Protokoll der Sitzung vom 21.02.2019

[Benedikt Lux (GRÜNE): Das Kottbusser Tor ist in Steglitz?]

Um das jetzt noch einmal zu sagen, wie das Ganze entstanden ist, warum das jetzt so dringend auf die Tagesordnung gehört. Ebenso eklatant ist es eben, dass einige Eigentümer das Abstellen von Wasser und Heizung dazu benutzen, knallhart eine Entmietungsstrategie zu fahren, um damit die Altmieter loszuwerden.

Für uns als rot-rot-grüne Koalition ist es ganz klar: Es kann nicht sein, dass Unternehmen an der Instandhaltung der Wohnungen sparen und Mieterinnen und Mieter aus ihren Wohnungen drängen, um ihre Rendite zu erhöhen. Genau deshalb verschärfen wir das Wohnungsaufsichtsgesetz – meine Kollegen vorher haben es schon gesagt –. Die Änderung heute verbessert die Position der öffentlichen Hand gegenüber solchen Vermietern. Deshalb habe ich es auch noch einmal hier gesagt, denn es erlaubt zukünftig, die bei der Behebung von Missständen entstehenden Kosten als Hypothek im Grundbuch festzuhalten und somit seinen Erstattungsanspruch als Land Berlin und als Bezirke besser umzusetzen.

Die heutige Gesetzesänderung ist aber nur der erste Schritt, Herr Gräff. Sie haben es gesagt, zu einer größeren Novelle des Wohnungsaufsichtsgesetzes, die noch in diesem Jahr folgen wird. Dieses Vorhaben hatten wir Ende der letzten Legislaturperiode im Stadtentwicklungsausschuss – daran können wir uns alle noch erinnern – bereits ins Auge gefasst, als die Grünen einen guten Vorstoß in diesem Punkt gemacht hatten. Seinerzeit gab es jedoch seitens der Bezirke Bedenken, dass es mehrheitlich keinen Handlungsbedarf gibt. Ich denke, diese Einschätzung hat sich seither natürlich massiv verändert. Die Verschärfung des Wohnungsaufsichtsgesetzes ist ein wichtiger Schritt, die Position der Mieterinnen und Mieter im angespannten Berliner Wohnungsmarkt zu stärken.

Wir brauchen einen starken Staat, starke Gesetze, um uns gegen die ausufernden Renditeorientierungen einiger Wohnungsanbieter zu wehren.

[Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]

Da dieser Renditeorientierung durch die Bundes-CDU – Herr Gräff, da müssten Sie noch ein bisschen auf Ihre Bundes-CDU einwirken – kein Einhalt geboten werden wird, werden wir hier auf Landesebene alle gesetzgeberischen Stellschrauben anziehen, die uns zur Verfügung stehen. Das Wohnungsaufsichtsgesetz ist eine dieser Stellschrauben, sie wird aber sicher nicht die letzte sein. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Für die AfD-Fraktion Herr Laatsch – bitte schön!

Danke, Herr Präsident! – Herr Dr. Nelken! Wohnungen sind und waren schon immer ein Asset an den Börsen, und seien Sie froh, dass das so ist. Wenn es nicht so wäre, hätte hier keiner mehr gebaut. Also, wir brauchen Wohnraum, und da sind alle Player willkommen: diejenigen, die sozial aktiv sind, und diejenigen, die Wohnraum einfach am freien Markt vermieten für Leute, die sich das leisten können. Oder möchten Sie diese Menschen, die sich am freien Markt bedienen können, auch noch in dem Markt haben, wo sozialer Wohnraum zur Verfügung steht? Ich denke, das ist nicht sinnvoll.

