Protokoll der Sitzung vom 14.05.2020

[Zuruf von Joschka Langenbrinck (SPD)]

Ich sage mal so: Sie werden damit mehr Zwietracht säen als am Ende des Tages Wählerstimmen gewinnen. Ich glaube, was wir wirklich brauchen, ist ein Zusammenhalt in der Gesellschaft, und zwar in der ganzen Gesellschaft, alle miteinander. Nur dann werden wir durch die Krise kommen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der FDP]

Vielen Dank! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Koalitionsfraktionen beantragen die Überweisung der Gesetzesvorlage nur an den Hauptausschuss. Die Fraktion der CDU beantragt die Überweisung der Gesetzesvorlage mitberatend an den Ausschuss für Bildung, Jugend und Familie sowie an den Ausschuss für Umwelt, Verkehr, Klimaschutz.

Ich lasse zunächst über den weitergehenden Überweisungsantrag der Fraktion der CDU abstimmen und frage, wer dem zustimmen möchte. – Das sind die CDUFraktion, die FDP-Fraktion, die AfD-Fraktion und zwei fraktionslose Abgeordnete. Gegenstimmen? – Bei Gegenstimmen der Koalitionsfraktionen ist der Überweisungsantrag damit abgelehnt.

Dann lasse ich über den Überweisungsantrag der Koalitionsfraktionen abstimmen. Wer die Gesetzesvorlage an den Hauptausschuss überweisen möchte, den bitte ich jetzt um sein Handzeichen. – Das sind die Koalitionsfraktionen, die AfD-Fraktion. Gegenstimmen? Bei Gegenstimmen der FDP-Fraktion – –

[Torsten Schneider (SPD): Ihr wollt überhaupt keine Überweisung, oder was? – Heiterkeit]

Wer der Überweisung in den Hauptausschuss zustimmen möchte, den bitte ich jetzt noch mal – abschließend – um das Handzeichen. – Das sind alle Fraktionen und der fraktionslose Abgeordnete. Damit ist die Überweisung so beschlossen.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 4.2:

Priorität der Fraktion der CDU

Tagesordnungspunkt 29

Grundsteuer ohne zusätzliche Belastungen neu regeln

Antrag der Fraktion der CDU Drucksache 18/2669

In der Beratung beginnt die Fraktion der CDU, hier der Kollege Gräff. – Bitte schön!

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben die große Sorge, dass entgegen beispielsweise der Zusage der Bundeskanzlerin für die Bundesregierung – – Auch dieses Thema interessiert den Finanzsenator nur am Rande. Dann würde ich an der Stelle aber doch darum bitten, dass er vielleicht im Raum wäre. Das wäre gut, glaube ich.

[Beifall bei der CDU]

Dann würde ich den Antrag stellen, den Finanzsenator zu zitieren.

Gut. Es gibt den Antrag, den Finanzsenator zu zitieren. Dann frage ich, wer dem Antrag zustimmen möchte. – Das sind die Fraktionen der CDU, der FDP, der AfD und ein fraktionsloser Abgeordneter. Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Bei Enthaltung der Koalitionsfraktionen wird der Finanzsenator zitiert. Wir unterbrechen so lange, bis er den Plenarsaal betritt.

Wunderbar, der Finanzsenator ist im Raum. Dann können wir fortfahren. – Bitte schön, Herr Kollege!

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Meine Damen und Herren! Herr Finanzsenator! Es tut mir leid, aber vielleicht gibt es zu einem späteren Zeitpunkt noch die Möglichkeit einer Mittagspause.

Wir haben die große Sorge, dass entgegen der Zusage der Bundeskanzlerin für die Bundesregierung, dass es keine zusätzlichen Belastungen für die Bürgerinnen und Bürger während der Krise gibt, der Senat und die Koalition – –

[Zuruf von Katrin Schmidberger (GRÜNE)]

Ich komme gleich dazu, Frau Kollegin, was Ihr Weltbild von jedem ist, der ein kleines Stückchen Eigentum hat, sei es ein Fahrrad, ein Auto, ein Grundstück oder eine Wohnung!

