In der Beratung beginnt die Fraktion der FDP, und hier hat der Abgeordneten Herr Schmidt das Wort. – Bitte schön!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der erheblich steigende Lieferverkehr stellt eine echte Herausforderung für die Verkehrssysteme unserer Stadt dar, die ja auch schon durch das Wachstum der Stadt ein immer stärkeres Verkehrsaufkommen bewältigen müssen. Deshalb kommt es auch sichtbar zu deutlichen Konflikten auf den Straßen, z. B. durch Parken von Lieferfahrzeugen in zweiter Reihe oder auf Busspuren oder Rad- oder Gehwegen. Man muss sich also wirklich dringend damit beschäftigen, wie man diesen Herausforderungen jetzt begegnet, und auch damit, wie man den Lieferverkehr in ein Gesamtkonzept für den gesamten Verkehr einbindet.
Wir als Freie Demokraten wissen, dass der Lieferverkehr wesentlich für das Funktionieren und die Versorgung unserer Stadt ist. Wir wissen, dass der Lieferverkehr auch Rückgrat der Wirtschaft ist. Wir wissen aber auch, dass man bei der jetzigen Entwicklung einen Rahmen setzen
und den Lieferverkehr steuern muss, um Konflikte mit anderen Nutzern der Verkehrssysteme zu mildern, weil die Flächen nun mal immer knapper werden. Die Forderungen mancher Wirtschaftsverbände, man möge jetzt immer dem Lieferverkehr und dem Wirtschaftsverkehr Vorrang vor dem Individualverkehr einräumen, also vor den Bedürfnissen der einzelnen Menschen, die ist falsch. So einfach kann man es sich nicht machen. Man kann nicht einfach die Straßen vom Individualverkehr freiräumen, um freie Fahrt für den Wirtschaftsverkehr zu schaffen, wie die IHK sich das vorstellt.
Denn auch der Wirtschaftsverkehr muss die Bedürfnisse der anderen Verkehrsteilnehmer berücksichtigen und stadtverträglich abgewickelt werden. Um nun eine vernünftige Abwicklung des Lieferverkehrs zu ermöglichen, fordern wir Freien Demokraten erstens mal, dass überhaupt ausreichende Möglichkeiten zum Anliefern geschaffen werden, durch Lieferzonen, die dann auch tatsächlich freigehalten werden müssen, und dass gleichzeitig ein restriktiveres Vorgehen dort greift, wo der Lieferverkehr sich nicht an die Regeln hält und in zweiter Reihe parkt oder Ähnliches.
Natürlich müssen darüber hinaus auch vielfältige moderne innovative Ansätze für den Lieferverkehr genutzt werden, denn sonst werden diese Herausforderungen nicht lösbar sein. Das heißt, dass wir in diesem Fall vor allem Forschung und Entwicklung fördern und Anreize schaffen müssen für neue und innovative Verteilstrukturen. Das heißt nicht nur, sich Drohnen vorzustellen, sondern es können z. B. Packstationen sein, wo Liefervorgänge gebündelt werden können. Dafür muss man Flächen sichern. Die Anzahl der Liefervorgänge sinkt dadurch, und die Entwicklung, dass nicht mehr jeder sein Paket direkt in den Haushalt geliefert bekommen kann, ist bereits in vollem Gange. Da wird es Grenzen geben. Das ist richtig so, denn die Logistik des Internethandels stößt auch an ihre Grenzen und an die Grenzen der öffentlichen Infrastruktur.
Das heißt, wir müssen auch innovative Verteilstrukturen entwickeln. Das muss dann aber technologieoffen sein. Der Senat stellt sich Mikrodepots als einzige Lösung vor. Es ist aber auch bei einer ganzen Reihe von Experten extrem umstritten, ob das wirklich funktioniert. Und dass das Land Berlin das dann selber auch noch durch landeseigene Unternehmen betreiben will, das lehnen jedenfalls wir als Freie Demokraten ganz klar ab.
Die Auswahl der Konzepte und der genutzten Technik muss mit den Unternehmen gemeinsam entwickelt wer
den, das sind vor allem die Kurier-, Express- und Paketdienste. Und da hat man in anderen Städten, ich nehme als Beispiel mal Nürnberg, tatsächlich gemeinsame Lösungen gefunden. Das wäre eine Aufgabe für den Senat, die Beteiligten an einen Runden Tisch zu bringen, damit man dort gemeinsam Konzepte entwickeln kann, die den Bedingungen der Unternehmen, der Wirtschaft und den Menschen dieser Stadt entsprechen.
