Protokoll der Sitzung vom 19.10.2017

Priorität der Fraktion Die Linke

Tagesordnungspunkt 29

Mieterinnen und Mieter besser schützen – preiswerten Wohnraum erhalten

Antrag der Fraktion der SPD, der Fraktion Die Linke und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 18/0582

In der Beratung beginnt die Fraktion Die Linke. Frau Kollegin Gottwald erhält das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Entwicklung der Mietpreise führt zu gravierenden Umwälzungen am Wohnungsmarkt und zu sozialen Verwerfungen, die die Stadt nachhaltig prägen werden. Seit Jahren steigen die Mieten weitaus schneller als die Einkommen der abhängig Beschäftigten oder gar als die Renten. Besonders untere und mittlere Einkommensgruppen werden so systematisch enteignet. Ihr Geld wandert in die Taschen von Immobilienbesitzer. Am Wohnungsmarkt tobt der harte Klassenkampf.

[Stefan Förster (FDP): Den machen Sie gerade! – Zuruf von Oliver Friederici (CDU)]

Die Koalitionsfraktionen wollen dieser Entwicklung begegnen und haben dazu den Antrag vorgelegt.

[Stefan Förster (FDP): Bauen, bauen, bauen! – Zuruf von Holger Krestel (FDP)]

Wir wollen die Mietpreisbremse entfristen und vor allem ändern. Die Bremse ist zahnlos, denn sie gilt in vielen zentralen Feldern nicht. Die SPD im Bund wollte hier im letzten Jahr nachbessern, doch die CDU hat es torpediert.

[Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Getreu der Erkenntnis, ein kastrierter Gaul taugt nicht zum Decken, hat sie jede Verbesserung für Mieter unterlassen.

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN – Holger Krestel (FDP): Haben Sie Biologie studiert?]

Wir wollen die Löcher in der Mietpreisbremse stopfen. Sie muss auch nach umfassender Modernisierung gelten, damit diese nicht mehr Instrument zur Verdrängung ist.

(Stefan Ziller)

[Zuruf von Michael Dietmann (CDU) – Weitere Zurufe von der CDU und der FDP]

Sie muss gerade auch – was ist das für ein Gepöbel hier? –

[Vereinzelter Beifall bei der LINKEN – Zuruf von Katrin Schmidberger (GRÜNE)]

bei überhöhten Angebotsmieten gelten, damit Preistreiberei auf dem Wohnungsmarkt nicht weiter belohnt wird. Sie muss auch bei möblierten Wohnungen gelten, damit die gezielte Umgehungspolitik gestoppt wird, die da lautet: Ich stelle dir alte Teile in die Wohnung, kassiere dich ab und pfeife auf die Mietpreisbremse.

[Ronald Gläser (AfD): Alles Ergebnis eurer Politik!]

Die Modernisierungsumlage wirkt derzeit wie eine Maschine zum Gelddrucken. Sie muss auf maximal 6 Prozent begrenzt und zeitlich befristet werden.

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN]

Jenseits aller Effizienz für den Klimaschutz wird heute vielfach saniert, um die Miete dauerhaft hochzutreiben. Die Umlage darf nicht länger Anreiz für Verdrängung sein.

Wir wollen auch die Kappungsgrenzen für Mieterhöhungen absenken und den Zeitraum der Berechnung verlängern. Statt jetzt 20 Prozent innerhalb von drei Jahren oder 15 Prozent in angespannten Wohnungsmärkten wie Berlin, soll das Limit für Mieterhöhungen auf 15 Prozent innerhalb von fünf Jahren begrenzt werden. Es gibt kein Recht auf Rendite.

[Beifall von Katalin Gennburg (LINKE)]

Warum soll der Preis für Wohnraum schneller steigen als der für andere Gebrauchsgüter?

[Holger Krestel (FDP): Weil er knapper wird! – Georg Pazderski (AfD): Das nennt man Marktwirtschaft! – Zuruf von den GRÜNEN: Ach Gott!]

Die Inflation liegt seit Jahren unter 2 Prozent. Der Mietspiegel ist ein wichtiges Regulierungsinstrument,

[Zurufe von Oliver Friederici (CDU), Katalin Gennburg (LINKE) und Carsten Ubbelohde (AfD)]

aber jetzt bildet er den Preisauftrieb am Wohnungsmarkt nur ab, wie ein Perpetuum mobile. Wir wollen den Bezugszeitraum für seine Erstellung von vier auf zehn Jahren erweitern, damit auch ältere Vertragsänderungen und -abschlüsse in die Erhebung eingehen.

