Protokoll der Sitzung vom 04.06.2020

[Gunnar Lindemann (AfD): Das waren zwei Fraktionslose! Das heute schon öfter so!]

Entschuldigung! Ich sehe den zweiten nicht. – sowie zweier fraktionslosen Abgeordneten ist der Antrag damit mit Änderungen angenommen.

Ich rufe auf:

lfd. Nr. 5:

Gesetzesänderung: Gleichstellung auch für Richterinnen und Richter

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung vom 25. Mai 2020 Drucksache 18/2708

zum Antrag der Fraktion der FDP Drucksache 18/2358

Zweite Lesung

Ich eröffne die zweite Lesung des Gesetzesantrags. Ich rufe auf die Überschrift, die Einleitung sowie die Artikel 1 und 2 des Gesetzesantrags und schlage vor, die Beratung der Einzelbestimmungen miteinander zu verbinden. – Hierzu höre ich keinen Widerspruch. In der Beratung beginnt die Fraktion der FDP und hier die Kollegin Dr. Jasper-Winter. – Bitte schön!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Angesichts der Tatsache, dass wir jetzt das Landesgleichstellungsgesetz beraten, würde ich darum bitten, dass die Senatorin für Gleichstellung, die ich gerade noch nicht sehe, auch anwesend ist.

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall von der CDU und der AfD – Beifall von Joschka Langenbrinck (SPD) – Stefan Förster (FDP): Nach Diktat verreist! – Paul Fresdorf (FDP): Wir würden dies dann auch beantragen, Frau Präsidentin!] –

Es wurde ein Antrag auf Zitierung gestellt; jetzt würde ich darüber abstimmen lassen. Wer dem Antrag zustimmt, die zuständige Senatorin zu zitieren, den bitte ich um das Handzeichen! – Das sind die CDU-Fraktion, die FDP-Fraktion, die AfD-Fraktion sowie die fraktionslosen Abgeordneten. – Gegenstimmen? Enthaltungen? – Bei Enthaltung der Koalitionsfraktionen ist die Sitzung dann unterbrochen, bis die Senatorin eintrifft.

So, die Senatorin ist im Raum, dann können wir mit der Sitzung fortfahren. – Bitte schön, Frau Kollegin!

Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn wir heute den Geltungsbereich des Landesgleichstellungsgesetzes auf

Richterinnen und Richter ausweiten können, dann ist das eine gute Nachricht.

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

So stellen wir nämlich gemeinsam sicher, das bei den Wahlen der Frauenvertretung im Herbst auch die Richterinnen ein Wahlrecht erhalten. Das Szenario, vier Jahre lang keine Vertretung zu haben, haben wir damit gerade noch rechtzeitig abgewendet. Ich freue mich wirklich sehr, dass die FDP und die Koalitionsfraktionen bereits bei der Einbringung im Januar Einigkeit über dieses Ziel herstellen konnten.

Es ist richtig, dass wir bei diesem Thema, auf Initiative der FDP, gemeinsam an einem Strang gezogen haben. Dafür möchte ich mich wirklich ganz herzlich bedanken!

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]

Ich stehe hier aber nicht nur mit einem lachenden Auge, sondern auch mit einem weinenden Auge. Wir haben in diesem Haus nämlich, wie wir finden, einen sehr guten Antrag eingebracht, der durch die Änderung durch RotRot-Grün leider nur noch gut ist. Ihre Änderungen in § 18a des Gesetzes verschlechtert die Position der Gesamtfrauenvertreterin. Ehrlich gesagt, das ärgert mich, und ich habe Ihren Sinneswandel bis heute nicht verstanden.

[Beifall bei der FDP]

Aber der Reihe nach: Der Anlass für unseren Antrag war ein gerichtliches Verfahren, in dem sich der grüne Justizsenator für Antidiskriminierung mit der Gesamtfrauenvertreterin vor Gericht stritt, weil er sie nicht in Verfahren beteiligen wollte – sehr absurd. Als wir dann diesen Missstand beheben wollten, kamen die rot-rot-grünen Fraktionen mit einem Änderungsantrag daher, der die Gesamtfrauenvertreterin von den Angelegenheiten des Präsidialrats ausschließt.

