Protokoll der Sitzung vom 31.05.2018

Wir teilen ebenso wenig Ihre Forderung, die Fachaufsicht durch den Senat über die Bezirke zu begrenzen und die Verantwortung für alle wichtigen Entscheidungen in den Bezirken zu belassen. Wer entscheidet, was wichtig oder weniger wichtig ist? – Es gibt auch Konzepte und Verfahren, die gesamtstädtisch erarbeitet und umgesetzt werden müssen. Eine Straße endet nun einmal nicht an der Ecke Pankow-Weißensee, ebenso wenig die Straßenbahn oder U-Bahn. Es gibt übergreifende Aufgaben wie die Unterbringung und Integration Geflüchteter oder die Fachkräftegewinnung – wir haben das Thema heute schon besprochen.

Gleichzeitig wollen Sie Aufgaben effizienter zuordnen und Aufgaben, die durch Dritte wirtschaftlicher erbracht werden können, an Externe vergeben. – Ja, doch! Aber bitte, meine Damen und Herren der CDU, lesen Sie § 7 Abs. 1 der Landeshaushaltsordnung! Dort ist das schon geregelt.

Weiterhin fordern Sie die Einrichtung einer ständigen Aufgabenkommission. Diese soll die Zuständigkeiten der Berliner Verwaltungsebenen regeln und eine ständige Aufgabenkritik vornehmen. Na klar! Das beständige und kritische Hinterfragen von Aufgaben ist eine wichtige Voraussetzung für die gesamtstädtische Entwicklung. Doch wenn es in der Vergangenheit an einem nicht mangelte, dann waren es Ergebnisse und Vorschläge von Kommissionen und Gutachten. Gelungen ist es Ihnen hingegen nicht, die notwendigen Veränderungen in Organisation, Ablauf oder Ausstattung der Berliner Verwaltung auch anzupacken. Auch jetzt wollen Sie die Arbeit wieder einer Kommission zuordnen – aber keine Kommission entscheidet, welche der Aufgaben durch den Senat oder durch die Bezirke zu erledigen sind, sondern der Gesetzgeber im Rahmen der Beschlussfassung über das allgemeine Zuständigkeitsgesetz.

[Vereinzelter Beifall bei der AfD]

Auch Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen der CDU, sind Teil des Gesetzgebers. Allerdings scheint Ihnen das bisweilen nicht ganz klar zu sein – oder wo waren Sie bei der Beschlussfassung über den Haushalt und das Haushaltsumsetzungsgesetz? – Wir haben beschlossen, die Fraktionen in den Bezirksverordnetenversammlungen finanziell besser zu unterstützen und die Personalmittel deutlich aufzustocken – übrigens bei der Einzelabstimmung der Artikel im Hauptausschuss auch mit Ihrer Zustimmung. Ihre Forderung ist also bereits umgesetzt, und wieder einmal werfen Sie sich hinter den fahrenden Zug.

Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen der CDU! Ihr zu einem sogenannten Paket gehörender Antrag „Schluss mit dem Personalmangel in den Bezirksverwaltungen!“ wird heute nicht besprochen, auch wenn einzelne schon darauf eingegangen sind. Ich finde das nicht wirklich schade, denn dieser Antrag strotzt nur so von inhaltsleeren oder flachen Worthülsen, und er ist voller Unkenntnis.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD – Beifall von Sebastian Walter (GRÜNE) – Zuruf von der CDU: Was?]

Ich möchte auch eine kleine Auswahl liefern: „Gleiche Berufsgruppen sind in Land und Bezirken... gleich zu bewerten“. – Nein, es geht nicht um Berufsgruppen, sondern um gleichartige Tätigkeiten.

[Vereinzelter Beifall bei der LINKEN – Beifall von Franziska Becker (SPD) und Anja Schillhaneck (GRÜNE)]

Oder: „Den Bezirken wird... ermöglicht, Stellen selbst zu bewerten.“ – Hallo? Das können sie schon, und das machen sie auch.

Ein Schlenker – Herr Schmidt, Sie haben es selbst angesprochen – sei mir an der Stelle gestattet: das Thema schnellere Besoldungsanpassung. Ja, Sie haben in Ihrer Verantwortung in den letzten Jahren immerhin die Besoldungsanpassung um 12,5 Prozent angehoben. Bundesweit stieg die Besoldungsanpassung aber um 13,6 Prozent. Wirklich verkleinert wird der Rückstand erst seit 2017, also erst mit dieser Koalition.