Wir hatten natürlich Bedenken – und man konnte es gerade bei Frau Spranger schon so bisschen heraushören –, dass wir hier der linken Koalition ein Instrument zur Drangsalierung von Eigentümern auf Basis von FakeNews an die Hand geben. Ein Beispiel hatten wir ja heute schon beim Thema Abschaffung der Wohnraumversorgung Berlin, wobei mehrere Beiträge von links einen Volksentscheid vortäuschten, den es nie gegeben hat – lediglich einen gescheiterten Versuch, aber keinen Entscheid. Letzten Endes muss aber der Rechtsstaat seine Schutzfunktion für Haushaltsmittel erfüllen. Der Steuerzahler muss bei Vorwegnahme von Instandsetzungsarbeiten, von Kosten etc. die Sicherheit haben, dass er sein Geld auch zurückbekommt. Insofern ist das Gesetz richtig, soweit seine Grenzen eingehalten werden. Deshalb stimmen wir zu, wie wir es auch schon im Ausschuss getan haben – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der AfD]

Für die Grünen hat jetzt Frau Schmidberger das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich freue mich sehr, dass die CDU unserer Gesetzesänderung für ein verbessertes Wohnungsaufsichtsgesetz heute zustimmen will. Gestern im Fachausschuss haben Sie es ja bereits getan. Deswegen vielen Dank, dass bei Ihnen die wohnungspolitische Vernunft doch noch mal siegt! Die FDP dagegen, so fürchte ich, wird ein hoffnungsloser Fall bleiben, weil sie die Änderung nicht unterstützt, wie wir gleich hören werden, aber immerhin – Respekt! – sind Sie ehrlich.

Ob Überbelegung, Mietwucher, kein warmes Wasser, keine Heizung, Schimmel, Wasserschäden oder Müll, es gibt ganze Häuser, die seit vielen Jahren verfallen oder oft in bester Lage vor sich hin rotten. Und die Besitzer sind meist nicht erreichbar, haben nur einen Briefkasten in Luxemburg oder verstecken sich hinter dubiosen Hausverwaltungen. Wer jetzt denkt, ein angespannter Wohnungsmarkt regelt dieses Problem schon von alleine und sorgt dafür, dass solche Häuser zur Vermietung kommen, der täuscht sich. Die weiter zunehmende Spekulation und der damit verbundene hohe Renditedruck werden solche Geschäftsmodelle sogar noch weiter anheizen, und dieser Druck wird weiter steigen, und zwar auf Kosten der Mieterinnen und Mieter unserer Stadt.

Genau deshalb muss das Gesetz, das übrigens aus dem Jahr 1990 stammt und seitdem kaum überarbeitet wurde, in das 21. Jahrhundert übersetzt, aktualisiert und an vielen Stellen auch verschärft werden.

Frau Kollegin, ich darf Sie fragen, ob Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Scholtysek von der AfD-Fraktion zulassen.

Nein, vielen Dank! Ein nettes Angebot! – Ob das sogenannte Geisterhaus in Friedenau oder der langjährige Leerstand am Roseneck in Wilmersdorf, in Berlin gibt es etliche Problemimmobilien, die oft nicht mehr bewohnbar sind. Die absurde Folge davon ist: Das Zweckentfremdungsverbotsgesetz, das wir ja letztes Jahr nachgeschärft haben, kann in diesen Fällen eigentlich fast nicht mehr angewandt werden. Denn wenn der Wohnraum nicht mehr bewohnbar ist, ist das Instrument nicht mehr schlagkräftig, und hier kommt dann genau das Wohnungsaufsichtsgesetz ins Spiel. Mit ihm kann theoretisch gegen den oft schleichenden Prozess unterbliebener Instandhaltung und systematischer Verwahrlosung vorgegangen werden.

Damit aus dieser Theorie aber auch wirklich Praxis wird, stärken wir mit der heute vorliegenden Gesetzesänderung den Vollzug des Wohnungsaufsichtsgesetzes, und das ist

auch schon lange notwendig, denn die Bezirke müssen beim Vorgehen gegen Missstände meist in Vorleistung gehen, sprich: sie zahlen erst mal die Baumaßnahme, damit leer stehende und verfallene Wohnhäuser wieder zum Wohnen genutzt werden können. Und das kostet natürlich, und bisher gab es auch gar keine Garantie dafür, dass dieses Geld wieder zu den Bezirken zurückfließt. Aufgrund dieses Risikos – muss man sagen – kam es sehr oft leider nicht zu solchen Ersatzvornahmen. Durch die Eintragung als öffentliche Last dieser Kosten in das Grundbuch ist zukünftig gesichert, dass die entstandenen Rechte der öffentlichen Hand nicht verloren gehen und abgesichert werden. Mit dieser Gesetzesänderung, wie Frau Spranger es ja schon wunderbar formuliert hat, stärken wir also die Position der Bezirke und auch den Mieterschutz in der ganzen Stadt.