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN]

Nur so kann er eine preisdämpfende Wirkung entfalten, was dringend Not tut.

[Zuruf von Michael Dietmann (CDU)]

Gibt es einen qualifizierten Mietspiegel wie in Berlin, sollen zukünftig Mieterhöhungen nur noch auf dieser Basis erlaubt sein. Vom Bund fordern wir eine verbindliche Vorgabe, wie dieser zu erstellen ist. Es muss Schluss damit sein, dass Großkonzerne wie zum Beispiel die Deutsche Wohnen die Vermessenheit an den Tag legen, selbst zu definieren, was ihnen genehm ist. Das muss aufhören!

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN]

Vermieter, die sich außerhalb der gesetzlichen Vorgaben stellen, müssen härter – oder sagen wir: überhaupt – sanktioniert werden. Unsere Demokratie hat oft Schlagseite. Wenn Erwerbslose auf Hartz IV gegen Meldeauflagen verstoßen, kürzt man ihnen das Existenzminimum.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Wansner?

Ja, ich komme zum Schluss.

[Heiterkeit]

Ich hatte gefragt, ob Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Wansner gestatten.

Wenn ein Vermieter widerrechtlich Wohnungssuchende abzockt, geht er kein Risiko ein. Am Wohnungsmarkt gilt das Gesetz, aber derzeit das des Stärkeren. Wir müssen dafür Sorge tragen, dass Vermieter gesetzliche Vorgaben einlösen. Der Senat hat dazu jüngst eine neue Bundesratsinitiative vorgelegt, die am 3. November dort auf der Tagesordnung steht.

Wir hoffen, mit unserem Antrag eine gute Vorlage für weitere Initiativen geliefert zu haben, von der nicht nur Berlin, sondern auch andere Städte profitieren werden. – Vielen Dank!

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD und den GRÜNEN]

Vielen Dank! – Für die CDU-Fraktion hat der Kollege Gräff jetzt das Wort.

(Gabriele Gottwald)

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mal unabhängig von dem vorliegenden Vorschlag und dem Programm, das dieser Senat und die Senatorin im Moment verfolgen, wird mir nach der Rede wirklich klar, warum Sie die Probleme in dieser Stadt niemals, aber auch wirklich niemals in den Griff bekommen werden.

[Beifall bei der CDU, der AfD und der FDP – Lachen bei der LINKEN – Zuruf von Dr. Wolfgang Albers (LINKE)]

Es gibt mit Sicherheit einiges, mit dem wir uns auf Bundesebene – insofern haben Sie den richtigen Adressaten gewählt, dass es Bundestag und Bundesrat sind, die sich damit beschäftigen müssen – bei den derzeitigen Koalitionsverhandlungen beschäftigen müssen.

Ja, es gibt durchaus einige Punkte in Ihrem Antrag, die ich interessant finde und die man mit Sicherheit diskutieren muss. Die Frage des Punktes zwei beim Thema Mietpreisbremse, die Einbeziehung von möblierten Wohnungen in das Regelungssystem, um den Missbrauch von teilmöblierten Wohnungen beispielsweise zu verhindern, ist durchaus etwas, worüber man diskutieren kann. Das ist in der praktischen Umsetzung relativ schwierig, aber nichtsdestotrotz sollte man es diskutieren.

Selbstverständlich sollte man, nachdem die Mietpreisbremse in Kraft getreten ist, jetzt aus den Erfahrungen der letzten Jahre auch diskutieren, was mit der vorgesehenen Entfristung der Mietpreisbremse über den 31. Dezember 2020 hinaus passieren soll.

Aber dann kommen wieder solche Punkte wie die Senkung der Modernisierungsumlage von derzeit 11 Prozent auf künftig 6 Prozent. Aber der wichtigste Punkt bei diesem Unterpunkt, wo ich zumindest gedacht habe, wir seien uns mit Teilen des Abgeordnetenhauses, auch mit Teilen der Koalitionsfraktionen, der Grünen, einig, nämlich beispielsweise darüber zu reden, wie wir die Standards senken, wie wir die EnEV anfassen, das fehlt in Ihrem Antrag komplett. Wir sind der Überzeugung, dass das etwas wäre, worüber man insgesamt sprechen müsste.