Protokoll der Sitzung vom 04.04.2019

(Christian Gräff)

In der Begründung steht zwar etwas von jungen Menschen, die vielleicht kein Eigenkapital haben, weil sie von dem Verkauf überrascht worden sind, aber es werden keinerlei Voraussetzungen genannt. Es kann also jeder bekommen, auch wenn er eigentlich sehr viel Eigenkapital aufbringen könnte. Es gibt also gar keine Bedingung in Ihrem Antrag, aber ich lasse es jetzt einmal beiseite, warum Sie das Eigenkapitalersatzdarlehen zinslos stellen wollen. Das können wir ein anderes Mal diskutieren, vielleicht im Ausschuss.

Ich komme einmal zu der Begründung, wo gesagt wird, dass Eigentum vor Mietsteigerung und Eigenbedarfskündigung schützt. Das ist ein beliebter Sozialzynismus, der in Kreisen der Besserverdienenden oft genannt wird: „Mieter, jammert nicht über eure unbezahlbaren Mietsteigerungen, kauft eure Wohnungen. Dann seid ihr geschützt.“

Und nun, Frau Meister, muss ich sagen, bei Herrn Gräff habe ich gar keine Hoffnung, ein bisschen rechnen sollte man doch können. … Ich mache jetzt mal eine kleine Rechnung mit Ihnen auf, was die finanzielle Belastung aus dem Wohnungskauf bedeuten würde. Ich gehe mal anders als Herr Gräff von einem durchschnittlichen Preis einer Mietwohnung in Berlin aus, das kann man alles nachlesen, sehr moderat mit 3 500 Euro je Quadratmeter Kaufpreis, das finden Sie heute wahrscheinlich kaum noch, Eigenkapital, nehmen wir an 20 Prozent. Das würden bei einer Tilgung von 2 Prozent ohne Zinsen 1,16 Euro pro Quadratmeter bedeuten. Dann muss aber das Fremdkapital – Sie hatten jetzt nicht gesagt, woher das kommt – auch bezahlt werden, 2 800 Euro. Wenn ich es nur mit 4 Prozent annehme, bin ich bei 9,30 Euro pro Quadratmeter, zusammen schon bei ca. 10,50 Euro.

[Zuruf von Sibylle Meister (FDP)]

Dann müssen Sie noch das Hausgeld einrechnen, vielleicht 2 Euro pro Quadratmeter, und Betriebskosten. Sie kommen in Bereiche von 15 Euro, 16 Euro pro Quadratmeter, die der Käufer zahlen muss, trotz aller Zinsförderung aus dem Haushalt. Mir scheint, das ist kein besonders sinnvolles Programm, um Mieterinnen und Mietern in dieser Stadt zu helfen. Es ist nur, wenn überhaupt, für den Mittelstand, aber bei 15 Euro, 16 Euro pro Quadratmeter werden auch die Probleme bekommen. Wenn wir feststellen, dass die teuren Wohnungen ganz wesentlich aus dem Wohnungshandel kommen, dann muss ich doch nicht den Wohnungshandel noch weiter befördern.

[Zuruf von Christian Gräff (CDU)]

Ich stelle mal eine ganz einfache Frage, Herr Gräff, die Sie sich meistens nicht stellen: Kann es denn jenseits dieses flachen Antrags der FPD, der keinem hilft und noch Steuergelder kostet, eine Eigentumsförderung geben, die Sinn macht? Kann es die geben? – Da sage ich, Herr Gräff, Frau Meister: Ja, die kann es geben. Dann

muss man allerdings andere Bedingungen dafür schaffen und andere Ziele verfolgen. Dann kommt es wirklich darauf an, dass die Wohnungen aus dem Markt herausgenommen werden, wenn sie im Eigentum sind, dass wir Bedingungen für diejenigen schaffen, die diese Förderung bekommen, dass wir in den Bedingungen klären, was aus den Wohnungen wird, wenn der ehemalige Mieter sie eventuell weiterverkaufen will, zum Beispiel ein Vorkaufsrecht für das Land Berlin beim Weiterverkauf der Wohnung. Man kann ein Programm stricken, das dem Gemeinwesen dient, das gegen die Mietsteigerung ist und trotzdem ein Eigentumsprogramm für gemeinschaftliche Bewirtschaftung und Nutzung ist. Das ist im Prinzip möglich. Ihr Antrag tut das aber ganz und gar nicht.

