Wir möchten, dass jeder die für ihn geeignete Wohnung findet. Deswegen wird es nichts helfen, deswegen werden wir bauen müssen, und zwar in allen Preisklassen – natürlich auch im sozialen Wohnungsbau.
Was Sie allerdings machen – und damit beschäftigen Sie sich alle –, ist ein Instrument der Mietpreisbremse, was vieles bewirkt, aber leider nicht die Mieten bremst. Sie beschäftigen sich mit dem Milieuschutz. Sie beschäftigen sich mit Vorkaufsrechten, wo sogar Ihr eigener Staatssekretär erklärt: Vorkaufsrechte sind kein Mieterschutzinstrument. – Hört, hört!
Wir wissen auch genau – wir sehen das immer am Graefe-Kiez –: Die Milieus ändern sich eben trotzdem.
Ich möchte mal wissen, wer das am Ende des Tages bezahlen soll. Was wir brauchen, sind Grundstücke – Grundstücke, die auch bebaubar sind. Es ist schon irgendwo eine Chuzpe, Grundstücke auszuweisen und nachher festzustellen: Da ist gar kein Wohnungsbau möglich, weil es der Lärm oder andere Dinge nicht zulassen. – Wir brauchen Grundstücke, und auf diesen Grundstücken muss man bauen dürfen.
Stattdessen verliert sich diese Stadt in einem Klein-Klein, in dem ein ganz bestimmtes Klientel, wenige Menschen darüber bestimmen wollen, wie ihre Nachbarschaft aussieht, und vor allen Dingen sich selber schützen wollen. Das ist das, was die „taz“ – ich erlaube mir, hier zu zitieren – als „neobürgerliches Milieu“ beschrieben hat. Es geht nur darum, eigene Interesse umzusetzen und nicht etwa dafür zu sorgen, dass auch andere Menschen, die neu sind in dieser Stadt, einen Wohnraum finden. Es geht nur darum, das Eigene zu bewahren, und es soll bloß keiner in die Nachbarschaft kommen.
Nein, statt Bauland auszuweisen und statt mal darüber nachzudenken, ob am Tempelhofer Feld nicht vielleicht doch Wohnungen entstehen könnten, ruht alles. Die Elisabethaue hat eine wechselhafte Geschichte. Ich sage mal so: Bei diesem Acker bekommt ja das Sprichwort: „Rin in die Kartoffeln, raus aus die Kartoffeln!“ eine völlig neue Bedeutung. Jetzt ist ja anscheinend das Grundstück doch wieder in der Planung. Wir sind mal gespannt, was damit passiert. Beim Blankenburger Süden passiert auch erst mal gar nichts. Wohl dem in dieser Stadt, der eine Wohnung hat und am Sonntag nicht in langen Schlangen anstehen muss, damit er vielleicht auch eine erhascht, die er bezahlen kann.
Wohnungsbaugesellschaften, die eine wichtige Aufgabe haben, nämlich sozialen Wohnungsbau zu schultern, kommen nicht voran, weil sie endlos lange warten, bis ihnen Grundstücke übertragen werden. Wenn sie übertragen sind, geht das Spiel los: Wer darf alles mitsprechen? Wann wird gebaut? Wie viele Wohnungen entstehen am Ende des Tages? – Wenn Sie sich das Beispiel der Fischerinsel angucken: Übertragung des Grundstücks an die WBM 2014, erhoffte Fertigstellung von mittlerweile 15 Prozent weniger Wohnungen als ursprünglich geplant 2022. Acht Jahre!
In acht Jahren hat sich viel verändert, auch in der persönlichen Planung. In acht Jahren möchte man vielleicht auch mal umziehen können. Die Wohnungsbaugesellschaften kommen nicht voran, die Wohnungsbaugenossenschaften erhalten keine Grundstücke, die sie so be
bauen können, dass es für eine Genossenschaft wirklich rentabel ist, weil Sie ihnen keine Grundstücke zu vernünftigen Preisen überlassen. Und der private Investor ist bei Ihnen ein Gescholtener, der nicht gerne gesehen ist; und die wenigen Mutigen, die sich noch darauf einlassen, verlieren sich in einem Gestrüpp nicht endender Gutachten, endlos langer Runder Tische, Wettbewerbsverfahren und kleinteiliger Beteiligungsverfahren.
