Der Hauptausschuss hat der Vorlage einstimmig, mit allen Fraktionen, zugestimmt. Wer dem Vermögensgeschäft Nr. 20/2016 zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Das sind ebenfalls alle Fraktionen und der fraktionslose Kollege. Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Sehe ich jeweils nicht. Damit so beschlossen.
Vorlage – zur Kenntnisnahme – gemäß Artikel 64 Absatz 3 der Verfassung von Berlin Drucksache 18/0131
Die Fraktion der CDU und die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen bitten um die Überweisung der lfd. Nr. 1 VO-Nr. 18/035 – Vierte Verordnung zur Änderung der Verordnung über die Aufnahme in Schulen besonderer pädagogischer Prägung – an den Ausschuss für Bildung, Jugend und Familie. Dementsprechend wird verfahren.
In der Beratung beginnt die AfD-Fraktion. Herr Kollege Hansel, Sie haben das Wort. Ansonsten bitte ich, dass jetzt ein bisschen mehr Ruhe einkehrt, ich möchte das nämlich auch hören. – Bitte schön, Herr Kollege Hansel!
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kollegen! Liebe Gäste! Wahrscheinlich ist es manchen von Ihnen gar nicht aufgefallen, manche mögen es sogar heimlich begrüßen, dass es die europäischen Nationen in der wichtigsten Nachrichtensendung im ZDF, einer Anstalt des öffentlichen Rundfunks, gar nicht mehr gibt,
dass der Zuschauer gar nicht mehr sieht, wo die Grenzen von Italien, von Frankreich, von den beiden Nationen Portugal und Spanien auf der Iberischen Halbinsel verlaufen.
Auch die Landkarte der Bundesrepublik Deutschland ist weiß verschneit und unkenntlich gemacht. Es wird dort so getan, als wäre die Europäische Union ein einziges staatliches Gebilde. Im Umkehrschluss heißt das: Die Nationalstaaten und die entsprechenden Völker gibt es nicht mehr. Ist das so gewollt im Sinne eines vorauseilenden Gehorsams gegenüber der Ideologie der hegelianischen Überwindung des Nationalstaats in die EU oder doch nur eine Laune von Designern, wie mir ZDF-Intendant Bellut auf Nachfrage anlässlich des ZDF-Medientreffs etwas verlegen geantwortet hat? Wie aber heißt es so schön? „Perception is reality.“ – Was man wahrnimmt, ist das, was ist.
Wir alle wissen, das entspricht nicht der Verfassungslage, im Gegenteil. Die Eigenstaatlichkeit der Bundesrepublik Deutschland und das Staatsvolk der Deutschen sind auch im Hinblick auf die europäische Integration grundgesetzlich geschützt – auch durch wiederholte Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts.
Bildungspädagogisch gesprochen: Es ist doch gar keine Frage, Landkarten bilden. Wir als Erben von Humboldt in Berlin sollten das wissen. Menschen lernen visuell und am besten, wenn sich das Visuelle regelmäßig wiederholt. Die Erfahrbarkeit abgebildeter Realität gelingt bei hoher Wiederholungsfrequenz. Die ist bei einer Hauptnachrichtensendung gegeben. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk hat in unserem Land einen Bildungsauftrag und ist insbesondere deshalb privilegiert.
Ich erinnere mich im Übrigen noch genau an das Schockerlebnis, als ich nach meinem Umzug von München nach Berlin im Herbst 1986 das erste Mal die Abendnachrichten und dann auch in der dort gezeigten Landkarte visuell vor Augen hatte, wohin es mich katapultiert hatte: in den westlichen Teil der Insel im Nordosten Deutschlands, farblich jeweils schön abgesetzt. Es dauerte so seine Zeit, das ist vielleicht einigen nach Berlin Zugewanderten auch so passiert, bis ich mich an meinen physischen Ortswechsel gewöhnte und durch Verinnerlichung im Wege routi
Es gibt einige Westdeutsche, die nach Berlin gekommen sind, vielleicht auch ein paar Ostdeutsche, in die Hauptstadt der Republik, wie es damals hieß. Das ist eine Ortsverlagerung, die man vielleicht auch nachempfinden kann, wenn man auf die Karte guckt.