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD – Sebastian Czaja (FDP): Sie haben es nicht verstanden! Das ist kein Und oder Oder!]

Für die AfD-Fraktion hat jetzt der Kollege Laatsch das Wort.

Danke, Herr Präsident! – Meine Damen und Herren! Eigentumsbildung in Berlin – immer wieder ein sehr dankbares Thema. Ich komme zunächst zu Frau Spranger und ihrem Märchen von den US-Immobilien. Das wird gern immer wiederholt. Der US-Immobilien-Eigentumsanteil ist von 69 Prozent auf 65 Prozent zurückgegangen. Ich erinnere noch mal: In Berlin gibt es 14,9 Prozent. –, denn die Rechnung für die Idiotie im amerikanischen Immobilienmarkt haben deutsche Landesbanken, regiert meist von roten Politikern, bezahlt.

[Beifall bei der AfD]

Herr Gräff! Ich mache Sie darauf aufmerksam: Sie sollten nicht vergessen, dass ich immer nach Ihnen rede. Insofern kann ich gut korrigieren, was Sie gesagt haben. Natürlich ist Wohneigentumsbildung der Kern unseres Programms. Unten, im Foyer, kann man sich das nehmen. Dort liegen genug Prospekte aus. Da können Sie das alles nachlesen.

[Beifall von Stefan Franz Kerker (AfD)]

Herr Nelken! Alle anderen EU-Länder machen uns vor, wie einfach es ist, Menschen in Eigentum zu bringen. Der Durchschnitt in der EU – noch sind es 28 Staaten – hat zu 70 Prozent Wohneigentum. Berlin – ich erwähne die Zahl noch mal, weil es so schön ist – hat 14,9 Prozent. Steuermittel, Frau Meister, braucht man dafür nicht unbedingt. In unserem Programm steht, dass die IBB dafür Eigenkapitalbürgschaften ausgeben sollte. Das heißt, sie muss nicht selbst finanzieren, sondern sie gibt der finanzierenden Bank eine Bürgschaft über das fehlende Eigenkapital, denn das ist das einzige Problem, das die Berliner an dieser Stelle mitbringen. Alles andere lösen sie ganz

(Dr. Michail Nelken)

von allein, weil die Mietbelastung mittlerweile genauso hoch ist wie die Zahlbelastung.

[Beifall bei der AfD – Frank-Christian Hansel (AfD): Richtig!]

Was den Willen des Senats angeht, die Karl-Marx-AlleeVorkaufsrechte zu finanzieren, habe ich meine großen Zweifel, denn mit dem Finanzsenator, er ist gerade nicht da, habe ich ein kurzes Gespräch hier vorn im Foyer gehabt

[Zuruf von der CDU: Was?]

und habe ihn gefragt, wie er denn auf die Idee kommt, den Menschen dort eine Laufzeit von zehn Jahren anzubieten. Der Finanzsenator weiß sehr genau, was er tut.

[Zuruf von der CDU: Na ja!]

Er schafft es, der Landeskasse maximale Mindestzinsen zu sichern, aber er will den Käufern von Immobilien, die relativ naiv in den Markt hineingehen, dann eine zehnjährige Finanzierung anbieten. Das bedeutet in einer Situation, wo ich hohe Kaufpreise und niedrige Zinsen habe, dass die Leute nach zehn Jahren in eine gewaltige Falle laufen, und ich kann mir nicht vorstellen, dass der Senator allen Ernstes so etwas vorhat. Insofern hat er sich wahrscheinlich mit dem Thema gar nicht auseinandergesetzt, weil er nie vorhatte, das irgendjemandem in der Karl-Marx-Allee zu finanzieren. Das ist nichts anderes als ein Ablenkungsmanöver von der seltsamen Politik, die dieser Senat hier an den Tag legt.

[Beifall bei der AfD]

Nun haben wir uns gerade mit dem Ausschuss in Barcelona anguckt, wie die Verhältnisse sind, denn dort regiert im Moment Podemos, also die Linksaußenpartei. Da hatte wahrscheinlich Die Linke gehofft, sie würde dort Bestätigung finden. Und was finden wir dort vor? – 80 Prozent Eigentum.

[Beifall bei der AfD – Frank-Christian Hansel (AfD): Hört, hört!]

Und nicht nur das. Die sprechen von sozialem Wohnungsbau, und was glauben Sie, was die damit meinen? Frau Schmidberger! Sie haben die Reise leider versäumt. Was glauben Sie, was die damit meinen, wenn die „sozialer Wohnungsbau“ sagen? – Die meinen, vergünstigte Eigentumswohnungen kaufen, für 1 950 Euro statt für 3 000 Euro. Das meinen die damit.

