Protokoll der Sitzung vom 16.02.2017

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Dr. Efler?

Nein, keine Zwischenfragen! – Ich fände es mehr als unpassend, wenn wir uns als Stadt ein grünes Label verpassen würden, dann aber, wenn der Wind nicht weht und die Sonne nicht scheint, uns am Kohlestrom bedienen würden. Wie heuchlerisch wäre das denn! Aber genug davon.

[Dr. Wolfgang Albers (LINKE): Finde ich auch!]

Ich möchte mich auch Ihren anderen Vorschlägen widmen. Besonders großartig finde ich Ihre Idee, Kohleexporteure auf Transparenz bezüglich der Herkunft und der Förderbedingungen zu drängen. Na, dann machen Sie es doch einfach! Gehen Sie zum TÜV oder zu Fachfirmen wie MSA in Berlin oder Dräger und lassen Sie sich erklären, wie viel China und Amerika in die Sicherheit von Kohleminen investieren! Aber sei es drum! Wir sind an dieser Stelle offen für klar ausformulierte und sauber durchdachte Vorschläge Ihrerseits. Und wo Sie solche

(Daniel Buchholz)

nicht zustande bekommen, helfen wir gerne mit Rat und Tat.

[Daniel Buchholz (SPD) meldet sich zu einer Zwischenfrage.]

Kommen wir noch zu Ihrem Seitenhieb in Richtung unseres Nachbarbundeslandes Brandenburg. Wenn Sie ihn brauchen, nehmen Sie ihn, den Kohlestrom, dann sind Ihnen unsere Nachbarn und deren Wirtschaftspolitik gut genug, jeden Tag, jede Nacht als Handlanger und Erfüllungsgehilfen. Dass Brandenburg aber gerne selbst darüber entscheiden möchte, wie die Wirtschafts- und Energiepolitik des Landes Brandenburg aussieht, kommt Ihnen wohl nicht in den Sinn. Nicht nur, dass Sie uns in Berlin die Fesseln noch enger ziehen wollen, nein, jetzt wollen Sie sich auch noch in die Belange und Energiepolitik Brandenburgs einmischen. Das lehnen wir ab. Wir von der AfD legen einen großen Wert auf ein gutes Verhältnis zum uns umgebenden Bundesland und lehnen daher eine einseitig belastende Initiative zulasten Brandenburgs und die Einmischung in die Potsdamer Wirtschaftspolitik genau wie Ihren kompletten Antrag in Gänze ab. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der AfD]

Vielen Dank! – Nur noch einmal zur Klarstellung: Wenn ein Redner in seiner Rede sagt, dass er keine Zwischenfrage möchte, dann gehe ich davon aus, dass er auch eine Minute später keine Zwischenfrage möchte, weil er dann generell gesagt hat, dass er keine Zwischenfragen möchte. Deswegen würde ich auch nicht noch dreimal nachfragen. – Dann hätte jetzt für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen der Kollege Kössler das Wort. – Bitte schön!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Mitkämpferinnen und Mitkämpfer für den Kohleausstieg! Ich will mit ein paar Zahlen anfangen, um hier wieder ein bisschen sachlicher zu werden. Denn nicht nur seit der Pariser Klimakonferenz wissen wir ja, dass uns die Zeit im Kampf gegen die Klimakrise knapp wird. Die Klimawissenschaft hat Hunderte Studien vorgelegt, die relativ genau sagen können, wie viel CO2 in der Atmosphäre ist und wie viel noch reinpasst, bevor es hier wirklich brenzlig wird, bevor es zu heiß und gefährlich wird. Wenn wir die sogenannte Zwei-Grad-Schwelle nicht überschreiten wollen, dann haben wir ungefähr noch 750 Gigatonnen CO2. Nun ist es so, dass die Welt heutzutage allein 40 Gigatonnen CO2 pro Jahr emittiert. Und das renommierte MCC-Institut von Prof. Edenhofer hat seit Kurzem eine schöne CO2Uhr auf seiner Website. Da sieht man das CO2-Budget und wie viel Zeit uns als Menschheit noch übrig bleibt, bevor es eng wird.

[Zuruf von Andreas Wild (AfD)]

Für das Zwei-Grad-Niveau – die Guten in Mathe haben vielleicht schon mitgerechnet – bleiben uns noch 18 Jahre.

[Lachen von Andreas Wild (AfD) und Dr. Gottfried Curio (AfD)]

Und wissen Sie, wie viel bleibt, wenn wir nicht über die gefährliche Schwelle von 1,5 Grad kommen wollen: 1,5 Jahre! Sie sehen, wir haben wirklich überhaupt gar keine Zeit zu verlieren. Deshalb finde ich es gut, dass diese Koalition den Hintern hochbekommen hat, dass wir es in den Koalitionsvertrag geschrieben haben, dass wir spätestens 2030 aus der Kohle aussteigen wollen, besser noch vorher, und das werden wir auch versuchen.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD – Zuruf von Karsten Woldeit (AfD)]

Ich persönlich habe 2015 und 2016 während der größten Klimaproteste der Geschichte dieser Republik mit die Tagebaue Garzweiler und Welzow-Süd symbolisch blockiert.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN – Ah! von der AfD]

Allein in der Lausitz waren wir über 4 000 Menschen, die ein klares Zeichen gegen die Zerstörung der Lebensgrundlagen gemacht haben. Übrigens: Ich habe ein grundsätzliches Problem mit Ihrer Ideologie, sehr geehrte Damen und Herren von der AfD.

