Protokoll der Sitzung vom 27.09.2018

Wir fordern, dass die Clusterpolitik des Landes – das haben wir an dieser Stelle schon mal in diesem Jahr gesagt, insofern wundert mich etwas, dass wir das Thema aufrufen; aber gerne, immer wieder! –, dass die gemeinsame Clusterstrategie der Länder Brandenburg und Berlin überarbeitet wird.

Und dann kommen wir mal zu den bestehenden Unternehmen – die bereits in Berlin ansässig sind, die auch gar nicht wegwollen, die froh sind, dass sie in Berlin sind – und zu dem existenziellen Thema Gewerbeflächen, das für viele Einzelhändler, Handwerker, für viele kleine und mittelständische Unternehmen heute ein Thema ist. Sie schaffen es in kürzester Zeit, Unsicherheit zu stiften, indem Sie jetzt schon allen Ernstes Gewerbegrundstücke zu überhöhten Preisen aufkaufen, sodass Gewerbeflächenanbietern und deren Mietern angst und bange wird, weil Sie Preistreiberei betreiben.

[Zuruf von Daniel Buchholz (SPD)]

Ein unglaublicher Vorgang! Selbst bei den Gewerbeflächen schaffen Sie das!

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Und Sie kümmern sich im Übrigen nicht um diejenigen, die sich in Mitte keine Quadratmeterpreise von 20 Euro leisten können; das machen Sie dezidiert nicht. Sie kümmern sich nicht um die kleinen und mittleren Unternehmen. Nein, ganz im Gegenteil! Sie treiben die Preise nach oben, und die kleineren und mittleren Betriebe in Reinickendorf und Marzahn vertreiben Sie mit einer Gewerbeflächenpolitik aus den Kiezen, die wirklich nur Spott und Hohn verdient.

[Zuruf von Daniel Buchholz (SPD)]

Ich habe gerade gestern wieder mit kleinen und mittelständischen Unternehmen gesprochen, die von einer öffentlichen Wohnungsbaugesellschaft gekündigt wurden und denen keiner hilft. Denen hilft keiner aus der Senatsverwaltung für Wirtschaft, sich darum zu kümmern, wo

sie möglicherweise einen neuen Standort in der Stadt finden werden.

Und dann das Paradebeispiel, Ihr Sündenfall für die Unternehmen! Da brauchen Sie sich nicht hier hinzustellen und zu sagen: Wachstum der Unternehmen aus dieser Stadt sei Ihnen wichtig! – Einem der wenigen MDAXUnternehmen – Hypoport – kaufen Sie die Immobilie unter der Nase weg, obwohl die drei Jahre mit Ihnen im Gespräch gewesen sind, um für die Innenverwaltung neue Büros zu schaffen. Ein Skandal! Der ordnungspolitische Sündenfall!

[Beifall bei der CDU und der FDP – Vereinzelter Beifall bei der AfD]

Das ist ein unglaublicher Vorgang!

Unsere Antwort darauf lautet – und da bin ich auch sehr gespannt auf die Debatte zum Tempelhofer Feld, das sage ich ausdrücklich –, Brachflächen zu aktivieren und neue Gewerbeflächen auch zusammen mit den wenigen, noch verbliebenen privaten Anbietern zu entwickeln.

[Carola Bluhm (LINKE): Oh, da versteht einer was nicht!]

Und da komme ich zu den übergeordneten Themen – die Internationalisierung, mehr Tempo aufzufahren, sich um das Thema Export, Import gemeinsam zu kümmern. Übrigens stelle ich mir die Frage: Wenn Gewerbeflächen – und ich glaube, da sind wir uns einig – so ein großes Thema für die gemeinsame Region sind: Warum fährt die Wirtschaftssenatorin eigentlich nicht mal mit dem Brandenburger Kollegen ins Ausland und wirbt gemeinsam für den Metropolenraum Berlin-Brandenburg? – Das würde ich mir sehr wünschen.

Frau Ludwig! Ich komme nun zum Thema Langstrecken, zum Thema Interkonnektivität Berlins.

[Zuruf von Stefan Evers (CDU)]

Ich glaube, wir sind bei einigen Themen sehr nah beieinander. Es ist noch nicht einmal ein Jahr her, da hat Air Berlin Insolvenz anmelden müssen. Der Regierende Bürgermeister von Berlin hat dem Vorstandsvorsitzenden ein Gespräch verweigert,

[Stefan Evers (CDU): Ui!]

vor, während und nach seinem Urlaub. Und Sie wollen mir ernsthaft erzählen, dass Sie sich um die Anbindung von Berlin kümmern? Sie scheren sich null darum! Null!

[Beifall bei der CDU und der FDP – Beifall von Carsten Ubbelohde (AfD)]

Erst diese Woche, beim Tagesspiegelforum Luftverkehr, Frau Ludwig – und da, das muss ich ehrlich sagen, finde ich es jetzt auch persönlich daneben –: Nicht ein einziger Vertreter dieses Senats war beim zentralen Diskussionsforum dabei,

[Danny Freymark (CDU): Was?]

wo alle Stakeholder der Branche anwesend waren, auch die Lufthansa. Nicht ein einziger Vertreter des Senats!