[Beifall bei der AfD]

Dann reden die natürlich, aber nur bei Podemos, ständig von – – Ja, bitte! Eine Zwischenfrage lasse ich zu.

Frau Kollegin Gennburg!

Herr Laatsch! Sie haben schon mitbekommen, dass wir nicht des sozialen Wohnungsbaus wegen nach Barcelona gereist sind,

[Christian Gräff (CDU): Aber wegen der Sonne!]

sondern wegen der Stadtentwicklungsmaßnahmen. Erzählen Sie uns doch mal, was wir sonst so alles lernen konnten von dieser wunderbaren Linksregierung, und erzählen Sie uns doch auch, dass die historisch gewachsenen Eigentumsverhältnisse im Wohnungssektor natürlich ganz andere sind als hier und man das deswegen nicht eins zu eins übersetzen kann.

Frau Gennburg! Ich versuche, Ihre Frage zu beantworten, insofern ich mich dabei an diesen Antrag halte. – In Barcelona sind 80 Prozent der Eigentümer eben Eigentümer. Das heißt, sie wohnen in ihrer eigenen Wohnung. Trotzdem sprechen die Podemos-Sozialisten dort ständig von Mietwohnungen und meinen damit den verbilligten Kauf von Eigentumswohnungen.

[Katrin Schmidberger (GRÜNE): Sie haben mit den Leuten da nicht gesprochen!]

Man hat dort aufseiten der Linken keine Bestätigung gefunden. Das tut mir leid für Sie, das ist so. Dann wurde oft darüber geredet, dass nach der Immobilienkrise in Spanien – die hatten eine ähnliche Blase wie die USA – so viele Menschen ihr Eigentum verloren haben. Ich sage Ihnen mal ganz konkret: Das ist von 84 Prozent auf 80 Prozent zurückgegangen. Da ist noch verdammt viel Luft, Frau Gennburg, bis 14,9 Prozent.

[Beifall bei der AfD – Beifall von Andreas Wild (fraktionslos)]

Erkennen Sie den Unterschied? Können Sie das mathematisch irgendwie nachvollziehen? – Jetzt läuft meine Zeit weiter, ich habe keine Zeit mehr für Sie.

Frau Meister! Der Weg ist der richtige. Sie sind mir leider immer zu zaghaft, denn bei uns wird jeder hier in Berlin, der die Voraussetzungen erfüllt, finanziert. Bei Ihnen fehlt mir zum einen eine Einkommensgrenze. Wir wollen nicht jeden Prenzlauer, der für 6 000 Euro kauft, finanzieren. Eine Preis-pro-Quadratmeter-Grenze, wegen des gerade Gesagten, und der entsprechende Bedarf muss da sein. Ansonsten finden wir Ihren Antrag gut und richtig.

[Zuruf von Katrin Schmidberger (GRÜNE)]

Sie sind auf dem richtigen Weg, denn Eigentum schützt vor Altersarmut, vor Gentrifizierung, vor Mietsteigerungen, und es schützt vor inflationierenden Sparkonten,

[Christian Gräff (CDU): Das wollen die Linken doch gern!]

die aufgrund der EZB-Politik nicht mehr mit ausreichend Zinsen versorgt werden, damit diese verschwenderischen

Staatshaushalte, die insbesondere von linken Regierungen verursacht werden, weiter finanziert werden können. – Danke!

[Beifall bei der AfD – Beifall von Andreas Wild (fraktionslos) – Bravo! von der AfD]

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt Frau Schmidberger das Wort.

Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Opposition! Ich finde Ihren Beitrag, ich sage es mal so: Ich glaube, die Leute da draußen werden es zu deuten wissen. Ich finde es interessant, dass Sie im Grunde allen Mieterinnen und Mietern sagen: Wenn du dir deine Wohnung nicht mehr leisten kannst, wenn du von Verdrängung bedroht bist, dann kaufe sie dir doch einfach! – Super Idee!

[Christian Gräff (CDU): Cooler Vorschlag!]

Ich glaube nur, die Leute da draußen, sind auch schon weiter und wissen ganz genau, dass die Welt leider nicht so einfach ist.

[Sebastian Czaja (FDP): Nächstes Mal mit Anspruch! Machen Sie mich mal neugierig!]