Eine ähnlich prägende, anfangs durchaus irritierende Umstellung ereignete sich im Zuge der Wiederherstellung der Einheit Deutschlands, wenn Sie sich noch erinnern. Frau Helm! Sie waren, glaube ich, noch gar nicht auf der Welt, als uns von einem Tag zum anderen eine ungewohnt große, dicke, einfarbige Fläche anstarrte. Das zeigt: Karten prägen sich ein und stiften Identität. In Deutschland ist das so, in Italien, in Frankreich, überall. Unvorstellbar, dass im öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Frankreich, die Grenzen der Grande Nation zugunsten eines amorphen Europas eliminiert würden. Damit ist es nur recht und billig, das geografische Gesicht der Bundesrepublik abzubilden, wie auch den anderen europäischen Nachbarn in Europa ihr Gesicht zu geben. Solange die Eigenstaatlichkeit der Bundesrepublik gegeben ist, muss in einer deutschen Nachrichtensendung gewährleistet sein, dass die Zuschauer, insbesondere auch die nachwachsenden Generationen, die aktuelle geografische Gestalt des eigenen Landes verinnerlichen können. Dem steht keineswegs das Interesse entgegen, die Grenzen der EU gesondert herauszuheben.
Im Grunde kann kein vernunftbegabter Abgeordneter im Sinne Kants, der also imstande ist, sich seines eigenen Verstandes zu bedienen, und sich nicht im Rahmen unbegründeten ideologischen Fraktionsvorbehalts wegduckt, diesen Antrag ablehnen.
Ja, Herr Wolf! Es handelt sich um nichts anderes als die Erfüllung des staatsbürgerlichen Bildungsauftrages, die verfassungsmäßige Realität unseres Landes visuell abzubilden. Wenn schon aus den Parlamenten Rundfunk- und Fernsehräte in die Gremien entsandt werden, dann haben sie die Aufgabe, sich genau darum zu kümmern. Darum
Die Begründung hier war und ist vollkommen rational und vernünftig. Sie steht zu 100 Prozent auf dem Boden unserer Verfassung, also deutlich mehr als sie die Praxis der 19-Uhr-Sendung abbildet.
Ich weiß, die Kollegen von den Linken und Grünen haben schon ihre üblichen Attacken auf die AfD vorbereitet und wollen unseren Wunsch nach klaren Konturen für die europäischen Nationalstaaten in den ZDF-Nachrichten verächtlich machen. Das passt zu Ihrem Herzenswunsch, Deutschland am Ende tatsächlich als Nation von den Landkarten verschwinden zu lassen.
Sie wollen ohnehin offene Grenzen, was in der Praxis heißt, überhaupt keine Grenzen. Bei den Sozialdemokraten habe ich die Hoffnung auf Anstand und Vernunft noch nicht ganz aufgegeben. – Vielen Dank!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als ich diesen Antrag zum ersten Mal in den Händen hielt, dachte ich: Oh! Die fünfte Jahreszeit hat angefangen. Es ist Karneval.
[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN – Beifall von Tim-Christopher Zeelen (CDU) – Stefan Förster (FDP): Dachte ich auch!]
Beim zweiten Lesen dachte ich: Nö! Eigentlich ist das gar nicht witzig. Es ist nicht einfallreich, im besten Fall ist es einfältig. Außerdem fiel mir ein, dass ich mit diesem Vergleich all diejenigen diskreditieren würde, die sich in den Karnevalsvereinen ehrenamtlich über Wochen und Monate darauf vorbereiten, etwas Fantasievolles, Humorvolles und Anspruchsvolles zu präsentieren. Davon kann hier wirklich nicht die Rede sein.