Protokoll der Sitzung vom 16.11.2017

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD und der LINKEN]

Gleichwohl: Das ist Vergangenheit. Wir müssen uns mit der Zukunft beschäftigen. In der Tat, wir haben diverse Vergaben und Ausschreibungen bei der S-Bahn vor uns. Dazu haben wir uns als rot-rot-grüne Koalition auch schon in den Koalitionsverhandlungen Gedanken gemacht: Was wollen wir? Was wollen wir nicht? – Wir haben ganz klar gesagt: Wir wollen unseren Einfluss bei der S-Bahn Berlin stärken. Das kann ein landeseigener Fuhrpark sein. Das kann eine Beteiligung bei der S-Bahn sein. Das soll ein wesentlicher Punkt für die Ausschreibungen sein, die ab 2028 zu Ergebnissen gekommen sein sollten. Da sind wir jetzt in den Details, die natürlich im Ausschuss detaillierter zu beraten sein werden, nämlich z. B. die Zulassung von Altfahrzeugen.

Da, finde ich, geht der Antrag der CDU vollkommen fehl. Wie man auf die Idee kommen kann, Fahrzeuge, die noch fahren können, nicht mehr zu einer Ausschreibung zulassen zu wollen, das ist aber sowohl steuerpolitisch, ökonomisch wie ökologisch Unfug. Das sollten wir nicht tun, das werden wir nicht tun.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD und der LINKEN]

Was hingegen beim FDP-Antrag durchaus bedenkenswert ist und auch in unseren Überlegungen schon vorhanden ist, ob man die Zulassung von Neufahrzeugen und Altfahrzeugen – beides – macht und dass eben nicht ein Abschlag für Altfahrzeuge, sondern ein Bonus für Neufahrzeuge zu generieren ist, ganz einfach, weil dort, bei Neufahrzeugen, wenn sie diverse bessere Ausstattungen haben, einfach ein Mehrwert, eine Mehrleistung erbracht wird. Das müsste dann eben auch in so einem Verkehrsvertrag seine Berücksichtigung finden.

[Beifall von Bernd Schlömer (FDP)]

Was in den Anträgen der CDU auch richtig ist – schön, dass es jetzt erkannt wurde –, ist, dass man bei der Finanzierung von Neufahrzeugen natürlich auch über Bürgschaften und Ähnliches reden kann und sollte, um Wettbewerbsvorteile von einzelnen Bahnanbietern zu korrigieren. Ich glaube, das ist richtig, und das sollen wir uns auch im Fachausschuss noch definitiv näher anschauen.

Die Frage Übernahmeoption will ich noch kurz ansprechen. Auch das ist eine alte grüne Forderung, die natürlich bei der Ringbahngeschichte eine viel größere Auswirkung gehabt hätte als bei den Punkten, über die wir jetzt hier reden. Gleichwohl sollte man in den Ausschreibungen bezüglich der Vergabe einer weiteren S-Bahnleistung diesen Punkt explizit mit aufnehmen, um später als Auftragsgeber bei Ausschreibungen, die darauf folgen, mehr Spielraum zu haben als Land Berlin. Dann bekommen wir endlich die Verträge hin, die wir haben wollen. Das muss das Ziel sein. – Vielen Dank!

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD und der FPD]

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. – Es wird die Überweisung des Antrags der Fraktion der CDU auf Drucksache 18/0574 sowie des Antrags der Fraktion der FDP auf Drucksache 18/0585 federführend an den Ausschuss für Umwelt, Verkehr, Klimaschutz und mitberatend an den Ausschuss für Europa- und Bundesangelegenheiten, Medien sowie an den Hauptausschuss empfohlen. – Widerspruch höre ich nicht, dann verfahren wir so.

Ich komme zu

lfd. Nr. 19:

Schlussfolgerungen aus dem Volksentscheid: Abrissmaßnahmen der Flughafenbrücke in Tegel sofort stoppen

Antrag der Fraktion der FDP Drucksache 18/0587

Der Tagesordnungspunkt soll nunmehr vertagt werden. – Widerspruch höre ich nicht, dann verfahren wir so.

(Stefan Gelbhaar)

Die Tagesordnungspunkte 20 und 21 stehen auf der Konsensliste.

Bevor ich nun zum nächsten Tagesordnungspunkt komme, darf ich darauf hinweisen, dass sich die Fraktionen entsprechend § 59 Abs. 5 der Geschäftsordnung darauf verständigt haben, den Tagesordnungspunkt 22 nicht jetzt zu behandeln, sondern als letzten Verhandlungspunkt auf die heutige Tagesordnung zu setzen. – Ich höre keinen Widerspruch, dann verfahren wir so.

