Protokoll der Sitzung vom 22.03.2018

[Zuruf von Gunnar Lindemann (AfD)]

(Christian Gräff)

Auch zukünftig sollen Institutionen öffentlicher sozialer Daseinsvorsorge geschützt sein und werden wie bisher im Gesetz privilegiert. Dass wir über die heute zusätzlich zu beschließenden Änderungsanträge noch einmal nachjustieren, ist richtig, dass hingegen – und das möchte ich deutlich sagen – Eigentümer mit dem Gesetz drohen und meinen, im Namen des Wohnraumrückgewinnungsgesetzes gegen soziale Träger Politik machen zu können, das ist unerträglich und darf nicht stehengelassen werden.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Herrn Buchholz?

Welcher Buchholz denn?

[Heiterkeit von Torsten Schneider (SPD)]

Herr Christian Buchholz!

Na, los geht es!

Herr Buchholz – bitte sehr! Sie haben das Wort.

Frau Gennburg! Warum höre ich aus Ihrer Richtung, aus Richtung Ihrer Fraktion in der letzten Zeit so oft das Wort „Enteignung“? Haben Sie irgendein Problem mit Privateigentum?

[Torsten Schneider (SPD): Ach je!]

Ach, Herr Buchholz! Sie sind wirklich ein bisschen niedlich!

[Heiterkeit bei der FDP]

Haben Sie schon einmal in das Baugesetz geschaut? Ihnen ist schon klar, dass Enteignungen im Baugesetz vorgesehen sind und man ohne Enteignungen gar nicht planen kann? Ihnen ist schon aufgefallen, dass bei jedem Quadratzentimeter Autobahn, der gebaut wird, auch Enteignungen vorgenommen werden? Sie müssen sich schon mal entscheiden, ob Sie Enteignungen kennen oder nicht kennen, gut finden oder nicht gut finden. – Ich glaube, das reicht.

[Vereinzelter Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN]

Es ist kein Geheimnis, dass dieses Gesetz insbesondere zum Gegenstand der öffentlichen Debatte wurde, als es um Fragen der zeitweisen Untervermietung von Wohnraum ging und geht. Interessant daran ist, dass bisher und auch zukünftig alle Menschen in Berlin ihren Wohnraum mit anderen teilen können, so dies der Vermieter zulässt und keine gewerbemäßige Untervermietung vorliegt. Dennoch wurde immer wieder erklärt, der Gesetzgeber gängele die Menschen. Das ist nicht wahr!

Vergangenen Mittwoch stritt sich der Bezirk Pankow erneut mit dem Plattformkapitalisten Airbnb vor Gericht. Das Unternehmen teilte mit, man könne hier in Deutschland keine Daten rausgeben, und wenn das Bezirksamt etwas über die Anbieter wissen möchte, um herauszufinden, ob es sich um eine gewerbemäßige Untervermietung handele, dann könne man ja nach Dublin reisen. Ich fragte einen Airbnb-Vertreter vergangenen Montag, ob er mit mir nach Irland reisen und mir beim Fragen helfen wolle. Er lehnte leider ab. Aber mein Angebot steht; ich zahle mein Flugticket auch selber.

[Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]

Seit Adorno und schon davor geht es also um die Unversehrtheit der Wohnung als ein Grundrecht und dem eigentumsähnlichen Anspruch, den jede Mieterin und jeder Mieter in Bezug auf seine Wohnung besitzt. Dieses Recht ist jedoch gebunden an das Wohnen als einem Grundrecht und die Frage, was Wohnen ist und was es nicht ist. Der Autor Peter Weber hat in der „Neuen Zeitschrift für Miet- und Wohnungsrecht“ dazu gesagt – Zitat –:

Entscheidend für den Begriff des Wohnens ist vielmehr die von gewisser Dauerhaftigkeit gekennzeichnete Qualität der Häuslichkeit.

Der Autor legt damit dar, dass die Qualität des Wohnens das hinreichende Kriterium für die Unterscheidbarkeit von Wohnraum und Nicht-Wohnraum sein müsse und nicht die Anzahl von Tagen. Auch deswegen ist es gut, dass wir uns für die Einzelfallgerechtigkeit und nicht für eine x-beliebige Tageregelung im Gesetz entschieden haben.

Ich freue mich, dass wir es geschafft haben, so gut zu einem Ergebnis zu kommen, bedanke mich auch für die gute Zusammenarbeit und bitte um Zustimmung.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD und der LINKEN]

Für die AfD- Fraktion hat jetzt der Abgeordnete Herr Laatsch das Wort. – Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Frau Gennburg! Wenn Sie Bauen in dieser Stadt nicht zu

(Katalin Gennburg)

lassen, dann werden Bedürftige keinen Wohnraum finden. Die Verantwortung dafür trägt niemand, der in seiner Wohnung wohnt und diese mal temporär vermietet. Die Verantwortung dafür tragen Sie – niemand anderes als Sie. Alles, was Sie machen, führt zu keinem Quadratmeter neuen Wohnraum, Frau Gennburg!