[Zuruf von Paul Fresdorf (FDP)]

Und Sie wollen mir ernsthaft erzählen, dass sei für Sie ein wichtiges Thema? Es interessiert Sie überhaupt nicht! Das ist reiner Populismus!

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Hat dieser Senat eine Strategie für Berlin?

[Nein! von der CDU und der FDP]

Ich glaube, dass man gerade an der Wirtschaftspolitik viel ablesen kann. Zur Hälfte der Legislaturperiode anzufangen darüber nachzudenken, bis zum Ende der Legislaturperiode eine Vision und Strategie für die Hauptstadt zu entwickeln!

[Paul Fresdorf (FDP): Die sind da nicht so schnell! – Zuruf von Heiko Melzer (CDU)]

Das können Sie aber auch gar nicht! Das können Sie in dieser Regierung gar nicht machen,

[Vereinzelter Beifall bei der AfD]

denn mit der Linken haben Sie einen Koalitionspartner, der kein Bevölkerungs- und Wirtschaftswachstum für Berlin will. Sie haben die Grünen, die sich bemühen zu regieren,

[Zuruf von Sebastian Walter (GRÜNE) – Zurufe von der LINKEN]

und Sie haben die SPD, die einen neuen Kandidaten oder eine neue Kandidatin für den Posten des Regierenden Bürgermeisters sucht. Deswegen können Sie keine Vision und keine Strategie für Berlin finden.

Berlin ist die Stadt des Muts und der Chancen. Wie so oft in der Geschichte dieser Stadt sind wir wieder an einem solchen Punkt angelangt. Manchmal ist Berlin auch die Stadt der großen Erwartungen, vielleicht auch zu großer Erwartungen an sich selbst. Auch deswegen passt diese Koalition, passt dieser Senat, passt dieser Regierende Bürgermeister schon lange nicht mehr zu Berlin. Die Unternehmen und die Bürgerinnen und Bürger haben eine bessere Regierung für die Stadt der Chancen verdient. Und Sie werden sie bekommen!

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der FDP – Zuruf von Regina Kittler (LINKE)]

Für die SPD-Fraktion hat jetzt der Kollege Jahnke das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir diskutieren heute die wirtschaftliche Entwicklung

Berlins und die Zukunftsaussichten unserer Stadt. Bei all den vielen Themen, die politisch begleitet und entschieden werden wollen und die wir hier zu Recht diskutieren, darf man nie aus den Augen verlieren, wie wichtig eine zukunftsfeste, wirtschaftliche Grundlage ist. Das berühmte Zitat von Bill Clinton: „It’s the economy, stupid“ –, mag es vielleicht etwas simpel auf den Punkt bringen, aber unbestritten ist doch, dass all die hehren Ziele, die wir uns stadtpolitisch, sozialpolitisch oder in der Kultur setzen, entscheidend von der ökonomischen Basis abhängen.

Wie sieht die Situation nun aus? – Tatsache ist, dass Berlin sich seit gut zehn Jahren in einem stabilen Aufwärtstrend befindet, mit Wachstumsraten über dem Bundesdurchschnitt und einer ebenfalls überdurchschnittlichen Zunahme an Beschäftigung.

[Frank-Christian Hansel (AfD): Aber nicht wegen, sondern trotz der Politik des Senats!]

Vorbei sind die Zeiten jener wirtschaftlichen Depression zu Beginn des Jahrhunderts, als Berlin nach dem Platzen so mancher Illusion der Neunzigerjahre vor der Notwendigkeit stand, sich völlig neu aufzustellen. Es liegt mir fern, alle wirtschaftlichen Erfolge allein der Politik zuzuschreiben. Sie beruhen vorrangig auf den Leistungen der Menschen und ihrer Arbeit in den Unternehmen.

[Frank-Christian Hansel (AfD): Richtig!]

Aber es wurden doch etliche Weichen in der Politik richtiggestellt. Bereits in der ersten Legislaturperiode des sozialdemokratisch geführten Senats unter Klaus Wowereit ab 2001 kam Berlin allmählich aus der Provinzia- lität – –

Entschuldigung, Herr Kollege! Ich muss Sie kurz unterbrechen.

Darf ich die junge Fotografin das oben noch einmal bitten, sich an die Regeln zu halten, dass hier bitte nicht die Unterlagen der Abgeordneten fotografiert werden! Ich finde es ziemlich müßig, fast in jeder Sitzung darauf aufmerksam machen zu müssen. Schreiben Sie sich das hinter die Ohren. Ich möchte hier nicht mit Hausrecht drohen.

[Beifall]

Setzen Sie fort!

Danke, Herr Präsident! – Bereits in der ersten Legislaturperiode des sozialdemokratisch geführten Senats unter Klaus Wowereit ab 2001 kam Berlin allmählich aus der Provinzialität des Denkens der Neunzigerjahre heraus und begann sich zu einer tatsächlich internationalen