau.
[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD – Georg Pazderski (AfD): Ich kann Ihnen intellektuell nicht folgen!]
Das Ergebnis dieses politischen Stils, Herr Czaja, Herr Graf, sitzt jetzt neben Ihnen. Und da ist es eben auch gar kein Wunder, dass sich diese AfD, der rechte Stammtisch der politischen Fake-News und gefühlten Wahrheiten, ganz schnell der Kampagne der Offenhaltung von Tegel angeschlossen hat.
Aber was soll ich sagen? So wie die bürgerlichen Parteien in Berlin tagtäglich versuchen, ihr eigenes Niveau zu unterbieten, so machen auch manche – zum Glück nur eine kleine radikale Minderheit – der Berliner Journalisten mit bei der Konstruktion gefühlten Wissens und sagen wir mal alternativen Wahrheiten.
Zur Klarstellung: Liebe „BZ“-Leserinnen und Leser! Es ist weder unfair noch Ungleichbehandlung, wenn Senat und Abgeordnetenhaus ihre Position zum Volksbegehren bestimmen. Das ist Verfassungsauftrag.
[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN – Georg Pazderski (AfD): Wollen Sie die Presse gleichschalten? Haben Sie schon gemacht!]
Dann diese künstliche Aufregung darüber, dass der Senat angeblich schon vorab erklärt hat, dass er den Volksentscheid ignorieren will,
auch wenn dieser erfolgreich sein sollte. Das ist schlicht die Unwahrheit. Auch das haben Sie nicht verstanden. Kein Senat kann einen Volksentscheid einfach ignorieren.
Aber worüber wird denn am 24. September wirklich abgestimmt? – Der Satz lautet schlicht, ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten:
Der Berliner Senat wird aufgefordert, sofort die Schließungsabsichten aufzugeben und alle Maßnahmen einzuleiten, die erforderlich sind, um den unbefristeten Fortbetrieb des Flughafens Tegel als Verkehrsflughafen zu sichern!
Genauso gut könnte man auch darüber abstimmen, dass der Senat dafür sorgen soll, dass am Wochenende immer schönes Wetter ist.
Denn darüber, wie Ihr Anliegen wenigstens theoretisch umgesetzt werden kann, gibt es keinen ernstzunehmenden Vorschlag.
Weil Sie erst recht keinen seriösen Plan haben, wie das in der Praxis zu bewerkstelligen wäre, lassen Sie die Berlinerinnen und Berliner nicht über einen Gesetzentwurf abstimmen. Das, was Sie hier abspielen, ist eben nichts anderes als eine Politscharade, Herr Evers, weil Sie wissen, dass Berlin gar nicht einseitig über die Offenhaltung von Tegel entscheiden kann, weil Sie wissen, welche Klage- und Finanzrisiken auf das Land zukämen. Deshalb kommen uns FDP und AfD mit einem solchen lapidaren Satz.
[Vereinzelter Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN – Frank-Christian Hansel (AfD): Sind doch Märchen!]
Sie lassen die Berlinerinnen und Berliner über eine Bemühenszusage abstimmen, wohl wissend, dass die Spielräume des Senats, egal wie der Volksentscheid ausgeht, Tegel als Flughafen offen zu halten, gegen null tendieren, und zwar egal, wie sehr sich der Senat bemühen würde, weil der Senat das gar nicht allein entscheiden kann. Das ist die Faktenlage.
[Frank-Christian Hansel (AfD): Dann muss er mit Brandenburg reden, kann er doch, sind doch Genossen unter sich!]
Das zu sagen, auch wenn die Umfragen gegen einen stehen, das ist einfach nur ehrlich und verantwortungsbewusste Politik.
Sie werden nicht erleben, dass wir die Wählerinnen und Wähler anlügen und behaupten, wir könnten hier mit ihrem Votum mehr als eine Bemühenszusage erreichen. Nein, wir werden die Wählerinnen und Wähler nicht
anlügen und gegen unsere Überzeugung und wider besseres Wissen so tun, als wäre die Offenhaltung Tegels sinnvoll. Wir streiten für die Schließung von Tegel nach Inbetriebnahme des BER nicht nur, weil wir es aufgrund der juristischen Situation tun müssen, wir streiten als Koalition in der Sache, weil eine Offenhaltung Tegels stadtentwicklungspolitisch, wohnungspolitisch, wirtschaftspolitisch, sicherheitspolitisch, verkehrspolitisch, finanzpolitisch und umweltpolitisch falsch ist.
[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN – Frank-Christian Hansel (AfD): Wohlfahrtsverluste ohne Ende!]
Der Flughafen Tegel wurde gebaut, als Westberlin gar keine andere Wahl hatte, als ihn quasi mitten in der Stadt zu errichten.
Genau, Sie haben es erkannt! – Mit dem Fall der Mauer gab es für Berlin die Möglichkeit, den Flugverkehr aus der Stadt an ihren Rand zu verlagern. Es gibt keinen plausiblen Grund, diese Entscheidung rückgängig zu machen. Hätte man diese Verlagerung damals schon konsequent gemacht, dann hätten wir heute am BER weniger Probleme – dank Eberhard Diepgen, der das damals mit dem Standort durchgesetzt hat. Aber gut, das ist vergossene Milch, ebenso wie sich an dieser Stelle noch einmal lang und breit über den BER aufzuregen. Ja, das Thema BER ist kein Ruhmesblatt. Und ich verstehe alle, die davon genervt sind. Wer ist das nicht? Ganz zweifellos ist diese ganz neue große Beliebtheit von Tegel nicht zuletzt den schlechten Nachrichten vom BER geschuldet. Aber das ist doch kein Grund, den Quatsch noch quätscher zu machen mit der Offenhaltung von Tegel!