Protokoll der Sitzung vom 07.03.2019

[Beifall bei der FDP]

Für Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt Herr Schweikhardt das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Das war von der AfD ja wieder ein klassischer Einweg-Gläser.

[Gunnar Lindemann (AfD): Tata, Tata! – Lachen bei der AfD]

Wie immer, wenn die AfD zum Thema Medien spricht, driftet sie in ihr verschwörungstheoretisches Fabelreich der alternativen Fakten ab. Echter Fakt ist: Wenn sich alle anderen, also alle verantwortungsbewussten Abgeordneten auf einen neuen Rundfunkänderungsstaatsvertrag einigen, dann ist er das Ergebnis sorgsamer Abwägungen und ein wichtiger Schritt auch im Kampf gegen FakeNews.

[Frank-Christian Hansel (AfD): Kennen Sie das Bild vom Geisterfahrer?]

Natürlich stellt die Reform des Staatsvertrages einen kontinuierlichen Prozess dar – nach der Reform ist vor der Reform. Gerade im Moment finden aber im Medienbereich Paradigmenwechsel statt. Es kommen völlig neue Akteure ins Spiel, die Medientechnik entwickelt sich rasant weiter, und auch das Verhalten der Nutzerinnen und Nutzer ist nicht bei drei Fernsehsendern hängengeblieben.

Herr Kollege! Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Keine Zwischenfragen!

Unsere Ansprüche an die öffentlich-rechtlichen Sender bleiben weiterhin hoch. Wir Bündnisgrüne setzen uns weiter dafür ein, dass die öffentlich-rechtlichen Sender die Verhandlungen mit den Urheberinnen und Urhebern in Bezug auf die Mediatheken abschließen, damit wir die Sachen länger zeigen können. Wir brauchen endlich eine Lösung, die die angemessene Bezahlung der Macherinnen und Macher mit einer längeren öffentlichen Zugänglichkeit der Filme, Reportagen und Dokumentationen verbindet. Meine Fraktion setzt sich auch weiterhin dafür ein, dass die Rechte der freien Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter endlich an die Erfordernisse und Standards der heutigen Zeit angepasst werden und dass das gesamte Rundfunkangebot barrierefrei für alle zur Verfügung steht.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Beifall von Daniel Buchholz (SPD)]

Bei aller berechtigten Kritik: Unser System, unser öffentlich-rechtlicher Rundfunk ist der beste der Welt,

[Gunnar Lindemann (AfD): Aha! – Lachen bei der AfD]

mit einem sehr vielfältigen und qualitativ hochwertigen Angebot.

[Hanno Bachmann (AfD): Schon mal von der BBC gehört?]

Unser öffentlich-rechtlicher Rundfunk ist auch ein Schnäppchen. Bei keinem anderen Anbieter bekommen sie so viel für so wenig Geld. Und wenn Sie sich das nicht leisten können, dann ist es komplett kostenlos,

[Lachen bei der AfD]

egal, ob Sie BAföG, Arbeitslosengeld II, Sozialhilfe, Grundsicherung im Alter oder Blindenhilfe beziehen.

[Zuruf von Stefan Franz Kerker (AfD)]

Das ist gelebte Solidarität. Das ist Teilhabe für alle. Ein Vollprogramm auf höchstem Niveau ist ein ganz wichtiges Stück Demokratie. Es ist Daseinsfürsorge für eine vielfältige und gegen Hetze sensibilisierte Gesellschaft. Ich wiederhole gerne noch einmal, was meine Vorrednerinnen schon verdeutlicht haben; offensichtlich will die AfD das nicht verstehen: Der öffentlich-rechtliche Rundfunk in Deutschland ist genau das Gegenteil von politisch gesteuertem Staatsfunk –

[Lachen bei der AfD – Zuruf von der AfD: Lächerlich!]

auch wenn die AfD gerne einen eigen Staatsfunk hätte. Politik muss, kann und wird die „heute-show“ aushalten und weder kann noch wird sie selbige je verbieten – zumindest solange die Wählerinnen und Wähler verhindern, dass die AfD ihre Herrschaft antritt.

[Lachen von Thorsten Weiß (AfD)]

Aber da bin ich sehr zuversichtlich. – Vielen Dank!