Es ist Ihre Aufgabe als Koalition, einen Wohnungsbau so zu organisieren, dass alle Menschen Zugang zu Wohnraum haben.
Es ist nicht Ihre Aufgabe, das zu blockieren. Statt nötige Baugenehmigungen in den Bezirken zu erteilen, für Aufstockungen, für Dachausbau, werden dort eigene Träume gehegt, und nichts geht voran. Wer das alles bezahlen soll, bleibt fraglich. Ich glaube, es ist außerhalb Ihrer Vorstellungskraft, dass auch bei privaten Bauträgern Handwerker, Mitarbeiter und andere davon abhängen und auch bezahlt werden wollen.
Wohneigentum, obwohl Teil Ihrer eigenen Verfassung, steht überhaupt gar nicht mehr zur Debatte, wird verteufelt. Ein Freibetrag bei der Grunderwerbsteuer scheint Ihnen undenkbar zu sein, auch wenn die Steuereinnahmen nur so sprudeln. Dass man Geld dort, wo es herkommt und erarbeitet wird, wieder zurückgeben könnte, ist ganz offensichtlich auch nicht denkbar.
Der Spekulant ist bei Ihnen der Begriff für alles Böse dieser Welt, was ein interessanter Prozess ist, weil er nichts anderes macht – das kann man durchaus für verwerflich halten –, als Dinge zu halten und zu hoffen, dass sie mehr wert werden. Wir haben das erlebt, wir sind auch alle froh drum, bei der Berlinovo, wo wir Grundstücke und Immobilien gehalten haben in der Hoffnung darauf, dass sie irgendwann einmal mehr wert sind. Und wir haben sie heute verkauft und damit Einnahmen, die Schulden alter Zeiten decken. Und Sie haben ja selber in Ihrer eigenen Liegenschaftspolitik bei SODA in der Vermarktungsperspektive II festgelegt: Grundstücke mit besonders hohem Wertpotenzial im Sinne eines zu erwartenden Wertzuwachses. Was ist das denn anderes als die Hoffnung auf mehr? Das Land als Spekulant. Das ist doch Quatsch!
Also jetzt noch mal zurück zum Wohnungsbau. Ich glaube, es wird nicht gehen ohne ein Zusammenspiel aller Marktteilnehmer. Wir brauchen die Wohnungsbaugesellschaften, wir brauchen die Wohnungsgenossenschaften, und wir brauchen den privaten Eigentümer, wir brauchen auch den privaten Anbieter. Und wenn immer Ihre erste Idee ist, lassen wir uns mal über Enteignung nachdenken, dann frage ich mich wirklich, auf welcher Basis, auf welcher Ebene wir miteinander diskutieren.
Enteignung ist nichts, was irgendwo mit einem politischen Miteinander zu tun hat. Das kann es nicht sein, das kann kein Weg sein. Das kann keine Lösung sein.
Die Ausübung von Vorkaufsrechten mag zwar originell sein und den einzelnen Stadträten viel Presse bringen. Wir wissen aber, dass hier weder ein Mieter geschützt ist noch ein Milieu. Es schützt nichts außer der Ofenheizung.
Es bringt nichts voran. Es verhindert ja noch nicht mal den Wechsel der Mieterstruktur, sondern es suggeriert nur, dass alles so bleibt, wie es ist. Und ich sage Ihnen eines: Es wird nichts so bleiben, wie es ist. Es wird sich verwandeln. Und das ist auch gut so, dass sich diese Stadt verändert. Und das möchte ich auch. Ich möchte, dass wir Zuzug haben in dieser Stadt, dass wir offen sind, dass wir eine weltoffene Metropole sind und nicht, dass wir uns abschotten. Insofern verstehe ich nicht, warum wir nicht endlich mal über eine vernünftige Hochhausbebauung diskutieren, über eine Internationale Bauausstellung auf dem Tempelhofer Feld. Lassen Sie uns darüber reden, wie wir zukunftsgerecht bauen können, wie wir aufstocken können, wie wir verdichten können, wie wir ökologisch bauen können, wie wir klimaneutral bauen können, wie wir begrünt bauen können, so, dass jeder eine Chance hat auf die Wohnung, die er gerne haben möchte, und nicht die, die Sie ihm zuweisen möchten. Seien Sie mit uns zusammen mutig!
