Damit beweisen Sie hier jetzt zum zweiten Mal, dass Sie unter einer unabhängigen Presse verstehen, dass sie Ihnen nach dem Mund funkt und sendet, dass sie Ihre gefühlten Wahrheiten gefälligst wiederzugeben und die Realität danach zu biegen hat.
Zu Ihren süffisanten Kommentaren hinsichtlich meines Alters: Ich bin 1986 geboren. Vielleicht sollten Sie zusätzlich zum Kartenlesen mal beim ZDF einen Kurs über Grundrechte für Erwachsene fordern, damit wir unserem Bildungsauftrag nachkommen. Das wäre sinnvoller.
Allerdings ärgert mich fast noch ein bisschen mehr, dass Sie ganz offensichtlich auch Ihre Wähler und Wählerinnen für blöde verkaufen wollen. Sie wissen doch ganz genau, dass es ein Mumpitz ist, den Sie hier vorlegen und der mit unseren Aufgaben, die wir hier im Parlament haben, überhaupt nichts zu tun hat, und das aus gutem Grund. Glauben Sie, die merken das nicht? – Also ich habe da tatsächlich noch Hoffnungen.
Ich lese dann auf Facebook – auf der Seite der AfD – zu diesem Antrag, dass die Jugend durch eine stilisierte Europakarte heimlich umerzogen werden soll.
Und die Nachrichten sollen wieder mehr wie die Marmeladenwerbung werden, wo es dann heißt: 100 Prozent deutsch. Das kann doch wohl nicht Ihr Ernst sein.
Da fragt man sich, wer hier im Haus die Ideologen sind, weil wir uns mit Ihren Traumata beschäftigen müssen –
darüber, dass sich die Grenzen Deutschlands in den letzten Jahrzehnten ab und zu mal verändert haben. Aber ich finde, das sollte nicht Gegenstand dieser Debatte sein.
[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN – Beifall von Stefan Förster (FDP) – Zurufe von der AfD]
Ich bin froh, dass wir uns jetzt wenigstens das Theater der namentlichen Abstimmung sparen können. Aber das liegt wahrscheinlich daran, dass Sie selbst wissen, wie das ausgehen würde, denn alle in diesem Saal außer Ihnen werden eine vernunftbasierte Entscheidung treffen. Da ist von niemandem hier im Saal das Gewissen verletzt.
Aber nichtsdestotrotz macht es mir durchaus große Hoffnung, dass Ihre völkische Identität ganz offensichtlich derart fragil ist, dass sie durch das flüchtige Ansehen einer Europakarte erschüttert wird.
Das hat man ja auch schon in mehreren Redebeiträgen hier gehört, in denen Sie die Teilnahme von Muslima am gesellschaftlichen Leben als Landnahme diffamiert haben usw. Da bin ich zumindest guter Dinge, dass das in der Bevölkerung nicht in der Art stabil und gefestigt ist, wie Sie das hier manchmal zum Besten geben wollen. – Ich bedanke mich.
Vielen Dank! – Für die Fraktion der FDP hat jetzt Herr Förster das Wort. – Bitte schön, Herr Abgeordneter!
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Verehrte Gäste! Als ich den Antrag zum ersten Mal gelesen habe, dachte ich: Na, ist Erika Steinbach schon bei der AfD angekommen, und war das der erste Antrag, der aus ihrer Feder stammt? – Inhaltlich gepasst hätte es, aber dann bekam ich mit, dass er schon mal im Brandenburger Landtag gestellt worden ist. Insofern war also meine erste Assoziation falsch.
Man merkt natürlich sehr schnell, dass die AfD keine wirklichen Sorgen und Probleme hat, wenn sie sich mit
Aber natürlich ist der Antrag auch inhaltlich peinlich und kleinkariert, denn man kann überzeugter Europäer und Lokalpatriot in einer Person sein. Ich bin das, und ich denke, die große Mehrheit in diesem Hause ebenso.
