Protokoll der Sitzung vom 28.06.2018

(Dr. Robbin Juhnke)

Vorstellungen, was man dort an sinnvollen kulturellen Nutzungen unterbringen könnte. Das Haus der DDROpposition war jedenfalls nicht die Vorstellung von Herrn Kluckert. Das wäre nicht unsere Priorität. Zum Palais am Festungsgraben kann man sicherlich verschiedene kulturelle Leuchttürme diskutieren, die dort möglich wären, aber ich glaube, mit dem Antrag soll nur eine Nebelkerze geworfen werden.

Wir haben bei den SED-Millionen, die verteilt werden sollen, vielmehr das Problem, dass wir bisher keine konkrete Vorschlagsliste kennen. Zweitens durften wir den Zeitungsveröffentlichungen der letzten Tage ein Sammelsurium von Anträgen der Bezirke entnehmen, die in der Tat zum Teil skurrile Blüten treiben. Dazu hat sich der Kollege Otto deutlich positioniert und ich ebenfalls. Elektrogrills sind sicherlich nicht die erste Priorität. Es sollen sinnvolle Projekte sein, die im weitesten Sinn der Aufarbeitung der SED-Diktatur und DDR-Geschichte dienen. Ich glaube, da sind wir uns weitgehend einig.

[Beifall bei der FDP]

Ansonsten haben wir in diesem Haus interfraktionell einige Anträge zum Campus für Demokratie und zur Keibelstraße beschlossen. Frau Kollegin West hat darauf hingewiesen. Da erwarten wir natürlich auch, dass der Senat größere Summen bereitstellt, um genau diese Projekte zu realisieren. Gerade wenn man die Keibelstraße zu einem außerschulischen Lernort weiterentwickeln will, sind erhebliche Investitionen erforderlich, um das entsprechend museal einzurichten. Beim Campus für Demokratie – der wunderbaren Idee von Roland Jahn, dem Bundesbeauftragten – müssen auch viele Millionen investiert werden. Und da sollten auch die Prioritäten gesetzt werden; das ist gar keine Frage.

[Beifall bei der FDP – Beifall von Mario Czaja (CDU) und Stefan Evers (CDU)]

Insofern – das ist dann auch der Hinweis an den Senat, der, zumindest was die Finanzverwaltung betrifft, gar nicht vertreten ist: Wenn der Finanzsenator im „Tagesspiegel“ erklärt, er nehme auch die Rückmeldungen der Abgeordneten entgegen und dann werde im Juli entschieden, nun: Der Juli ist schon fast ran, und Rückmeldungen können wir Abgeordneten erst geben, wenn wir die Liste kennen. Deshalb kriegt er heute Abend von mir noch eine Mail, und dann soll er uns die Liste zur Verfügung stellen, sodass wir auch Rückmeldung geben können. Das ist so ein bisschen wie mit dem Seehofer-Papier: Wenn es keiner kennt, kann auch keiner Rückmeldung geben. Das ist ein bisschen schwierig. Wenn die Zeit davonläuft, bitte auch darauf achten, dass wir jetzt Sommerpause haben! Nicht, dass wir im September das Papier auf den Tisch geworfen bekommen!

Auch bei allen skurrilen Vorschlägen, die zum Teil aus den Bezirken kamen und wo es wohl eher darum ging, Haushaltslöcher zu stopfen, jedenfalls Projekte anzumel

den, die bei SIWANA durchgefallen sind – da haben wir einige dabei, auch aus meinem Heimatbezirk TreptowKöpenick –, bin ich ansonsten insgesamt zuversichtlich, dass wir auch die Leuchttürme finanziert bekommen – Keibelstraße, Campus der Demokratie – und die Gelder sinnvoll einsetzen. Alles andere könnten wir auch der DDR-Opposition und ihren Vertretungen nicht erklären. Deswegen lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten, dass das Geld sinnvoll eingesetzt wird, und führen wir keine Scheindebatten zum Palais am Festungsgraben! – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN – Beifall von Dr. Clara West (SPD) und Sabine Bangert (GRÜNE)]

Vielen Dank! – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat der Kollege Wesener das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Es gibt gute Ideen. Es gibt Ideen, die zumindest gut gemeint sind, und es gibt Anträge der AfD.

[Heiterkeit bei Regina Kittler (LINKE)]

Ihre Mache, Herr Trefzer, ist doch folgende: Sie nehmen einen mehr oder weniger beliebigen Anlass, kombinieren ihn mit einem im Grunde ehrenwerten Anliegen, zelebrieren dann noch ein wenig finanzpolitisches Voodoo und fügen am Ende den obligatorischen Schuss Populismus hinzu – und fertig ist ein Antragsgebräu, das sich wie ein halbwegs vernunftbegabter Vorschlag ausnimmt,

[Georg Pazderski (AfD): Das nennt man rot-rot-grüne Politik!]

gegen den doch eigentlich niemand etwas sagen kann. – Herr Pazderski! So einfach, so unseriös, so AfD!

