Protokoll der Sitzung vom 14.09.2017

Nein, lieber stellen Sie hier diesen Schaufensterantrag, der in großen Teilen längst Beschlusslage ist.

[Hildegard Bentele (CDU): Aber er ist nicht umgesetzt!]

Wenn es jetzt die Methode der CDU wird, den Kaffeesatz ihrer Regierungszeit aufzugießen, spricht das nicht gerade für ihre bildungspolitischen Ideen.

Apropos Ideen: Was ist denn neu in dem Antrag? – Den Punkt 8, also Stipendienprogramme zu prüfen, habe ich in der letzten Legislatur selbst vorgeschlagen.

[Hildegard Bentele (CDU): Stimmt doch gar nicht!]

Das haben Sie nicht aufgegriffen. Nun kann man ja seine Meinung ändern. Deshalb unterstütze ich die Diskussion dazu. Das und die anderen Vorschläge der CDU sollten wir nächste Woche bereden. Dann würde ich gerne vom Senat auch die Machbarkeit dieser Vorschläge erläutert bekommen.

Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger werden wir in Berlin so lange einstellen, wie wir nicht genügend Lehramtsbewerberinnen und -bewerber mit dem zweiten Staatsexamen und den geforderten Fächern haben, um die freien Lehrerinnen- und Lehrerstellen zu besetzen. Für dieses Jahr haben Sie, Frau Bentele, gerade die Zahlen genannt. So füllen diese Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger die bekannten Mangelfächer Mathematik, Physik, Informatik, Chemie, Musik, Sport und alle sonderpädagogischen Fachrichtungen. Ich kann zu diesen Quereinsteigerinnen und Quereinsteigern nur sagen: Herzlich willkommen! – Sie setzen sich entscheidend dafür ein, dass wir in unseren Schulen die Lücken füllen, und sie stellen sich auch selbst lebenslangem Lernen.

[Hildegard Bentele (CDU): Behandeln Sie sie auch entsprechend!]

Meine Damen und Herren von der CDU! Es werden nicht irgendwelche Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger eingestellt. Ihrer Meinung nach sind 20 Prozent überhaupt nicht qualifiziert. Nein, die Möglichkeit zur Einstellung erhalten nur qualifizierte Fachkräfte, bei denen im Mangelfach der Hochschulabschluss Diplom, Master, Magister oder das erste Staatsexamen des Lehramts vorliegen muss. Was ist daran unqualifiziert? Natürlich wollen Sie sie gar nicht auf die Leistungskurse der gymnasialen Oberstufe loslassen. Was ist das für ein Umgang mit Absolventinnen und Absolventen, die ein Hoch

(Stefan Franz Kerker)

schulstudium abgeschlossen haben? Wir können uns gerne über Methodik, Psychologie und Pädagogik verständigen, was man hier helfend machen kann und wie man Mentorinnen und Mentoren unterstützen kann. Aber das, was Sie hier gerade gesagt haben, ist eine Missachtung von Menschen, die einen Hochschulabschluss erworben haben. Dazu sollten Sie sich noch einmal verhalten.

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN]

Vielen Dank! – Für die Fraktion der FDP hat jetzt der Abgeordnete Herr Swyter das Wort. – Bitte schön!

Vielen Dank, sehr geehrte Frau Präsidentin! – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vor einer Woche hatten wir Einschulungen. Mein Sohn ist auch erst seit einem Jahr in der Schule. Ich habe noch gut in Erinnerung, dass das ein tolles Fest ist. Mir war vorher noch nicht so ganz klar, dass das auch ein Einschulungsfest für die Quereinsteiger war, die gerade mal eine Woche vorher wussten, dass sie an dieser Schule lehren werden. Das ist in der Tat eine Überraschung. Allein diese Praxis zeigt, dass dieser Antrag richtig ist. Wir Freien Demokraten unterstützen ihn vom Grundsatz her.

[Beifall bei der FDP]

Ich möchte auf die Versäumnisse der letzten 20 bis 25 Jahre gar nicht eingehen. Meine Vorredner haben dazu einiges gesagt, u. a. unser bildungspolitischer Sprecher Paul Fresdorf. Ich werde mir das sparen. Es ist offenkundig, wie groß die Versäumnisse sind. Quereinsteiger sind – zumindest in diesem Umfang – in der Tat aus der Not geboren. Man muss die Chancen bei Quereinsteigern sehen. Das tun wir auch, insbesondere in Berufsschulen und Gymnasien. Ich sehe sie auch woanders, nämlich an Grundschulen. Aber je mehr das in Richtung Grundschulen geht, desto wichtiger ist auch, dass Fragen der Pädagogik, Didaktik und Methodik eine besondere Rolle spielen. Genau darauf zielt der Antrag ab. Das begrüßen wir. Ich weiß nicht, wie Sie darauf kommen, wir würden das anders sehen.