Alles in allem: Wir brauchen ein Konzept für einen stadtverträglichen Lieferverkehr. Das ist dringend nötig, weil wir eine wachsende und wirtschaftlich dynamische Stadt wollen. In unserem Antrag legen wir Ihnen dazu eine ganze Reihe verschiedener Ansätze vor, die wir für sinnvoll halten, von denen wir überzeugt sind. Und dafür bitten wir Sie um Ihre Zustimmung. – Vielen Dank!
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Antrag der FDP zu den Herausforderungen des steigenden innerstädtischen Lieferverkehrs fordert, dass der Senat zu dem Problem des expandierenden Lieferverkehrs ein Konzept entwickeln solle. Nach einer Studie des Bundesverbandes Paket und Expresslogistik sind in unserer Stadt täglich ca. 2 500 Lieferwagen unterwegs, sie stellen mehr als 376 000 Pakete zu. Viele Fahrzeuge sind Dieselfahrzeuge, zumeist 3,5-Tonner. Ich finde es löblich, wenn es nun sogar der FDP auffällt, dass hier ein Problem besteht, welches der freie Markt nicht von selbst lösen kann und wird. Ich finde prinzipiell auch gut, wenn Politik proaktiv handelt. Neu ist mir, dass sich dieser Begriff plötzlich auch im Wortschatz der FDP wiederfindet, meint er doch vorausschauende und konzeptionell abgestimmte Planung. Der Ehrlichkeit halber muss man aber auch feststellen, dass es für proaktives Handeln zu spät ist, denn die Probleme sind bereits da. Natürlich ist das sowohl der Koalition als auch dem Senat längst aufgefallen, und es braucht dafür keinen FDP-Antrag.
Der Senat arbeitet bereits seit November 2016 gemeinsam mit den Unternehmensverbänden, Kammern und den Infrastrukturbetreibern an einer Neuauflage des integrierten Wirtschaftsverkehrskonzepts von 2005. Allein im Jahr 2017 fanden 11 Fachworkshops in verschiedenen Arbeitsgruppen statt, darunter befindet sich auch eine Arbeitsgruppe zu KEP und Postdiensten. Ziel ist die stadtverträgliche Gestaltung des Wirtschaftsverkehrs. Es gilt, die steigenden Anforderungen an die Wirtschaft
lichkeit der Transporte mit den Erfordernissen von Lebensqualität, Umweltverträglichkeit und Nachhaltigkeit zu vereinbaren.
Die Verbesserung und Anpassung des integrierten Wirtschaftsverkehrskonzepts, das auch von den Bezirken zu beachten sein wird, ist ein wichtiger Baustein des Stadtentwicklungsplans Verkehr und Mobilität. Dieser neue StEP wird gerade an einem Runden Tisch unter Beteiligung der verkehrspolitischen Sprecherinnen und Sprecher aller Fraktionen, auch der FDP, erarbeitet. Allerdings ist die FDP dort bisher nicht mit Vorschlägen aufgefallen. Aus wirtschaftspolitischer Sicht ist es dringend notwendig, ein stringentes und praktikables Konzept zu erstellen und zügig umzusetzen. Einem solchen Konzept ist allerdings nicht damit gedient, dass man eine Wunschliste formuliert und an den Weihnachtsmann schickt, so wie es die FDP macht.
Sie fordern z. B. Lieferzonen und gleichzeitig einen ausreichenden Ersatz an Parkplätzen. Aber liebe Freie Demokraten! Ihnen dürfte doch klar sein, dass in den verdichteten Innenstadtbereichen die Einrichtung von Lieferzonen auf Kosten der Parkplätze gehen wird. Und diese Verdichtung wird aufgrund des Wohnungsbaus weiter zunehmen. Man kann aber nicht die ganze Stadt untertunneln, um dort z. B. Tiefgaragen einzurichten; erst recht nicht, wenn neue Wohnungen noch bezahlbar sein sollen,
ein Problem, das Ihre Wähler zwar vermutlich nicht haben, viele Berlinerinnen und Berliner aber schon.