In Thüringen übrigens funktioniert dieses System bereits sehr gut. Die Bauaufsichtsbehörden machen eine Bestandsaufnahme, und wenn der Eigentümer nicht kooperiert, werden entsprechende Maßnahmen oder Sanierungen durchgeführt und in das Grundbuch eingetragen. Übrigens werden in Thüringen teilweise Häuser sogar komplett den Eigentümern entzogen, wenn sie überhaupt nicht kooperieren – nach langjährigen Verfahren.

[Zuruf von der AfD: Das gefällt Ihnen! – Weitere Zurufe von der FDP]

Das alleine reicht aber noch nicht, um schlagkräftig gegen die benannten Missstände vorzugehen. Wir brauchen die große Reform des Wohnungsaufsichtsgesetzes, und die wird auch dieses Jahr kommen. Wichtig dabei ist, dass zukünftig ein früheres und auch schnelleres Eingreifen möglich ist – nicht erst, wenn sozusagen das Kind schon in den Brunnen gefallen ist und die Fassade schon runterfällt. Auch müssen wir den Katalog der Missstände aktualisieren und den heutigen Problem anpassen.

Ein weiterer, ganz entscheidender Faktor: Die Mitwirkungspflicht der Eigentümer muss unbedingt gesetzlich vorgeschrieben werden. Es kann nicht sein, dass manche Eigentümer, Fonds oder Unternehmen, wie auch immer, bisher überhaupt nicht belangt werden können, wenn sie sich einer Kooperation komplett verweigert haben, denn – und das wird der Opposition nicht gefallen – Eigentum verpflichtet nun mal.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD und der LINKEN]

Ein weiteres Problem, das wir lösen müssen, sind die bisherigen Regelungen zu den Abläufen im Zusammenhang mit dem Wohnungsaufsichtsgesetz. Hier kommt es mitunter zu ganz abstrusen Verlängerungen des Verfahrens. Es gibt Fälle, da haben Anhörungsverfahren mit der Eigentümerseite drei Jahre gedauert, und das lag nicht am zuständigen Bezirksamt. Nein! Die festgelegten Verfahrensabläufe ermöglichen es der Eigentümer- beziehungsweise Vermieterseite, durch ein endloses Prüfen von möglichen Maßnahmen zur Behebung von Missständen

am Ende untätig zu bleiben. Wenn ich aber drei Jahre lang prüfe, wie ich einen Wasserschaden beseitige, ist die Wohnung nach drei Jahre unbewohnbar, und es dauert dann anschließend noch mal lange Zeit, bis der Wohnraum wieder nutzbar ist. Hier müssen wir dringend Verfahrensabläufe korrigieren, denn solche Verschleppungstaktiken müssen dringend unterbunden werden. Es muss Schluss sein mit solchen Entmietungsstrategien, und ich kann allen nur sagen: Uns als rot-rot-grüner Koalition ist das ein ganz wichtiges Ziel. Wir wollen, dass solche Geschäftsmodelle, wie sie Berlin Aspire und andere betreiben, in dieser Stadt irgendwann der Vergangenheit angehören. – Vielen Dank!

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN]

Für die FDP-Fraktion hat jetzt der Kollege Förster das Wort.