Jetzt muss man wissen, dass der Präsidialrat sozusagen das Herzstück der Gleichstellung ist. Bei den Richterinnen und Richtern ist der Rat für alle Neueinstellungen, Beförderungen und alle Abordnungen zuständig. Also, ich hätte vieles von Ihnen erwartet, aber das nun wirklich nicht: Einen Rückschritt in der Gleichstellung, hier im Herzstück der Beförderungen, Anordnungen und Neueinstellungen. Damit haben Sie mich wirklich überrascht, leider nicht zum Positiven.

[Beifall bei der FDP – Beifall von Dr. Robbin Juhnke (CDU)]

Des Weiteren haben mich insbesondere Gedächtnislücken bei den Grünen und Linken irritiert. Frau Kofbinger und Herr Schlüsselburg, Sie haben in der ersten Lesung unseres Gesetzesentwurfs versucht, mir hier im Plenarsaal Nachhilfe zu geben. Sie sagten, man müsse auch unbe

dingt daran denken, die Gesamtfrauenvertreterin an den Angelegenheiten des Präsidialrats zu beteiligen, aber in den Ausschüssen machen Sie genau das Gegenteil. Öffentlich mehr Gleichstellung fordern und im Hinterzimmer dann eine heftige Schlechterstellung durchsetzen, das versteht nun wirklich keiner mehr, meine sehr geehrten Damen und Herren.

[Beifall bei der FDP]

Das ist nicht nur völlig unverständlich, das ist auch frauenpolitisch fatal. Ein wirksames Instrument zur Bekämpfung der gläsernen Decke wird erheblich geschwächt und Karrieren für Frauen erschwert. Es ist nämlich gut, wenn eine Gesamtfrauenvertretung den Überblick hat und einschätzen kann, wo noch Hürden für das Fortkommen der Richterinnen sind, wenn genau geschaut wird, wo sie nicht ausreichend berücksichtigt werden können im Gesamtgefüge. Und das können auch die lokalen Frauenvertreterinnen an den Einzelgerichten, die sie jetzt ins Rennen schicken, nicht wettmachen und ist auch völlig unpraktikabel. Man stelle sich nur vor: Bei Beförderungen von, zum Beispiel, 28 Personen im Richterdienst aus 28 Gerichten sitzen dann dort am Tisch mit 28 Frauenvertretungen aus den einzelnen Gerichten. Das ist völlig unpraktikabel und macht überhaupt keinen Sinn.

[Beifall bei der FDP]

Sie haben sich da völlig verrannt und stehen mit Ihrer Haltung auch völlig alleine da und verschließen sich den Argumenten von Expertinnen und Experten aus der Rechtspraxis. Sie ignorieren eindeutige und eindringliche Stellungnahmen, wie die vom Richterbund, der Richtervereinigung und von den fast 1 000 Unterstützerinnen und Unterstützern einer Petition aus der Richterinnen- und Richterschaft. Mehr noch: Nicht einmal dem Vorsitzen des Präsidialrats schenken Sie Gehör, offenbar sogar im buchstäblichen Sinn. Das ist wirklich traurig.

[Beifall bei der FDP – Beifall von Dr. Robbin Juhnke (CDU)]

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Thema ist noch nicht durch. Es bleibt noch eine Menge zu tun. Die ohnehin angedachte Reform des Richtergesetzes darf nicht weiter auf die lange Bank geschoben werden, und in diesem Zuge könnte die Nichtberücksichtigung des Präsidialrats hier korrigiert werden. Senator Behrendt, warten Sie da nicht länger, und übernehmen Sie hier die Initiative für Antidiskriminierung. Auch die Richterinnen haben ein Recht auf eine bestmögliche Vertretung. Und damit Frauen in der Justiz auch gleichberechtigt Karriere machen können, lassen Sie uns diesen Makel von heute beheben und stärken wir dann die Gesamtfrauenvertreterin im Richtergesetz.

[Beifall bei der FDP – Paul Fresdorf (FDP): Welch Begeisterung, Herr Senator!]

Ich freue mich sehr, dass wir heute mit den Stimmen der Regierungsfraktion einen Antrag der FDP beschließen

können, der uns als Fraktion und mir persönlich ein großes Anliegen war. Herzlichen Dank dafür!

[Beifall bei der FDP Anne Helm (LINKE): Sprechen Sie doch mit der Senatorin!]