[Beifall bei der LINKEN – Beifall von Franziska Becker (SPD) und Sebastian Walter (GRÜNE)]

Ich könnte das Ganze fortsetzen, ich will aber nur so viel sagen: Es wäre übertrieben, wenn ich jetzt mit dem üblichen „Ich freue mich auf die Debatte im Ausschuss“ enden würde. Wir müssen aber trotzdem darüber reden. – Vielen Dank!

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD und den GRÜNEN]

Vielen Dank! – Für die FDP-Fraktion hat der Kollege Förster das Wort.

[Christian Gräff (CDU): Der ist ja auch Teil der Koalition! – Bernd Schlömer (FDP): Jetzt wird es ernst! – Sebastian Schlüsselburg (LINKE): Der Mann für alles!]

Herr Gräff! Der Zwischenruf geht ins Leere, denn Sie haben in Marzahn-Hellersdorf bei der Bezirksamtsbildung immer fleißig mit den Linken paktiert. Insofern ist es immer schön, wenn man mit dem Finger auf andere zeigt.

[Zuruf von Christian Gräff (CDU) – Mario Czaja (CDU): Wir haben nicht paktiert, wir haben integriert!]

(Dr. Manuela Schmidt)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Verehrte Gäste! Der Aufschlag der CDU zum Thema Bezirke ist eine Aneinanderreihung von Selbstverständlichkeiten, von einigen Plattitüden, die wir durchaus selbst unterstützen, aber auch von Dingen, die aus unserer Sicht so nicht gehen. Ich war selbst lange genug Bezirksverordneter und kann aus eigenem Erleben und auch aus dem, was immer vom Bezirksamt rückgekoppelt wurde, sagen, dass zumindest die CDU nicht gerade für starke Bezirke stand, jedenfalls in der Zeit, in der sie Verantwortung hatte. Insofern ist das vielleicht die Wandlung vom Saulus zum Paulus, aber besonders glaubwürdig ist es nicht.

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN – Christian Gräff (CDU): Ich sage doch „Koalition“!]

Besonders glaubwürdig ist es auch nicht, dass die CDU zum Beispiel auf die Bemühungen des Kollegen Swyter, eine Enquete-Kommission einzusetzen, in der genau dieser grundlegende Reformbedarf der Berliner Verwaltung hätte besprochen werden können,

[Frank-Christian Hansel (AfD): Das ist unser Vorschlag!]

nicht reagiert hat bzw. sogar eher negativ dazu Stellung genommen hat. Diese Enquete-Kommission hätte der CDU aber auch die Chance geboten, einen Teil ihrer Vorstellungen umzusetzen, statt hier nur solch einen Schaufensterantrag für Bezirkspolitiker zu generieren, die damit ihre Büros tapezieren können. Damit ist niemandem geholfen.

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN – Torsten Schneider (SPD): Ja!]

Der Antrag ist relativ lieblos zusammengeschustert. Das fängt schon bei der Fachaufsicht an. Meine Vorrednerinnen und Vorredner haben ja schon erwähnt, dass es die Fachaufsicht im eigentlichen Sinne gar nicht mehr gibt. Man würde sich vielleicht manchmal wünschen, es gäbe sie wieder, um bestimmte Dinge gesamtstädtisch steuern zu können.

[Beifall von Dr. Clara West (SPD)]

Das ist aber eine andere Diskussion. Dafür sind wir auch durchaus offen. Heute findet aber nahezu kein Durchgriff mehr statt, bis auf die ganz kleinen Beispiele, die aber kaum Anwendung finden. Insofern ist das gar nicht der Punkt.

[Zuruf von Mario Czaja (CDU)]

Sie wollen vor allen Dingen die Verwaltung effizienter machen, aber ohne zu prüfen, wer welche Verwaltungsaufgaben wahrnimmt. Wir wollen, dass entsprechende Aufgaben im Sinne der Bürger schneller und effektiver wahrgenommen werden, die aber auch klar den unterschiedlichen Ebenen zugeordnet werden.

[Frank-Christian Hansel (AfD): Unser Gedanke! Sehr gut!]