Tagesordnungspunkt 23 steht als vertagt auf der Konsensliste. Der Tagesordnungspunkt 24 war Priorität der AfDFraktion unter Nummer 3.3. Tagesordnungspunkt 25 wurde in Verbindung mit der Aktuellen Stunde unter Tagesordnungspunkt 1 beraten. Der Tagesordnungspunkt 26 steht wiederum als vertagt auf der Konsensliste. Tagesordnungspunkt 27 war Priorität der Fraktion der FDP unter Nummer 3.4. Die Tagesordnungspunkte 28 bis 30 stehen auf der Konsensliste. Tagesordnungspunkt 31 war Priorität der Fraktion Die Linke unter Nummer 3.1. Der Tagesordnungspunkt 32 war Priorität der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen unter Nummer 3.2.

Ich komme nun zu

lfd. Nr. 33:

Strategien für Bienen und andere Bestäuber in Berlin

Antrag der Fraktion der SPD, der Fraktion Die Linke und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 18/0634

In der Beratung beginnt die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Für die Fraktion spricht der Abgeordnete Dr. Altug. – Sie haben das Wort, bitte schön!

Danke, Frau Präsidentin! – Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist still geworden in Deutschland. Dort, wo es früher im Frühling summte und brummte, ist heute deutlich weniger zu hören. Die Zahlen, die sich hinter der Stille verbergen, sind mehr als alarmierend. 50 Prozent der Bienenvölker haben den letzten Winter nicht überlebt. 40 Prozent aller Bienenarten in Berlin stehen auf der Roten Liste. Seit dem Jahr 1982 hat sich der Bestand an Insekten nach Angaben des Bundesumweltministeriums um bis zu 80 Prozent verringert. Besonders betroffen sind die Bienen. Sie leiden unter dem Befall von Varroamilben, Viren und Infektionen. Auf dem Land haben Monokulturen der industriellen Landwirtschaft bereits verheerende Auswirkungen auf die Bienen. Glyphosat und Neonicotinoide sind die größten Feinde von Bienen. Es erscheint paradox, aber mittlerweile geht es Bienen und vielen anderen Insektenarten in den Städten, auch in Berlin, besser als auf dem Land. Dabei leisten Imkerinnen und Imker, Gemeinschaftsgärten und Kleingärten einen sehr wichtigen Beitrag. Danke dafür!

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]

Das alles ist Ausdruck einer völlig verfehlten Agrarpolitik mit der industriellen Massentierhaltung, den Monokulturen von Mais und Raps auf den Äckern. Wir Grünen wollen eine giftfreie Landwirtschaft und gesunde Lebensmittel auf unseren Tellern.

Stellen wir uns doch einmal vor, was passieren würde, wenn es keine Bienen mehr gäbe:

[Ülker Radziwill (SPD): Schlimm wär’s!]

Eigentlich müsste es jedem klar sein, dass ohne die Bestäubungsleistung der Bienen und Insekten in den Obst- und Gemüseregalen der Supermärkte arge Tristesse herrschen würde. Natürlich hat der Rückgang der Insekten auch direkte Auswirkungen auf das restliche Ökosystem. Mit den Insekten schwindet die Nahrungsgrundlage unter anderem für Vögel und Fledermäuse. Um es ganz klar zu sagen: Wir brauchen die Bienen, nicht die Bienen uns. Schon Albert Einstein soll gesagt haben: Wenn die Biene einmal von der Erde verschwindet, hat der Mensch nur noch vier Jahre zu leben.

In Berlin steigt auch die Zahl der Imkerinnen und Imker. Es gibt 1 200 Imkerinnen und Imker in Berlin. Gleichwohl berichtet der Berliner Imkerverband, dass es jedes Jahr in Berlin zu Ausbrüchen der Amerikanischen Faulbrut kommt. Es ist nötig, eine berlinweite Statistik zum Schutz und zur Förderung von Bienen und anderen Bestäubern zu entwickeln. Die Fachstellen müssen unterstützt und gefördert werden. Dazu zählen die Schulung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Veterinärämter und die Unterstützung des Erhalts der Stelle des Imkermeisters an der Freien Universität Berlin.

[Beifall bei den GRÜNEN und der SPD – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]

Auch den Bienen fehlt es in Berlin an Wohnflächen. Hier muss gegengesteuert werden. Das tut der Senat bereits. Auf vielen öffentlichen Gebäuden, wie auch auf dem Abgeordnetenhaus, summt es inzwischen. Die rot-rotgrüne Koalition setzt sich dafür ein, dass diese Form der Zweckentfremdung weiter Schule macht.

Schließlich brauchen wir eine Strategie zur Bekämpfung von Bienenkrankheiten und der Varroamilbe.

Wenn Sie schon nicht an die Bienen denken, denken Sie doch einfach ganz eigennützig! Jeden Euro, der in den Bienenschutz investiert wird, bekommt die Gesellschaft doppelt und dreifach wieder zurück. Der volkswirtschaftliche Nutzen der Honigbiene durch die Bestäubung wird allein in Deutschland auf über 2 Milliarden Euro pro Jahr geschätzt. Das heißt, more than honey. – Für die im vorliegenden Antrag geforderten Maßnahmen braucht es nicht viel Geld, sondern vor allem ein Umdenken. Die

(Vizepräsidentin Dr. Manuela Schmidt)

Bienen und die Natur werden Ihnen dafür dankbar sein. – Vielen Dank!

