Protokoll der Sitzung vom 15.11.2018

Eine solche Lösung hätte auf der Hand gelegen und wäre einfach umsetzbar gewesen, aber das hätte ja die Gymnasien gestärkt, und das ist ja etwas, was rot Rot-Rot-Grün vermeidet wie der Teufel das Weihwasser.

[Regina Kittler (LINKE): Das können Sie mantramäßig wiederholen, aber er stimmt nicht!]

Frau Kittler! Allein diese drei Beispiele zeigen, wie ideologiegesteuert und wie wenig an den Bedürfnissen von Schülern, Eltern und Lehrern orientiert Sie Ihre Bildungspolitik gestalten. Zwang statt freie Wahl, Augenverschließen vor den wahren Herausforderungen der Inklusion und der Aufbau realitätsferner Organisationsmonster, das ist es, wofür Sie stehen.

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der AfD]

Wir stehen dafür nicht, und deshalb werden wir die Gesetzesänderung in der hier vorgelegten Form auch ablehnen. – Danke!

[Beifall bei der CDU – Beifall von Stefan Franz Kerker (AfD)]

Vielen Dank! – Für die SPD-Faktion hat die Kollegin Dr. Lasić das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich fange gleich mit der wichtigsten Neuerung im Schulgesetz an: Warum verstetigen wir die Gemeinschaftsschule?

[Paul Fresdorf (FDP): Ja!]

Weil sie sich bewährt hat – Punkt.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN – Heiko Melzer (CDU): Richtige Frage, falsche Antwort!]

Zehn Jahre ist sie da. Sie hat gezeigt, dass sie zur Berliner Schullandschaft gehört und bei vielen Eltern gern ge

(Hildegard Bentele)

sehen wird, sie hat sich im Evaluationsbericht bewährt, und das reicht, um sie zu verstetigen.

Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Keine Zwischenfragen bitte! – Alles andere, liebe Frau Bentele, ist Schaum schlagen, und wenn eine CDUStadträtin in der Anhörung im Bildungsausschuss die Wahlfreiheit der Eltern bei der Einschulung hochhält, aber gleichzeitig seit einem Jahrzehnt dafür berüchtigt ist, dass sie den Elternwillen bei der Stärkung der Gemeinschaftsschule in Reinickendorf ignoriert, dann kann ich diese Anmerkungen einfach nicht ernst nehmen.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN – Zurufe von der CDU]

Wir lassen uns davon nicht beirren. Wir setzen nach wie vor bei der Einschulung auf das Prinzip der Kiezschule, und wenn im Einzugsgebiet die Kiezschule eine Gemeinschaftsschule ist, dann ist das auch gut so.

[Hildegard Bentele (CDU): Fragen Sie doch mal nach!]

Mit der Stärkung der Gemeinschaftsschule fügt sich ein weiterer Baustein der Schulstrukturform, und dies ist nicht der einzige. Deutlich weniger beachtet, aber genauso wichtig ist die Stärkung der gymnasialen Oberstufe im Verbund. Für sehr viele ISS und Gemeinschaftsschulen ist eine gymnasiale Oberstufe nur sinnvoll, wenn sie im Verbund eingeführt wird. Dies ist in der Praxis erprobt, hat sich bewährt und wird unsere integrierten Sekundarschulen und Gemeinschaftsschulen im Wettbewerb und in ihrer Schulentwicklung stärken. Und gerade in innerstädtischen Kiezen, in denen die Bevölkerung durchmischt ist, unsere Schulen jedoch nicht, wird in der Gründung der gymnasialen Oberstufe die entscheidende Chance für unsere ISS und Gemeinschaftsschulen stecken – im Kampf um eine bessere Durchmischung an Schulen.

Unsere stetigen Fortschritte beim Thema Inklusion kann man an der Schulgesetznovelle ebenfalls erkennen. Die Erweiterung der Zuständigkeitsbereiche der SIBUZ und die Stärkung der inklusiven Schwerpunktschulen sind wichtige Schritte getreu unserem gemeinsamen Vorhaben, die Inklusion kontinuierlich in der Stadt voranzubringen in dem Rahmen, in dem wir es auch personell ermöglichen können. Die dazugehörige Anhörung im Ausschuss haben wir bereits gehabt. Daher kann ich auch zwei Sätze zu den Impulsen sagen, über die wir in den nächsten Wochen der Beratung auch im Ausschuss verstärkt nachdenken müssen. Wir müssen besondere Sorgfalt beim Datenschutz walten lassen – in der Abwägung: Was ist fachlich sinnvoll, und wo ist Sparsamkeit in der

Datenspeicherung angebracht? – Hier wird es gegebenenfalls vereinzelte Anpassungen im Schulgesetz geben.

[Paul Fresdorf (FDP): Müssen!]

Ein wichtiges Stichwort haben wir der Anhörung zum Thema „integrierte Berufsausbildung“ – oder kurz: IBA – entnommen. Dieser äußerst erfolgreiche Pilot, der Jugendliche in die duale Ausbildung führt, zeigt sich nach kurzer Zeit als effektiver als analoge Bildungsgänge. Wir werden uns in der weiteren parlamentarischen Debatte auch damit auseinandersetzen müssen, ob hier eine weitere Absicherung sinnvoll ist.

Eines möchte ich zum Abschluss sagen: Das unsägliche Meldeportal der AfD-Fraktion, das zu Denunziation animieren soll, lässt auch uns im Parlament nicht ruhig. Es wird eine gänzlich irreführende Vorstellung von Neutralität in den Raum gestellt, die für R2G die Frage aufwirft, ob wir nicht im Schulgesetz stärker festhalten müssen, wo die Neutralität auch endet.

