Protokoll der Sitzung vom 25.01.2018

[Marcel Luthe (FDP): Welches Parteibuch?]

Er wird zum einen schauen, was dort gelaufen ist und was verbessert werden muss. Zum anderen, das ist uns als Koalition sehr wichtig, muss im Fokus dieser ganzen Debatte die Frage der Qualität in der Ausbildung eine Rolle spielen. Es muss auch die Frage im Raum stehen, ob die Einstellungskriterien ausreichen, und wir dürfen am Ende nicht die Menschen, die dort tagtäglich arbeiten,

(Burkard Dregger)

im Regen stehen lassen. Die Kritik, die im Inneren geäußert wird, muss nicht nur nach außen getragen werden, sondern sie muss sich aufklären und auflösen. Das heißt, Kritik muss ernst- und wahrgenommen werden.

Wir haben mit dem, was wir jedenfalls in der parlamentarischen Beratung auf den Weg gebracht haben, durch Anhörungen, durch den Sonderbericht und vieles mehr, durch das, was extern passieren wird, einen erheblichen Schritt nach vorn gemacht. Der externe Beauftragte wird uns nicht daraus entlassen, auch selbst als Parlament, als Ausschuss dranzubleiben. Ich habe die Hoffnung, dass wir dort jedenfalls für die notwendige Aufklärung sorgen. Die Debatte um einen Untersuchungsausschuss, glaube ich, hat sich auch im Kern erledigt, weil wir an den Themen arbeiten. Ich selbst werde mir demnächst eine Woche lang ein Bild machen und mir anschauen können, wie die Akademie arbeitet. – Ich möchte mich für die Aufmerksamkeit bedanken. Herzlichen Dank!

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN]

Für die AfD-Fraktion hat jetzt der Kollege Woldeit das Wort. – Bitte schön, Herr Kollege!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Mein sehr geehrten Damen und Herren Kollegen! Mitunter ist es schon verwunderlich, wie unterschiedlich die Wahrnehmungen sind, inwieweit eine Aufklärung stattgefunden hat oder auch nicht. – Herr Kollege Schreiber! Ich stelle fest, dass wir darüber doch diametrale Auffassungen haben.

Wenn ich mich an die Vorwürfe erinnere, die Anfang November letzten Jahres im Raum standen – und das waren keine Lappalien, das waren schwerwiegende Vorwürfe –, war die Opposition als allererstes in der Pflicht, eine Sondersitzung des Innenausschusses zu beantragen. Von der Koalitionsseite war übrigens gar kein Aufklärungsgedanke da.

[Benedikt Lux (GRÜNE): Das stimmt ja wohl nicht!]

Was zeichnete sich dann ab? – Anstatt sich mit den einzelnen Vorwürfen substanziell auseinanderzusetzen, konnten wir in der Sondersitzung des Innenausschusses erleben, dass erst einmal plakativ alles abgestritten wurde. Es wurde gesagt, die Vorwürfe seien tendenziös. Es kam der Vorwurf der Fremdenfeindlichkeit bezüglich dieser Voicemail des Polizeiausbilders. Es wurde gesagt, er hätte es mittlerweile bereits bereut, diese Voicemail versandt zu haben, und im Großen und Ganzen sei ja ohnehin nichts dran. Der Presse wurde an der Polizeiakademie eine Musterklasse vorgeführt, und damit sollte der

See erst einmal still ruhen. – Das war nicht die Art und Weise, wie ich mir Aufklärung wünsche.

Ich erinnere mich im Übrigen auch an die Vorwürfe der Koalition: Die Sondersitzung komme viel zu früh, das habe gar keinen Sinn gemacht. Wir brauchen erst einmal einen internen Bericht usw. usf. Was haben wir dann im Nachgang erlebt? – Scheibchenweise kamen neue Erkenntnisse ans Licht. Es ging um den Vorwurf der Unterwanderung der Polizei durch Clanstrukturen: kollektiv abgelehnt! So etwas gibt es gar nicht, noch nicht einmal im Ansatzverdacht.

[Steffen Zillich (LINKE): Gibt es ja auch nicht!]

Dann stellen wir fest: Oh, es gab ja doch Versuche von einzelnen Bewerbern! Oh, es gab ja doch einzelne Dinge im Rahmen einer Razzia! Es gab ja doch den Vorwurf des Geheimnisverrats einer Praktikantin usw. usf. – Das kann es nicht sein, und das nehmen die Bürger der Koalition dann auch nicht ab.

