Protokoll der Sitzung vom 30.11.2017

Das heißt also als zweites Fazit: Keine Entwarnung, sondern vielmehr die Aufforderung zu einer sachbezogenen parlamentarischen Debatte! Und da stellt sich für mich auch die Frage – das haben einige meiner Vorredner gesagt –, ob die Art und Weise, wie das Parlament diese BER-Baustelle im Augenblick begleitet, die angemessene

Begleitung ist, ob man noch eine andere braucht, denn die Probleme, die auf uns zukommen, und die kritischen Pfade, Herr Evers, werden noch viel größer und realer werden als das, was Sie jetzt aus diesen beiden Berichten gehört haben. Und die werden nicht nur die Baustelle betreffen, sondern die werden auch betriebliche Probleme betreffen, und sie werden auch Finanzierungsprobleme betreffen. Dann braucht man eine sachliche Debatte und nicht eine künstliche Aufgeregtheit. – Ich danke!

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN]

Für die FDP-Fraktion hat jetzt der Kollege Czaja das Wort.

[Zuruf von der LINKEN: Jetzt entfernen wir uns wieder von der Sache! – Steffen Zillich (LINKE): Und kommen zu der überraschenden Konsequenz!]

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie haben sich ja vorhin so fulminant selbst gelobt, dass es heute eine Aktuelle Stunde zu Entwicklungen am BER gibt, als hätten Sie quasi selbst die Idee gehabt, heute eine Aktuelle Stunde anzumelden, weil Sie aktuell etwas berichten wollen. Ich will noch mal daran erinnern: Es war dieser Aufmacher im Berliner „Tagesspiegel“, der dafür gesorgt hat, dass wir alle, wie wir hier sitzen, als Legislative in diesem Haus

[Zuruf von Hakan Taş (LINKE) – Regina Kittler (LINKE): Schleichwerbung!]

nicht zuerst vom Regierenden Bürgermeister, nicht von Herrn Lütke Daldrup, sondern wieder einmal aus der gut informierten Presse der Hauptstadt erfahren haben, um was es eigentlich geht. Das ist der erste Skandal.

[Beifall bei der FDP – Zurufe von der LINKEN]

Und wenn Sie so tun, als würde man sich viel zu selten mit dem Thema beschäftigen und es müsste jetzt hier unbedingt heute aktuell darüber gesprochen werden, dann nehme ich gern den Impuls auf, den Sie gerade gesagt haben, dass insbesondere die Fraktionen, die in der letzten Legislaturperiode nicht im Haus waren, doch mal nachlesen sollen. Ich habe nachgelesen. Allein 1 260 Mal hat sich dieses Haus mit dem BER befasst. 340 Schriftliche Anfragen hat dieses Haus an den Senat gestellt

[Steffen Zillich (LINKE): Sie sollen nachlesen, nicht nachzählen!]

und anscheinend bis heute keine Erkenntnis darüber gewonnen, was am BER eigentlich passiert. Es ist und

(Stefan Evers)

bleibt eine Blackbox à la Müller, wo nichts, aber auch gar nichts an den Tag dringt.

[Beifall bei der FDP]

Wir haben gestern im Ausschuss den Eindruck gewinnen können, wenn ich mal einen Vergleich ziehen darf, dass selbst der Druide Miraculix eher das Rezept von seinem Zaubertrank verrät, als Herr Lütke Daldrup den ehrlichen Sachstand zum BER darlegt. Das war doch gestern das Schauspiel.

[Beifall bei der FDP – Zurufe von der LINKEN]

Der gestrige Ausschuss war ja im Grunde nichts anderes als eine Generalprobe zur heutigen Plenardebatte, eine Generalprobe auf einem ganz niedrigen Erwartungsniveau, denn Herr Lütke Daldrup hat ja nichts anderes gemacht, als die Chronologie der letzten Jahre im Ausschuss zu verlesen,

[Zuruf von Dr. Wolfgang Albers (LINKE)]

aber er hat zu keinem Zeitpunkt dazu beigetragen, in irgendeiner Art und Weise zu erhellen.

[Beifall bei der FDP]

Herr Müller! Am 15. Dezember soll es einen belastbaren Termin geben. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es diesen belastbaren Termin gibt und dass Sie in den nächsten Jahren oder in den kommenden drei Jahren die sieben notwendigen Unterschriften des Landes Brandenburg für die Eröffnung des Flughafens BER bekommen. Ich kann es mir einfach nicht vorstellen. Die Chance, dass ich mir das vorstellen kann, haben Sie gestern im Ausschuss versäumt darzustellen. Da wurden auch viele Ihrer Kollegen aus der eigenen Koalition ratlos zurückgelassen, auch Herr Stroedter, der an dieser Stelle schon einmal über den Plan B nachdachte.

[Beifall bei der FDP – Paul Fresdorf (FDP): Die hoffen auf ein Weihnachtswunder!]