Übrigens sind solche Debatten nicht neu. Nicht nur 2009 – Kollege Goiny, Sie haben vollkommen recht –, sondern auch am 29. März 1970 haben ARD und ZDF zum Start des Farbfernsehens eine neue Wetterkarte eingeführt, und bei der neuen Wetterkarte blickten die Zuschauer nicht auf die gewohnte Deutschlandkarte, sondern auf eine Europakarte – hört, hört! –, auf der zwar Deutschlands Flüsse, Höhenzüge und Städtenamen, nicht aber die politischen Grenzen eingezeichnet waren. Bis dahin – das ist natürlich aus heutiger Sicht peinlich für das ZDF – wurden auch noch die Gebiete östlich der Oder-Neiße-Linie wie selbstverständlich eingeblendet. Da mussten dann erst Willy Brandt und die Ostpolitik kommen, bis das ZDF auch eingesehen hat, dass das so nicht mehr geht.
Aber sehen wir es so: So rückschrittlich das ZDF damals auch war, so fortschrittlich ist es offenbar heute, und das ist auch gut so, um mal eine in Berlin vielzitierte Floskel zu verwenden.
Insofern ist der Bezug, den Frau Halsch in der ersten Rede hergestellt hat, auch nicht ganz falsch. Ich dachte auch: Mensch, das ist die letzte Sitzung vor Rosenmontag, die wir hier haben, und offenbar hat das doch einen Bezug zum Karneval. Auch wenn man vielleicht über den Antrag nicht richtig lachen kann, habe ich mir gedacht: Ein bisschen reimen, das kannst du auch –, und habe mir die Entstehungsgeschichte des Antrags ausgedacht. Das will ich hier gern noch zu Gehör bringen. So viel Zeit ist da.
Mal wieder Fraktionssitzung bei der AfD, man schaut aus dem Fenster, starrt auf den Schnee. Ja, Schnee von gestern, das ist fein, könnte doch auch ein prima Antrag sein.
[Beifall und Heiterkeit bei der FDP, der SPD, der CDU, der LINKEN und den GRÜNEN – Beifall von Karsten Woldeit (AfD)]
Sie saßen fünf, sechs Stunden und dachten nach: Welches bedeutende Thema liegt denn brach? Dann kam die Erleuchtung, es wurde schon hell, sie brachten es zu Papier ganz schnell. Es geht ums Fernsehen, doch nicht um ARD oder Arte, sondern ums ZDF und die Deutschlandkarte. Unser Land verschwindet dort, o Gott, o Gott! Die Verantwortlichen müssen aufs Schafott.
Die Entrüstung sei ja groß im Lande, und überhaupt, das wäre eine Schande, dem größten Problem seit Menschengedenken sollten wir unsere Aufmerksamkeit schenken.
[Beifall und Heiterkeit bei der FDP, der SPD, der CDU, der LINKEN und den GRÜNEN) – Antje Kapek (GRÜNE): Tötö, tötö, tötö!]
Doch wie so oft bei einer solchen Posse, wird das zum Bumeranggeschosse, denn da sind die anderen schneller und entlarven die Antragsteller.
Die Mischung aus Unsinn und Demagogie war zum Glück mehrheitsfähig hier noch nie. Drum setzen Sie ab die Narrenkappe und halten das nächste Mal besser die Klappe!
Vielen Dank, Herr Abgeordneter! – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt der Abgeordnete Gelbhaar das Wort. – Bitte schön!
Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Abgeordneter Förster! Ich gratuliere Ihnen zu dieser wirklich gelungenen Büttenrede. Das muss gesagt sein.
Und bevor ich zur AfD komme: Herr Czaja! Da können Sie sich noch eine Scheibe abschneiden. So will ich das hier häufiger hören. Da kann man mal aus dem Herzen heraus einer FDP-Rede applaudieren. Das hatten wir noch nicht so häufig – auch heute nicht. Das finde ich gut.
Jetzt zum Antrag: Die AfD fordert mehr Deutschlandkarten beim ZDF. Was für eine Überraschung! Ich habe von Herrn Hansel gelernt, dass das zur Traumabearbeitung gebraucht wird. Okay! Die Reaktionen in meinem Umfeld will ich Ihnen kurz zur Kenntnis bringen. Die waren so – und ich zitiere mit Ihrer Erlaubnis, Frau Präsidentin! –: Sag mal, sind die bekloppt? Haben die zu viel Zeit? – Oder auch: Das machen die von meinen Steuern? – Das kam zweimal.