Wenn wir ein Stück weitergehen, haben wir nicht nur die Vorwürfe im Rahmen der Polizeiakademie. Die Anhörung hat deutlich gezeigt, dass wir ganz unterschiedliche Wahrnehmungen seitens der Polizeischüler haben. Ich erinnere mich an die Vertreterin der Klasse der lebensälteren Schülerinnen und Schüler, die sagten: Bei uns läuft alles ganz gut. – Eine andere Schülervertretung sagte allerdings: Nein, wir haben ein Problem. – Der Polizeipräsident sagt: Ja, wir haben kulturelle Schwierigkeiten – und nicht nur Generationsschwierigkeiten. Das heißt, es scheint dort schon etwas zu sein, und wenn ich das in der Konstellation sehe, nicht nur im Bereich der Polizei, sondern auch im Bereich der Justiz, und wenn die FDP mittlerweile die Frage stellt: „Wollen wir denn nicht irgendwann einmal an die Wurzel gehen? Wollen wir nicht insgesamt die Sicherheitslage im Land Berlin von Grund auf aufarbeiten?“, dann ist das die Frage nach einem Untersuchungsausschuss und nicht die Frage nach einem Sonderermittler. Dafür stehe ich fest ein.

[Beifall bei der AfD – Beifall von Andreas Wild (fraktionslos)]

Herr Kollege! Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Schreiber?

Sehr gern!

Herzlichen Dank, Herr Kollege Woldeit! – Eine Frage: Was Sie gerade beschrieben haben, macht ein Stück weit den Eindruck, dass Sie von strukturellen Problemen sprechen, also von der sogenannten Unterwanderung. Auf der

anderen Seite haben Sie Einzelfälle benannt. Was steht denn, und was stimmt denn nun eigentlich bei Ihnen? Sprechen Sie also von Strukturproblemen grundsätzlich, von Unterwanderung, von Straffälligen, oder sprechen Sie vielmehr von Einzelfällen, die auch der Polizei dort bekannt sind?

Das andere ist: Wie intensiv haben Sie sich denn eigentlich im Sommer 2016 bei dem Thema Polizeiakademie im Innenausschuss als AfD-Fraktion eingebracht?

[Marcel Luthe (FDP): Sommer 2016? – Zurufe von der AfD]

Vielen Dank, Herr Kollege Schreiber, für die Frage! Ich hoffe, bei mir stimmt alles – um die erste Frage zu beantworten. Im Übrigen haben wir ein strukturelles Problem und Einzelfälle. Sie erlauben mir, dass ich mit dem Begriff „Einzelfälle“ mitunter meine Schwierigkeiten habe,

[Benedikt Lux (GRÜNE): Die haben wir mit der AfD auch!]

insgesamt im Rahmen der inneren Sicherheit und wenn wir im Rahmen einer Razzia einen Einzelfall haben. Wenn wir aber strukturell mehrere Bewerbungen aus verschiedenen Clanstrukturen haben, ist das eine Bewertungssache.

[Benedikt Lux (GRÜNE): Wie viele gab es denn?]

Was das Thema Polizeiakademie angeht – wie habe ich mich damit beschäftigt? – Selbstverständlich habe ich auch Besuchergruppen empfangen. Ich weiß gar nicht, ob Sie mit dabei waren. Wir haben uns mit dem neuen FünfSemester-Modell auseinandergesetzt. Ich habe mich damit also in der Tat befasst, übrigens auch in der Sommerpause. Danke aber dafür, dass Sie mir die Möglichkeit gegeben haben, das hier noch einmal darzulegen!

Bei dem Thema Sonderbeauftragter habe ich ein kleines Déjà-vu.

[Heiterkeit von Paul Fresdorf (FDP)]

Wir hatten ja die Debatte im Rahmen des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses zum Terroranschlag. Wir hatten eine lokale Haltung von R2G-GroKo – ich nenne es einfach einmal so. Die Verantwortung des ehemaligen Innensenators Henkel fließt dort auch immer noch mit ein, außer Frage. Deswegen kann ich das seitens der CDU auch nachvollziehen. – Jetzt haben wir wieder einmal einen Umstand, der aufzuarbeiten ist. Wir bringen wieder einmal die Möglichkeit eines Untersuchungsausschusses ins Spiel, hier haben wir einmal den Umstand, dass R2G-GroKo meint, ein Sonderbeauftragter sei das Heilmittel. – Das ist nicht das Heilmittel, schon gar nicht, wenn man das Parteibuch dieses Beauftragten hinterfragt.