Wenn Sie nun sagen: Das ist doch alles schon dagewesen. Wir haben es quasi selbst erfunden. – dann dürfte es für Sie kein Problem sein, für diesen Antrag zu stimmen.

[Regina Kittler (LINKE): Wie oft sollen wir Ihrer Ansicht nach Anträge beschließen?]

Wir haben uns an der Stelle – weil wir die Diskussion nach vorne bringen wollen – erlaubt, Änderungsanträge einzubringen, wo wir sagen: Da muss es noch einmal geschärft werden. Das sollte Grundlage der Diskussion im Bildungsausschuss sein. Es geht insbesondere darum,

dass die Quereinsteiger vier Wochen vor dem ersten Tag als Lehrkraft in Unterrichtsvorbereitungen qualifiziert werden. Sie sollen sich vier Wochen intensiv vor Beginn mit dem Unterricht an der jeweiligen Schule befassen können.

Der zweite Punkt, der uns von der CDU unterscheidet: Ich sehe keinen Grund, z. B. einen ausgewiesenen Diplommathematiker keine Leistungskurse unterrichten zu lassen. An der Stelle ist der Antrag zu kurz gesprungen, aber nicht so kurz, als dass man nicht über den Antrag sprechen könnte.

Ein Letztes noch, auch das hat uns erreicht, jedenfalls in Gesprächen, die wir mit Bildungsexperten geführt haben: Sie haben teilweise moniert, dass bei einigen Quereinsteigern sogar Fragen in Wort und Schrift mangelhaft seien. – Diese Kenntnisse sind allerdings, egal, in welchem Fach, egal, in welcher Schulform, die absolute Grundvoraussetzung dafür, dass Quereinsteiger für den Unterricht qualifiziert sind. Wenn es bei der Rechtschreibung schon hapert, dann allerdings müssen alle Alarmsignale angehen.

Insofern begrüßen wir diesen Antrag. Solange Sie nichts oder fast nichts von dem Antrag, der da steht, umgesetzt haben oder auch von unseren Änderungsanträgen, sagen Sie nicht Nein, sondern diskutieren Sie mit uns darüber im Bildungsausschuss. Dort gehört es hin. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der FDP Beifall von Hildegard Bentele (CDU)]

Vielen Dank! – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt die Abgeordnete Frau Burkert-Eulitz das Wort. – Bitte schön!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Man könnte fast den Eindruck gewinnen, die CDU beschäftige sich zum ersten Mal mit der Thematik des Fachkräftemangels und Quereinstiegs: Huch, da ist auf einmal eine ansteigende Zahl. – Kollege Langenbrinck hat es vorhin richtig gerufen: Regierungsamnesie. – Das ist ein sehr gutes Beispiel.

[Zuruf von Hildegard Bentele (CDU)]

Ja, in der wachsenden Stadt Berlin gibt es einen Fachkräftemangel an Lehrerinnen und Lehrern, an Erzieherinnen und Erziehern, Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern, an Hebammen, an Kinderärztinnen und -ärzten, an Verwaltungsmitarbeiterinnen und -mitarbeitern usw. Diese Realität ist der Koalition selbstverständlich bewusst, und wir Grünen haben immer wieder darauf hingewiesen, dass wir besondere Anstrengungen unterneh

(Regina Kittler)

men müssen, um vor allem Berlins Schulen fit zu machen. Rot-Rot-Grün ist trotz der schwierigen Situation auf dem Weg, und das ist gut und richtig.

Die Überlegungen, die die CDU und auch die FDP mit ihrem Änderungsantrag anstellen, sind nichts Neues, und Sie können davon ausgehen, dass die Koalition die Problemlagen auf dem Schirm hat. Es wird beständig daran gearbeitet, wie die Quereinsteigerinnen und -einsteiger besser unterstützt werden können. Sprechen Sie doch mit den Beteiligten! Was eine lernende Organisation ist, wissen Sie sicherlich. Wir sind im engen Austausch mit den Akteuren und werden entsprechende Veränderungen vornehmen, damit die Qualität des Unterrichts an den Schulen mindestens gehalten werden kann. Das ist die wesentliche Aufgabe. R2G leistet sie.

[Zuruf von Hildegard Bentele (CDU)]

Es gibt aber auch einige Schulen, die eine zweistellige Zahl an Quereinsteigerinnen und -einsteigern beschäftigen. Diese müssen wir ganz besonders unterstützen, und da erwarte ich von der Senatsverwaltung, dass sie diese noch einmal anschaut und nachsteuert.