[Beifall bei der AfD]

Gestatten Sie eine Zwischenfrage der Frau Gennburg?

Ein bisschen später, Frau Gennburg! Drücken Sie später noch einmal. Ich fange ja gerade erst an mit meiner Rede. Ich bitte um Verständnis.

Die Belegung der Hauptwohnung mit einer Restriktion, einer wie auch immer gearteten Pflicht zu einem Verwaltungsakt, so zum Beispiel die Einhängung einer Registrierungsnummer zur Vermeidung eines Bußgeldes, lehnen wir grundsätzlich ab.

[Beifall von Frank Scheermesser (AfD)]

Ja, kann man ruhig klatschen! – Der Eingriff in die selbstgenutzte Wohnung ist für uns unverhältnismäßig, und ich bin mir sicher – Sie wissen, was kommt –, das werden auch Gerichte so sehen. Eine Differenzierung in unter und über 50 Prozent Wohnfläche ist für uns insofern obsolet. Wir halten auch schon die Einschränkung auf 182 Tage, wie sie die FDP im Änderungsantrag vorgesehen hat, für falsch.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Frau Schmidberger?

Auch später! – Wir sehen aber in diesem Antrag zumindest einen denkbaren Kompromiss und unterstützen ihn deshalb bei Bedarf.

Meine Damen und Herren der Koalition! Der Wegfall der Genehmigungsfiktion, also die grundsätzliche Annahme, wenn eine Behörde drei Monate nichts geleistet hat, dass der Bürger dann automatisch einen Anspruch darauf hat, dass sein Antrag genehmigt ist, dass Sie das wegfallen lassen, passt zu dieser Stadt, denn diese Regelung ist speziell in Berlin wichtig. Warum ist das so? – Weil es darum geht, Bürger vor Senatswillkür, vor Verschleppung und vor Gleichgültigkeit der Verwaltung zu schützen.

[Beifall bei der AfD]

Die Disfunktionalität der Berliner Verwaltung ist hier noch gar nicht erwähnt, dass hier Leute nachts mit Zelten vor irgendwelchen Behörden aufbetten müssen, damit sie am nächsten Tag einen Termin bekommen, einen Termin, an dem sie dann irgendwann ihre Sache erledigt bekommen. Das ist Dritte Welt! Das hat nichts mit Hauptstadt zu tun!

[Beifall bei der AfD – Katrin Schmidberger (GRÜNE): Sie verwechseln da was!]

Ich will Ihnen dazu auch gleich mal ein Beispiel geben: Unser lieber Herr Innensenator Geisel hat hier vor zwei Sitzungen die Verwaltung hoch gelobt, wie toll das jetzt alles unter ihnen läuft. Ich habe das natürlich gleich überprüft und habe einfach mal so getan, als will ich einen Termin bei der Zulassungsstelle machen, und versucht, mir online einen Termin zu holen. Es geht nicht mehr! Es gibt jetzt eine Hotline.

[Zuruf von Iris Spranger (SPD)]

Da bin ich in die Kabine da hinten gegangen und habe die Hotline gewählt. Da bekam ich zwei Minuten eine Ansage, die ich nicht wollte, weil ich sie nicht brauchte. Dann bekomme ich eine Minute nichts – kein Rufzeichen –, dann ein Rufzeichen, dann wieder eine Minute nichts und dann: tut, tut, tut, …. Das ist Ihre funktionierende Verwaltung, meine Herrschaften! Da geht gar nichts! Und da machen wir auch nichts mit!

[Beifall bei der AfD – Unruhe]

Zur Verkürzung der genehmigungsfreien Leerstandszeit von drei auf sechs Monate wissen wir, dass sich diese Zeit bei mangelnder Verfügbarkeit von Handwerkern als unpraktikabel erweist und einen Verwaltungsakt auslöst, der unangebracht ist. Hier wie im gesamten Dokument wird ein Verwaltungsakt konstruiert, der dem Bürger Gebühren und Lasten auflegt. Im Falle der Registrierungsnummer für selbstgenutzte Wohnungen sind das gleich 225 Euro, meine Herrschaften,

[Zuruf von Iris Spranger (SPD)]

für eine Leistung, die wahrscheinlich nur mit Mühe zu erreichen ist. Das ist die typische Haltung des sozialistischen Gartenzwerges, der gerne für sich Weltoffenheit in Anspruch nimmt, in Tatsache aber ein miefiger Kleinbürger ist, der gerne und mit Wonne den Bürger zwirbelt und seine Macht auskostet.

[Beifall bei der AfD – Weiterer Zuruf von Iris Spranger (SPD)]

Gestatten Sie jetzt eine Zwischenfrage der Abgeordneten Frau Schmidberger?

(Harald Laatsch)

Ja, jetzt lasse ich mal die Frau Schmidberger zu. – Bitte schön!