[Beifall von Regina Kittler (LINKE)]

Unsere Lehrkräfte dürfen bei jeglichen Angriffen auf unsere parlamentarische Demokratie und Meinungsfreiheit auf keinen Fall neutral sein.

[Frank-Christian Hansel (AfD): Die wird es von uns nicht geben!]

Ja, sie sollen Stellung beziehen und für unsere Demokratie im Sinne des Grundgesetzes stehen.

[Beifall bei der SPD und der LINKEN – Zurufe von der AfD]

Und wenn wir das im Schulgesetz noch klarer formulieren müssen, um unsere Lehrkräfte zu stärken, werden wir das auch tun. – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Vielen Dank! – Für die AfD-Fraktion hat der Abgeordnete Kerker jetzt das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Berlinerinnen und Berliner! Vorab mal zwei Klarstellungen an der Stelle: Frau Kittler! Wenn Sie uns vorwerfen, dass das Beschulen von ausländischen Kindern in ihrer Heimatsprache rassistisch ist, dann, glaube ich, haben wir hier schon das eine oder andere Gesetz verabschiedet, das rassistisch ist. Sind Sie es nicht gewesen, die sich immer dafür starkmachen, dass Türkisch-, Arabisch- und Kurdischunterricht an unseren Schulen stattfinden soll für Menschen mit dieser Herkunft?

(Dr. Maja Lasić)

[Beifall bei der AfD – Beifall von Kay Nerstheimer (fraktionslos) und Andreas Wild (fraktionslos)]

Also beim besten Willen! Vielleicht nächstes Mal erst mal nachdenken, bevor Sie hier den Mund aufmachen!

[Regina Kittler (LINKE): Sie wollen Sie separieren!]

Haben Sie etwas gesagt, oder hatte ich modulares Rauschen?

[Heiterkeit – Regina Kittler (LINKE): Es steht hier drin: Sie wollen sie separieren!]

Ja, das macht ja auch Sinn, weil man ja gar nicht weiß, ob sie hierbleiben. Sie verlieren ja möglicherweise ein halbes, ein dreiviertel oder ein ganzes Jahr. Denken Sie mal darüber nach, was Sie denen damit antun – nichts Gutes jedenfalls!

Um noch mal das Thema Portal anzusprechen – werte Kollegin Frau Dr. Lasić, ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie wenigstens zuhören würden, wenn Sie hier schon Falschbehauptungen in die Welt setzen –: Das Portal sagt ganz klar: Wir richten uns gegen diejenigen Lehrer, die sich nicht an das Neutralitätsgebot halten, wie es übrigens nicht von uns, sondern schon sehr viel früher, bevor es die AfD gab, aufgestellt wurde, und die eben nicht neutral und objektiv berichten. Da hat es leider Fälle gegeben, und dann ist es auch richtig, da zu intervenieren, und nichts anderes wollen wir.

[Beifall bei der AfD – Beifall von Kay Nerstheimer (fraktionslos)]

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Sommer 2006 war Deutschland Gastgeber der Fußballweltmeisterschaft. Die Begeisterung in der Bevölkerung war schier grenzenlos, und diese Zeit wird heute noch gerne als Sommermärchen bezeichnet. Die damals noch junge Regierung Merkel nutzte die Zeit, um eine ganze Reihe von Gesetzen, von der Öffentlichkeit unbeobachtet, zu beschließen. Ähnlich hoffte die Regierung Merkel offenbar, den UNMigrationspakt quasi an der Öffentlichkeit vorbei zu unterschreiben. Wir haben darüber heute schon gesprochen. Aber dank der AfD-Bundestagsfraktion ist dieses Thema nun in der Öffentlichkeit, und das ist auch gut so. AfD wirkt.

[Beifall bei der AfD – Marianne Burkert-Eulitz (GRÜNE): Zum Thema!]

Nun, liebe Kollegen der Koalition, präsentieren Sie uns ein neues Schulgesetz über knapp 170 Seiten, das Sie nun auch im Hauruckverfahren hier durchpeitschen wollen. Dass das nichts Gutes bedeuten kann, weiß jeder, der in den letzten knapp 23 Jahren Ihre linke Bildungspolitik hier in Berlin ertragen musste. Genau das hat sich uns leider auch offenbart.

[Regina Kittler (LINKE): Oh!]

Eine pädagogische Binsenweisheit lautet: Schulen brauchen vor allem eins – Ruhe. Doch seit Jahren wird im Berliner Schulsystem eine Reform nach der anderen durchgepeitscht. Die AfD-Fraktion bekennt sich zum Schulfrieden des Zwei-Säulen-Modells, doch Rot-RotGrün will mit der Gemeinschaftsschule den Schulfrieden erneut aufkündigen. Die Etablierung und finanzielle Privilegierung der Gemeinschaftsschule ist nur ein Baustein, das Gymnasium auszuhöhlen und letztlich abzuschaffen. Das ist Ihr eigentliches Ziel.

[Beifall bei der AfD – Beifall von Andreas Wild (fraktionslos) – Zuruf von Joschka Langenbrinck (SPD)]

Mit der Novellierung des Lehrkräftebildungsgesetzes haben Sie den Einheitslehrer geschaffen, und nun wollen Sie die Einheitsschule durchdrücken. Da machen wir nicht mit!

Das Konzept der Gemeinschaftsschule überfordert die Lehrer, die sowieso schon genug Lasten durch Sie zu tragen haben, ebenso die Schüler. Die Lehrer werden überfordert, weil sie de facto nicht eine Klasse unterrichten, sondern Aufgaben für drei Klassen vorbereiten müssen – für Hauptschüler, Realschüler und Gymnasiasten. Grund ist der Verzicht auf die äußere Fachleistungsdifferenzierung als Organisationsprinzip.