Einerseits behaupten Sie – das ist der Widerspruch in der Argumentation der CDU –, die Bezirke stärken zu wollen, andererseits sprechen Sie sich aber in der öffentlichen Debatte immer wieder gegen das politische Bezirksamt aus, das eine wesentliche Grundlage für klare politische Willensbildung wäre. Ja, was denn nun? Das eine oder das andere?

[Beifall bei der FDP – Beifall von Dr. Clara West (SPD) – Zurufe von Mario Czaja (CDU) und Stephan Schmidt (CDU)]

Gerade ein Bezirksamt wie zum Beispiel in Pankow, wo fünf Stadträte fünf Parteien angehören,

[Heiko Melzer (CDU): Die FDP ist nicht dabei!]

kann die Dinge doch gar nicht effizient abarbeiten. Dort ist natürlich Blockade und Stillstand an der Tagesordnung. Deswegen muss man dort andere Wege gehen.

[Sebastian Schlüsselburg (LINKE): Der Bürgermeister macht das ganz gut in Pankow!]

Schauen wir uns aber noch einmal die einzelnen Punkte an, die Sie aufgeführt haben! Zur Fachaufsicht habe ich schon Stellung genommen. Dann wollen Sie eine ständige Aufgabenkommission, die sich damit befasst, was man machen könnte – ein weiteres Dauergremium, das nicht zielführend ist. Wir brauchen eher den politischen Willen, die notwendigen Verwaltungsreformen auch anzugehen und umzusetzen, aber keine Gremien, die wiederum Dinge beraten, die eigentlich schon festgestellt worden sind. Auch das ist ein Punkt, auf den man einmal schauen müsste.

[Beifall bei der FDP – Zuruf von Christian Gräff (CDU)]

Sie wollen die Möglichkeiten der Schwerpunktsetzung der Bezirke erleichtern. Aber das ist doch bisher schon möglich. Gerade bei den Nicht-Pflichtaufgaben machen doch die Bezirke ganz unterschiedliche Dinge. Das zeigt sich auch in den unterschiedlichen Bürgerbeteiligungen, dass Lichtenberg eben mehr Bürgerbeteiligung macht als Reinickendorf zum Beispiel,

[Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]

oder dass auch andere Bezirksämter gerade in den NichtPflichtbereichen Weiterbildung und Kultur die einen ihre Volkshochschulen und Musikschulen stärken, die anderen ihre Bibliotheken, Heimatmuseen und Kulturämter runterfahren und ihre Galerien schließen. Da gibt es doch unterschiedliche Schwerpunkte, und da ist auch jedem Bezirk nach Möglichkeiten zugestanden, Schwerpunkte zu bilden.

Dann wollen Sie Prozessdauern verkürzen, klare Zielvorgaben einführen. Grundsätzliche Unterstützung, aber wer soll es dann wiederum auch kontrollieren? Sie wollen

immer neue Methoden, neue Zielvorgaben, aber Ihre Zielvorgabe ist nur so gut, wie sie auch umgesetzt und geprüft werden kann, dass sie stattfindet. Das ist dann nämlich das Problem.

Dann gehen Sie auf Servicelevelvereinbarungen. Wir haben doch aber eine Servicelevelvereinbarung, die heißt Kosten-Leistungs-Rechnung. Und die ist ja auch irgendwo bei allen Problemen, die sie bei den Bezirken mit sich bringt, eine Benchmark, wo man sehen kann, welcher Bezirk effektiver ist und welcher weniger.

[Christian Gräff (CDU): So ein Quatsch!]

Und dann müssen sich die Bezirke auch mal hinsetzen und gucken, wo geben sie zu viel Geld aus, wo ist zu wenig Personal, dann das entsprechend angleichen. Sie haben immerhin einen Erfahrungswert aufgrund der Erfahrung der anderen Bezirke.

[Beifall bei der FDP]

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Gräff?

Bitte schön!

Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Förster! Ist Ihnen eigentlich bewusst, dass bei der Kosten- und Leistungsrechnung eben nicht alle Kosten und alle zeitlichen Kosten beispielsweise einfließen, sondern am Ende des Tages ja gekappt wird? Das ist ja eines der wesentlichen Kritikelemente an der Kosten- und Leistungsrechnung, dass sie eben nicht alle Kosten und Leistungsmöglichkeiten abbildet.