Dass sie unabhängig sein, sich selbst finanzieren und selbst wirtschaften wollen, das ist für uns kein Makel, sondern auch ein Bekenntnis zur Freiheit und Individualität. Berlin braucht eine selbstständige, aktive Clubszene, die nicht am staatlichen Fördertropf hängt. Das Einzige, was die tatsächlich brauchen, ist ein verlässlicher Standort und eine Möglichkeit, ihre Existenz zu sichern. Hier muss unter den veränderten Bedingungen dieser Stadt das Land Berlin einen Beitrag leisten. Davor kann sich der Senat nach unserer Auffassung nicht länger drücken. Deswegen ist er hier konkret aufgefordert, einen Beitrag zu leisten und mitzuhelfen, einen geeigneten landeseigenen Standort für diesen Club zu finden, sollte es tatsächlich so sein, dass die Griessmühle ihr Gelände Ende Januar räumen muss. – Vielen Dank!
Sehr verehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die drohende Schließung der Griessmühle ist ein trauriges, aber typisches Beispiel dafür, dass der städtische Raum insgesamt, aber speziell auch für die Musik- und Clubkultur schon seit vielen Jahren immer knapper wird. Vom Verwertungsdruck in unserer Stadt bleibt am Ende niemand verschont. Kitas, neuerdings auch Nobelkaufhäuser und Parteizentralen – mittlerweile ist eigentlich jeder von abenteuerlichen Mietsteigerungen oder lukrativer Umwandlung bedroht. Die Clubkultur leidet darunter schon seit geraumer Zeit. Die räumlichen Nischen, die sie sich vor vielen Jahren mal erobert hat, gibt es schon lange nicht mehr. Wir müssen unsere öffentlichen Flächen vorausschauender nutzen. Das ist richtig, wenn wir über das Lebensnotwendige hinaus auch das in Berlin erhalten wollen, was unsere Stadt zu einer so großartigen und besonderen Metropole macht.
Der vorliegende Antrag der CDU fordert aber zum einen etwas ein, was bereits passiert. Die Verwaltung ist bereits aktiv geworden. Der Bezirksbürgermeister Martin Hikel und die beiden Stadträte Karin Korte und Jochen Biedermann bemühen sich derzeit sehr intensiv darum, zwischen den Betreibern und der Eigentümerin, einer Tochtergesellschaft der österreichischen Sparkasse, zu vermitteln. Das ist der richtige Weg. Sie machen aber den zweiten Schritt vor dem ersten, denn der Mietvertrag läuft
Ende Januar aus, wie Sie sagen, und bis dahin wird es weder privat noch öffentlich einen Ersatz geben können. Bevor also die Frage geklärt werden kann, ob der Club am gleichen Ort bleiben kann oder ob man prüfen sollte, ob es private oder öffentliche Ersatzstandorte gibt, muss erst mal abgewendet werden, dass er in zwei Wochen dichtgemacht wird, sonst gibt es nämlich keinen Club mehr, den man retten kann.
Sie haben recht, was die strategische Vergabe von Liegenschaften anbetrifft. Da will ich gerne eingestehen, dass wir da durchaus weiterkommen müssen, aber leider haben wir noch keinen vollständigen Gesamtüberblick über unsere öffentlichen Gebäude und Grundstücke, und das liegt unter anderem daran, dass einzelne Bezirke wie zum Beispiel das CDU-regierte Steglitz-Zehlendorf sich nach wie vor weigern, ihre öffentlichen Grundstücke beim Land zu melden. Dies wäre allerdings eine Voraussetzung dafür, dass man zu einer strategischen Liegenschaftspolitik kommt, mit der man der Clubkultur und anderen Institutionen möglicherweise eine Perspektive bieten könnte, wie Sie ja richtig fordern.
Ich fände es also gut, wenn wir uns gemeinsam für die Griessmühle einsetzen würden, und konstruktive Vorschläge für eine gute Liegenschaftspolitik sind natürlich immer hochwillkommen. Den vorliegenden Antrag braucht aber wirklich niemand.
Was wir brauchen, ist auch in Zukunft ein Nachtleben, das seinen Namen verdient und das Berlin alle Ehre macht.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch für die AfD-Fraktion ist die Clubszene ein wichtiger Punkt. Wir sehen das so, dass die Clubszene durchaus lebendig ist,
Wir nehmen das durchaus ernst. Ich gebe Frau Dr. West recht, erst sollte ein Schritt im Bezirk Neukölln gemacht werden und dann ein weiterer Schritt. So wie das jetzt im Antrag von Herrn Goiny ist, verwundert mich das sehr.
Wir stellen uns die Frage, ob wir in Zukunft bei ähnlichen Situationen mit regelmäßigen Anträgen der CDU rechnen müssen,
Auch Clubkultur, wie Sie immer betonen, heißt noch nicht, dass hier in jedem Fall das Land und die Kulturpolitik dafür eintreten müssen. Wenn Sie hier landeseigene Flächen fordern – wo sollen die denn liegen? Soll die Griessmühle zu einem Wanderzirkus werden? Das muss doch zuerst in der Umgebung, im Bezirk geklärt werden. Gerade wenn es um landeseigene Flächen geht, gibt es andere Prioritäten wie den Schulbau und den Wohnungsbau. Das werden Sie hier auf der linken Seite doch sicherlich nicht bestreiten. Wir sehen diese Sache problematisch. Wir hoffen, dass das in aller Ruhe in den Fachausschüssen beraten wird. Wir können dem Antrag in der Form nicht zustimmen. – Danke!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zu fortgeschrittener Stunde – aber zu dieser Zeit haben die Clubs, über die wir hier reden, noch nicht offen.
