Protokoll der Sitzung vom 06.06.2019

In der Tat, wir brauchten einen eigenen Bauminister – es wurde gerade irgendwo gesagt –, auf Bundesebene. Das wäre dringend erforderlich, das ist aber nicht unsere Regelungskompetenz. – Das nur, weil ich das gerade als Zwischenruf wahrgenommen habe.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Verehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir reden mal wieder über das Thema, das die Stadt am meisten bewegt und das am dringlichsten ist. Und damit meine ich nicht das, liebe Kolleginnen und Kollegen der Regierungsparteien, was Sie heute groß den Zeitungen verkündet haben und was Sie sich auch heute zugutehalten: dass Sie einen Mietendeckel einführen wollen als neues Instrument, um sich wieder nur um den Bestand zu

kümmern. Ich sage Ihnen das jetzt schon: Das wird enden wie bei Milieuschutz und Co. Sie werden damit keine einzige neue Wohnung schaffen, Sie werden ein tolles Beschäftigungsprogramm für Anwälte und Gerichte auflegen, und Sie werden nicht diesen Leuten helfen, die in diese Stadt ziehen und dringend Wohnraum benötigen. Deswegen ist das das völlig falsche Instrument, und dafür lassen Sie sich auch noch feiern.

[Beifall bei der FDP, der CDU und der AfD – Zurufe von Torsten Schneider (SPD) und Dr. Wolfgang Albers (LINKE)]

Und ich sage es auch noch mal: Wie egoistisch ist es eigentlich, sich nur um den Bestand zu kümmern und immer neue Instrumente zu erfinden, die den Bestand sichern sollen? Das Problem ist doch vor allem, dass zu wenige Wohnungen da sind, auch zu wenige bezahlbare Wohnungen vor allen Dingen auch für Leute, die hierher ziehen – nicht für die Leute, die seit 40 Jahren in ihrer Wohnung wohnen, die kommen doch noch gut hin.

[Dr. Wolfgang Albers (LINKE): Erklären Sie das mal den Leuten, deren Mieten steigen!]

Die Leute, die wir in der Stadt brauchen, junge Kreative, die entsprechende Arbeitsplätze antreten wollen – die finden keine Wohnung, und denen bieten Sie an, wir deckeln die Mieten. Das kann doch nicht wahr sein, das ist doch keine zukunftsorientierte Politik für diese Stadt, meine Damen und Herren!

[Beifall bei der FDP, der CDU und der AfD – Dr. Wolfgang Albers (LINKE): Warum nicht?]

Ich sage Ihnen auch, jenseits der Tatsache, dass das natürlich vor Gericht auch noch in einem Fiasko enden wird: Reden wir endlich über die Dinge, die wir hier auch vorgelegt haben in unserem FDP-Programm „Auf Mut gebaut“. Ich will einige exemplarisch nennen, wir haben sie immer wieder auch in Plenardebatten vorgetragen, aber da das ja nicht fruchtet, muss man sagen, Wiederholung ist die Mutter der Didaktik – also bitte genau zuhören.

[Beifall bei der FDP]

Wir reden am Beginn über so einfache und scheinbar in anderen Städten selbstverständliche Dinge wie ein funktionierendes Baulückenkataster, in dem man Potenziale endlich auch entsprechend erkennt und ausweist, damit man sie auch nutzen kann. Das wollen Sie nicht. Wir reden am Ende über so banale Dinge wie den Ausbau der Dachgeschosse; da haben wir Ihnen vorgerechnet, dass man sehr schnell 10 000 Dächer für Berlin ausbauen könnte, dass man entsprechend gesetzliche Möglichkeiten nutzen kann, um das voranzubringen. Ihnen ist dann aber – so hat Frau Lompscher auch argumentiert – die eine märkische Kiefer, die im Wege steht, wichtiger als das ausgebaute Dachgeschoss. So werden wir keine einzige Wohnung schaffen; auch das sind die falschen Prioritäten.

[Beifall bei der FDP –

Vereinzelter Beifall bei der CDU –

(Dr. Kerstin Brinker)

Die Nicht-Bausenatorin

ist auch wieder mal nicht anwesend!]

Und schließlich kommen wir zu dem Thema, das die CDU jetzt auch mit einem Antrag versehen hat: die Aufstockung von Supermärkten. Auch das ist ein Punkt, der mehr als überfällig ist. Aber wenn man mit den Supermarktbetreibern spricht, die auch moderne Supermärkte bauen wollen – mit breiteren Gängen, mit Toiletten und all diesen Dingen, die wir immer wieder fordern –, das dann auch machen wollen, dann werden sie in BPlanverfahren geschickt, dann wird ihnen gesagt, sie müssen Einzelhandelskonzepte novellieren und sie müssen 1 000 Gutachten beibringen. Auch da werden Sie keine einzige Wohnung schaffen, wenn Sie weiter so vorgehen! Auch da müssen Sie dringend umsteuern!

[Beifall bei der FDP – Beifall von Christian Gräff (CDU) und von Adrian Grasse (CDU)]

Wir reden auch darüber, dass wir – das, was der Kollege Czaja mit dem Mieten-TÜV so treffend umschrieben hat – alle neuen und bestehenden Gesetze einer Wohnkostenfolgeabschätzung unterziehen wollen, dass wir aufzeigen wollen, welche Auswirkungen jedes einzelne Gesetz auf die Steigerung von Mieten, von Nebenkosten, von Baukosten und Genehmigungsprozessen hat und wo Stellschrauben sind, zu entlasten und nicht nur zu belasten. Auch das ist ein Thema, dem Sie sich konsequent verweigern. Wir hatten in dieser Legislaturperiode einige Gesetze beschlossen, die wir nicht gebraucht hätten, dann wäre das Wohnen und das Mieten auch günstiger gewesen. Auch das muss man an der Stelle mal ganz klar sagen!

