Protokoll der Sitzung vom 09.05.2019

Herr Trefzer! Ich darf Sie fragen, ob Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Schulze zulassen.

Nein, danke!

Keine Zwischenfragen. – Danke!

Und noch ein Weiteres kommt hinzu, etwas, das eigentlich zum Einmaleins der Standortpolitik gehört. Die Attraktivität des Wissenschaftsstandorts Berlin sicherstellen, bedeutet, neben der Wahrung der Wissenschaftsfreiheit auch ganz banal, dass die Stadt für Wissenschaftler und ihre Familien attraktiv bleiben muss.

[Beifall bei der AfD – Frank-Christian Hansel (AfD): Richtig!]

Denn nur wenn die Stadt für Wissenschaftler attraktiv bleibt, kann langfristig auch der Wissenschaftsstandort Berlin punkten. Da machen Sie in Ihrer Wohnungsbaupolitik, in der Verkehrspolitik, aber auch in der Sicherheits- und Migrationspolitik gerade so ziemlich alles, um Berlin unattraktiv zu machen.

[Beifall bei der AfD]

Um den Wissenschaftsstandort Berlin wirklich zukunftsfähig zu machen, brauchen Wissenschaftler nämlich Wohnraum und Büros, sie brauchen Sicherheit im öffentlichen Raum.

[Zuruf von Tobias Schulze (LINKE)]

Sie wollen nicht durch mangelnde Verkehrsanbindungen unnötig gestresst und durch Kriminelle in Universitätsbibliotheken beklaut oder bedroht werden.

[Zuruf von Ines Schmidt (LINKE)]

Sie wollen ihre Kinder in ausreichend ausgestattete Kindergärten und Schulen schicken. Sie wollen nicht lange auf Ämtern warten. Und sie wollen nicht, dass ihre Unternehmensausgründungen behindert oder gar von

Zwangskollektivierung bedroht werden.

[Beifall bei der AfD – Frank-Christian Hansel (AfD): Bravo! – Tobias Schulze (LINKE): Warum kommen die denn alle hierher?]

Mit anderen Worten, Herr Müller, wer von der Zukunftsfähigkeit des Wissenschaftsstandorts Berlin redet, kann von der Unfähigkeit und dem Versagen des Berliner Senats auf allen wesentlichen Politikfeldern nicht schweigen. Hier liegt die größte Herausforderung für die Zukunftsfähigkeit unserer Stadt. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der AfD – Beifall von Kay Nerstheimer (fraktionslos) und Andreas Wild (fraktionslos) – Torsten Schneider (SPD): Elitärer Dünkel, meine Güte!]

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat nunmehr Frau Pieroth das Wort. – Bitte schön!

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Liebe junge Fans! Wir Berlinerinnen und Berliner sind ja bekanntlich ganz gut im Unzufriedensein, hat man heute mal wieder gelesen, und im Meckern.

[Kurt Wansner (CDU): Wir nicht!]

Und wir Politikerinnen und Politiker sind ganz gut im andere Kritisieren und auch Runtermachen, und wenn es um uns selbst geht, uns zu lobhudeln.

[Zuruf von Heiko Melzer (CDU)]

Ich bin auch erst seit einigen Monaten wissenschaftspolitische Sprecherin meiner Fraktion, aber ich bin mir ganz sicher, eines schon richtig einschätzen zu können: Diese Koalition hat gemeinsam mit den Hochschulen, den wissenschaftlichen Instituten, den Forschungseinrichtungen und der Charité Berlin wieder zu dem internationalen Wissenschaftsstandort gemacht.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

In diesem Rahmen möchte ich mich ganz herzlich bei allen dafür bedanken, die dazu beigetragen haben. Und mein ganz besonderer Dank gilt meiner Vorgängerin Anja Schillhaneck.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN]

(Martin Trefzer)

Durch ihr Engagement habe ich ein Topumfeld für grünes Handeln in Forschung und Wissenschaft vorgefunden.

[Lachen bei der CDU – Stefan Franz Kerker (AfD): Eigenlob!]