[Beifall bei der CDU – Beifall von Dr. Kristin Brinker (AfD)]

(Sibylle Meister)

Wir haben die große Sorge, dass Sie von der Koalition und dieser Senat Grundstückseigentümern, die ein kleines Grundstück haben, die eine kleine Wohnung haben, zusätzliche finanzielle Hürden aufbürden und sie belasten wollen. Deswegen fordern wir Sie auf, in diesem Haus ein Gesetz vorzulegen, das – das ist möglich, das beweisen uns andere Bundesländer – weder zu Steuererhöhungen noch zu einer unverhältnismäßigen Belastung einzelner Gruppen, hier insbesondere von Eigentümern, aber selbstverständlich auch nicht der Mieterinnen und Mieter, führt.

Deswegen ist die Überarbeitung der Grundsteuer – jedenfalls die Pläne, die wir kennen – aus unserer Sicht bisher nicht in Ordnung; nicht nur vor dem Hintergrund der Coronakrise, sondern auch vor dem Hintergrund der Überlegungen, die davor getroffen worden sind.

Hessen hat vor wenigen Tagen neue Eckpunkte vorgestellt für eine Neuregelung, und daraus darf ich zitieren. – Ich wundere mich, dass bei Ihrem Gerechtigkeitsempfinden, gerade dem der Berliner Sozialdemokratie, so eine Begründung nicht auf fruchtbaren Boden stößt.

[Torsten Schneider (SPD): Sie müssen aber Angst vor uns haben!]

Wir knüpfen mit den jetzt vorgelegten Eckpunkten an das Flächenmodell an, das bereits 2010 von Hessen und anderen Ländern als Vorschlag erarbeitet worden war. Ergänzend nehmen wir nun die Lage als Kriterium hinzu, denn neben den Flächengrößen spielt auch die Lage eine Rolle dabei, in welchem Umfang die Grundstücksnutzer von kommunaler Infrastruktur profitieren können. Mit einem einfachen Faktorverfahren wird das Ergebnis des Flächenmodells erhöht oder vermindert, je nachdem, wie sich die Lagequalität des betreffenden Grundstückes im Vergleich zu einer durchschnittlichen Lage in der Gemeinde darstellt.

Das ist nur eine von vielen Stellschrauben, aber tun Sie uns einen Gefallen: Ich weiß – Sie haben es ja gerade erwähnt, Frau Schmidberger –, für die Grünen in Berlin ist jeder, der auch nur ein kleines Stück Scholle, der ein kleines Stück Eigentum besitzt, Teufelswerk. Wobei mich das ehrlich gesagt wundert, denn Sie haben ja Ihr Rückkaufprogramm zugunsten einer Genossenschaft gerade aufgrund der Coronakrise einstellen müssen – auch die hätten ja Grundsteuer bezahlen müssen, auch und die müssen ja Grundsteuern bezahlen.

Tun Sie uns insofern allen einen Gefallen: Geben Sie den Berlinerinnen und Berlinern – da gibt es viele, die im Moment, auch wenn sie ein Eigenheim haben, auch wenn sie eine kleine Wohnung haben, egal, ob sie selbst darin wohnen oder ob sie vermietet ist, Angst darum haben, weil ihre Einkommen möglicherweise ganz weggebrochen sind oder sie einen Großteil ihres Einkommens verloren haben – zumindest die Möglichkeit, Sicherheit

zu haben, in den eigenen vier Wänden zu bleiben. Lassen Sie die Finger davon, jetzt in Berlin massiv Steuern zu erhöhen, gerade für Kleinsteigentümer. Wir bitten Sie, tief in sich zu gehen und die bisherigen Pläne des Finanzsenators, die zu massiven Erhöhungen der Belastung gerade der Kleinsteigentümer in Berlin führen würden, auf Eis zu legen. Überdenken Sie das bitte, dafür werden Sie auf jeden Fall unsere Unterstützung haben. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU]

Vielen Dank! – Für die SPD-Fraktion hat die Kollegin Becker das Wort.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die einzigen, die hier Angst schüren, sind Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Das Bundesverfassungsgericht hat die einheitliche Bewertung des Grundbesitzes als Bemessungsgrundlage für die Grundsteuer im April 2018 für verfassungswidrig erklärt. Die Bundesregierung verabschiedete infolgedessen ein überfälliges Grundsteuerreformgesetz plus eine Änderung im Grundgesetz im Oktober 2019, die den Ländern eine Öffnungsklausel ermöglicht.