Das Heilmittel ist eine umfassende Aufklärung, und dementsprechend ist für uns der Parlamentarische Untersuchungsausschuss in dieser Causa noch nicht vom Tisch. – Ich danke Ihnen!

[Beifall bei der AfD – Beifall von Marcel Luthe (FDP)]

Für die Fraktion Die Linke hat jetzt der Kollege Schrader das Wort.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Alle wollen mehr Polizei auf der Straße, aber es sollte auch allen klar sein: Wenn wir die Ausbildung nicht an der Kapazitätsgrenze betreiben, und zwar dauerhaft, dann bekommen wir diese vielen neuen Stellen, die wir schaffen, nicht besetzt. Wir wollen auch nicht irgendwelche, sondern gut ausgebildete Polizeikräfte.

[Paul Fresdorf (FDP): Gut bezahlte aber auch!]

Gut bezahlte wollen wir auch, natürlich.

[Benedikt Lux (GRÜNE): Und mit Migrationshintergrund!]

Wenn wir also jetzt einen externen Beauftragten einsetzen, um die Polizeiausbildung zu evaluieren, dann dient das genau diesem Ziel, nämlich bei hohen Ausbildungszahlen eine hohe Qualität in der Ausbildung zu halten.

[Vereinzelter Beifall bei der LINKEN – Beifall von Benedikt Lux (GRÜNE) und Daniel Wesener (GRÜNE)]

Dafür wird man sich zum Beispiel die Ausstattung mit Lehrkräften ansehen müssen. Man wird sich anschauen müssen, ob eine ausreichende Betreuung gesichert ist und ob die Gewichtung der Inhalte stimmt. Das sind die entscheidenden Fragen. Natürlich wird auch überprüft, ob an all diesen kursierenden Vorwürfen etwas dran ist, ob das die angebliche Unterwanderung durch kriminelle Clans ist oder die angebliche Zunahme von Fehlverhalten. Da, das muss ich Ihnen ganz ehrlich sagen, erwarte ich nicht viel Neues. Dafür gab es bisher keine Belege, und das wird auch nicht besser, wenn diese Behauptungen immer wieder aufgestellt werden – aber gut, wir werden sehen, was bei der Untersuchung herauskommt.

Herr Kollege! Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Woldeit von der AfD?

[Karsten Woldeit (AfD): Keine erste Liga!]

(Tom Schreiber)

Ich kann mich aber eines Eindrucks nicht erwehren, nämlich dass sich einige die vermeintlich so guten alten Zeiten zurückwünschen, als es bei der Polizeischule noch Morgenappelle gab und als die interkulturelle Öffnung noch ein links-grüner Wunschtraum war.

[Zurufe von Paul Fresdorf (FDP) und Holger Krestel (FDP) – Lachen bei der AfD]

Eine Rückkehr zu einer rein weißen und militärisch organisierten Polizei, eine Rückkehr zu kultureller Einförmigkeit und Untertanengeist wird es in der Berliner Polizei nicht geben, nicht mit uns.

[Beifall bei der LINKEN – Beifall von Benedikt Lux (GRÜNE) – Georg Pazderski (AfD): Er weiß gar nicht, wovon er redet! Das ist schon das zweite Mal, dass er Unsinn redet!]

Noch eine Feststellung zum Schluss: Wir setzen jetzt für diese eine Aufgabe einen externen Beauftragten ein. Man kann an diesem Komplex aber sehr gut sehen, warum wir einen dauerhaften unabhängigen Polizeibeauftragten brauchen: Wir hätten dann eine unabhängige Instanz, an die sich auch Beamtinnen, Beamte und Azubis vertraulich wenden können, ohne über den Dienstweg gehen zu müssen oder über Medien, und bei Vorgängen wie diesen, wäre sofort eine externe, unabhängige Untersuchung möglich. Und Situationen wie diese, wo der Vorwurf der Vertuschung im Raum steht, würden vielleicht so gar nicht entstehen. Das zeigt also: So etwas ist kein Instrument gegen die Polizei, sondern auch ein Instrument für die Polizei, für die Verbesserung der Polizeiarbeit. Deshalb wäre ich sehr dafür, dass wir noch in diesem Jahr einen Gesetzentwurf für einen unabhängigen Polizeibeauftragten auf den Weg bringen. – Vielen Dank!