Protokoll der Sitzung vom 06.07.2017

[Zuruf von Dr. Wolfgang Albers (LINKE)]

Das ist etwas, wo sich Rot-Rot-Grün mitschuldig gemacht hat und worüber Sie im Detail nachdenken müssen.

[Beifall bei der CDU und der FDP – Zurufe von der LINKEN und den GRÜNEN]

Herr Kollege! Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Gelbhaar?

Und ich sage Ihnen noch etwas: Wir haben für Sie 5 000 Millionen Euro eingespart. Daraus resultiert für Sie, dass Sie 125 Millionen Euro weniger Zinsen im Jahr 2017 zahlen müssen. Und was machen Sie? – Sie sagen, sie wollen nur noch 80 Millionen Euro im Jahr tilgen. Was ist denn das? – Wir sparen für Sie ein, und Sie sind nicht mal bereit, dieses Geld eins zu eins weiterzugeben.

[Beifall bei der CDU und der FDP – Zuruf von Anja Kofbinger (GRÜNE)]

Das ist peinlich und inakzeptabel.

(Torsten Hofer)

Lieber Herr Freymark! Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Gelbhaar?

Danke, nein! – Das besonders Perfide ist, dass Sie dieses Geld nehmen und zum Beispiel in ein Stadtwerk investieren, anstatt sich den wahren Problemen in dieser Stadt zu widmen. Das tut weh.

Und ich sage Ihnen noch etwas im Sinne der Generationsfrage: Es hat etwas von Gerechtigkeit. Ich schaue in Ihre Fraktion. Ich sehe dort junge, motivierte Abgeordnete, und ich frage mich, auch im Kontext unseres Finanzsenators:

[Zuruf von Dr. Wolfgang Albers (LINKE)]

Kann es richtig sein, dass wir hier eine Schuldenpolitik für das Land Berlin fahren wollen, die darauf basiert, dass wir diese Schulden 700 Jahre zurückzahlen müssen, weil wir sonst niemals bei der schwarzen Null landen würden?

[Zurufe von Dr. Wolfgang Albers (LINKE) und Anja Kofbinger (GRÜNE)]

Ich glaube, das ist keine gute Senatspolitik, die Sie hier zeigen.

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Schlüsselburg?

Danke schön, keine Zwischenfragen! – Abschließend: Das ist nicht nur die Kritik der CDU-Fraktion, das sagt Ihnen der unabhängige Rechnungshof. Gehen Sie mal in sich! Denken Sie darüber nach und überlegen Sie, wie wir eine Stadt mit dieser durchaus desaströsen Haushaltspolitik Ihrer Fraktion gestalten wollen! – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU und der FDP – Zurufe von der LINKEN und den GRÜNEN – Ülker Radziwill (SPD): Eine interessante Rede, basierend auf den Zahlen von 2015!]

Vielen Dank! – Für die Linksfraktion hat die Kollegin Dr. Schmidt das Wort.

[Unruhe]

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete! Nun sage mir jemand, der Bericht des Rechnungshofes sei dröge bei so vielen Emotionen!

[Zuruf von Stefan Gelbhaar (GRÜNE)]

Bei allen Emotionen möchte ich trotzdem Frau ClaßenBeblo und ihrem Team an allererster Stelle sehr herzlich für den Bericht danken; denn erneut haben Sie mit kritischem Blick die Haushalts- und Vermögensrechnung des Landes geprüft. Niemanden wird es überraschen, dass Sie auch dieses Mal wieder Bereiche und Einzelfälle aufzeigen, wo das Land Berlin, wo der Senat zum Teil erhebliche Ressourcen haben, um Prozesse zu optimieren und Kosten zu senken. Zu Recht verweisen Sie auf die noch immer schwierige Finanzsituation des Landes, den hohen Schuldenstand und die damit verbundene jährliche Zinslast.

Bei den Ursachen, sehr verehrte Damen und Herren der CDU-Fraktion, scheinen Sie aber deutlich unter Amnesie zu leiden.

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN – Anja Kofbinger (GRÜNE): Ja!]

Trotz der gegenwärtig günstigen Rahmenbedingungen bleibt die Finanzlage natürlich angespannt. Aber allen Unkenrufen zum Trotz stellen wir uns dem großen Berg der Schulden, wenn auch mit deutlich kleineren Schritten als bisher. Zugleich aber folgen wir mit dem Gesetz zur Änderung des SIWA-Errichtungsgesetzes der Forderung des Rechnungshofes nach einer finanziellen Reserve im Haushalt, um auf Konjunkturschwankungen oder andere Risiken reagieren zu können. Bereits mit dem Nachtragshaushalt haben wir den Nachhaltigkeitsfonds mit 290 Millionen Euro ausgestattet. Das ist nicht nichts.

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN]

Gleichzeitig verweist der Rechnungshof auf den hohen Sanierungsstau an öffentlichen Gebäuden, an Straßen, Brücken, Spielplätzen und anderen Gebäuden und öffentlichen Infrastruktureinrichtungen. Hier hat meine Fraktion in den letzten Jahren immer wieder gefordert, dass diese Stadt nicht nur den Erhalt der öffentlichen Infrastruktur braucht; sie braucht zugleich und dringend Investitionen und den Mut zu entsprechenden Entscheidungen. Deshalb ist es richtig, dass wir in der Koalition entschieden haben, den Schwerpunkt der Schuldentilgung auf den Abbau des Sanierungsstaus zu legen; denn auch das sind Schulden.

