Protokoll der Sitzung vom 22.02.2018

Und dann komme ich zum Versammlungsrecht: Zu den größten Werten unserer Demokratie zählen das Versammlungsrecht und die Meinungsfreiheit.

[Beifall bei der AfD]

Und ich finde, dass unsere Demokratie es aushalten muss, dass es Versammlungen und Meinungen gibt, die uns möglicherweise nicht gefallen. Deshalb sage ich ganz deutlich: Auch Ihnen von der AfD steht selbstverständlich der grundrechtliche Schutz der Versammlungs- und Meinungsfreiheit zu.

[Oh! von der AfD]

Aber genauso steht es auch den anderen zu, ihre grundrechtliche Meinung zu sagen und ihre Versammlungsfreiheit zu nutzen. Und da kann es selbstverständlich zu Konflikten kommen; das lernt man im ersten Semester im Grundkurs „öffentliches Recht“.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN – Stefan Franz Kerker (AfD): Den Sie geschwänzt haben!]

Es ist ein völlig normaler Vorgang in unserer Demokratie, dass es bei Demonstrationen auch Gegendemonstrationen geben kann. Und es ist ein völlig normaler Vorgang in unserer Demokratie, dass es unterschiedliche Meinungen gibt. Ohne Wenn und Aber haben Sie ein Demonstrationsrecht, auch wenn die Motivlage bei Ihnen möglicherweise nicht redlich war. Aber ohne Wenn und Aber haben Sie es auszuhalten, dass es Gegendemonstrationen gibt. Das ist Demokratie.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN – Zurufe von der AfD]

Sie können es noch nicht einmal aushalten, dass ich hier vorne etwas sage – Sie sollten sich schämen!

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN – Thorsten Weiß (AfD): Das ist einfach nur peinlich!]

Dass es Demonstrationen und Gegendemonstrationen gibt – das ist unser Rechtsstaat, sehr geehrte Herren von der AfD! Das sollten Sie akzeptieren, ohne hier Krokodilstränen zu verdrücken. Und wenn Sie auch nur einen Funken Anstand hätten, dann würden Sie sich hier nicht als kleines, weinendes Opfer hinstellen, sondern würden das Versammlungsrecht und die Meinung der anderen auch anerkennen. Aber genau das machen Sie nicht, und das können Sie auch nicht!

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Alles, was Sie hier beweinen, ist in einer Demokratie nach dem Versammlungsrecht völlig normal. Auch ich habe schon Versammlungen angemeldet: Da wird die Route geändert, da gibt es Auflagen, und da gibt es möglicherweise auch eine Gegendemonstration. – Ich habe da nicht rumgeweint, sondern ich habe akzeptiert, dass unser Rechtsstaat und unsere Demokratie genau so funktionieren. Aus einem völlig normalen demokratischen Vorgang den Untergang des Abendlands und der Demokratie zu

machen, zeigt einmal mehr Ihre opferliche Weinerrolle – Ihre weinerliche Opferrolle.

[Heiterkeit und Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Passt aber beides, oder? – Ich möchte ein Letztes sagen zu den Vorwürfen, die hier gegen Politiker der Linkspartei und der Grünen erhoben werden – und es stehen ja auch Strafanzeigen gegen Politiker der Linken und Grünen im Raum, die von AfD-Abgeordneten eingereicht wurden: Es ist meines Erachtens eine Frage des Stils, ob Abgeordnete einer Fraktion gegen Abgeordnete der anderen Fraktionen Strafanzeigen erstatten. Aber diese Frage des Stils müssen Sie für sich selbst entscheiden. Aber eine Feststellung erlaube ich mir in diesem Zusammenhang ganz deutlich: Die Straftäter in der Politik finden sich nicht in den Reihen von Linken und Grünen – die Straftäter befinden sich in Ihren Reihen, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von der AfD!

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN – Zurufe von der AfD]

Ich darf zitieren – Sie können gleich richtig aufdrehen, weil es richtig schlimm für Sie wird –: Zwei AfDLandesvorstände nach Demos zu Geldstrafen verurteilt – Bundestag hebt Immunität von zwei AfD-Abgeordneten auf – Landtag hebt Immunität von AfD-Politiker Arppe auf. Hintergrund: gewaltverherrlichende Äußerungen in einem Chat – AfD-Politiker Hampel ist ins Visier der niedersächsischen Justiz geraten. Sie ermittelt wegen des Verdachts auf Betrug – Das Amtsgericht Erfurt hat die AfD-Landtagsabgeordnete Wiebke Muhsal des Betrugs schuldig gesprochen – Der Brandenburger AfDAbgeordnete Jan-Ulrich Weiß ist im Prozess um Zigarettenschmuggel zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden.

[Zuruf von Georg Pazderski (AfD)]

Hören Sie doch zu; bleiben Sie doch mal entspannt!

Ich bitte um Ruhe!