Der vorliegende Antrag der CDU zielt mit seinen Forderungen an den meisten Stellen ins Leere. Die Kolleginnen und Kollegen haben dazu schon Ausführungen gemacht. Quereinsteigerinnen und -einsteiger können mit einem Antrag auf Teilzeit schon jetzt ihre Unterrichtsverpflichtung senken – Frau Bentele, das wissen Sie –, aber jede Reduzierung der Unterrichtsverpflichtung bedeutet zugleich ein Mehr an Personalbedarf, sprich: zusätzliche Quereinsteigerinnen und -einsteiger. Wollen Sie das wirklich? Wenn Sie 1 000 Quereinsteigerinnen und -einsteigern pauschal und ohne individuelle Prüfung die Unterrichtsverpflichtung um zwei Stunden senken, dann brauchen Sie noch 117 zusätzliche Quereinsteigerinnen und -einsteiger. Sie drehen sich mit Ihren eigenen Forderungen im Kreis, denn weniger Quereinsteigerinnen und einsteiger ziehen nicht mehr voll ausgebildete Lehrkräfte nach sich, sondern umgekehrt.

Auch die Idee, Quereinsteigerinnen und -einsteigern alternativ einen Referendariatsplatz zur Verfügung zu stellen, ist dann doch etwas schräg. Die Konzeption des Quereinstiegs ist doch, dass sie aufgrund ihrer Berufserfahrung parallel den Vorbereitungsdienst absolvieren können und so bei einer fairen Bezahlung dem Schuldienst zur Verfügung stehen. Da ich Ihren Unmut vermute, möchte ich erinnern: Genauso haben Sie es in der letzten Legislaturperiode mit dem neuen Bildungsgesetz beschlossen. Dessen § 12 empfehle ich gern als Lektüre. Bitte erinnern Sie sich, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU! Das war auch Ihr Gesetz.

Hier und heute versuchen Sie deutlich sichtbar, Quereinsteigerinnen und -einsteiger und ausgebildete Lehrerinnen und Lehrer gegeneinander auszuspielen. Ich frage Sie: Warum sollte eine wissenschaftliche Mitarbeiterin, die

von einer Universität kommt und dort zum Beispiel Kurse in Physik gegeben hat, nicht in einem Leistungskurs Physik in der Oberstufe unterrichten dürfen, wenn die Schulleiterin das Gefühl hat, die kann das?

[Zuruf von Hildegard Bentele (CDU)]

Sie konterkarieren doch hier den Sinn des Quereinstiegs, und vor allem sprechen Sie auf diese Weise gut ausgebildeten Akademikerinnen und Akademikern die Qualifikation ab. Das kann doch eigentlich nicht Ihr Ernst sein; das sollten Sie lassen.

Lassen Sie uns lieber gemeinsam überlegen, wie man insgesamt die ersten Jahre des Berufseinstiegs besser gestaltet und individuelle Angebote für diese noch junge Gruppe von Lehrkräften macht. Lassen Sie uns die Aus- und Fortbildung von derzeitigen und zukünftigen Lehrkräften weiter verbessern, aber nicht schlechtreden, was wir für unsere Schullandschaft bereits erreicht haben. – Vielen Dank!

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]

Vielen Dank! – Weitere Wortmeldungen zu diesem Tagesordnungspunkt liegen nicht vor. Es wird die Überweisung des Antrages der Fraktion der CDU und des Änderungsantrags der Fraktion der FDP an den Ausschuss für Bildung, Jugend und Familie empfohlen. – Widerspruch höre ich nicht, dann verfahren wir so.

Ich rufe nun auf

lfd. Nr. 4.4:

Priorität der Fraktion Die Linke

Tagesordnungspunkt 17

Verkaufsstopp bei der BImA zum Höchstpreis erwirken – Vorkaufsrecht und Erstzugriffsrecht für Kommunen zum Verkehrswert oder darunter stärken

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Stadtentwicklung und Wohnen vom 5. Juli 2017 und dringliche Beschlussempfehlung des Hauptausschusses vom 6. September 2017 Drucksache 18/0530

zum Antrag der Fraktion der SPD, der Fraktion Die Linke und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 18/0237

Der Dringlichkeit hatten Sie bereits eingangs zugestimmt. In der Beratung beginnt die Fraktion Die Linke, und für die Fraktion hat jetzt die Abgeordnete Frau Gennburg das Wort. – Bitte schön!

(Marianne Burkert-Eulitz)