[Burkard Dregger (CDU): Der Bundestag war das!]

Die SPD sprach sich mit Blick auf die Kommunen gegen eine Öffnungsklausel und für die Beibehaltung der bundeseinheitlichen Regelung aus. Das heißt, nur über einen Kompromiss konnte eine Mehrheitsfindung für die Grundsteuerreform ermöglicht werden. Nur so konnte diese unverzichtbare und verlässliche Gemeindesteuer, die wesentlich zur Finanzierung der kommunalen Infrastruktur in unserer Stadt beiträgt, langfristig gesichert werden.

Im vorliegenden Antrag fordert die CDU-Fraktion den Senat auf, die Grundsteuer in Berlin ohne zusätzliche Belastung für Eigenheimer und Wohnungseigentümer durch ein Landesgesetz mit einer Öffnungsklausel neu zu regeln. Ich kann mir an dieser Stelle die Frage nicht verkneifen, warum sie, die CDU, einen fast inhaltsgleichen Antrag noch einmal berät, der von der Mehrheit des Abgeordnetenhauses bereits im Herbst 2019 aus gutem Grund abgelehnt wurde. Scheinbar sind Ihnen die Themen ausgegangen. Ich kann mir das nicht anders erklären. Ihrem Antrag stimmten wir erneut nicht zu.

[Heiko Melzer (CDU): Was?]

Das Land Berlin unterstützt das Grundsteuerreformgesetz, das sogenannte Scholz-Modell. Es wird keine

(Christian Gräff)

Veranlassung gesehen, die Grundstücksbewertung abweichend vom Bundesgesetz zu regeln.

[Torsten Schneider (SPD): Dieses Mal habt ihr von euch selbst geklaut!]

Es ist rechtssicher und erfüllt die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts. Bis auf Bayern und aktuell Hessen – Herr Gräff, Sie hatten es eben erwähnt – hat kein Bundesland ein abweichendes Gesetz vorgelegt oder beschlossen. Im Übrigen wird dem bayerischen einfachen Flächenmodell ein hohes verfassungsrechtliches Risiko nachgesagt.

Die Berliner Finanzverwaltung arbeitet auf Hochtouren, um das neue Gesetz umzusetzen. Im ersten Schritt müssen ab 2022, also dem Zeitpunkt der Hauptfeststellung der neuen Grundsteuer, die Werte aller 800 000 Grundstücke neu ermittelt werden. Das ist nebenbei bemerkt auch aus personeller Sicht ein Kraftakt, für den zeitweise über 100 zusätzliche Stellen einzurichten sind.

Um die grundsteuerliche Bemessungsgrundlage neu zu ermitteln, wird weiterhin nach einem vereinfachten Ertragswert- und Sachwertverfahren bewertet. Lediglich fünf Daten werden dazu benötigt, die der Eigentümerin oder dem Eigentümer vorliegen, die leicht zu ermitteln und zu überprüfen sind. Das sind die Fläche des Grundstücks, die Wohnfläche bzw. die Bruttogrundfläche für gemischt genutzte Grundstücke und für Geschäftsgrundstücke das Baujahr, der Bodenrichtwert sowie die Art der Nutzung.

Ziel ist es, in der Summe Aufkommensneutralität zu sichern. Das ist eine Art der Quadratur des steuerpolitischen Kreises, bei dem einerseits die Steuereinnahmen konstant bleiben sollen, um die kommunale Infrastruktur auszufinanzieren, damit etwa auch Grundstücke vernünftig genutzt oder vermietet werden können, und andererseits darf keine sozialunverträgliche Mehrbelastung oder gar Verdrängung entstehen. Somit wird auch das Reformmodell nach der bewährten dreistufigen Formel Wert mal Messzahl mal Hebesatz berechnet. Die Messzahl und die Anpassung des Hebesatzes sind variabel anzusetzende Stellschrauben der Städte und Kommunen. Sie bedingen systemische Verschiebungen, die von höchstrichterlicher Instanz angemahnt wurden und jetzt neu zu regeln sind, damit es gerechter zugeht.