[Beifall bei der FDP – Beifall von Christian Gräff (CDU)]

Dann weise ich gerne noch mal darauf hin, dass es immer auch noch bei den Genossenschaften an Grundstücken mangelt. Es gibt jetzt zwar bessere Absichtserklärungen als vorher, aber auch die genügen noch nicht. Und beim Modell mit Erbbaupacht im Vergleich zu Kauf werden Sie bei Genossenschaften keine zufriedenstellenden Ergebnisse erzielen. Ich weise darauf hin, dass wir in Berlin zum Teil immer noch sehr unterschiedliches Baurecht haben. Auch die Baunutzungsverordnung im alten West- Berlin ist nicht mehr zeitgemäß; auch da müsste man mal dringend rangehen. Wir warten immer noch auf die Vorlage eines Hochhausentwicklungsplanes, die sich immer weiter nach hinten verschiebt. Das digitale Baustellenmanagement, auch im klassischen Wohnungsbaubereich, steht noch aus – im Verkehrsbereich sowieso. In der Metropolregion Berlin-Brandenburg kommen wir bei einer gemeinsamen Zusammenarbeit nicht weiter. Die Strukturreform der Verwaltung ist zwar mutig unterschrieben, wird aber irgendwie nicht mutig umgesetzt.

Insofern kann ich am Ende nur noch einmal sagen: Die grundlegende Aufgabe dieser Stadt ist es, endlich schnell

und effektiv preiswerten Wohnraum zu schaffen. Wenn Sie dieser Aufgabe nicht nachkommen, können Sie noch so sehr auf Umfragen verweisen, dann werden sie 2021 auf der anderen Seite des Plenarsaals sitzen. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der FDP – Beifall von Stefan Evers (CDU), Christian Gräff (CDU) und Kurt Wansner (CDU)]

Vielen Dank! – Für die SPD-Fraktion hat die Kollegin Spranger jetzt das Wort.

[Unruhe und Zurufe – Dr. Wolfgang Albers (LINKE): Da sind Sie gar nicht mehr da! – Stefan Förster (FDP): Lieber Hans Albers als Wolfgang Albers!]

Verehrte Frau Präsidentin! Verehrte Damen! Verehrte Herren! Herr Förster! Dass Sie am Anfang den Mietendeckel kritisieren, das mag ja Politik der FDP sein, aber dass Sie komplett an der zentralsten Stadtdebatte vorbeireden, das, muss ich sagen, ist schon sehr defensiv von Ihnen. Das geht gar nicht!

[Beifall von Bettina Domer (SPD), und Torsten Schneider (SPD) – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]

Ein bisschen scheint es mir in der Opposition auch ein paar Schwierigkeiten zu geben, den richtigen Umgang mit Anträgen zu finden. Die CDU-Fraktion – das haben wir nachher – meldet Sitzung für Sitzung einen nicht endenden Mehrteiler eines vermeintlichen Masterplans für das Plenum an,

[Beifall von Christian Gräff (CDU)]

über den Sie dann sechs Sitzungen lang nicht reden werden. Sechs Sitzungen! – Herr Gräff! Jetzt haben Sie sich ins eigene Knie geschossen!

[Beifall von Udo Wolf (LINKE) und Steffen Zillich (LINKE)]

Und die FDP-Fraktion wiederum überfrachtet einen einzigen Antrag mit 18 Maßnahmen.

[Zuruf von der FDP: Wer kann, der kann!]

Aber gut! Wenden wir uns nicht nur dem Format, sondern vielmehr auch den Inhalten zu, und da muss ich leider sagen: Das ist ein ganz schöner Gemischtwarenladen an Vorschlägen!

[Sebastian Czaja (FDP): Was finden Sie denn besser?]

(Stefan Förster)

Die insgesamt 18 Maßnahmen im Antrag lassen sich jeweils in eine von zwei Kategorien einordnen. Lassen Sie mich einige Beispiele nennen: Entweder handelt es sich erstens um Maßnahmen, die wir als rot-rot-grüne Koalition schon längst auf den Weg gebracht haben und die Sie blanko abgeschrieben haben, oder es sind zweitens –

[Lachen von Christian Gräff (CDU)]

Herr Gräff! Sie lachen als Einziger! Darüber müssen Sie auch einmal nachdenken! – Vorschläge aus dem marktliberalen Kanon der FDP.

[Beifall von Henner Schmidt (FDP)]

Also, lassen Sie mich das in gegebener Kürze illustrieren, und beginnen wir bereits mit den Vorschlägen, die wir als rot-rot-grüne Regierung schon längst gemacht haben: Sie fordern beispielsweise einen Masterplan für die Metropolregion Berlin-Brandenburg.

[Vereinzelter Beifall bei der FDP]

Vielen Dank für den Vorschlag, aber einen Landesentwicklungsplan gibt es schon längst!

[Paul Fresdorf (FDP): Ja, der war aber falsch!]

Ein weiteres Beispiel ist Ihre Forderung nach einem Hochhausentwicklungskonzept. Die Senatsverwaltung setzt den Beschluss der Koalition dazu bereits um.

[Stefan Förster (FDP): Seit drei Jahren!]

Und das werden wir mit Sicherheit hier auch noch besprechen.

[Zuruf von der FDP: Wann denn?]

Und Sie fordern Änderungen für den zweiten Rettungsweg beim Dachgeschossausbau. Im Handlungsprogramm zur Beschleunigung des Wohnungsbaus ist das längst vorhanden.