Protokoll der Sitzung vom 04.04.2019

Da habe ich immer gedacht, dass genau das das Problem ist. – Es ist klar, dass das nicht für alle Mieter und Mieterinnen infrage kommt, aber für viele. Das ist der Vorteil daran. In dem Moment, in dem ich das Eigenkapital noch nicht bilden konnte, aber die Chance habe, genauso wie die Mieter und Mieterinnen der Karl-Marx-Allee ein IBB-Darlehen mit einer langen Phase der Tilgungsmöglichkeit zu erhalten, kann ich die Wohnung kaufen, liebe Frau Schmidberger! Das ist genau das, was die Mieter und Mieterinnen nachhaltig vor Verdrängung schützt,

[Beifall bei der FDP]

weil sie in ihrer Wohnung wohnen bleiben, weil es ihre eigene ist, weil sie sich in ihrem Kiez niedergelassen haben, weil sie sich dort bewusst entschieden haben. Das Schöne ist noch, dass gerade Mieter und Mieterinnen ihr Haus und ihre Wohnung besonders gut kennen. Insofern ist es auch eine sichere Sache. An diesem Punkt würden wir uns – wie in der Karl-Marx-Allee – die Verbindung mit der Bürgschaft wünschen, wenn die Belastungsvollmacht fehlt – das soll immer wieder einmal vorkommen –, weil wir möchten, dass die Häuser denen gehören, die in ihnen wohnen. Wir möchten, dass die Mieter und Mieterinnen diese Stadt kaufen können – und nicht irgendwelche irren Bezirksstadträte in FriedrichshainKreuzberg. – Danke schön!

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der AfD]

Für die Fraktion der SPD hat jetzt Frau Abgeordnete Spranger das Wort. – Bitte schön!

Verehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen, meine sehr verehrten Herren! Frau Meister! Den letzten Satz hätte ich an Ihrer Stelle so nicht gesagt; das ist eine

(Sibylle Meister)

persönliche Bewertung von Ihnen. An einer solchen Stelle finde ich das immer nicht angemessen – aber gut.

[Zuruf von Sebastian Czaja (FDP)]

Der Traum von den eigenen vier Wänden ist für viele Menschen ein wichtiges Ziel im Leben. Gerade in den letzten Jahren, in denen die Mietpreise so enorm gestiegen sind, scheint die eigene Wohnung ein sicherer Hafen zu sein, denn solange die Mieten aufgrund der Blockade der Union im Bund nach Bürgerlichem Gesetzbuch weiter in einem Umfang steigen können, der komplett von der Lohnentwicklung entkoppelt ist, scheint das eigene Heim ein verheißungsvoller Ausweg zu sein. Genau deshalb brauchen wir in Berlin den Mietendeckel, Frau Meister,

[Vereinzelter Beifall bei der SPD]

damit ein sicheres Zuhause nicht nur den Eigentümern vorbehalten bleibt, sondern auch für die über drei Millionen Mieterinnen und Mieter in Berlin eine Selbstverständlichkeit ist.

Eigentlich bin ich nicht gegen solche Förderprogramme, aber

[Sibylle Meister (FDP): Aber!]

ich möchte Ihnen einmal Ihre Probleme aufzeigen, das Problem aufzeigen bei dem, was Sie gerade sagen. Ich darf aus Ihrem Antrag zitieren:

… alle Berlinerinnen und Berliner bei der Ausübung ihres Vorkaufsrechts nach § 577 BGB unbürokratisch unterstützt.

Hier wird etwas für alle Berlinerinnen und Berlin versprochen, was aber eigentlich nur wenige Menschen betrifft. Hier muss ich Ihnen sagen: Da kratzen Sie aber ganz gewaltig an der Oberfläche. Und warum sage ich das? Ich sage es Ihnen einmal in zwei Aspekten. Erstens: Eigentlich müssten Sie wissen, dass die Mieterinnen und Mieter ein gesetzliches Vorkaufsrecht nach § 577 BGB nur dann haben, wenn ihre Mietwohnung zum ersten Mal in eine Eigentumswohnung umgewandelt wird.

[Sibylle Meister (FDP): Ja, klar!]

Wenn lediglich das Haus den Besitzer wechselt, oder wenn die Mieterinnen und Mieter schon in einer vermieteten Eigentumswohnung wohnen, gilt das gesetzliche Vorkaufsrecht gar nicht mehr und das Förderprogramm ist nicht anwendbar. Also suggerieren Sie nicht, dass alle Mieterinnen und Mieter das in Anspruch nehmen können. Das ist falsch.