Und als Letztes: Der AfD-Politiker Nerstheimer, der da hinten sitzt, wegen Volksverhetzung verurteilt. – Ich könnte hier noch ewig so weitermachen. Aber ich denke, eins ist deutlich geworden: Ihnen geht es nicht um Frauenrechte, Ihnen geht es nicht ums Versammlungsrecht – sondern Ihnen geht es ausschließlich um die Bestätigung Ihrer vermeintlichen Opferrolle!

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Ihnen geht es heute nur darum, einen völlig normalen Vorgang, nämlich eine polizeiliche Entscheidung, als

Ablehnung von Grundrechten zu instrumentalisieren. Das haben die Berlinerinnen und Berliner nicht verdient, und das haben insbesondere die Kolleginnen und Kollegen von der Berliner Polizei nicht verdient. Ich möchte der Berliner Polizei an dieser Stelle danken, dass sie tagtäglich unsere Sicherheit und unsere Stadt und auch unsere Grundrechte schützen. Dazu zählt auch das Versammlungsrecht, das Sie in Anspruch genommen haben, wenn auch aus provokativer Motivlage. Aber anstatt der Berliner Polizei für ihre Arbeit zu danken, muss sich die Berliner Polizei von Ihnen hier im Abgeordnetenhaus und im Bundestag beschimpfen lassen. Das ist peinlich, genauso wie die Aktuelle Stunde, die Sie angemeldet haben. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Für die CDU-Fraktion hat jetzt der Kollege Dregger das Wort.

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Gewalt gegen Frauen ist völlig inakzeptabel genauso wie Gewalt gegen andere Personen, auch gegen Demonstranten und Gegendemonstranten. Ich habe überhaupt keinen Anlass, daran zu zweifeln, dass das Konsens hier im Haus ist.

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN]

Das ist aber auch gar nicht das Thema der von Ihnen, Kolleginnen und Kollegen von der AfD, angemeldeten Aktuellen Stunde. Nach Ihrem Willen sollen wir die wertvollste Zeit unserer heutigen Plenarsitzung den politischen Animositäten einiger Abgeordneter der AfD auf der einen Seite und der Linken und Grünen auf der anderen Seite widmen.

Hintergrund sind wohl Ihre weniger freundlichen Begegnungen bei irgendwelchen Demonstrationen und Gegendemonstrationen, auf denen Sie sich herumgetrieben haben, anstatt den Menschen in unserer Stadt zu dienen.

[Beifall bei der CDU]

Meine Damen und Herren der AfD-Fraktion und der Linksfraktion! Ich habe mich gefragt, was an den mangelhaften Umgangsformen Ihrer politischen Randgruppen außerhalb dieses Parlaments so wichtig ist, dass sie uns veranlassen sollten, uns damit zu beschäftigen.

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Ganz ehrlich: Ich habe keine Antwort gefunden. Ich bitte da um Verständnis, dass ich mich auf einige Fragen be

schränke: Glauben Sie, dass irgendjemand außerhalb der Parallelwelten Ihrer realitätsfremden Parteizirkel

[Lachen bei der AfD]

auch nur ansatzweise Verständnis dafür hat, womit Sie uns heute die Zeit stehlen wollen?

[Beifall bei der CDU]

Glauben Sie, dass die Alten in unserer Stadt, die ihr Leben lang fleißig gearbeitet haben und deren kleine Rente mit der Mietpreisentwicklung nicht Schritt hält, den Eindruck gewinnen, dass Sie sich um deren berechtigte Anliegen kümmern?

Meinen Sie, dass die Familien mit Kindern in unserer Stadt, deren Schulen sich nicht erst seit gestern teilweise in einem beklagenswerten Zustand befinden, erkennen können, worin die Bedeutung Ihrer Auseinandersetzung liegt?

Gehen Sie davon aus, dass die Polizisten, Feuerwehrleute und anderen Rettungskräfte und die vielen fleißigen Menschen in unserer Stadt Verständnis für Ihre Selbstbeschäftigung haben?

Herr Kollege Dregger! Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Buchholz von der AfD?

Nein, danke! – Glauben Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen von der AfD, dass die Menschen in unserer Stadt immer noch nicht merken, dass Sie mangels inhaltlicher Themen die Eskalation suchen,

[Lachen von Georg Pazderski (AfD)]

um eine Opferrolle einzunehmen, getreu Ihrem Motto „Wir gegen die Systemparteien“? Meinen Sie, dass dieses billige Buhlen um Solidarisierung auf Dauer Erfolg haben wird?

[Georg Pazderski (AfD): Sie hören sich ja schon an wie die SPD!]

Ich würde Ihnen raten, das zu lassen und mal damit zu beginnen, sich mit den Anliegen der Menschen in unserer Stadt ernsthaft zu beschäftigen.

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der SPD, der LINKEN den GRÜNEN und der FPD]

Glauben Sie, meine Damen und Herren von der Linksfraktion, dass Sie mit Ihrer aggressiven Anti-AfDRhetorik den Rechtspopulismus stoppen werden? Betrachten Sie als Linkspopulisten sich da als glaubwürdig?

[Beifall bei der CDU und der FDP]