[Karsten Woldeit (AfD): Die Ideologie ist dort drüben!]

Aber dann seien Sie doch wenigstens mal konsequent in Ihrer Ideologie: Wenn Sie Deutschland schützen wollen, dann denken Sie doch nicht immer nur an Deutschland als allgemeines Konstrukt, sondern auch mal an die deutsche Landschaft, an die deutsche Natur,

[Gunnar Lindemann (AfD): Machen wir ja!]

an das, was umgegraben wird in der Lausitz. Da möchte ich Sie mal beim Heimatschutz sehen.

[Zuruf von Karsten Woldeit (AfD)]

Aber nicht nur in der Lausitz geht es um den Klimaschutz. Es ist eine globale Klimabewegung, und die wird vor allem von uns, von den jungen Leuten, getragen. Denn wir wissen, es geht hier um die Zukunft, und wir rennen sehenden Auges in eine Katastrophe. Und ich freue mich, dass unsere rot-rot-grüne Koalition deshalb auch endlich zukunftsweisende Politik in dieser Stadt macht. Denn Politik für die Gemütlichkeit und die Ängste des alten weißen Mannes, dafür gibt es ja jetzt exklusiv die AfD;

[Lachen bei der AfD]

wir machen nachhaltige Politik.

(Christian Buchholz)

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Natürlich ist der Kohleausstieg ökologisch nachhaltig, aber er ist auch wirtschaftlich nachhaltig. Ich sage Ihnen, wenn Sie in etwas einsteigen wollen, in erneuerbare Energien,

[Gunnar Lindemann (AfD): Wollen wir ja gar nicht!]

und da haben wir hoffentlich einen Konsens hier, dann muss man auch sagen, woraus man aussteigen will.

Herr Kollege! Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Woldeit?

Aber sicher.

Bitte schön!

Herzlichen Dank, Herr Kössler, dass Sie mir die Zwischenfrage gestatten. „Alter weißer Mann“, als ganz so alt sehe ich mich noch nicht. Erlauben Sie mir die süffisante Bemerkung.

[Zurufe von den GRÜNEN]

Habe ich Sie gerade richtig verstanden, dass Sie an Blockaden teilgenommen haben und diese – dementsprechend strafbare Handlungen – Blockaden als positiv Ihrerseits wahrgenommen haben?

Vielen Dank für diese Frage! – Ich glaube, eine Blockade der Infrastruktur fossiler Energien ist grundsätzlich angesichts des globalen Klimawandels und der Krise zu rechtfertigen und eine gute Sache.

[Lachen bei der AfD]

Ob die Sache juristisch strafbar ist, würde ich sagen, ist eigentlich offen. Das Landgericht in Cottbus hat letztes Jahr selbst gesagt, dass ein Hinuntergehen in den Tagebau kein Hausfriedensbruch ist. Und heute war es gerade in der Presse, in NRW ist sich die Rechtsprechung nicht sicher und tendiert eher dazu, dass es kein Hausfriedensbruch ist. Insofern ist es wahrscheinlich nicht nur moralisch richtig, sondern auch rechtlich legitim.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD – Lachen bei der AfD – Zuruf von Sibylle Meister (FDP)]

Aber lassen Sie mich mal weitermachen! – Es ist wirtschaftlich nachhaltig. Heute Abend ist der Neujahrsempfang beim BEE, ich weiß nicht, wer von den Kolleginnen und Kollegen aus dem Fachbereich mit dabei ist, da können wir gerne noch genauere Gespräche haben, wo ihnen erklärt wird, warum die fossilen Überkapazitäten deutschlandweit ein Problem sind.

Ein klares Bekenntnis zum Kohleausstieg ist aber auch sozial nachhaltig, weil die Leute in der Region endlich einmal klare Ansagen verdient haben und nicht immer nur: Das geht noch weiter. – Ich freue mich ja, dass Sie jetzt von 2042 reden, liebe Kollegen in der CDU, aber das reicht doch nicht. Es wird doch wahrscheinlich noch früher sein. Wir brauchen einmal eine klare Ansage. Ich freue mich, dass diese Koalition endlich einmal klare Ansagen macht.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN – Beifall von Jörg Stroedter (SPD)]

Lassen Sie mich zum Abschluss noch ein Wort zum Kollegen Gerber aus Brandenburg sagen, der seines Zeichens als Minister für Braunkohleangelegenheiten etwas süffisant verlauten ließ, dass Berlin auf Brandenburger Strom angewiesen ist!

[Beifall von Stefan Förster (FDP)]

Das stimmt. Das sind wir, aber nicht zu jeder Zeit. Und die Braunkohlekraftwerke müssen nicht die ganze Zeit durchlaufen und unsere Netze verstopfen. Im Umkehrschluss ist Brandenburg übrigens auch auf die Berliner Stromsenke angewiesen und bald auf den Berliner Solarstrom, auf die Berliner Speicher, und das ist auch gut so, weil wir die Energiewende nur als Energieregion gemeinsam machen können. Das steht übrigens im Koalitionsvertrag. Bitte lesen Sie ihn doch einmal! Die Energiewende geht nur gemeinsam.

[Zuruf von Holger Krestel (FDP)]

Die Energiewende funktioniert nur mit einem Kohleausstieg. Ich persönlich hätte ihn mir noch schneller gewünscht; dafür werde ich kämpfen. Aber jetzt ist erst einmal Schluss mit der ganzen Rumeierei auf Berliner und Bundesebene.

[Zurufe von Stefan Förster (FDP) und Gunnar Lindemann (AfD)]