[Sibylle Meister (FDP): Das steht doch da!]

Ja, dann müssen Sie es konkret sagen, Frau Meister. Ich schätze Sie sehr, aber dann müssen Sie es konkret sagen: Es sind nur einige wenige.

Zweitens ist auch bei einem zinslosen Darlehen, das das Eigenkapital ersetzt, was ich persönlich eigentlich als ein

solches Förderprogramm nicht verkehrt finde, eine gewisse Solvenz der zukünftigen Eigentümer natürlich dringend notwendig. Deshalb weiß ich natürlich auch, warum es wahrscheinlich ausgerechnet die FDP-Klientel ist. Natürlich ist es verlockend, die eigene Wohnung zu erwerben und hierfür staatliche Unterstützung zu bekommen. Das ist völlig unbestritten. Es kann im Einzelfall auch sinnvoll und praktikabel sein. Aber jeder potentielle Käufer muss sich auch über die finanziellen Risiken von Eigentum gerade in einer Eigentümergemeinschaft im Klaren sein und braucht entsprechende Rücklagen. Nicht zu vergessen, und das haben Sie überhaupt nicht gesagt: Hier sollen Steuermittel dafür eingesetzt werden. Das heißt also, es ist eine verkürzte Annahme der FDPFraktion, muss ich Ihnen so sagen, dass Eigentum automatisch zu Wohlstand führt. Das ist für den Einzelnen nicht immer richtig. Es kann ohne entsprechende Solvenz auch zu Schulden und Armut führen.

[Stefan Franz Kerker (AfD): Quatsch!]

Ich gucke nicht gerne nach Amerika, aber schauen Sie sich das doch einmal an. Da ist das in Größenordnungen passiert.

[Sibylle Meister (FDP): Das war etwas völlig anderes!]

Deshalb, zusammengefasst, die eigenen vier Wände können für bestimmte Personengruppen eine gute Entscheidung sein, sie sind aber weder für alle Berlinerinnen und Berliner gleichermaßen sinnvoll, noch für eine Gesellschaft als Ganzes ein Allheilmittel. Wir müssen als Berliner Landesparlament alles dafür tun, dass die sonstigen Gesetzmäßigkeiten und die Gesetzmäßigkeiten im Bund die Mieterinnen und Mieter schützen. Das ist der richtige Weg. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN]

Für die Fraktion der CDU hat jetzt das Wort der Abgeordnete Herr Gräff.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Meine Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal zu dem Antrag: Wir werden diesem Antrag zustimmen. Es ist überhaupt kein Widerspruch zu sagen, dass unabhängig von anderen Förderprogrammen für diejenigen, die ein Vorkaufsrecht nach § 577 BGB haben, auch ein spezielles Förderprogramm aufgelegt werden soll.

Zweitens: Frau Spranger, das, was Sie gesagt haben – ich wollte gar nicht darauf eingehen, auf einen Punkt muss ich aber doch eingehen –, finde ich nun wirklich lustig, dass jemand aus den Koalitionsfraktionen sagt, dass für die Eigentumsbildung Steuermittel eingesetzt werden

(Iris Spranger)

sollen. Ja, auf jeden Fall. Es ist doch immer noch besser, als Wohnungen zu kaufen, wo am Ende kein Mieter etwas davon hat, weil die Mieten nicht gesenkt werden,

[Beifall bei der CDU und der FDP – Beifall von Harald Laatsch (AfD)]

Millionen und Abermillionen dafür aufgewendet werden, dass die Miete, wenn es gut läuft, gleich bleibt, aber in den nächsten 10, 20 oder 30 Jahren nichts mehr instandgesetzt wird, auch keine Aufzüge eingebaut werden und so weiter und so fort. Ich glaube, dass die Steuermittel jedenfalls bei der Eigentumsbildung besser aufgehoben sind.

[Beifall von Michael Dietmann (CDU)]

Drittens: Wir haben als CDU – darauf möchte ich noch einmal verweisen, ich nehme einmal an, vielleicht kam die eine oder andere Anregung, die die FDP und auch die AfD jetzt aufgenommen haben, aus unserem Masterplan Wohnen – gesagt, wir wollen bei der Eigentumsbildung maximal 3 000 Euro auf den Quadratmeter, und dann in der Tat auch mit zinslosen Darlehen fördern.

[Katrin Schmidberger (GRÜNE): Wo kommt denn das Grundstück her?]

