Liebe Frau Kollegin! Was ist das für ein Armutszeugnis, wenn wir erst im Ausschuss das sehr gute Angebot, das es gibt in der Stadt, mühevoll retten müssen? Was für ein Armutszeugnis eines rot-rot-grünen Senats, an der Stelle sich erst einmal vorführen zu lassen von der Opposition und Rot-Rot-Grün. Im Entwurf waren keine ausreichenden Mittel vorgesehen. Das, finde ich, geht an diesen Kernaufgaben, die wir an dieser Stelle haben, an den Angeboten, so was von vorbei. Ich finde es wirklich traurig.
[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der CDU – Anja Kofbinger (GRÜNE): Jetzt sind Haushaltsberatungen! – Zuruf von Dr. Wolfgang Albers (LINKE)]
Ein Wort vorweg: Frau Jasper-Winter! Sie haben nicht genau zugehört. Die Gelder, die auslaufen werden, waren
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen und Gäste! Zwangsverheiratungen sind eine schwere Form von Gewalt und eine fundamentale Menschenrechtsverletzung. Deshalb ist das Thema dringlich. Deshalb ist es aber auch völlig daneben, Zwangsverheiratungen gegen Gleichstellungsthemen wie die Quote oder den Kampf gegen Lohnungleichheit auszuspielen und in Stellung zu bringen, als ginge es darum, lieber das eine statt das andere zu tun.
Das tun Sie in Ihrem Antrag, in der Begründung. Sie tun es auch in den Anfragen zum selben Thema aus Ihrer Fraktion.
Nein, danke! – Vergangene Woche gab es im Ausschuss für Bildung, Jugend und Familie eine Anhörung zum Kinderschutz. In dieser Anhörung hat Herr Tabor, offensichtlich ein Co-Autor des AfD-Antrags, keine einzige Frage zum Thema Zwangsverheiratung gestellt. Offenbar haben Sie gar nicht begriffen, dass Zwangsverheiratung auch ein Thema von Kinderschutz ist und dass man daher am Kinder- und Jugendschutz ansetzen muss, wenn man Zwangsverheiratung wirksam bekämpfen will, kurz: bei Prävention und Intervention.
Nach der letzten Erhebung des AK gegen Zwangsverheiratung 2017 konnte in mehr als der Hälfte der bekanntgewordenen Fälle die drohende Zwangsverheiratung verhindert werden, weil die Betroffenen sich rechtzeitig gemeldet und Hilfe gesucht haben. Der Arbeitskreis hat das als ein Zeichen gewertet, dass es mittlerweile – Gott sei Dank – häufiger als früher gelingt, potenziell Betroffenen ihre Rechte bewusst zu machen und sie zu stärken.
Aber glauben Sie denn, Frau Auricht, ernsthaft, dass die Betroffenen, viele von ihnen noch minderjährig, von ihren Rechten durch eine Studie erfahren, die der Senat in Auftrag geben soll
und nicht vielmehr durch eine entsprechende Präventionsarbeit in den Schulen oder durch Beratungsstellen in ihrer Nähe?
Richtig, all das kostet Geld, Herr Hansel. Aber das wollen Sie lieber für eine aufwendige Datensammlung ausgeben.
Hätten Sie sich für die Sache selbst interessiert, dann wären Sie rasch fündig geworden, denn in Berlin gibt es zum Glück viele Menschen, die sich den Kampf gegen Zwangsverheiratung auf die Fahne geschrieben haben, weil es ihnen tatsächlich um den Schutz und die Stärkung der Betroffenen geht, und zwar sowohl in der Zivilgesellschaft als auch in den von Ihnen sonst eher verachteten staatlichen Institutionen.
[Frank-Christian Hansel (AfD): Was Sie wieder reden! „Verachtete Institution“! Werden Sie doch mal ernsthaft, werden Sie seriös, wenn Sie das können!]
Ich belege es Ihnen! – Sie wären auf das Netzwerk Kinderschutz gestoßen. Sie wären auf den Leitfaden Kinderschutz gestoßen, in dem Zwangsverheiratung als eine Form der seelischen Misshandlung von Kindern aufgeführt ist, für die die Mitarbeitenden in Flüchtlingsunterkünften sensibilisiert werden, oder auch das mobile Team Kinderschutz, das seit einigen Monaten in den Unterkünften unterwegs ist. Sie wären auch schnell, oh Wunder, auf Informationen des von Ihnen nicht gerade geschätzten Bezirksamts Friedrichshain-Kreuzberg für Jugendämter gestoßen
oder auch auf die Schutzwohnung der Antidiskriminierungsstelle für LSBTI-Geflüchtete, deren Familien ihre sexuelle Identität durch Zwangsheirat meinen „korrigieren“ zu können.
Dazu muss man Ihren Antrag einmal genau lesen. Dann erheben sich nämlich die untoten Kampfthemen Ihrer Partei wie die Zombies aus ihren Gräbern.
Sie wollen Belege für die Rückständigkeit patriarchaler Gesellschaften – ich zitiere – mit Verlaub –,
die auf religiösen oder kulturellen Einflüssen fußt, die unserer demokratischen und aufgeklärten Gesellschaft wesensfremd sind.
[Frank-Christian Hansel (AfD): Der ist doch selber betroffen mit seinen Eltern! – Zuruf von Marc Vallendar (AfD)]
Zweitens: Sie stellen Zwangsverheiratung gegen den Kampf gegen Lohnungleichheit oder für Frauenquoten, als wäre das eine Entweder-Oder-Entscheidung. Wer das so sieht, hat von Frauenrechten nichts verstanden.
Drittens: Sie fürchten, dass Zwangsverheiratungen zum – Zitat – „Abrutschen in soziale Rettungssysteme“ führt, „die dann oft lebenslang nicht mehr verlassen werden“.
Sie befürchten offenbar, dass der Schutz nicht nur von Mädchen und Frauen, sondern auch von LSBTI-Personen vor Zwangsverheiratung durch die jetzt eingerichtete Schutzwohnung zu einer – Zitat, dieses Mal aus Ihrer Anfrage, Herr Kerker – „Schwerpunktverlagerung hinsichtlich verschiedener Opfergruppen“ führen könnte.
Nein, danke! – Hinter dieser Frage zeigt sich der altbekannte Zombie Homo- und Transphobie, als wäre es für ein lesbisches Mädchen weniger schlimm, zwangsverheiratet zu werden als für ein heterosexuelles.
[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN – Frank-Christian Hansel (AfD): Steht doch gar nicht drin! Ist Quatsch, was Sie sagen! Sie wollen bloß die Wahrheit nicht hören!]
Der Kampf gegen Zwangsverheiratung ist bei der AfD genauso instrumentell wie der gegen Antisemitismus.
der Betroffenen, sondern es geht darum, Munition gegen die alten Feindbilder zu sammeln, sonst würden Sie es nicht aushalten, mit Faschisten wie Höcke in einer Partei zu sein und Sie würden wirksame Maßnahmen fordern statt Datensammlungen.