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Herr Kollege! Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Christian Buchholz?

Später gerne! – Im konkreten Fall besteht die Mixtur aus einer landeseigenen Immobilie, deren Zukunft in der Debatte ist, der Erinnerung an den Widerstand gegen die SED-Diktatur sowie der anstehenden Entscheidung über die Verwendung der sogenannten PMO-Mittel. Heraus kommt à la AfD – hex, hex! – ein nigelnagelneues Haus der DDR-Opposition, und wer dagegen etwas einzu

(Stefan Förster)

wenden hat, kann in den Augen der AfD vermutlich nur Kryptokommunist sein.

Hier kommt die Aufklärung mit den wichtigsten Fakten, erstens zur Immobilie: Das Palais am Festungsgraben ist seit etwa einem Jahr Gegenstand eines offenen Interessenbekundungsverfahrens. Die Bewerbungsfrist für mögliche Nachnutzer oder Nachnutzerinnen und ihr Konzept ist am 16. Oktober letzten Jahres ausgelaufen. Die Auslobung befindet sich dem Vernehmen nach auf der Zielgerade. Über die Einreichung eines Konzepts für ein Haus der DDR-Opposition ist nichts bekannt, ebenso wenig wie eine rechtzeitige Interessenbekundung der AfD.

Zweitens – zur Erinnerung an die DDR-Vergangenheit: Zu dieser hat sich diese Koalition nicht nur klar bekannt, sondern ist hier längst tätig, unter anderem durch die Planungen zur Errichtung eines Campus der Demokratie auf dem Gelände der ehemaligen Stasi-Zentrale in Lichtenberg. Hier ist der richtige Ort dafür, das Gedenken an die SED-Diktatur und den vielfältigen Widerstand gegen dieselbe lebendig zu halten. – Herr Trefzer! Wenn Sie den Kollegen Otto nicht nur eklektizistisch zitiert hätten, wie es Ihnen gerade in Ihr Redemanuskript passt, sondern der Idee und dem Geiste nach, dann wüssten Sie, dass er genauso wie wir als Grüne der Meinung ist, dass genau hier in Lichtenberg die museale, historiografische, allgemeine Bildungsarbeit zum Thema gebündelt werden soll, unter dem Titel „Campus für Demokratie“.

[Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN]

Beteiligen Sie sich als AfD doch einfach an der Debatte über dieses Projekt, das auch vom Landesbeauftragten zur Aufarbeitung der SED-Diktatur unterstützt wird, anstatt wieder einmal Ihr eigenes geschichtspolitisches Süppchen zu kochen!

Drittens – zu den sogenannten PMO-Mitteln, also, den rund 16 Millionen aus dem ehemaligen SED-Vermögen, welche das Land Berlin anteilig vom Bund zurückerstattet bekommt: Hier muss qua einer Verwaltungsvereinbarung – das ist schon erwähnt worden – ein Großteil der Mittel in wirtschaftliche Maßnahmen fließen, steht also gar nicht für Erinnerungsarbeit zur Verfügung. – Das haben Sie, Herr Trefzer, bereits eingeräumt. Finanzpolitisches Absurdistan ist aber Ihre Vorgabe, ein öffentliches Haus der DDR-Opposition dürfe kein Zuschussbetrieb sein, sondern müsse sich über Mieteinnahmen refinanzieren. Wie soll das bitte ohne einen vermögenden Träger oder eine Stiftung, ohne öffentliche Zuschüsse oder Drittmittel funktionieren? Diese Forderung der AfD ist etwa so seriös wie ihre Idee, dass sich finanziell Schwache durch den Kauf einer Eigentumswohnung vor der Altersarmut retten könnten.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD und der LINKEN]

Und auch hier die Aufforderung: Schließen Sie sich gerne unserer Forderung an, dass Teile der PMO-Mittel in die Entwicklung so wichtiger erinnerungspolitischer Projekte wie den Campus der Demokratie oder den Bildungsort Keibelstraße – Frau West hat es erwähnt – gehen. Das wäre ausnahmsweise mal ein produktiver Beitrag von Ihrer Seite. – Jetzt würde ich gerne die Zwischenfragen beantworten, wenn das in Ordnung ist, Frau Präsidentin?