[Frank-Christian Hansel (AfD): Mit der „heute-show“ haben wir kein Problem; die findet doch hier gerade statt! – Thorsten Weiß (AfD): Aber schöne Schuhe hat er an! – Lachen bei der AfD]

Für eine Zwischenbemerkung hat der Kollege Gläser das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident! – Vielen Dank, Herr Schweikhardt, für Ihre Äußerungen! Ich glaube Ihnen ja jedes Wort! Ich glaube Ihnen, dass Sie das wirklich glauben, was Sie eben gesagt haben: dass der öffentlichrechtliche Rundfunk gut ist und dass wir vielleicht verstrahlt sind.

Aber versuchen Sie einmal, einen Moment lang einen Perspektivwechsel vorzunehmen! Es hat doch Gründe, dass es hier große Zustimmung für dieses Programm gibt und da große Ablehnung. Die ARD-Akzeptanzstudie – keine rechtspopulistische Verschwörungstheorie, sondern die ARD-Akzeptanzstudie vom letzten Jahr; sie war in diesen blauen Heften, die wir immer zugeschickt bekommen, natürlich aus Zwangsbeiträgen finanziert – besagt, dass die größte Zustimmung für das ARDProgramm – na, von wem? –

[Dr. Wolfgang Albers (LINKE): Wen interessiert denn das, Herr Gläser?]

mit 90 Prozent von den Grünen-Wählern kommt, die niedrigste mit 54 Prozent von den AfD-Wählern. – Das hat Gründe.

(Notker Schweikhardt)

Wenn ich jetzt lese, dass Frau Wagenknecht als beliebtester Gast von öffentlich-rechtlichen Talkshows durch Herrn Habeck abgelöst wurde, dann zeigt das einfach, wie die Politik in den öffentlich-rechtlichen Rundfunkhäusern gemacht wird. Da gibt es eine Schlagseite – das müssen Sie erkennen.

[Zuruf von Dr. Ina Maria Czyborra (SPD)]

Deswegen gibt es einen großen Unmut in weiten Teilen, der weit über die Wählerschaft der AfD hinausgeht. Diese sagen: Wir wollen das nicht mehr bezahlen. Das geht so nicht weiter.

[Zuruf von Daniel Buchholz (SPD)]

Das müssen Sie zur Kenntnis nehmen, ansonsten – wenn Sie jetzt nicht anfangen, Reformen zu machen – fährt der Laden eines Tages gegen die Wand. – Vielen Dank!

[Beifall bei der AfD – Beifall von Kay Nerstheimer (fraktionslos) und Andreas Wild (fraktionslos)]

Herr Kollege Schweikhardt! Sie dürfen erwidern.

Vielen Dank, Herr Präsident! – Herr Kollege Gläser! Wenn sogar Sie zitieren, dass über die Hälfte – die Mehrheit – der AfD-Wähler der ARD ihr Vertrauen schenkt und man berücksichtigt, dass Ihr Erfolg ohne Ihre große Präsenz in den ganzen Talkshows in den entsprechenden Zeiten gar nicht möglich gewesen wäre,

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN]

dann sehen Sie doch, wie tolerant das System aufgestellt, wie vielfältig und offen es ist. Insofern stehen wir zu unserer Unterstützung. Natürlich arbeiten wir weiter daran und müssen uns auch nicht für irgendwelche Auftritte von den Gaulands dieser Welt schämen.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Beifall von Daniel Buchholz (SPD)]

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Der Fachausschuss empfiehlt mehrheitlich – gegen die AfD-Fraktion – die Annahme der Gesetzesvorlage. Wer der Gesetzesvorlage auf Drucksache 18/1520 zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Koalitionsfraktionen, die CDU und die FDP. Gegenstimmen? – Das sind die AfD und die zwei fraktionslosen Kollegen. Enthaltungen sehe ich keine. Damit ist das Gesetz so beschlossen.

Der Tagesordnungspunkt 6 war die Priorität der Fraktion der SPD unter der Nr. 3.3.

Ich rufe auf die

lfd. Nr. 7:

Zweites Gesetz zur Änderung des Wohnungsaufsichtsgesetzes

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Stadtentwicklung und Wohnen vom 20. Februar 2019 Drucksache 18/1689 Neu

zur Vorlage – zur Beschlussfassung – Drucksache 18/1616

Zweite Lesung