Uns als Koalition ist die Bedeutung der Wissenschaft nicht nur als Wettbewerbsvorteil, sondern auch ihre gesellschaftliche Bedeutung für die ganze Stadt sehr bewusst. Daher investieren wir viel in die Berliner Wissenschaftseinrichtungen und haben uns im Koalitionsvertrag darauf geeinigt, die Entwicklung der Hochschulen noch mehr zu unterstützen und noch stärker auf die Bedarfe der wachsenden und sich ausdifferenzierenden Stadt einzustellen.

Denn eines ist klar: Wissenschaft findet nicht im Elfenbeinturm statt, sondern ist eine wichtige Schnittstelle zur Wirtschaft und zur ganzen Stadtgesellschaft. Sie trägt zum Wohlstand und damit zum gesellschaftlichen Zusammenhalt bei und legt die Grundlagen für eine wissensbasierte und digitale Gesellschaft. Eine Stadt wie Berlin braucht gute, leistungsfähige und offene Hochschulen, zum einen, um im Wettbewerb um Köpfe und Ideen konkurrenzfähig zu bleiben, und zum anderen, um sich sozial und ökologisch weiterzuentwickeln. Berlin ist hier traditionell stark. Unsere Hochschulen, ob Universität oder nicht, sind renommiert und ziehen Studierende und Forscherinnen und Forscher aus der ganzen Welt an. Kein Bundesland hat gemessen an den Studienzahlen aus dem Jahr 2005 so viele Studienplätze geschaffen wie Berlin – Kollege Schulze hat es schon genannt – und das unter schwierigen finanziellen Bedingungen.

Aber Quantität ist nicht alles, es kommt auch auf die Qualität an. Mit den Hochschulverträgen hat unsere Koalition gezeigt, dass es nach langen Jahren des Sparens und der Mangelverwaltung auch endlich wieder anders geht. Wir haben den Hochschulen bis 2022 pro Jahr Aufwüchse von 3,5 Prozent zugesagt und bereits hiermit noch vor Abschluss der neuen Wissenschaftspakte langfristig Planungssicherheit geschaffen. Die dort verhandelten Maßnahmen zur Qualitätssicherung, vom Aufwuchs bei Dauerstellen über die Einführung eines Mittelbaus bei Fachhochschulen bis hin zu Förderungen von Digitalisierung und Open Access an den Hochschulen, sind zukunftsweisend und werden Schritt für Schritt von den Hochschulen umgesetzt.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Gleichzeitig investieren wir massiv in die Sanierung unserer Hochschulen und bauen auch hier langsam, aber stetig den Rückstand der letzten Jahre ab. Unsere Halbzeitbilanz ist also sehr positiv. Genau an diese Erfolge werden wir weiter anknüpfen. Die am letzten Freitag auf einer Pressekonferenz der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz verkündeten Ergebnisse zur Nachfolge der Wissenschaftspakte geben uns nun auch für die Zukunft den nötigen Spielraum und vom Bund mehr Rückenwind

für unsere Bemühungen. Michael Müller und Steffen Krach haben lange und intensiv verhandelt und schlussendlich für Berlin ein sehr gutes Ergebnis erzielt.

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]

Ich hebe diese Leistungen hervor, da ja die Ausgangssituation für die Verhandlung der Pakte nicht die beste war. Ich kann es nicht anders sagen – da bin ich mit Herrn Dr. Hausmann nicht besonders d’accord –, dass die Bundesministerin Karliczek es schon bei den Haushalsberatungen im Bund versäumt hat, für ihr Ressort zu kämpfen und den Bundesfinanzminister von der herausragenden Bedeutung von Bildung und Forschung zu überzeugen, mal ganz abgesehen davon, dass ich es schade finde, dass man bei so einem Thema überhaupt Überzeugungsarbeit leisten muss.