Vielen Dank! – Für die SPD-Fraktion hat der Kollege Kohlmeier jetzt das Wort.

[Zuruf von Tim-Christopher Zeelen (CDU)]

Immer erst abwarten, liebe Kollegen, und dann blöde Sprüche machen, warum jetzt hier vorne ein Mann steht zum Landesgleichstellungsgesetz – LGG. Und zwar: die Kollegin Derya Çağlar ist erkrankt, und deshalb hat sie mich gebeten, weil die Beratung auch im Rechtsausschuss war, heute hier dazu zu sprechen. Und ich glaube, das ist entsprechend angemessen. Liebe Derya, gute Besserung erst mal von mir zu dir!

[Beifall bei der SPD, der CDU, der LINKEN, den GRÜNEN und der FDP]

Ich danke der Kollegin Jasper-Winter, oder der FDPFraktion, wer auch immer da federführend war bei Ihnen, für den ersten Aufschlag hier für die Änderung des LGG. Das LGG regelt dann – es wurde ja entsprechend dargestellt – die Zuständigkeit der Gesamtfrauenvertreterin nun auch in der Justiz, und zwar im § 18a, dann auch entsprechend die Zuständigkeit der Gesamtfrauenvertreterin, weil – und das ist eben dargestellt worden – eine Rechtsschutzlücke dahingehend bestand, dass es bisher keine gesetzliche Grundlage dafür gab, sondern eine Verwaltungspraxis, eine gewohnheitsrechtliche Praxis. Insofern sichern wir mit dieser gesetzlichen Änderung im LGG ab, dass die Wahlen dann im Herbst tatsächlich auch aufgrund einer Rechtsgrundlage abgesichert werden können, und das ist auch gut so, sehr geehrte Damen und Herren!

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und der FDP]

Ich sehe jetzt durch diese Änderung des LGG auch keine Beschneidung der Rechte der Gesamtfrauenvertreterin, weil es bisher tatsächlich ja erst mal keine gesetzlichen Regelungen gab. Insofern ist da auch nichts weggeschnitten oder weggenommen worden. Und dann gibt es einen Punkt, den die Frau Kollegin Jasper-Winter angesprochen hat, und zwar die Beteiligung der Gesamtfrauenvertreterin im Präsidialrat. Und bisher war es so, obwohl es die gesetzliche Grundlage dafür nicht gab, dass es eine Verwaltungspraxis gab, dass die Gesamtfrauenvertreterin an den Sitzungen des Präsidialrats entsprechend teilnimmt.

Nun ist es aber so, dass wir uns entschieden haben, hier diese Regelung im LGG zu machen. Insofern war es erst mal nicht vorgesehen, dass die Änderung des Präsidialra

tes oder die politischen Vorstellungen, die die FDP dort hat – nämlich die Beteiligung der Gesamtfrauenvertreterin – im LGG geregelt wird, sondern, wie Sie richtigerweise sagen, Frau Kollegin, im Richtergesetz.

Auch da ist es so, dass entsprechend eine Evaluierung vorgesehen ist, und auch wir sind insofern darauf gespannt, welche Vorschläge der Justizsenator Dr. Behrendt dem Parlament machen wird, ob und inwieweit er die Gesamtfrauenvertreterin an den Sitzungen des Präsidialrates beteiligen möchte, so, wie es bisher Verwaltungspraxis war, aber ohne gesetzliche Grundlage. Dem sehen wir mit Freude entgegen und werden dann diese Frage hier im Parlament miteinander besprechen, sowohl im Ausschuss für Verfassungs- und Rechtsangelegenheiten, Geschäftsordnung, Verbraucherschutz, Antidiskriminierung, als auch dann im Ausschuss für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung.

Aber Sie haben noch eine Frage. Die können Sie gerne stellen. Den Applaus nehme ich auch gerne mit, wenn Sie wollen.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und der SPD]

Frau Kollegin Jasper-Winter möchte eine Frage stellen. Es obliegt nicht mir, ihr das Wort zu erteilen.

Bitte schön, Frau Kollegin!

Vielen Dank! – Es ist aufgrund der räumlichen Situation wahrscheinlich für Sie schwer einsehbar, wenn Fragen kommen. Deswegen: Vielen Dank, Herr Kollege Kohlmeier, dass Sie mir das ermöglichen.