Dann hätten wir den Abgeordneten Buchholz und den Abgeordneten Trefzer, in dieser Reihenfolge.

Ja! Sehr gerne!

Ihre Redezeit wäre übrigens abgelaufen.

Herr Wesener! Sie haben einen mir als Ökonom nicht bekannten, möglicherweise ökonomischen Fachbegriff verwendet: finanzpolitisches Voodoo. – Könnten Sie mir mal näher erklären, an einem allgemeinen Beispiel, was das ist? Oder ist das Thema der Abschlussprüfung Ihres Kunstgeschichtsstudiums gewesen?

[Heiterkeit bei der AfD – Steffen Zillich (LINKE): In diesem Hause allgemein bekannt!]

Wollen wir die Fragen sammeln?

Nein! Wollen wir nicht!

Gut! – Ich habe jetzt nicht ganz verstanden, welchen Begriff Sie nicht verstanden haben. Finanzpolitik oder Voodoo? Oder beide?

[Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]

Ich bin mir in Ihrem Fall auch nicht ganz sicher. – Ich meine damit eine völlig unseriöse finanzpolitische Argumentation, die hier in Ihrem Antrag zum Tragen kommt. Sie wollen ein Haus vergeben. Sie wollen, dass es bewirtschaftet wird. Sie wollen es der Öffentlichkeit zugänglich machen, und Sie sind der Meinung, das ist womöglich einmalig mit maximal 40 Prozent der 16 Millionen PMOMittel möglich. Mit Verlaub: Ich glaube, so naiv sind selbst Sie nicht.

[Harald Wolf (LINKE): Doch! Ist er!]

Deshalb habe ich den Begriff Voodoo verwandt; also: Sie glauben offenbar an Zauberei, scheinen hier der Öffentlichkeit etwas vormachen zu wollen. Ich weiß nicht, ob diese Ausführungen genügen, ansonsten haben wir vielleicht später noch Gelegenheit, über Finanzpolitik und Voodoo zu sprechen. In dieser Kombination ist mir das auch neu, aber im Falle der AfD scheint es leider gängige Praxis zu sein.

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]

Dann hat die zweite Zwischenfrage Herr Trefzer.

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Herr Wesener! Ihr Kollege Otto hat für die Fraktion der Grünen – davon gehe ich mal aus – im Jahr 2009 den Vorschlag gemacht, die PMO-Mittel – Zitat – für ein Zentrum zum Gedenken an Opposition und Widerstand in der DDR zu verwenden. Darf ich Sie mal fragen: Warum haben Sie eigentlich bis zum heutigen Tage zur Verwendung der SED-Millionen geschwiegen? Was haben Sie eigentlich gemacht, um einen solchen Vorschlag, eine solche Idee Realität werden zu lassen?

Herr Trefzer! Erstens können wir dazu gar nicht geschwiegen haben, denn Sie haben den Kollegen Otto ja gerade zitiert.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Zweitens – das habe ich hier gerade noch einmal wiederholt – sind wir sehr wohl der Meinung, dass ein Teil dieser PMO-Mittel für ein Projekt wie den Campus der Demokratie eingesetzt werden sollen. – Und darüber spricht der Kollege Otto, Herr Trefzer! Vielleicht hätten Sie sich mal im Vorfeld mit ihm in Verbindung setzen sollen und ihn fragen sollen, was er sich vorstellt. Ich weiß nicht, ob Sie das Areal kennen. Beschäftigen Sie sich mit den Dingen, Herr Trefzer, bei denen Sie vorgeben, dass sie Ihnen so wichtig sind! Dann wüssten Sie, es ist ein tolles Projekt.

Es kommt noch besser: Wir haben dieses nicht nur im Koalitionsvertrag vereinbart, sondern gucken Sie mal in den laufenden Haushalt. Da werden Sie Mittel für die Vorbereitung zur Realisierung dieses Projekts finden. – Genau das, Herr Trefzer, ist der Unterschied zwischen uns: Wir blasen nicht nur die Backen auf

[Zurufe von der AfD]

und setzen uns auf irgendwelche Themen drauf, sondern wir versuchen, sie in der Opposition voranzubringen und in der Regierung umzusetzen.

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN – Carsten Ubbelohde (AfD): Wann hat die Polemik endlich ein Ende? Das ist ja unerträglich! Polemiker!– Georg Pazderski (AfD): Sie haben kein Rückgrat! Biegsam wie eine Gerte!]

Herr Pazderski! Damit kann ich auch zu dem Fazit kommen: Wieder einmal ein AfD-Antrag, den die Welt nicht braucht, von einer AfD, die niemand braucht! – In diesem Sinne: Eine schöne parlamentarische Sommerpause!