Vielen Dank! – Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! So revolutionär, Frau Kollegin Schmidberger, ist eine Enthaltung nun auch wieder nicht, dass man davon gleich irgendwelche negativen Absichten ableiten könnte. Wenn die Koalition immer so konstruktiv wäre und auch nur ansatzweise anfinge, Anträgen der Opposition so oft zuzustimmen, wie es die Opposition anders herum tut, dann wären wir, glaube ich, ein ganzes Stück weiter in dieser Stadt. Das will ich an der Stelle auch mal anmerken.

[Beifall bei der FDP]

Aber in der Tat: Ich hatte gestern auch deutlich gemacht, dass diese Praktiken, um die es hier geht, gemessen an dem Wohnungsbestand in der Hauptstadt nun wirklich Einzelfälle sind, gravierende Einzelfälle und meinetwegen auch 20 Einzelfälle. Aber gemessen am Wohnungsbestand dieser Stadt sind es wirklich Einzelfälle. In der heutigen Zeit macht es doch gar keinen Sinn, die Wohnungen herunterzuwirtschaften und leer stehen zu lassen, wenn ich mit Vermietung viel mehr verdienen kann. Das muss man auch mal sagen. Das sind Einzelfälle, und in diesen Einzelfällen mag es auch sinnvoll sein, so vorzugehen, wie Sie es wollen, aber – und darauf hatte ich gestern noch mal deutlich hingewiesen – die Bezirke beklagen seit vielen Jahren – und das gehen Sie hier auch nicht an –, dass sie bei diesen Verfahren, wo sie Ersatzvornahmen machen – ich kenne auch Beispiele aus meinem Heimatbezirk Treptow-Köpenick –, nachher vor Gericht fast immer zweiter Sieger sind,

[Katrin Schmidberger (GRÜNE): Treptow-Köpenick ist nun nicht der Nabel der Welt!]

weil die Gerichte nämlich die Verhältnismäßigkeit prüfen und die Verhältnismäßigkeit bei den Gerichten fast immer nicht gesehen wird. Solange Sie den Bezirken nicht

die Instrumente an die Hand geben, dass sie das dann auch rechtswirksam durchsetzen können, verstehe ich jeden Bezirksstadtrat und jeden Bezirksbürgermeister, der äußerst vorsichtig ist, bei den Maßnahmen Steuergeld einzusetzen, wo er nachher vom Gericht erfährt, dass er es gar nicht zurückbekommt, weil das Gericht der Meinung ist, die Rechtsanordnung sei fehlerhaft gewesen. Solange Sie dieses Problem nicht beheben, reicht es dann auch nur für eine Enthaltung, weil das eben handwerklich schlecht gemacht ist. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der FDP]

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Der Überweisung an den Ausschuss für Stadtentwicklung und Wohnen haben Sie bereits eingangs zugestimmt.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 8:

Gesetz zur Änderung des Kirchensteuergesetzes

Vorlage – zur Beschlussfassung – Drucksache 18/1637

Erste Lesung

Ich eröffne die erste Lesung zu der Gesetzesvorlage. Eine Beratung ist nicht vorgesehen. Vorgeschlagen wird die Überweisung der Gesetzesvorlage an den Hauptausschuss. – Widerspruch höre ich nicht. Dann verfahren wir so.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 9:

Gesetz zur Änderung des Bundesbesoldungsgesetzes in der Überleitungsfassung für Berlin, zur Änderung der Verordnung über die Gewährung von Erschwerniszulagen und zur Änderung weiterer besoldungsrechtlicher Regelungen (VollzugsdienstZulagenänderungsgesetz-VdZulG)

Vorlage – zur Beschlussfassung – Drucksache 18/1638

Erste Lesung

Ich eröffne die erste Lesung zu der Gesetzesvorlage. In der Beratung beginnt die Fraktion Die Linke. Herr Kollege Schrader hat das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vorgestern wurde vom Innensenator das Vorhaben einer größeren Polizeireform bekanntgemacht. Der häufigste Kommentar, den ich dazu gehört habe, war der, dass diese Reform eigentlich nur erfolgreich sein kann, wenn wir mehr Personal für die Polizei gewinnen können. Wir haben eine

(Katrin Schmidberger)