Und? Sind Sie damit einverstanden? Er ist nicht da, sonst hätte er es vielleicht selbst sagen können.
Es ist auch nur ein kurzes: „Ich habe das Geld, aber ich kriege die Firmen gar nicht, die es verbauen.“ – So kurz ist das Zitat, und es ist berechtigt. Es zeigt den Handlungsbedarf in dieser Stadt auf.
Die Situation bei den Auftragsvergaben hat sich in den letzten zehn Jahren enorm gewandelt. Mittlerweile ist es nicht mehr so, dass die Firmen für Aufträge Schlange stehen, sondern umgekehrt: Viele Ausschreibungen müssen verlängert werden oder werden ganz abgesagt, weil sich keine Unternehmen mehr finden, die solche Bedingungen erfüllen wollen. – Da müssen wir natürlich ran, ganz klar!
Was Rot-Rot-Grün da vorgelegt hat, macht die Sache nicht besser, sondern schlimmer. Deswegen ist das ein völlig unbrauchbarer Gesetzentwurf, und es ist ein Verdienst der CDU, dass sie einen sehr diskussionswürdigen Entwurf vorgelegt hat, auch einen Beitrag zur funktionierenden Stadt. Deswegen ist er die richtige Gesprächsgrundlage.
Beim Vergaberecht müssen wir uns überlegen: Was wollen wir mit dem Vergaberecht? – Wir wollen mit dem Vergaberecht – und das ist das Ziel des Vergaberechts, ob auf Bundes- oder Landesebene – rechtssichere, möglichst zügige Auftragsvergaben organisieren, Wettbewerb sicherstellen und Korruption verhindern. Darauf sollte sich Vergaberecht konzentrieren. Das ist immer noch kompliziert genug: Es gibt auch dann noch Konkurrentenklagen, die Dinge verzögern können. Aber das ist der Anspruch, den Vergaberecht haben soll.
Was es nicht tun sollte – und das versuchen Sie mit dem Vergaberecht: Sie glauben, mit dem Vergaberecht die Welt verbessern zu können, und zeigen damit Ihre moralische Hybris, die sich wie ein roter Faden durch Ihre Regierungspolitik zieht. Das ist nicht gut; das passt nicht!
Um es einmal klar zu sagen: Deswegen müssen diese vergabefremden Kriterien weg, ob es nun Frauenförderung ist oder anderes. Gut, nichts gegen Frauenförderung! Aber sie gehört nicht ins Vergaberecht. Es verzögert den Prozess, wenn für die Erweiterung eines Kindergartens von einer Baufirma ein Plan vorgelegt werden muss. Sie werden einen 120-seitigen Ausschreibekatalog vorlegen müssen für 70 000 Euro Auftragsvolumen – was nicht entsteht, ist die Kita. Mit der Kita ist den Frauen sehr viel mehr geholfen als mit der Vorlage eines sinnlosen Plans
Bei etwas anderem, das hier schon angesprochen wurde, dem Vergabemindestlohn, hat mich, muss ich zugeben, auch der CDU-Entwurf etwas irritiert. Zumindest finde ich es etwas widersprüchlich, auf eine Rechtsverordnung zu verweisen. Machen Sie sich es da einfacher! Wir brauchen diese Verordnung nicht. Es gibt einen gesetzlichen Mindestlohn, und dieser gesetzliche Mindestlohn ist so organisiert, dass er zumindest wirtschaftliche und tarifpolitische Erwägungen berücksichtigt. Sie glauben natürlich in Ihrer Hybris, die ich schon angesprochen habe, alleine zu wissen, was der gerechte Mindestlohn ist. Man fragt sich: Warum eigentlich nur 12,63 Euro? – Bei Ihnen kommt bestimmt mehr heraus, wenn Sie den Mietspiegel noch damit korrelieren und sagen, das ist der wahre Grund, um noch weiter hochzugehen. Irgendwann machen Sie nicht nur die Vergabeverfahren langsamer, sondern beschädigen die Tarifautonomie. Davor kann ich nur warnen. Deswegen: Lassen Sie es uns einfach machen!
Die CDU hat zu einem einfachen Vergaberecht einen Vorschlag vorgelegt. Wir werden auch unsere Vorschläge dazu vorlegen, und dann hoffe ich, dass zumindest für den Wähler deutlich wird, wer Interesse an einer funktionierenden Stadt hat und wer dafür verantwortlich ist, wenn es nicht funktioniert, weil er glaubt, die Welt verbessern zu können. – Danke schön!
Danke, Frau Präsidentin! – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir sind uns also grundsätzlich einig, dass wir das Berliner Ausschreibungs- und Vergabegesetz einer grundsätzlichen Bearbeitung unterziehen müssen. Ich bin allerdings etwas enttäuscht, wenn ich den Entwurf der CDU lese. Ich schätze, Sie Herr Gräff, sehr, aber das ist schon ein bisschen einseitig. Wenn man die grundsätzliche Überarbeitung eines Gesetzes vornimmt, macht man dies natürlich aus bestimmten Beweggründen, und die von Ihnen richtigerweise angeführte Vereinfachung ist ein Aspekt, der total wichtig ist. Aber wir müssen doch auch bei einem Vergabevolumen von 5 Milliarden Euro den Anspruch haben, auch ökonomisch und ökologisch nachhaltige Investitionen auszulösen! Da darf man nicht einseitig sein. Einseitig ist auch, was Sie bei den Kontrollmöglichkeiten machen. Sie empfinden alle Shakeholder als unzureichend, und Sie wollen sie im Grunde beibehalten.