Mittlerweile will man doch eines auch gar nicht mehr diskutieren, man will gar nicht mehr hören, dass eigentlich bis zum jetzigen Zeitpunkt ausschließlich politische Eröffnungstermine in der Debatte standen. Auch gestern wurde deutlich, dass unternehmerisch verantwortete Eröffnungstermine bisher noch nicht einmal auf der Tagesordnung standen. Und dann müssen Sie sich schon fragen, Herr Müller, und schauen Sie mal nach rechts zu Ihrer heutigen Kollegin Frau Pop, ob Sie damals im Jahr 2016, als Sie Termine veröffentlicht haben, die Wahrheit gesprochen haben, ob Sie nicht hätten doch lieber auf Frau Pop reagieren sollen. Man wünscht sich ja manchmal die Zeiten zurück, wo Frau Pop noch nicht in Ihrer Chaoskoalition war und Sätze sagte wie:

… lieber Michael Müller! Wirklich etwas gewinnen würden die Berlinerinnen und Berliner, wenn Sie hier ohne Wenn und Aber sagen würden, dass

Sie dafür sorgen, dass kein weiterer Cent mehr an Steuergeld in den BER gepumpt wird, …

So Frau Pop in der – Achtung! – Aktuellen Stunde vor der Wahl am 8. September 2016.

[Beifall bei der FDP – Zuruf von der FDP: Bravo!]

Frau Pop! Wo sind Sie denn? Ich nehme einige Ihrer Kollegen wahr, die bemüht sind, genau diesen Kurs fortzusetzen. Aber Sie sind wahrscheinlich auf der Regierungsbank weit weg von Ihren Kollegen, die hier als Abgeordnete im Parlament sitzen.

[Beifall bei der FDP]

Einige wenige Verbündete scheinen Sie zu haben, mit Frau Kapek an der Spitze der Fraktion, die gestern in der Anhörung tatsächlich Herrn Lütke Daldrup noch einmal den ausdrücklichen Dank aussprach, dass er sich die Zeit nimmt, dem Ausschuss Rede und Antwort zu stehen.

[Heiterkeit bei der FDP]

Das ist ein Trauerspiel! Wir reden von 6,6 Milliarden Euro, die der Steuerzahler zu verantworten hat, und Frau Kapek bedankt sich dafür, dass Herr Lütke Daldrup Rede und Antwort steht. – Er sollte permanent Rede und Antwort stehen!

[Beifall bei der FDP und der CDU – Beifall von Andreas Wild (fraktionslos)]

Das ist ein Riesentrauerspiel, was Sie hier veranstalten! Ein Riesentrauerspiel! Wenn Sie eines gelernt haben sollten: Von millionenteuren Personalrochaden, die wir auch um den Flughafen BER herum erlebt haben, wird noch lange keine Sprinkleranlage fertig. Vielleicht ist das auch ein Fazit aus der aktuellen Situation, die wir haben.

[Beifall bei der FDP]

Immerhin hat der gestrige Ausschuss dazu beigetragen, dass der selbst ernannte Flughafenexperte Stroedter zumindest die Erkenntnis hat, dass es einen Plan B braucht, denn der 30. August 2018 wird als Eröffnungstermin wohl nicht mehr haltbar sein. Deshalb hoffe ich, Herr Stroedter, dass Sie mit Ihrem Plan B nicht auf dem Holzweg sind, den die Grünen hier vorgeschlagen haben, Leipzig und Hannover als Alternative für die Berlinerinnen und Berliner anzubieten, dass Sie aus der Air-BerlinKrise gelernt haben, wo Sie sich dafür eingesetzt haben, dass Lufthansa stark wird, dass der Jumbo in Tegel landet, und jetzt dafür sorgen, dass Ihr Plan B heißt, den Flughafen Tegel offen zu halten.

[Beifall bei der FDP]

Herr Kollege Czaja! Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Nelken?

(Sebastian Czaja)

[Zuruf von der FDP: Kann aber länger dauern!]

Herr Kollege Czaja! Können Sie mir erklären, Sie haben eben gesagt, der Eröffnungstermin 30. August 2018 wäre nicht zu halten: Woher haben Sie denn diesen Eröffnungstermin?

Mir ist bekannt, dass Sie immer vom 30. Juni 2018 sprechen oder 31. Juni 2018. Man muss sich mit diesen Fragen ja durchaus beschäftigen.

[Heiterkeit bei der FDP]

Aber ich verstehe Ihre Zweifel, Herr Dr. Nelken! Ich habe sie ja auch, und man muss sie auch haben. Sie haben gestern auch gemerkt, dass das mit den Zahlen drunter- und drüberging. Deshalb: Lassen Sie uns an der Sache arbeiten,

[Unruhe]

denn eines wird doch wichtig: Es wird wichtig sein, dass der Flughafen BER in dieser Stadt überhaupt einmal eröffnet, denn wir brauchen ihn so sehr, wie wir Tegel und BER in dieser Stadt brauchen.

[Beifall bei der FDP]

Herr Kollege! Ich darf Sie fragen, ob Sie eine zweite Zwischenfrage – des Kollegen Zillich – zulassen.

Wenn er Nachfragebedarf hat, bitte!