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]

Für die Fraktion der CDU hat jetzt der Abgeordnete Herr Freymark das Wort. – Bitte schön!

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Sehr geehrte Kollegen! Meine Damen! Meine Herren! Das ist ein Thema, das mag der eine oder andere manchmal etwas unterschätzen. Ich bin dem Kollegen Turgut Altug sehr dankbar, weil er seit vielen Jahren in dem Bereich sehr engagiert ist, auch gemeinsam mit uns schon das eine oder andere nach vorne gebracht hat. Ich habe dem Antrag sehr viel Wohlwollendes entnommen, auch vieles, dem wir nachkommen müssen. Wir haben viele Imker in der Stadt, sogar auf dem Abgeordnetenhaus von Berlin haben wir einen Imker, der es auch diesen Sommer schwer hatte, tatsächlich Honig zu produzieren. Da gab es einige Probleme. Neben Wind und Wetter war es auch Nosema, eine Erkrankung, die man keiner Biene wünschen darf. Sie hat dazu geführt, dass die Leistung der Bienen hier auf dem Dach nicht so erträglich war.

Wichtig ist aber ganz besonders, dass unsere Volkswirtschaft von der Biene abhängt. 80 Prozent der Pflanzen sind ohne Fremdbestäubung eigentlich wertlos. Deswegen ist es etwas, das man immer wieder betonen muss, dass wir hier ein Thema haben, das in den Mittelpunkt der Debatte gehört. Wir reden über Nutztiere, über die Nutztierhaltung von Kühen oder Schweinen, in Berlin natürlich weniger, das gebe ich zu. Aber das drittwichtigste Nutztier ist tatsächlich dabei schon die Biene. Nach internationalen Messungen und Schätzungen ist auch eine wesentliche Wirtschaftsleistung in Deutschland abhängig davon, dass die Biene ihre Leistung bringt. Man kann pauschal sagen: Im Supermarkt würde die Hälfte der Produkte fehlen, wenn es nicht die Biene gäbe, oder sie wären teurer als auf dem asiatischen Markt. Da sieht man also, welche Wirtschaftsleistung dahintersteckt.

Im Antrag sehe ich viele sehr detaillierte Themen, die wir unterstützen. Wir werden mit Sicherheit versuchen, noch einige Themen im Fachausschuss zu ergänzen. Da hoffe ich auf die Kooperationsbereitschaft der Koalition, dann auch Themen aus der Opposition aufzugreifen. Ich will mal ein Thema nennen, weil Sie es auch ansprechen. Sie wollen z. B. explizit eine Bienenwiese ausweisen, also deutlich machen, dass so etwas auch gebraucht wird. Meine Erkenntnis ist, dass die Bevölkerung in dieser Stadt, wenn wir über Grünflächen oder Straßenbegleitgrün reden, erwartet: möglichst glattrasiert und so schnell wie möglich! Das ist aber für eine Biene nicht vorteilhaft,

und deswegen muss man den Mut haben, auch in den Bezirken darüber nachzudenken, ob man eine Bienenwiese ausweist und sagt: Hier kreist die Biene, hier summt die Biene! – „Berlin summt“ ist übrigens eine Kampagne, die in Berlin sehr erfolgreich ist und schon an vielen öffentlichen Orten genutzt wird. Das müssen wir öffnen.

Persönlich konnte ich auch schon dazu beitragen – wie vielleicht auch der eine oder andere Kollege –, dass die landeseigenen Unternehmen Flächen für die vielen interessanten und interessierten Imker in der Stadt bereitstellen.

[Beifall von Dr. Turgut Altug (GRÜNE)]

Das werden wir weiterhin unterstützen.

Ich glaube, wir müssen auch in Bezug auf die personelle Frage noch mal miteinander ins Gespräch kommen. Die Stelle an der FU darf keine Diskussion werden, sondern wir müssen darüber nachdenken, wie wir auch die Vernetzung zwischen den Veterinärämtern in den Bezirken etc. verbessern können – ob man hier eine koordinierende Stelle schafft oder nicht. Sie sehen also, dass diese Debatte für den Fachausschuss geeignet ist. Wir als CDUFraktion werden dort unseren Anteil beitragen. Ich freue mich auf die Fachberatung. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU, der LINKEN und den GRÜNEN]

Für die Fraktion der SPD hat jetzt der Abgeordnete Herr Kugler das Wort. – Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Überlegen Sie mal, was passieren würde, wenn wir keine Bienen hätten! Na logisch, Sie müssten morgens auf Ihr Honigbrötchen verzichten.

[Oliver Friederici (CDU): Was?]