Warum maximal 3 000 Euro? Wir sind der Überzeugung, dass es selbst bei den jetzigen schwierigen Bodenpreisen in Berlin möglich ist, für weit unter 3 000 Euro pro Quadratmeter zu bauen. Dann bleibt für denjenigen, der entwickelt und baut, noch etwas übrig. Das wäre auch eine Summe von maximal 3 000 Euro pro Quadratmeter, die sich auch in der Tat Familien und mittlere Einkommen, für die Sie in dieser Stadt gar nichts tun, auch nicht Frau Schmidberger, leisten können. Deswegen wollen wir genau diese mittleren Einkommen fördern.

[Beifall bei der CDU]

Viertens: Weil wir heute noch gar nicht über diese laufende Kampagne und das Thema Enteignung gesprochen haben, bietet sich das Thema zu diesem Tagesordnungspunkt geradezu an. Ich stelle mir die Frage gerade beim Thema Wohneigentumsbildung, Herr Wolf, Herr Senator a. D., da Sie diese Kampagne unterstützen, wir gerade über das Thema Eigentumsbildung sprechen: Was ist mit denjenigen, die bei Ihnen, wie Sie auch, sich Gedanken darüber machen, was eigentlich die Zukunft der Arbeit ist? Wie werden Menschen in 20, 30 Jahren arbeiten? Sie sorgen gerade dafür, dass die Jobs, die in Berlin für die Menschen, die jeden Tag hart arbeiten gehen, notwendig wären, in Zukunft in Berlin nicht mehr entstehen werden. Sie mit Ihrer Kampagne sorgen dafür, dass diese Unternehmen nicht mehr nach Berlin kommen und dass kein Wohnraum mehr gebaut wird.

[Katalin Gennburg (LINKE): Weisen Sie das doch einmal nach!]

Das ist etwas, was wir in den nächsten Tagen und Wochen auch deutlich machen werden, dass Sie dafür sorgen, dass die Menschen, die Arbeit haben, die arbeiten

gehen wollen, die sich Sorgen darüber machen, was in 10, 15, 20 oder 30 in meinem Job ist, wie ich arbeiten werde, wo ich arbeiten kann, durch Ihre Kampagne möglicherweise keine Arbeit in Berlin mehr finden werden. Das werden wir sehr deutlich machen, diesen Widerspruch, den Sie hier hervorrufen und Berlin in Verruf bringen und damit Kapital nicht mehr in die Stadt ziehen lassen wollen, sondern Kapital von dieser Stadt abschrecken und abziehen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU – Steffen Zillich (LINKE): Können Sie das noch mal so oft sagen, dass man es auch versteht, diesen klaren Widerspruch ?]

Gestatten Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten?

Dann hat jetzt das Wort für die Fraktion Die Linke der Abgeordnete Dr. Nelken. – Bitte schön!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kollegen! Ich werde jetzt einmal wieder zu dem Antrag Wohneigentumsförderung für alle, so lautet zumindest die Überschrift, zurückkehren. Aber wie es schon Frau Spranger deutlich gemacht hat, ist das mit dem „für alle“ nicht so weit her, sondern es geht hier nur um einen sehr kleinen, begrenzten Bereich. Damit wollen wir uns dann auch konkret befassen. Es geht im Prinzip darum, dass in dem Fall, wenn der Mieter schon Mieter bei der Umwandlung war, er nur in diesem Fall nach § 577 ein Vorkaufsrecht hat.

Wie wollen Sie ihn jetzt aber bei der Ausübung des Vorkaufsrechts fördern? Sie haben hier von Darlehen gesprochen, IBB-Darlehen. In Ihrem Antrag steht etwas anderes. In Ihrem Antrag ist von Eigenkapitalersatzdarlehen die Rede, nicht das eigentliche Kaufdarlehen, sondern nur der Eigenanteil soll zinslos gefördert werden. So steht es zumindest in Ihrem Antrag, auch wenn Sie über etwas anderes gesprochen haben. Nun stellt sich die Frage, warum man das jetzt eigentlich mit öffentlichen Mitteln so tun soll. Das ist zinslos gestellt, die Zinsen müssen alle aus dem Haushalt für dieses Eigenkapitalersatzdarlehen gezahlt werden. Dafür muss es eine Begründung geben. Irgendwelche Fördervoraussetzungen, dass man das Eigenkapitalersatzdarlehen zinslos bekommen kann, nennen Sie in Ihrem Antrag überhaupt nicht.

(Christian Gräff)