Man sollte also ehrlich sein und nicht Illusionen wecken. Parkzonen für Lieferdienste sind zwar sicher eine Möglichkeit, Probleme abzubauen, aber sie werden Parkplätze kosten. Sie sollten daher auch offen sein für alternative Lösungen, die beispielsweise die Belieferung mittels Lastenfahrrädern vorsehen. Auch hier ist aber Realitätssinn gefragt, denn es werden auch große und schwere Lieferungen zugestellt. Dafür braucht man motorisierte Fahrzeuge. Wenn die elektrisch betrieben werden, umso besser.
Außerdem umfasst das Problem eben auch den Lieferverkehr der Supermärkte. Da kommt man um Lkws wohl kaum herum. Eine Heinzelmännchen-Belieferung, bei der die Waren quasi unbemerkt in die Läden kommen, wird sicherlich eine Wunschvorstellung bleiben. Meine Leitidee läuft auf eine intelligente Abstimmung zwischen verschiedenen jeweils abgestimmten Lieferkonzepten hinaus. Auch sprechen muss man hier über die Beschäftigungsbedingungen der Lieferantinnen und Lieferanten. Zu einem guten Service gehört auch, dass man den Fahre
Und zu guter Letzt ist auch Forschungsförderung für die Entwicklung zukunftsfähiger Kurierexpresspaketdienste auf jeden Fall eine vernünftige Strategie. Etwa könnten die Mittel für die Elektromobilität z. B. aus dem Förderprogramm Schaufenster E-Mobilität des Bundes verstärkt für Modellprojekte für stadtverträgliche E-Fahrzeuge eingesetzt werden. Dazu gehören auch E-Bikes, die für kleine Sendungen geeignet sind. Erste Pilotprojekte gibt es in Friedenau, die ausgedehnt werden müssen. Es sind viele gute Ideen gefragt. Wir werden sie diskutieren. Ich danke für die Aufmerksamkeit!
Die Fraktion der FDP hat eine Zwischenintervention angemeldet. Herr Friederici, ich rufe Sie danach erneut auf. – Herr Schmidt, bitte schön!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Jahnke! Sie haben auf der einen Seite keinen einzigen Kritikpunkt an dem Antrag gebracht, und auf der anderen Seite haben Sie gesagt, dass es ein Wunschzettel an den Weihnachtsmann sei. Ich habe nicht so ganz verstanden, was jetzt eigentlich Ihr Ziel ist. Haben Sie ein Konzept, oder haben Sie kein Konzept? – Aus dem, was Sie gesagt haben, kommt raus, Sie haben keines und können froh sein, dass wir Ihnen wenigstens ein paar Ideen vorlegen.
Zu dem Thema Lieferplätze, Lieferzonen und Parkplätze: Also es ist schon erstaunlich, wie Sie innerhalb von drei Sätzen aus dem Thema Lieferzonen direkt zum Sozialneid kommen. Das ist offensichtlich typisch für die Art und Weise, wie Sie diskutieren. Das kennen wir auch aus dem Ausschuss. Natürlich sind Tiefgaragen eine Alternative, wenn man Parkplätze verlagern will. Wir haben dazu einen Antrag im Verfahren, die CDU übrigens auch einen neuen dazu. Das zeigt natürlich, dass das geht. Gleichzeitig haben wir Ihnen hier Ansätze vorgelegt, wie man Liefervorgänge verringern kann, damit man nämlich weniger Lieferzonen und deshalb auch nicht so viel Raum braucht.
Sie haben gesagt, man braucht gute Ideen. Hier haben Sie eine Liste. Ich hätte mich sehr gefreut, wenn Sie in
irgendeiner Form dazu Stellung genommen hätten, außer Ihrer Stellungnahme, dass man das eigentlich nicht braucht. Ich hoffe, dass die anderen Redner Ihrer Koalition da ein bisschen inhaltlicher sind als das, was Sie da geliefert haben.
Bloß zwei Sätze dazu: Wir haben ja gar nicht behauptet, dass dieses Konzept bereits fertig ist, sondern dieses Konzept befindet sich in der Erarbeitung, wie ich es hier dargestellt habe. Dort sind auch tatsächlich einige gute Ideen bereits hier genannt worden. Ihre Ideen, nun gut, die sind teilweise auch gut,
aber, ich finde, im Großen und Ganzen für das Konzept entbehrlich. Also wir benötigen in der Tat diese Ratschläge nicht. Wir benötigen auch nicht den Hinweis, dass angeblich meine Rede hier Sozialneid beinhaltet habe.