Vielen Dank! – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat Frau Schmidberger das Wort. – Bitte schön!
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Es ist ja schon ein starkes Stück, dass die Opposition hier immer behauptet, wir würden uns nicht um die Mitte der Gesellschaft kümmern. Ich sage Ihnen mal was: Ja, es ist Quatsch. Wenn Sie sich mal unsere Instrumente angucken,
die wir gemacht haben: Schärfung des Zweckentfremdungsverbotsgesetzes für die Ferienwohnungen oder spekulativen Leerstand hilft allen Mietern. Mieterberatung in der ganzen Stadt kostenlos hilft allen Mietern. Oder auch das Vorkaufsrecht hilft allen Mietern.
Ja, damit ist die Miete gebremst, weil nämlich ständig spekulativ Häuser angekauft werden, dann wissen Sie
ganz genau, dass die Leute rausmodernisiert werden. – Aber gut, Sie haben vielleicht mit der Lebensrealität dieser Menschen nichts zu tun. Ich lade Sie gerne mal ein, kommen Sie mal mit in meinen Wahlkreis, und wir sprechen mit den Betroffenen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben heute den Titel in der Aktuellen Stunde „Erneuter Rückgang beim Wohnungsbau. Berlins Mieten bald unbezahlbar? RotRot-Grün und der Regierende Bürgermeister brechen alle Versprechen.“ – Schauen wir uns doch den Titel mal genauer an. Stimmen denn die Behauptungen der CDU?
These 1: Sie sagen, es gibt einen erneuten Rückgang beim Wohnungsbau. Das widerlegen aber bereits die Zahlen des Landesamts für Statistik. Weder das „erneut“ stimmt noch der „Rückgang“. Denn letztes Jahr wurden sogar mehr Wohnungen gebaut als im Jahr zuvor, in dem die CDU noch regiert hat. Für dieses Jahr liegen die Zahlen logischerweise noch nicht ganz vor. Aber was wir sehen, ist: Gesunken sind nur die Baugenehmigungen für Ein- und Zweifamilienhäuser. Das ist aber nicht weiter schlimm, denn nicht jede neu gebaute Wohnung entlastet auch den angeheizten Wohnungsmarkt. Und im Gegenzug sind die Genehmigungen für den Dachgeschossausbau oder andere Verdichtungen sogar gestiegen. Hier wird Wohnraum geschaffen, wo der Druck besonders groß ist.
Ich bin sehr gespannt, wie das Ergebnis des ganzen Jahres 2018 aussehen wird, aber abgerechnet und bewertet wird erst nach Ablauf des Jahres. Wer das vor dem Kassensturz versucht, verlässt den Pfad der seriösen Politik oder, noch schlimmer, ist unehrlich. Und wenn Sie uns dann nach der Endabrechnung kritisieren wollen, Herr Gräff, dann bleiben Sie bitte bei den Fakten. Ich empfehle Ihnen einen Blick in die Statistik.
Wer über Neubau redet, der muss auch den Bauüberhang in unserer Stadt kritisieren. Die Lücke zwischen den Baugenehmigungen und den tatsächlich gebauten Wohnungen wird immer größer. Es gibt 60 000 Wohnungen in
dieser Stadt, die nur auf dem Papier stehen, real aber nie gebaut wurden; der allergrößte Teil davon übrigens nicht von den landeseigenen Wohnungsunternehmen, sondern von privaten Bauherren. Das ist ein Skandal, denn das stinkt nach Spekulation.