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN]

Seit fast fünf Jahren haben wir nun eine gute Einnahmesituation des Landes. Was hat Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen der CDU, denn daran gehindert, wichtige Entscheidungen für diese Stadt zu treffen? Sie fordern

jetzt Investitionen in Schulen, in Polizei- und Feuerwehrstandorte, in die Straßen- und Brückeninfrastruktur. Sie haben recht, doch was haben Sie in den letzten Jahren dafür getan?

[Jürn Jakob Schultze-Berndt (CDU): Den Haushalt konsolidiert!]

Mit der für den Rechnungshof typischen Akribie verweist der Bericht auf die derzeit größte Baustelle, das fehlende systematische Instandhaltungsmanagement für die Schulgebäude in den Bezirken. Trotz aller Sonderprogramme für die Schulen und Sportanlagen hat sich der Sanierungsbedarf weiter erhöht. Alle bisher ergriffenen Maßnahmen haben sich als halbherzig und nicht ausreichend erwiesen. Der besorgniserregende Stand des Sanierungsbedarfes zwingt mehr denn je zu einem planmäßigen und systematischen Instandhaltungsmanagement für die Schulen, um in allen Bezirken die notwendigen infrastrukturellen Voraussetzungen für die Erfüllung des staatlichen Bildungsauftrages sicherzustellen.

Wir haben uns jetzt mit dieser Koalition auf den Weg gemacht, die hierfür notwendigen berlinweiten Vorgaben und gesamtstädtischen Rahmenbedingungen zu schaffen, um schrittweise den Sanierungsstau in allen Berliner Schulen abzubauen und vor allem auch die dringend notwendigen neuen Schulplätze zu errichten. Uns ist bewusst: Das ist eine Mammutaufgabe. Doch wir wollen und werden uns den Diskussionen stellen, und wir sind bereit, zeitnah die hierfür notwendigen Entscheidungen zu treffen. Dazu gehört auch, dass wir bereit sind, neue Wege zu gehen und in die Lösungen auch landeseigene Unternehmen einzubeziehen.

Um der Kritik des Rechnungshofes vorwegzugreifen: Wir werden sicherstellen, dass sowohl die parlamentarische Kontrolle als auch die höchst mögliche Transparenz gewährleistet werden.

Auch den Bereich der Personalausgaben will ich hier noch einmal benennen. Der Rechnungshof verweist auch hier auf die Versäumnisse der letzten Jahre. Zwar sind die Personalausgaben in den letzten Jahren deutlich gestiegen, doch der Personalbestand ist in Relation zur Einwohnerzahl rückläufig. Gleichzeitig wurde der Ansatz der Personalausgaben im Jahr 2016 um 137 Millionen Euro unterschritten. Wir alle wissen, wie viel Geld Sie allein durch nicht besetzte Stellen bei der Polizei liegen gelassen haben.

[Torsten Schneider (SPD): 60 Millionen Euro!]

Hier müssen endlich Lösungen her: mehr Geld für Personal und für die Besoldungsanpassungen, schnellere Stellenbesetzungen und vor allem endlich ein strategisches und übergreifendes Personalbedarfskonzept. Auch hier haben wir die ersten Schritte getan. Also nochmals: Vielen Dank an den Rechnungshof! Wir werden uns Ihrer Kritik und Analyse mit großer Ernsthaftigkeit stellen. Wir

haben erste wichtige Entscheidungen getroffen und wir werden das auch weiterhin tun. – Vielen Dank!

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN]

Vielen Dank! – Für die AfD-Fraktion hat Frau Dr. Brinker das Wort. – Bitte sehr!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Claßen-Beblo! Auch von unserer Fraktion herzlichen Dank für den immer wieder sehr aufschlussreichen Bericht.

Alle Jahre wieder gewährt uns der Bericht des Landesrechnungshofs Einblicke in die Finanzlage und die Schwachstellen der Regierungspolitik und der Verwaltung. Eigentlich sollten die Bürger davon ausgehen, dass die Anregungen des Rechnungshofs Gehör finden und konkrete Verbesserungsvorschläge vom Senat auch so umgesetzt werden. Dem ist leider nicht immer so. Schaut man sich die Berichte der vergangenen Jahre an, so dominieren immer wieder die gleichen Themen: ein zu hoher Schuldenstand, keine ausreichende Investitionen in die Erhaltung öffentlicher Gebäude und Infrastruktur und leider immer wieder Fälle eklatanter Steuergeldverschwendungen und Regelverletzungen.

Ein Thema zieht sich wie ein roter Faden durch die Berichte der vergangenen Jahre. Es geht um den zwingend notwendigen Schuldenabbau, der vom Senat nicht mit Vorrang betrieben wird. Statt die ausgesprochen günstige Zinslage an den Kapitalmärkten tatsächlich zu nutzen und – wie von der AfD vorgeschlagen – deutlich mehr Geld in die Schuldentilgung zu stecken, werden rot-rot-grüne Lieblingsprojekte subventioniert und alle Weichen in Richtung real existierenden Sozialismus gestellt. Es ist leider so!

[Beifall bei der AfD – Lachen bei der LINKEN und den GRÜNEN]

Der Rechnungshof fordert im aktuellen Jahresbericht genau das, was die AfD bereits am 9. März mittels Antrag ins Plenum eingebracht hat

[Stefan Gelbhaar (GRÜNE): Für Büttenreden ist der Kollege Förster zuständig! – Zuruf von Anja Kofbinger (GRÜNE)]

hören Sie lieber einmal genau hin! –, nämlich die Verankerung der Schuldenbremse in der Verfassung Berlins. Ich finde es sehr bedauerlich, dass weder die Regierungskoalition noch die anderen Oppositionsparteien unserem Antrag gefolgt sind oder sich durch Änderungsanträge wenigstens der fachlichen Debatte gestellt hätten.

[Beifall bei der AfD]

(Dr. Manuela Schmidt)