Er reiht sich sozusagen in eine lange Kette von Verdrängungen von kulturellen und sozialen Einrichtungen ein. Ich bin der Meinung, vielleicht im Gegensatz zu meinen Vorrednern, dass auch die Clubs, über die wir hier reden, im Wesentlichen kulturelle Einrichtungen sind. Jenseits dessen, dass es Wirtschaftsbetriebe sind, erfüllen sie auch eine wichtige kulturelle Funktion. Insofern müssen wir uns insgesamt, sowohl von Wirtschaftsförderungsseite als auch von Kulturseite wie überhaupt von Stadtentwicklungsseite, um dieses Kulturleben in Berlin kümmern. Da bin ich jetzt völlig d’accord und würde nicht, was hier unterstellt worden ist, sagen: Wir kümmern uns sozusagen nur um Kultur, die kein Geld bringt. – Das ist nicht unsere Position.
Jetzt zu der CDU-Position: Sie beklagen sonst immer – und da sind Sie ganz konsequent –, dass der Staat sich überall einmischt, und wollen, dass der Markt alles regelt. Wenn es der Markt, wie in dem Fall, anders regelt, dann rufen Sie wiederum nach dem Staat. Dann soll der auf einmal helfen.
Aber witzigerweise, Herr Evers, möchte die CDU nicht, dass man in die Verwertungsinteressen des Grundstückseigentümers eingreift, dem der Club nicht passt, sondern Sie wollen, dass der Staat sozusagen den Vertriebenen Asyl gewährt. Das ist meines Erachtens überhaupt nicht der richtige Weg.
Da sind die Politiker gefordert, und zwar die Politiker im Bezirk wie im Senat, tätig zu werden, und zwar in Richtung des Eigentümers. Denn es ist schon gesagt worden: Es kann gar nicht sein, dass man versucht, sozusagen eine Arche aufzubauen, wo die ganzen vertriebenen Kultureinrichtungen des Landes gesammelt werden und z. B. dieser Club wie andere Clubs in eine Brache meinetwegen am Stadtrand ziehen, und wir machen ein Gewerbegebiet für vertriebene Clubeinrichtungen auf.
Insofern ist diese ganze Idee, die Sie hier vortragen, völlig inkonsequent. Das wissen Sie auch. Sie wissen, dass es so nicht geht; Sie wissen, dass wir hier keine Einzelanträge über einzelne Kultureinrichtungen beschließen können. Sie wissen auch, dass wir nicht per Parlamentsbeschluss den Senat auffordern können, einem konkreten Club eine Immobilie zuzusprechen. Sie wissen, dass wir das nicht machen werden und dass das auch nicht geht.
Sie wissen auch, dass es vielfältige Aktivitäten im Bereich der Kultur gibt, Arbeitsräume für alle Kulturbereiche zu sichern, und nicht nur für die Clubs, denn die haben viele Probleme.
Insofern glaube ich einfach, dass der ganze Antrag schlichtweg – und das ist das Üble an dem Antrag: Sie versuchen, aus der existenziell problematischen Situation eines Clubs politischen Benefit zu ziehen – völlig überflüssig ist.
Meines Erachtens versuchen Sie auch ein bisschen mit dem Problem, politischen Kredit bei den Leuten zu bekommen, für die Sie eigentlich gar nichts tun wollen. Und noch ein Hinweis an Sie:
Herr Evers! Letztendlich werden wir das nur klären können, wenn man auch an das Gewerbemietrecht rangeht, dass man nämlich die Nutzer, die Gewerbebetriebe vor der Willkür der Eigentümer schützt. Das gehört
genauso dazu, denn in einem Gewerbe sind Investitionen und Eigentum, und ein besserer Schutz der Nutzer von Immobilien, auch von gewerblichen Immobilien, ist in diesem Land überfällig.
Was wir noch brauchen, ist unbedingt, dass die Gemeinden bessere Steuerungsinstrumente bekommen, um eine Mischung im Interesse der Gemeinde erreichen zu können. – All diese Voraussetzungen haben wir jetzt nicht; das wird auch dem Club nichts nutzen. Was wir aber machen können, ist, generell die Bedingungen für die Clubs zu verändern. Da gibt es viele Fragen – Wirtschaftsförderung, Kulturförderung, Baurecht. Was wir auch tun können, ist zu versuchen, politisch Einfluss auf den Immobilieneigentümer zu nehmen und deutlich zu machen, was das Interesse der Stadt ist, und der ständig höheren Profitverwertung durch die Grundstückseigentümer Grenzen zu zeigen, und zwar im Interesse des Gemeinwesens und der Berliner Clubkultur.
[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei SPD und GRÜNEN – Zuruf von rechts: Armutszeugnis!]