Liebe CDU, liebe FDP und AfD! Es ist okay, es ist richtig, ein Ohr an der Wirtschaft zu haben – aber das andere Ohr dann bitte an der Gesellschaft. Wir machen Politik für alle und nicht nur für die Herren im Kaminzimmer.
Seien Sie sich sicher, dass wir als Koalition einem Entwurf nicht zustimmen können, der die wichtigen Paragrafen zu Umweltverträglichkeit, ILO-Normen und Frauenförderung einfach auf zwei Sätze mit der Begründung zusammenstreicht, dass die Unternehmen es schon machen werden, weil sie sich, bedingt durch den Fachkräftemangel, eh anstrengen müssen. Umgekehrt wird doch ein Schuh daraus: Die Nachfrage ist enorm. Da kommt gerade fast jeder zum Zug, und da müssen wir doppelt aufpassen, nicht an die schwarzen Schafe zu geraten.
Was ist das auch für ein schräges Verständnis von Gesetzgebung? – Wir wollen doch von der Konjunktur unabhängige Gesetze machen, auf die Verlass ist!
Aber nun zu einigen Paragrafen, die ich mir exemplarisch herausgreife, um zu zeigen, dass Ihr Entwurf jetzt eigentlich unnötig ist: Im § 4 müssen Sie sich entscheiden, ob Sie Bundes- oder Landesrecht wollen. Wir als Koalition sind da ziemlich klar: Wir wollen beim Landesmindestentgelt bleiben. Wir wollen dieses schrittweise auf über 12 Euro anheben. Die Regelung zu Subunternehmen ist bei Ihnen wohl ganz herausgefallen. Im § 5 reden Sie von „innovativer Vergabe“, und dann lese ich nur einmal das Wort „digital“. Aber die Umsetzung der E-Vergabe läuft ja bereits. Da müssen wir ja darüber reden, dass diese nicht bei 25 000 Euro stehen bleibt, sondern darüber hinausgeht. Wir leisten uns zwar ein Halbtagsparlament, aber eine Halbtagsdigitalisierung sollten wir uns nicht leisten.
In § 6 ist es bereits heute möglich, andere Kriterien als den Preis anzulegen. Warum fordern Sie das noch? – Eine Vergabe der Kriterien so, wie Sie es hier tun, ist gesetzlich gar nicht zulässig. Wir als Koalition setzen auf Wertgrenzen für ökologisch-soziale Kriterien in den Ausführungsverordnungen. Ja, wir wissen, es ist gerade eine schwierige Situation in der Vergabe, und für den öffentlichen Auftraggeber ist es schwierig, die richtigen Leute zu finden. Aber das ist doch keine Frage der Wertgrenzen, das ist eine Frage der Bürokratie, der Organisation! Deshalb muss der Senat bei der E-Vergabe und bei der Zentralisierung der Vergabestellen endlich einmal zu Potte kommen. – Da dürfen Sie jetzt auch klatschen!
Ich sage Ihnen: Die Menschen wollen, dass Berlin Verantwortung übernimmt. Nicht umsonst hat eine rot-rotgrüne Koalition die Mehrheit bei den letzten Wahlen bekommen. Umfragen zeigen es immer: Die Menschen wollen, dass die Politik, dass wir mit gutem Beispiel vorangehen. Deshalb sagen wir: Klimawandel, Ungerechtigkeit zwischen den Geschlechtern, Ressourcenverschwendung – das wollen wir mit diesen 5 Milliarden öffentlichem Vergabevolumen angehen.
Es steht jedem frei, eine andere Meinung und Ideologie zu haben. Ich respektiere die Ideologie des freien Marktes bei der FDP; ich finde sie in einer Debatte erfrischend. Sie kritisiert manchmal auch an den richtigen Stellen. Deshalb freue ich mich, im Ausschuss den Entwurf des Berliner AVGs von Senatorin Pop zu diskutieren. Ich glaube, den Entwurf der CDU brauchen wir dazu nicht. – Vielen Dank!
Vielen Dank! – Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Es wird die Überweisung des Gesetzesantrags und des Änderungsantrags an den Ausschuss für Wirtschaft, Energie, Betriebe sowie an den Hauptausschuss empfohlen. – Widerspruch dazu höre ich nicht. Dann verfahren wir so.
Ich eröffne die erste Lesung. Eine Beratung ist nicht vorgesehen. – Vorgeschlagen wird die Überweisung der Gesetzesvorlage federführend an den Ausschuss für Umwelt, Verkehr, Klimaschutz und mitberatend an den Ausschuss für Inneres, Sicherheit und Ordnung. – Widerspruch höre ich nicht, dann ist das so beschlossen.
Antrag der Fraktion der SPD, der Fraktion Die Linke und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 18/1590
Ich eröffne die erste Lesung. Eine Beratung ist nicht vorgesehen. – Es wird die Überweisung des Antrags federführend an den Ausschuss für Verfassungs- und Rechtsangelegenheiten, Geschäftsordnung, Verbraucherschutz, Antidiskriminierung und mitberatend an den Ausschuss für Kommunikationstechnologie und Datenschutz empfohlen. – Widerspruch höre ich nicht, dann verfahren wir so.
Tagesordnungspunkt 8 wurde als Priorität der Fraktion der FDP unter Nummer 4.4 behandelt. Zu Tagesordnungspunkt 9 erfolgt die Vertagung über die Konsensliste.