[Beifall bei den GRÜNEN]

Die Bedeutung der Wissenschaft für Berlin kann ich Ihnen aus meiner Funktion als wissenschaftspolitische und gleichzeitig gesundheitspolitische Sprecherin nur bestätigen. Das Ziel, Gesundheitsstadt 2030 zu werden, ist nur zu erreichen, wenn Wissenschaft, Forschung und gesundheitliche Konzepte Hand in Hand gehen. Ein Beispiel hierfür ist auch die Integration des Berliner Instituts für Gesundheitsforschung in die Charité. Auch hier gehen Bund und Land gemeinsam neue Wege und stärken die Wissenschaft im Land. Mit dem BIG engagiert sich erstmalig der Bund in einer Landeseinrichtung, und es fließen in diesem Jahr immerhin 75 Millionen Euro direkt in die exzellente wissenschaftliche Arbeit der Charité.

Ich habe bei dem Abschluss der neuen Wissenschaftspakte, den Zukunftsplänen für das BIG, den Erfolgen bei der Ansiedlung außeruniversitärer Forschungsinstitute und der anhaltenden Attraktivität Berlins als Studienstandort ein äußerst gutes Gefühl. Mit dem Engagement des Bundes und der Finanzierung der Wissenschaftslandschaft durch das Land mit einem jährlichen Aufwuchs von 3,5 Prozent ist Berlin mehr als gesichert. Das ist gut, denn Wissenschaft und Forschung passen zu Berlin und tragen dazu bei, dass die Stadt bleibt, wie sie ist: bunt, lebendig und progressiv, Herr Trefzer!

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]

Natürlich warte auch ich jetzt bei aller berechtigten Kritik gespannt auf den 19. Juli, an dem wir hoffentlich den Erfolg unserer Universitäten in der zweiten Förderlinie der Exzellenzstrategie feiern können. Unser solides Fundament in der Wissenschaftslandschaft ermöglicht es uns stärker, auf unsere eigentlichen Zukunftsprojekte einzugehen. Das bedeutet – ich erwähne das jetzt hier ganz explizit –, wir müssen neben der Quantität und Qualität der Studienplätze auch Wohnraum für die Studierenden schaffen, und zwar bezahlbaren Wohnraum.

[Sibylle Meister (FDP): Jawohl!]

Was nützt der heiß ersehnte Studienplatz, wenn er nicht angenommen werden kann, da einfach keine Bleibe gefunden wird?

Frau Kollegin! Ich darf Sie fragen, ob Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Trefzer zulassen.

Zweitens: Wir müssen unsere Universitäten und Hochschulen noch weiter öffnen. Unsere Gesellschaft ist divers. Das sollte sich in Zukunft auch noch stärker in unseren Wissenschaftseinrichtungen widerspiegeln.

Drittens: Auch unser Wissenschaftssystem existiert nicht einfach im luftleeren Raum. Globale Herausforderungen wie der Klimawandel, Ressourcenmangel und internationale Konflikte gehen uns alle an und müssen auch und gerade an den Hochschulen und Wissenschaftseinrichtungen diskutiert werden. Wir brauchen klare Konzepte zu Nachhaltigkeit und Fairness, und wir wollen, dass alle mitreden können, wenn es darum geht, unsere Hochschulen weiterzuentwickeln, egal, ob Studierende, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter oder Professorinnen und Professoren.

Last but not least – Kollege Schulze und Ina Czyborra sind darauf eingegangen: Wir müssen wirklich daran arbeiten, gute Arbeitsbedingungen für alle Beschäftigten an unseren Hochschulen zu schaffen. Unbefristete Verträge sind die Grundlage für Planungssicherheit für Menschen in einer Lebensphase, in der oftmals Familien gegründet oder Karrierewege verstetigt werden. Ich möchte eigentlich nie wieder den Satz hören: Ich habe mich gegen etwas entschieden, weil ich nicht weiß, wo ich nächstes Jahr, nächsten Monat oder überhaupt arbeiten werde.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Wie Sie sehen: Wir sind schon sehr gut aufgestellt, es gibt in der Wissenschaftspolitik und für Berlin aber auch noch viel zu tun. Packen wir es an!

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]